VwGH 2009/10/0087

VwGH2009/10/008727.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 2009, Zl. N- 105860/6-2009-Ma/Gre, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: A S-L in S), zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §14;
NatSchG OÖ 2001 §5 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §14;
NatSchG OÖ 2001 §5 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 2009 wurde der mitbeteiligten Partei die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung einer näher beschriebenen Forststraße unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt; der von der beschwerdeführenden Partei gegen die erstinstanzliche Bewilligung erhobenen Berufung wurde keine Folge gegeben.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die geplante Forststraße sei gemäß § 5 Z. 2 OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (OÖ NSchG 2001) bewilligungspflichtig, nicht jedoch die durch den Bau der Forststraße ermöglichte Bewirtschaftung des betreffenden Waldgebietes. Nach dem OÖ NSchG 2001 bewilligungspflichtige Waldbewirtschaftungsmaßnahmen (etwa die Rodung von Au-, Schlucht- oder Moorwäldern) seien im vorliegenden Fall nicht geplant. Nach dem eingeholten Gutachten eines Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz stehe fest, dass die mit der Errichtung der Forststraße verbundene Störung des Landschaftsbildes vergleichsweise gering und auf Grund der Lage der Forststraße nur beschränkt wahrnehmbar sei. Auch die Erholungswirkung der Landschaft werde nur geringfügig beeinträchtigt, weil das betroffene Gebiet in erster Linie forstlich und nicht touristisch genutzt werde. Die Beeinträchtigungen durch die Forststraße seien aus naturschutzfachlicher Sicht vertretbar. Eine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes sei nicht gegeben, Beeinträchtigungen als Folge von Gerinnequerungen und Eingriffe in Felsstrukturen blieben lokal beschränkt; sie seien bei Einhaltung der vorgeschriebenen Vorkehrungen als unwesentlich zu erachten. Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass durch die Forststraße weder besonders schutzwürdige Biotopflächen noch Gewässerbereiche berührt würden und bei Einhaltung der Nebenbestimmungen weder das Landschaftsbild, die Ökologie oder der Artenschutz, noch die Erholungswirkung der Landschaft in einem Ausmaß beeinträchtigt würden, das dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufe. Zur Forderung der beschwerdeführenden Partei, ein Wildbewirtschaftungskonzept vorzulegen und umzusetzen, sei auszuführen, dass es im Bereich der Forstverwaltung der beschwerdeführenden Partei zwar ein "Wald-Wild-Problem" gebe, dass dieses Problem allerdings nicht im vorliegenden naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren gelöst werden könne. Gegebenenfalls käme ein Verfahren nach den Bestimmungen des OÖ Jagdgesetzes bzw. des Forstgesetzes 1975 in Betracht. Da die Auswirkungen der durch den Forststraßenbau möglichen Waldbewirtschaftung im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen seien, könne auch den Anträgen der beschwerdeführenden Partei, diese Bewirtschaftung begleitende Maßnahmen vorzuschreiben, nicht gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der beschwerdeführenden Partei gemäß § 5 Abs. 1 OÖ Umweltschutzgesetz 1996 iVm § 39 OÖ NSchG 2001 erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. 138/2007, (OÖ NSchG 2001) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 5

Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland

Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z. 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

...

2. die Neuanlage, die Umlegung und die Verbreiterung von Forststraßen, sofern dafür eine Planung und Bauaufsicht durch befugte Fachkräfte gemäß § 61 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2001, erforderlich ist;

...

§ 14

Bewilligungen

(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder

2. wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen. Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.

(2) Eine Bewilligung ist unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen der im Abs. 1 Z. 1 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. In diesem Rahmen kann auch die Vornahme von Rekultivierungsmaßnahmen vorgeschrieben werden."

Die beschwerdeführende Partei wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, die belangte Behörde habe es verabsäumt, die mittelbaren Auswirkungen des Vorhabens der mitbeteiligten Partei zu bewerten. Zweck der Forststraße seien Nutzungen des Waldes, die dazu führten, dass sich die Baumartenzusammensetzung von der natürlichen und anzustrebenden Waldzusammensetzung entferne. Die belangte Behörde irre auch, wenn sie die Forderung der beschwerdeführenden Partei nach einem begleitenden Waldbewirtschaftungskonzept als nicht nachvollziehbar erachte. Eine Verstärkung der Waldbewirtschaftung ohne gleichzeitige Maßnahmen zur Förderung einer gesicherten Naturverjüngung zu treffen, würde bei der gegenwärtigen Verbisssituation infolge überhöhter Wildbestände zu einer nachhaltigen Schädigung der Biodiversität, Vitalität, Regenerations- und Erneuerungsfähigkeit des Gesamtsystems Wald führen. Die Vernachlässigung der mit dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei verbundenen mittelbaren Folgen widerspreche den Gesetzen der Logik und der Definition des Vorhabensbegriffes. Die belangte Behörde hätte daher den Einwendungen der beschwerdeführenden Partei und ihren Forderungen insbesondere nach Vorlage und Umsetzung eines Wildbewirtschaftungskonzeptes stattzugeben oder die beantragte Bewilligung zu versagen gehabt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Gegenstand des Bewilligungsverfahrens gemäß § 5 Z. 2 OÖ NSchG 2001 ist das entsprechend den Projektunterlagen beantragte Vorhaben, im vorliegenden Fall die Neuanlage einer Forststraße. Dieses Vorhaben ist zu bewilligen, wenn die Bewilligungsvoraussetzungen des § 14 OÖ NSchG 2001 erfüllt sind, d. h. wenn das Vorhaben weder den Naturhaushalt, noch die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, es sei denn, öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben würden das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Zu beurteilen sind daher die mit der Verwirklichung des Vorhabens verbundenen Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter, im vorliegenden Fall somit die Auswirkungen der Errichtung der Forststraße. Dazu gehören Auswirkungen, die nicht mit der Errichtung der Forststraße, sondern gegebenenfalls mit einer Bewirtschaftung des Waldes, die in ihrer Art oder Intensität durch die Forststraße (erst) ermöglicht wird, verbunden sind, aber nicht. Es sind nämlich im Bewilligungsverfahren nur die unmittelbaren Auswirkungen des bewilligungspflichtigen Vorhabens zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2008, Zl. 2004/10/0038). Änderungen der Bewirtschaftungsform des Waldes, die der Waldeigentümer allenfalls in Aussicht nehmen könnte und die auch nicht Gegenstand des Projektes sind, zählen nicht dazu.

Auf die im Falle der Errichtung der Forststraße möglichen Änderungen in der Waldbewirtschaftung und die mit dieser Bewirtschaftung allenfalls verbundenen Auswirkungen auf die Interessen des Naturschutzes ist die belangte Behörde daher zu Recht nicht eingegangen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Da die beschwerdeführende Partei ein Organ des Landes Oberösterreich ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist, liegt Identität des Rechtsträgers vor, dem Kosten zuzusprechen bzw. der zum Kostenersatz zu verpflichten wäre. Ein Kostenzuspruch findet daher nicht statt (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 21. Mai 2008).

Wien, am 27. Jänner 2011

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