VwGH 2008/18/0064

VwGH2008/18/006429.1.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des N Ö, geboren am 24. September 1958, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Dezember 2007, Zl. E1/382384/2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom 4. Dezember 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben am 4. September 2005 illegal in Österreich eingereist und habe am 16. November 2005 den Erstantrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger, § 49 Abs. 1 FrG" gestellt, weil er am 12. Oktober 2005 die österreichische Staatsbürgerin T. geheiratet habe. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 23. April 2007 rechtskräftig abgewiesen worden. In seiner Stellungnahme vom 24. Juli 2007 habe der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt habe, welches Vorbringen er auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid mit dem Vorbringen bekräftigt habe, dass er immerhin mit einer Österreicherin verheiratet wäre und einer Beschäftigung nachginge.

Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise am 4. September 2005 ohne Aufenthaltstitel - unrechtmäßig - in Österreich aufhalte. Er sei deswegen bereits im Verwaltungsweg rechtskräftig bestraft worden.

Der Beschwerdeführer sei verheiratet und berufstätig. Über seine persönlichen bzw. privaten Verhältnisse habe er trotz Aufforderung im erstbehördlichen Schreiben vom 28. Juni 2007 keine weiteren Angaben gemacht. Angesichts seines langjährigen Aufenthaltes und seiner familiären Bindungen sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen gewesen. Trotz des nach wie vor bestehenden Verdachtes des Vorliegens einer Scheinehe könne nicht von deren tatsächlichen Bestand gesprochen werden. Allerdings sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich von allem Anfang an durch Unrechtmäßigkeit geprägt gewesen, sodass er letztlich nicht habe erwarten dürfen, mit seiner Ehefrau im Bundesgebiet ein legales Leben führen zu dürfen. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass er sich bereits jahrelang illegal im Bundesgebiet aufhalte und längst hätte ausreisen müssen, in äußerst gravierender Weise missachtet worden. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses sei von solchem Gewicht, dass die allenfalls vorhandenen gegenläufigen privaten Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers, der aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Aufenthalt nicht vom Inland aus werde legalisieren können.

Der Umstand, dass um die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen angesucht worden sei, könne seine Position nicht verbessern, weil dieser Antrag einerseits noch nicht bewilligt worden sei und andererseits die Entscheidung darüber im Ausland hätte abgewartet werden müssen, zumal kein Rechtsanspruch auf eine für ihn positive Absprache bestehe.

Besondere Umstände für eine Ermessensübung (zu seinen Gunsten) hätten nicht erkannt werden können und seien nicht vorgebracht worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer am 4. September 2005 illegal in Österreich eingereist ist, sein am 16. November 2005 gestellter Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden ist und er über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Beschwerdegründen beschränken sich auf das Vorbringen, dass er bei der zuständigen "MA 35" (gemeint: dem Landeshauptmann von Wien) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen eingebracht habe und dieses Verfahren bei der genannten Behörde nach wie vor anhängig sei. Dies habe er auch der Erstbehörde mitgeteilt. Sie habe jedoch diesen Umstand in keiner Weise berücksichtigt, und es erscheine eine Ausweisung nicht gerechtfertigt.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2007/18/0231, mwN), führt die Anhängigkeit eines Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen (§§ 72 bis 74 NAG) zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung.

Die belangte Behörde hat im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer verheiratet und berufstätig ist, zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber die Auffassung vertreten, dass den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich keine solche Bedeutung zukomme, dass seine Ausweisung nach dieser Gesetzesbestimmung unzulässig, das heißt nicht zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten wäre. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zukomme. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer, der sich seit seiner illegalen Einreise am 4. September 2005 ohne einen Aufenthaltstitel in Österreich aufgehalten hat und wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes - was die Beschwerde nicht in Abrede stellt - rechtskräftig bestraft wurde, durch diesen unrechtmäßigen Verbleib in Österreich bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides gravierend beeinträchtigt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich verheiratet ist, wird in seinem Gewicht insofern relativiert, als er auch zum Zeitpunkt der Eheschließung über keinen Aufenthaltstitel verfügte und daher rechtens nicht mit einem dauernden Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Dies gilt auch für den weiteren Umstand, dass er hier berufstätig ist. Worin die in der Beschwerde angesprochenen humanitären Gründe gelegen seien, wird von ihr nicht weiter dargelegt.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen begegnet somit die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung der Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 29. Jänner 2008

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