VwGH 2009/16/0232

VwGH2009/16/023227.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. J S in S, vertreten durch Dr. Martin Stossier, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Ringstraße 4/Plobergerstraße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 28. Mai 2009, GZ. RV/1052-L/06, betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Mai 2006, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. August 2006 wies das Finanzamt einen Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Familienbeihilfe für seinen am 8. Oktober 1985 geborenen Sohn P. für die Zeit ab Mai 2006 ab. Nach Ansicht des Finanzamtes absolviere P. eine Ausbildung zum Religionslehrer der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und stelle diese Ausbildung keine Berufsausbildung im Sinn des Familienlastenausgleichsgesetzes dar.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der österreichische Kirchenvorstand, das alleinbefugte Organ der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft, habe festgelegt, dass die erfolgreiche Absolvierung einer Mission Voraussetzung für die Befähigung zum Religionslehrer sei. Die erfolgreiche Absolvierung werde durch den jeweils zuständigen Missionspräsidenten durch die Ausstellung der Entlassungsurkunde schriftlich bestätigt. Tatsächlich bestehe die Missionstätigkeit auch in einer zielgerichteten Ausbildung. Dazu gehörten neben anderen Ausbildungsinhalten auch die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, Ausbildungsseminaren sowie der Priestertumsversammlung für Männer oder der Frauenhilfsvereinigung für Frauen. Der Ausbildungsteil sei in einer der Berufung angeschlossenen Anlage dargestellt. Zu ergänzen sei, dass der Ort des Missionsdienstes, also die Ausbildungsstätte, nicht vom Auszubildenden selbst gewählt werden könne, sondern vom dazu berufenen Würdenträger der Kirche vorgegeben werde. Der Ort der Ausbildungsstätte sei also nicht selbst wählbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des der Berufung beigelegten "Ausbildungsteiles" und rechtlichen Ausführungen führte die belangte Behörde ein "Handbuch für Missionare" an, in welchem ein Tagesplan für den Missionar enthalten sei, der im angefochtenen Bescheid näher wiedergegeben wird. Der Unterricht zum Thema "Heilige fünf Schriften" und die Vermittlung weiterer Glaubensinhalte seien als Teil der Mission anzusehen. Deren geringes zeitliches Ausmaß im Rahmen der Missionstätigkeit entspreche nicht einer überwiegenden Inanspruchnahme der Zeit des Kindes. Die überwiegende Zeit des Kindes sei nämlich der Haupttätigkeit der Mission - dem Missionieren (10 Stunden pro Tag) - und damit der Bekehrung neuer Mitglieder gewidmet. Dass durch die erfolgreiche Erfüllung der Missionsarbeit auch die Befähigung zum Religionslehrer in Österreich erworben werde, stelle kein vordergründiges Motiv, sondern einen bloßen Nebeneffekt dar. Rechtsverbindliche inhaltliche Normen der Kirche, die die Ausbildung zum Religionslehrer regeln und festlegen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit jemand zum Religionslehrer in Schulen ernannt werden kann, seien nicht gegeben. Genau geregelte Ausbildungsabläufe seien jedoch für die Anerkennung einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes unausweichlich. Dass die gegenständliche Ausbildung geeignet wäre, für die Teilnehmer eine strukturierte und den Ansprüchen eines Berufslebens entsprechende umfassende Ausbildung zu bieten oder die Voraussetzungen für ein Bestehen am Arbeitsmarkt zu schaffen, könne aus den vorliegenden Unterlagen nicht geschlossen werden. Vom Beschwerdeführer seien auch keinerlei eine andere Sichtweise rechtfertigende Beweismittel vorgelegt worden. Daher diene die vom Sohn des Beschwerdeführers absolvierte Ausbildung im Wesentlichen der Festigung der Berufung und einem Leben gemäß dieser Berufung und somit als erster Teil eines Lebens in der geistlichen Gemeinschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die im Rahmen dieser Ausbildung absolvierten Ausbildungsschritte dienten dem Leben in der und im Sinne der religiösen Gemeinschaft sowie der Eingliederung in diese, jedoch nicht der Erlernung eines künftig auszuübenden, die Selbsterhaltungsfähigkeit herbeiführenden Berufes. Es liege nicht eine zielgerichtete Ausbildung in den vom Religionsunterricht umfassten Bereichen vor, sondern eine Missionstätigkeit mit dem Ziel, als Missionar Mitglieder für diese Glaubensgemeinschaft in dem vom Missionspräsidenten zugewiesenen Einsatzgebiet zu gewinnen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn ab Mai 2006 verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte Verwaltungsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes und der zu beantwortenden Rechtsfrage jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 16. November 2009, Zl. 2009/15/0021, entschieden hat. Aus den Gründen jenes Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, erweist sich auch der vorliegende Bescheid als rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Ein Aufwandersatz war mangels eines dahin gerichteten Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) nicht zuzusprechen.

Wien, am 27. Jänner 2010

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