Normen
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2004/I/153;
UVPG 2000 §3a Abs1;
UVPG 2000 §3a Abs2;
UVPG 2000 §3a Abs3;
UVPG 2000 Anh1;
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2004/I/153;
UVPG 2000 §3a Abs1;
UVPG 2000 §3a Abs2;
UVPG 2000 §3a Abs3;
UVPG 2000 Anh1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Antrag der Beschwerdeführerin vom 2. Mai 2008 stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 19. Mai 2008 in Spruchpunkt I. gemäß § 6 Abs. 6 Z. 1 AWG 2002 fest, dass die von der Beschwerdeführerin geplante mobile Abfallbehandlungsanlage zur Sortierung von Schlacken und Aschen aus Abfallsverbrennungsanlagen mit einer jährlichen Kapazität von ca. 100.000 Tonnen keiner Genehmigungspflicht gemäß § 52 AWG 2002 unterliege.
Spruchpunkt II. dieses Bescheides enthält eine "Anlagen- bzw. Verfahrensbeschreibung". Demnach sollten Aschen und Schlacken von Verbrennungsanlagen, Eisen- und Nichteisenmetalle abgeschieden und einer stofflichen Wiederverwertung zugeführt werden. Die entmetallisierten Aschen und Schlacken sollten deponiert werden. Die Anlage sei mobil und könne zu den jeweiligen Anfahrstellen transportiert werden. Die Infrastruktur sei an den jeweiligen Aufstellungsorten bereits vorhanden. Dem zufolge könne durch die angestrebte Behandlung keine Gefährdung der Umwelt, insbesondere von Boden und Grundwasser entstehen. Bei den geplanten Trennungsverfahren handle es sich um eine bewährte Technologie, welche in dieser oder in ähnlicher Form bereits "großtechnisch" angewendet werde. Das Verfahren sei daher geeignet, den angestrebten Zweck (Rückgewinnung von Wertstoffen) tatsächlich zu erreichen. Eine Gefährdung von Boden und Grundwasser könne unter der Voraussetzung, dass die Anlage - wie in den Unterlagen angeführt - betrieben werde, mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Es seien nämlich versiegelte bzw. mit Abdichtungen zum Untergrund versehene Standorte gegeben. Da die in den Aschen und Schlacken enthaltenen Metalle Wertstoffe darstellten, welche im Falle der Deponierung dem Wirtschaftskreislauf entzogen würden, sei dieses Verfahren umweltrelevant positiv zu beurteilen. Die stoffliche Verwertung dieser Abfälle sei leicht möglich und werde in der Industrie angewandt.
Mit Eingabe beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 2008 beantragte die mitbeteiligte Partei, die zuständige Behörde möge feststellen, dass für dieses Vorhaben der Beschwerdeführerin eine Genehmigung nach dem UVP-G 2000 erforderlich sei.
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2008 wurde dieser Feststellungsantrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die Oberösterreichische Landesregierung dazu aus, dass die Beantragung der Feststellung in Ermangelung eines Genehmigungsantrages über das gegenständliche Vorhaben im ausschließlichen Interesse der Beschwerdeführerin als Projektwerberin liege. Die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen und somit zur Definition des Verfahrensgegenstandes bestehe unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nur dann, wenn der Projektwerberin auch das ausschließliche Recht zur Antragstellung zukomme. Weiters hätte die Bejahung der Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei vor Stellung des Genehmigungsantrages zur Konsequenz, dass diese mit Feststellungsanträgen betreffend "Projekte vom Hörensagen" oder "Projekte Kraft eigener Fantasie" die UVP-Behörde beschäftigen könnte. Daher könne nur der Projektwerber/die Projektwerberin zulässigerweise vor Einbringung eines Genehmigungsantrages, einen Feststellungsantrag nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 stellen.
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung an die belangte Behörde. Begründend führte diese dabei im Wesentlichen aus, dass mit der Vorhabensbeschreibung, dem vorgelegten technischen Bericht und den Planunterlagen das gegenständliche Projekt hinreichend konkretisiert sei. Mit der Einleitung des abfallrechtlichen Feststellungsverfahrens könne das Vorhaben nicht als "Projekt vom Hörensagen" qualifiziert werden. Die Argumentation der erstinstanzlichen Behörde betreffend die Unzulässigkeit des Feststellungsantrages der mitbeteiligten Partei gehe damit ins Leere.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 2008 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben und der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2008 behoben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sowohl anhand eines bereits ausgearbeiteten und der Behörde zur Entscheidung vorliegenden Genehmigungsantrages als auch in einem früheren Stadium erfolgen könne. Für die Zulässigkeit der Durchführung eines Feststellungsverfahrens müsse das Vorhaben soweit konkretisiert sein, dass eine Beurteilung des Verfahrensgegenstandes möglich sei. Es müsse somit beurteilt werden können, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht werde. Der erforderliche Detailierungsgrad könne dabei je nach dem die UVP-Pflicht potentiell auslösenden Tatbestand variabel sein.
Dem gegenständlichen Fall liege ein Vorhaben zugrunde, welches in einem Maß konkretisiert sei, das die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ermögliche. Dies zeige sich nicht zuletzt darin, dass der Landeshauptmann von Oberösterreich in der Lage gewesen sei, ein abfallrechtliches Feststellungsverfahren durchzuführen.
Sinn und Zweck der Antragsbefugnis der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 lägen insbesondere auch darin, dazu beizutragen, dass der integrierte Charakter der UVP frühzeitig zum Tragen komme und das UVP-G 2000 für UVP-pflichtige Projekte auch tatsächlich zur Anwendung gelange. Gerade der vorliegende Fall zeige, dass es Konstellationen gebe, in denen ein hinreichend konkretes Projekt vorliege. Dies könne "auch durchaus von einem Umsetzungswillen" getragen sein, ohne dass der Projektwerber/die Projektwerberin jemals eine Antragstellung bei einer nach den Materiengesetzen zuständigen Behörde oder bei der UVP-Behörde beabsichtige.
Der Berufung der mitbeteiligten Partei sei daher Folge zu geben gewesen, da ihr Antrag von der Oberösterreichischen Landesregierung zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Diese werde daher in der Sache selbst zu entscheiden haben.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008, Zl. B 1917/08-3, die Behandlung der Beschwerde ab.
Mit Beschluss vom 9. Jänner 2009 trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 153/2004 lautet wie folgt:
"(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit."
Die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 kann sowohl anhand eines bereits ausgearbeiteten und der Behörde zur Entscheidung vorliegenden Genehmigungsantrages als auch in einem früheren Stadium erfolgen. Für den Fall eines Antrages des Projektwerbers/der Projektwerberin nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 in einem Stadium, in welchem ein Genehmigungsantrag noch nicht vorliegt, sind vom Projektwerber/von der Projektwerberin die Angaben und Unterlagen über das Vorhaben vorzulegen und in jenem Maß zu konkretisieren, wie dies zur Beurteilung des Verfahrensgegenstandes, d.i. die Frage, ob für das vorgesehene Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das (die) Vorhaben verwirklicht wird, notwendig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zlen. 2003/05/0218, 0219, mwN).
Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich auf die im Beschwerdefall vorliegende Verfahrenskonstellation übertragen. Auch vom Projektwerber/von der Projektwerberin verschiedene nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 Antragslegitimierte - im Beschwerdefall der Umweltanwalt - können bereits vor Einleitung eines Genehmigungsverfahrens einen Feststellungsantrag nach dieser Gesetzesstelle einbringen. Voraussetzung dafür ist, dass zur Beurteilung des Verfahrensgegenstandes nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 über ein Vorhaben hinreichend konkrete Angaben und Unterlagen vorliegen.
Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall erfüllt. Wie sich aus den Spruchpunkten I. und II. des nach § 6 Abs. 6 Z. 1 AWG 2002 ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Mai 2008 ergibt, ist das Vorhaben der Beschwerdeführerin nicht nur hinsichtlich der geplanten Jahreskapazität, sondern auch in Bezug auf die geplanten abfallwirtschaftlichen Methoden und die eingesetzten Abfälle definiert. Dadurch war der Landeshauptmann von Oberösterreich in die Lage versetzt, dieses abfallrechtliche Feststellungsverfahren durchzuführen.
Es liegen somit alle Beurteilungsparameter zur Lösung der Frage vor, ob im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 für das Vorhaben der Beschwerdeführerin eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Das Vorhaben ist somit in ausreichendem Maß konkretisiert.
Im vorliegenden zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahren hatte die belangte Behörde darüber zu befinden, ob der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 14. Mai 2008 zu Recht von der Oberösterreichischen Landesregierung als unzulässig zurückgewiesen worden war. Die belangte Behörde entschied im angefochtenen Bescheid lediglich über die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000. Eine solche wurde von der belangten Behörde zutreffend bejaht und der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2008 behoben.
Eine Entscheidung über die Frage, ob das Vorhaben der Beschwerdeführerin einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bedürfe, wurde im angefochtenen Bescheid demzufolge auch nicht getroffen. Auch die Frage, ob eine Genehmigungspflicht nach abfallrechtlichen Bestimmungen - so insbesondere nach § 52 AWG 2002 - bestehe, hatte die belangte Behörde nicht zu prüfen. Die Beschwerdeausführungen, wonach der angefochtene Bescheid auf einer falschen Auslegung der Bestimmungen über die UVP-Pflicht einer (mobilen) Abfallbehandlungsanlage bzw. auf einer falschen Auslegung abfallrechtlicher Bestimmungen beruhe, gehen daher ins Leere.
Die Beschwerdeführerin hat keine Gründe vorgebracht, weshalb die mitbeteiligte Partei nicht berechtigt sein sollte, den verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag zu stellen. Auch finden sich keine Beschwerdeausführungen zu der entscheidungswesentlichen Frage, warum im Beschwerdefall kein ausreichend konkretisiertes Vorhaben vorliegen sollte, für welches ein Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 durchgeführt werden kann.
Sämtliches Beschwerdevorbringen bezieht sich auf die Frage, ob eine Genehmigungspflicht nach § 52 AWG 2002 bestehe. Zudem finden sich Ausführungen, denen zufolge keine UVP durchzuführen sei und auch keine Genehmigung nach dem UVP-G 2000 erwirkt werden müsste, da es sich im Beschwerdefall um eine mobile Abfallbehandlungsanlage handle. Diese in der Beschwerde angesprochenen Fragen waren jedoch nicht - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt - Gegenstand ihres angefochtenen Bescheides.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde weder eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP noch zur Erwirkung einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 für das in Rede stehende Vorhaben ausgesprochen. Die Beschwerdeausführungen gehen somit am Gegenstand des Verfahrens vorbei.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 16. Juli 2010
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