VwGH 2009/03/0183

VwGH2009/03/018321.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der R A GmbH in W, vertreten durch Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Seilergasse 4/15, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenats vom 16. November 2009, Zl 611.057/0001- BKS/2009, betreffend Verletzung des Privatradiogesetzes (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk in 1136 Wien, Würzburggasse 30; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Normen

ORF-G 2001 §14 Abs2 impl;
ORF-G 2001 §14 Abs2;
PrivatradioG 2001 §19 Abs4 litb;
PrTV-G 2001 §34 Abs2 impl;
VwRallg;
ORF-G 2001 §14 Abs2 impl;
ORF-G 2001 §14 Abs2;
PrivatradioG 2001 §19 Abs4 litb;
PrTV-G 2001 §34 Abs2 impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde aufgrund einer Beschwerde der mitbeteiligten Partei gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 19 Abs 4 lit b PrR-G ausgesprochen, dass die beschwerdeführende Partei

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 19 Abs 4 lit b Privatradiogesetz (PrRG) ist Schleichwerbung unzulässig. Schleichwerbung ist die Erwähnung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Hörfunkveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vom Wortlaut und Regelungszweck vergleichbaren Verbotsvorschriften in § 14 Abs 2 ORF-G idF BGBl I Nr 97/2004, und § 34 Abs 2 PrTV-G idF BGBl I Nr 97/2004 (vgl die hg Erkenntnisse vom 14. November 2007, Zl 2005/04/0245, und vom 29. Februar 2008, Zl. 2005/04/0275), die sich daher auch auf den vorliegenden Fall übertragen lässt, setzt Schleichwerbung einerseits die Absicht einen Werbezweck zu erreichen, und andererseits die Eignung zur Irreführung über diesen Zweck voraus.

Von der (grundsätzlich zulässigen) Werbung unterscheidet sich die unzulässige Schleichwerbung durch die Irreführung über den Werbezweck. Ist der Werbezweck einer Sendung bzw eines Sendungsteils nämlich offensichtlich und wird der Zuschauer über den Werbezweck nicht in die Irre geführt, so liegt von vornherein keine Schleichwerbung vor. Bei der Beurteilung, ob eine Erwähnung oder Darstellung von Waren und Dienstleistungen über den eigentlichen Zweck, nämlich den Werbezweck, irreführen kann, ist auf den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Zuschauer abzustellen (vgl das hg Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl 2009/03/0174).

2. Hinsichtlich der Verletzung des § 19 Abs 4 lit b PrR-G durch die am 12. April 2009 um etwa 17:13 Uhr gesendete Programmsequenz kann gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das zu inhaltsgleichen Sendungen ergangene hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0172, und die dort getroffene rechtliche Beurteilung verwiesen werden.

Die Beschwerde hinsichtlich dieser Programmsequenz war aus den dort genannten Gründen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Zu der am 9. April 2009 um etwa 7:35 Uhr ausgestrahlten Sendung ("Prominenz Korrespondenz") führt die beschwerdeführende Partei aus, diese Sendung sei "im Rahmen einer zulässigen Medienkooperation mit dem S-Magazin" gesendet worden. Die Sendung sei von der beschwerdeführenden Partei ausschließlich zu dem Zweck ausgestrahlt worden, ihre Hörer über gesellschaftlich interessante Ereignisse zu informieren und nicht, um den Absatz des S-Magazins zu fördern. Selbst wenn die Absatzförderung des S-Magazins als Nebeneffekt von der beschwerdeführenden Partei billigend in Kauf genommen worden sein sollte, würde lediglich bedingter Vorsatz, nicht aber Absicht vorgelegen sein. Absicht sei aber konstitutive Voraussetzung jeder Schleichwerbung. Schleichwerbung begründe auch eine Verwaltungsübertretung. Gerade aus diesem Grund hätte sich die belangte Behörde mit der inneren Tatseite der beschwerdeführenden Partei auseinander setzen müssen.

4. Zu diesem Vorbringen ist zunächst anzumerken, dass im gegenständlichen Verfahren keine Verwaltungsstrafe gemäß § 19 Abs 4 lit b iVm § 27 Abs 2 PrR-G verhängt wurde, weshalb auch nicht das Vorliegen der für eine Bestrafung erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen oder die entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Verfahrensbestimmungen anzuwenden waren.

Der beschwerdeführenden Partei ist zwar darin beizupflichten, dass es ein konstitutives Tatbestandsmerkmal von Schleichwerbung im Sinne des § 19 Abs 4 lit b PrR-G ist, dass die Erwähnung "vom Hörfunkveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist", wie sich schon unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt. Dennoch bedarf es entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei keiner Auseinandersetzung mit "der inneren Tatseite der Beschwerdeführerin", da nach § 19 Abs 4 lit b letzter Satz PrR-G eine Erwähnung oder Darstellung insbesondere dann als beabsichtigt gilt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Die - von der belangten Behörde festgestellte - Entgeltlichkeit des inkriminierten Beitrags wurde von der beschwerdeführenden Partei im Übrigen nicht bestritten; die beschwerdeführende Partei verweist auch ausdrücklich darauf, dass die Sendung im Rahmen einer Medienkooperation, also aufgrund einer mit einem anderen Medium geschlossenen Vereinbarung gesendet wurde. Lässt sich außerdem - wie im vorliegenden Fall - schon aus der Gestaltung des Beitrags auf die Absicht, einen Werbezweck zu erreichen, schließen, braucht die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs 4 lit b letzter Satz PrR-G gar nicht in Anspruch genommen werden (vgl zur insofern vergleichbaren Bestimmung des § 14 Abs 2 ORF-G idF BGBl I Nr 83/2001 das hg Erkenntnis vom 30. Juni 2011, Zl 2011/03/0140).

Der belangten Behörde ist daher darin beizupflichten, dass die werbliche Absicht des gegenständlichen Beitrags bereits unmittelbar aus der Gestaltung des Beitrags abgeleitet werden kann. Durch die Darstellung der weiteren Inhalte des S-Magazins und den Zusatz, dass dieses nun im Handel erhältlich sei, war der Beitrag nämlich jedenfalls geeignet, bislang uninformiertes oder unentschlossenes Publikum für den Erwerbs dieses Produkts zu gewinnen, woraus auf das Ziel, den Absatz des Produkts zu fördern, geschlossen werden kann (vgl aus der ständigen hg Rechtsprechung zum Vorliegen von Werbung zB das hg Erkenntnis vom 17. März 2011, Zl 2011/03/0014, mwN).

5. Die beschwerdeführende Partei führt weiter aus, dem Sendebeitrag fehle auch die Irreführungseignung. Schon zu Beginn der Sendung sei für den durchschnittlichen Hörer vollkommen klar, dass die vom Mitarbeiter des S-Magazins vermittelten Inhalte auch Gegenstand der Berichterstattung im S-Magazin seien. Der Hörer erwarte sich geradezu derartige Inhalte, sodass er gar nicht getäuscht werden könne. Gesellschaftlich interessante Berichte seien jene, die entweder aktuell seien oder einen Neuigkeitswert hätten. Die Hörer hätten daher davon ausgehen können, dass derartige gesellschaftlich interessante Berichte Gegenstand des Interviews und der aktuellen Ausgabe des S-Magazins seien. Die Hörer seien daher keineswegs schleichend zum Ankauf des S-Magazins animiert worden.

6. Die beschwerdeführenden Partei verkennt dabei, dass die belangte Behörde die Irreführungseignung nicht aufgrund der vom Mitarbeiter des S-Magazins beigesteuerten Sendungsinhalte angenommen hat, sondern aufgrund der mit diesen Informationen in keinerlei Zusammenhang stehenden Hinweise des Moderators auf weitere Inhalte des aktuellen S-Printmagazins. Dieser über das Thema der Sendung hinausgehende Hinweis wurde vom Moderator zudem mit der impliziten Aufforderung verbunden, das Magazin in einer Trafik käuflich zu erwerben.

Ein durchschnittlicher Hörer musste aber im Rahmen des redaktionell gestalteten Beitrags über eine gescheiterte Kindesadoption einer Prominenten nicht erwarten, mit weiteren Angaben zum Inhalt eines Printmagazins und dem verkaufsfördernden Hinweis, dass die neueste Ausgabe - mit den angekündigten Inhalten - nun erworben werden könne, konfrontiert zu werden. Durch die Einbettung dieser werblichen Passagen in einen bis dahin redaktionellen Beitrag konnte der durchschnittliche Hörer über den Werbezweck des Beitrags in die Irre geführt werden. Der Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich dabei um Schleichwerbung im Sinne des § 19 Abs 4 lit b PrR-G handelte, ist daher nicht entgegenzutreten.

7. Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich der Programmsequenz vom 9. April 2009 ("Prominenz-Korrespondenz") gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 445.

Wien, am 21. Oktober 2011

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