Normen
Auswertung in Arbeit!
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Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Mitbeteiligte, eine GmbH & Co KG, ist mit Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 2003 gegründet worden. Im Dezember 2003 kaufte sie von der GR-GmbH gebrauchte EDV-Hardware um ca. 4,7 Mio. EUR plus USt. Diese EDV-Hardware vermietete sie an die L-GmbH, die ihrerseits am 18. November 2003 gegründet worden war. Die GR-GmbH und die L-GmbH gehören demselben Konzern an. Die GR-GmbH ist zu 76% an der L-GmbH beteiligt, beide Gesellschaften haben denselben Firmensitz.
Im Jahr 2004 kaufte die Mitbeteiligte ungebrauchte EDV-Hardware um ca. 5,8 Mio. EUR plus USt und machte in Bezug auf diese Wirtschaftsgüter im Jahr 2004 Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 von 583.273,30 EUR geltend. Auch diese neue EDV-Hardware vermietete sie an die L-GmbH.
Anlässlich einer Außenprüfung traf der Prüfer die Feststellung, dass "Warenempfänger" der von der Mitbeteiligten im Jahr 2004 gekauften EDV-Hardware die GR-GmbH gewesen sei. Das habe sich aus den vorgelegten bzw. eingesehenen Rechnungen ergeben. In einer Besprechung hätten Vertreter der Mitbeteiligten dazu gemeint, die GR-GmbH sei deshalb herangezogen worden, um Fehlzustellungen bzw. Suchzeiten bei den Lieferanten zu vermeiden. Der Prüfer gelangte zur Auffassung, durch die Gründung der Mitbeteiligten hätte bloß eine künstliche Auslagerung von Investitionen der GR-GmbH zwecks "Optimierung" der Investitionszuwachsprämie erfolgen sollen. Der Mitbeteiligten stehe die von ihr geltend gemachte Investitionszuwachsprämie nicht zu.
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen setzte das Finanzamt der Mitbeteiligten gegenüber die Investitionszuwachsprämie für 2004 mit null EUR fest.
In der Berufung gegen diesen Bescheid führte die Mitbeteiligte aus, die Konzentration von Investitionen in einer einzelnen Konzerngesellschaft stehe der Gewährung der Investitionszuwachsprämie nicht entgegen. Es liege auch keine missbräuchliche Gestaltung iSd § 22 BAO vor. Die Gesellschaftsgründungen (der Mitbeteiligten und der L-GmbH) hätten der "Konzentration der Technikereinheiten" von Banken im Konzern, zu welchen die Mitbeteiligte gehöre, gedient. Damit hätten Rationalisierungseffekte und Synergieeffekte erzielt werden sollen. Im Übrigen ergebe sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2006, 2006/15/0236, dass für Zwecke der Investitionszuwachsprämie keine "Konzernbetrachtung" anzustellen, sondern jede Gesellschaft für sich zu betrachten sei.
In der Stellungnahme des Betriebsprüfers zur Berufung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei den Investitionen der Mitbeteiligten im Jahr 2004 habe es sich nicht um echte Erweiterungsanschaffungen, also zusätzliche Investitionen, sondern um "lfd. (übliche) Ersatzgüter" gehandelt. Die Mitbeteiligte verfüge über keine Dienstnehmer. Die Dienstnehmer der L-GmbH seien beinahe zur Gänze bis zum Jahr 2003 bei der GR-GmbH oder anderen Konzerngesellschaften beschäftigt gewesen. Durch die Transferierung der Dienstnehmer habe sich an der faktischen Abwicklung des Ankaufes und der Durchführung der Aufbaubzw. Installationsarbeiten nichts geändert. Geändert habe sich lediglich die Form der Finanzierung: Aus Gründen der Konzernbilanzierung sei eine Leasingfinanzierung über die neu gegründete Mitbeteiligte vorgenommen worden. Wären die EDV-Hardware-Anschaffungen wie bisher durch die GR-GmbH abgewickelt worden, hätte sich in Ermangelung eines Investitionszuwachses kein Anspruch auf eine Investitionszuwachsprämie ergeben. Die Tätigkeit werde lediglich in formaler Hinsicht durch die L-GmbH als Mieterin bzw. Leasingnehmerin ausgeübt. Das in der Berufung angeführte Ziel der Vereinheitlichung von EDV-Standards hätte auch ohne die Neugründung der Gesellschaften erreicht werden können.
In einer Gegenäußerung der Mitbeteiligten zur Stellungnahme des Betriebsprüfers wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei unerheblich, ob die Investitionen der Mitbeteiligten laufende Ersatzbeschaffungen oder Erweiterungen des Anlagevermögens darstellten. Wesentlich sei nur, dass es sich um den Erwerb ungebrauchter Wirtschaftsgüter handle. Die Firmenneugründungen seien aus betriebswirtschaftlichen Motiven mit dem Ziel der überregionalen Vereinheitlichung der EDV-Systeme erfolgt.
Im Beiblatt zur Vorlage der Berufung an die belangte Behörde führte das Finanzamt unter Zitierung des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 2006, 2006/15/0275, aus, dass auch neu gegründete betriebliche Einheiten die Voraussetzungen des § 108e EStG 1988 erfüllen könnten. Im gegenständlichen Fall liege jedoch ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 22 BAO vor. Dies ergebe sich aus der Prüfung, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheine, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenke. Die Beschaffung der EDV-Hardware sei im Konzern vor Gründung der Mitbeteiligten dergestalt erfolgt, dass für den oberösterreichischen Bereich die GR-GmbH die Wirtschaftsgüter angeschafft und an die (oberösterreichischen) Banken, die sie benötigten, verleast habe. In der Folge seien die Mitbeteiligte und die L-GmbH gegründet worden. An der Vertragsgestaltung habe sich durch die Gründung der Mitbeteiligten nichts geändert. "Warenempfänger" für die von im Jahr 2004 laut Buchhaltung von der Mitbeteiligten angeschaffte EDV-Hardware sei nicht die Mitbeteiligte gewesen, sondern die GR-GmbH. Es habe sich also an der faktischen Abwicklung der Anschaffungen sowie dem anschließenden Verleasen der EDV-Hardware im Jahr 2004 nichts gegenüber den Vorjahren geändert. Es habe lediglich in formaler Hinsicht eine Aufspaltung der von der GR-GmbH ausgeübten Funktionen auf zwei Gesellschaften stattgefunden. Diese ungewöhnliche Gestaltung könne ihre Erklärung nur in der Lukrierung von Investitionszuwachsprämie haben. Die von der Mitbeteiligten vorgetragenen betriebswirtschaftlichen Zwecke (Konzentration der Technikereinheiten aller involvierten Banken) hätten auch ohne Gründung der Mitbeteiligten durch die bereits gegebenen Strukturen verwirklicht werden können. Überdies sei der Einkauf vor und nach der Gründung der Mitbeteiligten stets zentral über die Handels-GmbH, eine weitere Konzerngesellschaft, erfolgt. Das Finanzamt erblicke die missbräuchliche Gestaltung darin, dass sich im Beschwerdefall durch die Neugründung der Mitbeteiligten und der L-GmbH an der faktischen Abwicklung und dem Verleasen gegenüber der bisherigen Vorgangsweise nichts geändert habe.
Die Mitbeteiligte reichte hiezu eine weitere Stellungnahme ein. Darin führte sie aus, die durchgeführte Umstrukturierung habe ihre Wurzel im Bestreben der Banken in drei Bundesländern, die bestehende Kooperation im IT-Bereich zu intensivieren, um eine Kostenreduktion zu erreichen. Bei unveränderter Beibehaltung der bestehenden Struktur wäre die GR-GmbH infolge des nachhaltig zu tätigenden Investitionsumfangs mit schlechteren Kennzahlen und in der Folge mit negativen Konsequenzen auf das Rating konfrontiert gewesen. Durch die Neugründungen seien selbständige, unabhängige Einheiten geschaffen worden, deren ausschließliche Aufgabe die Beschaffung und "Servicierung" im Hardware-Bereich sei. Die Behauptung des Finanzamtes, wonach sich an Abwicklung und Anschaffung tatsächlich nichts geändert haben solle, treffe nicht zu. Es sei zu einer Vereinheitlichung der Hardware gekommen. Die L-GmbH habe überregional die Poolverwaltung und das Bestellwesen (nach Vereinheitlichung der EDV-Hardware) übernommen. Vor allem bei der Bedarfsermittlung und der Bestellungskoordinierung hätten sich durch die überregionalen Ausrichtungen Ablaufänderungen und Einsparungspotentiale ergeben. Die Investitionstätigkeit der L-GmbH und der Mitbeteiligten sei langfristiger Natur und keinesfalls auf den mit der Investitionszuwachsprämie begünstigten Zeitraum begrenzt. Vielmehr sei durch die überregionale Ausrichtung mit einem weiter steigenden Investitionsvolumen zu rechnen. Die Ausgestaltung als Leasingfinanzierung könne für sich betrachtet in Bezug auf die Investitionszuwachsprämie ebenfalls kein Missbrauch im Sinne des § 22 BAO sein, da auch auf Ebene der L-GmbH ein gleich hoher Investitionszuwachs vorgelegen wäre.
Das Finanzamt entgegnete in einer Stellungnahme vom 29. Juni 2007, dass auch ohne die beiden Gesellschaftsgründungen eine Harmonisierung der Infrastruktur und Beschaffung möglich gewesen wäre, weil die gesamten EDV-Anschaffungen im Jahr 2004, die formal durch die Mitbeteiligte erfolgt seien, über die Handels-GmbH durchgeführt worden seien. An der faktischen Abwicklung der Beschaffung und Durchführung der Aufbau- und Installationsarbeiten habe sich durch die Neugründungen nichts geändert. Deshalb spreche die Mitbeteiligte auch nicht (mehr) von einer Kostenreduktion im Wege der Personalreduktion. Das Finanzamt habe keine Synergieeffekte festgestellt, weil sich außer der Leasingfinanzierung in faktischer Hinsicht nichts verändert habe. Zum Vorbringen der Vereinheitlichung der Hardware habe die Mitbeteiligte kein konkretes Vorbringen erstattet.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge, indem sie die Investitionszuwachsprämie mit 583,273,30 EUR festsetzte.
Unbestritten sei, dass nicht die Neugründung der Mitbeteiligte der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie im Jahr 2004 hinderlich sei. Vielmehr sei zu klären, ob diese Gründung einen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts darstelle.
Es werde zutreffen, dass sich in Oberösterreich nichts Wesentliches an Beschaffung und Finanzierung der EDV-Hardware geändert habe, doch sei wesentlich, dass sich die Rationalisierungen auf dem Gebiet der Bedarfserhebung und Beschaffung im Bereich der EDV-Hardware überregional hätten einstellen sollen. Durch das Ausschöpfen von Synergiepotentialen im Konzern eine Kostenreduktion zu erreichen, erscheine der belangten Behörde als durchaus logisch, insbesondere wenn bestehende Infrastruktur genutzt werde.
Es sei offenkundig, dass bei der Bedarfserhebung und der Beschaffung für einen größeren Teil des Konzerns Potentiale frei würden, die zu einer Kostenreduktion oder etwa einer intensiveren "Servicierung" führten.
Das WaStoG 2003, BGBI. I Nr. 133/2003, mit dem die Regelung über die Investitionszuwachsprämie um ein Jahr (2004) verlängert worden sei, sei am 31. Dezember 2003 kundgemacht worden. Die Mitbeteiligte sei mit Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 2003 gegründet worden. Es sei aber bei Unterstellung der Missbrauchsabsicht nicht vorstellbar, dass die Gründung einer KG (der Mitbeteiligten) vor dem In-Kraft-Treten der für sie günstigen Gesetzesbestimmung erfolge. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass das Gesetz politisch schon früher diskutiert und zur Zeit seiner Begutachtung im Konzern bereits bekannt gewesen sei, entspräche es nicht der wirtschaftlichen Erfahrung, die Gründung einer GmbH & Co KG im "Schnellverfahren" durchzuziehen, um drei Wochen vor "Gesetzeswerdung" einen Gesellschaftsvertrag erstellen zu können.
Solcherart gehe die belangte Behörde davon aus, dass die Gründung der Mitbeteiligten nicht erfolgt sei, um die Investitionszuwachsprämie 2004 zu lukrieren. Vielmehr seien außersteuerliche Gründe (wie innerbetriebliche Umstrukturierung) vorgelegen.
Auch der Umstand, dass die Mitbeteiligte über keine Dienstnehmer verfüge, stehe dem nicht entgegen, sondern bestätige vielmehr das Vorliegen von geplanten Einsparungen: Eben weil die Mitbeteiligte eine Finanzierungsgesellschaft sei und nicht im operativen Bereich tätig werde, sei der vermehrte Einsatz von Personal nicht erforderlich. Dass sodann Dienstnehmer aus anderen Konzerngesellschaften eingesetzt würden, erscheine im Hinblick auf die angestrebte Kostenreduzierung im Konzern durchaus erklärbar.
Im Beschwerdefall sei es daher nicht möglich, den erforderlichen Nachweis der Missbrauchshandlung und -absicht zu erbringen.
Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Investitionszuwachsprämie im Instanzenzug mit jenem Betrag festgesetzt, mit welchem sie von der Mitbeteiligten im Formular E 108e beantragt und geltend gemacht worden ist.
Ein Bescheid betreffend die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie stellt eine Festsetzung nach § 201 BAO dar und hat nur zu ergehen, wenn die Behörde von der eingereichten Erklärung abweicht (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 8 zu § 108e EStG 1988, Ritz, BAO4, § 201 Tz 5, und beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, 2006/15/0133).
Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass der Ansicht der belangten Behörde zufolge die Investitionszuwachsprämie in dem von der Mitbeteiligten geltend gemachten Ausmaß zu gewähren sei. In einem solchen Fall müsste aber die Entscheidung der belangten Behörde auf ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides lauten, weil § 201 Abs. 1 BAO eine Abgabenfestsetzung mit dem vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Betrag nicht vorsieht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich bereits deshalb als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Mit ihm wird nämlich von der belangten Behörde eine in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehene Abgabenfestsetzung vorgenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, 2006/15/0236).
Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, sodass auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen war.
Wien, am 26. April 2012
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