Normen
11997E012 EG Art12;
11997E018 EG Art18;
11997E234 EG Art234;
62006CJ0353 Grunkin und Paul VORAB;
ABGB §183 Abs1;
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2;
BGB-D §1752;
BGB-D §1767;
EGBGB-D Art10 Abs1;
IPRG §13 Abs1;
IPRG §26 Abs1;
IPRG §26 Abs2;
IPRG §9 Abs1;
EMRK Art8;
PStG §15;
VwGG §38b;
11997E012 EG Art12;
11997E018 EG Art18;
11997E234 EG Art234;
62006CJ0353 Grunkin und Paul VORAB;
ABGB §183 Abs1;
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2;
BGB-D §1752;
BGB-D §1767;
EGBGB-D Art10 Abs1;
IPRG §13 Abs1;
IPRG §26 Abs1;
IPRG §26 Abs2;
IPRG §9 Abs1;
EMRK Art8;
PStG §15;
VwGG §38b;
Spruch:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Steht Art. 18 EG einer Regelung entgegen, wonach die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates es ablehnen, den Nachnamen - soweit er ein im Mitgliedstaat (auch verfassungsrechtlich) unzulässiges Adelsprädikat enthält - eines (erwachsenen) Adoptivkindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt wurde?
Begründung
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist am 9. Mai 1944 in Wien geboren und österreichische Staatsbürgerin. Mit Beschluss des (deutschen) Kreisgerichtes Worbis vom 14. Oktober 1991 wurde gemäß den §§ 1767 und 1752 (deutsches) BGB vormundschaftsgerichtlich ausgesprochen, dass (unter anderem) die Beschwerdeführerin von Herrn L F v S-W als Kind angenommen wurde. Die Beschwerdeführerin lebte zu diesem Zeitpunkt (und lebt nach dem Akteninhalt auch weiterhin) in Deutschland.
Mit Ergänzungsbeschluss des Kreisgerichtes Worbis vom 24. Jänner 1992 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden in der Form erhalte, dass sie "F v S-W" heiße. Eine dementsprechende Eintragung (Beischreibung) dieses nunmehr geführten Familiennamens erfolgte durch die österreichischen Behörden in dem von ihnen geführten Geburtenbuch.
Mit Schreiben vom 5. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ein Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (hiezu später) verständigt, dass nunmehr eine Berichtigung der Eintragung des Familiennamens im Geburtenbuch auf "S-W" beabsichtigt sei. Die Beschwerdeführerin sprach sich dagegen aus und verwies dabei unter anderem auf ihr gemeinschaftsrechtlich verankertes Recht, innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu reisen ohne den Namen wechseln zu müssen.
Mit Bescheid vom 24. August 2007 sprachen die österreichischen Behörden (Magistrat der Stadt Wien, Standesamt) aus, dass der Familienname der Beschwerdeführerin (nunmehr) berichtigend im Geburtenbuch mit "S-W" einzutragen sei.
Mit ihrem Bescheid vom 31. März 2008 wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab.
Mit Beschluss vom 23. September 2008 sprach der gegen diesen Berufungsbescheid zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof aus, dass er die Behandlung der Beschwerde ablehne und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrete.
In seiner Begründung führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus wie folgt:
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlg. 17.060/2003 zum verfassungsrechtlichen Verbot der Weitergabe eines ehemaligen Adelsprädikates im Wege einer Adoption durch deutsche Staatsangehörige an einen österreichischen Staatsbürger) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:
Das Adelsaufhebungsgesetz, StGBl. 211/1919, steht im Verfassungsrang und ist damit einer Prüfung an Art. 18 B-VG nicht zugänglich. Für eine Gesetzwidrigkeit der im vorliegenden Zusammenhang präjudiziellen Bestimmungen der Adelsaufhebungs-Vollzugsanweisung, StGBl. 237/1919, die sich auf die Führung des Adelszeichens "von" (§ 2 Z. 1) und der adeligen Standesbezeichnung "Fürst" beziehen (§ 2 Z. 4), bestehen keine Anhaltspunkte."
2. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof
Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt die Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang entscheidungswesentlich vor, die Nichtanerkennung der namensrechtlichen Folge der bewilligten Adoption führe für die Beschwerdeführerin zu einer Behinderung des freien Personenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs, weil sie in den verschiedenen Staaten (gemeint hier wohl: Mitgliedstaaten der EU) unterschiedliche Namen zu führen habe. Die Mitgliedstaaten seien untereinander verpflichtet, die Anwendung des ordre public auf die notwendigsten und unerträglichsten Fälle einzuschränken und ansonsten den Entscheidungen des anderen Staates das größtmögliche Vertrauen entgegen zu bringen und diese anzuerkennen. Die Anwendung des ordre public setze auch einen starken Inlandsbezug voraus, der durch die bloße Staatsbürgerschaft nicht hergestellt werde. Der Umstand, dass die österreichischen Behörden "gelegentlich Ausweise für die Beschwerdeführerin auszustellen" hätten, vermöge die Notwendigkeit der Anwendung des ordre public nicht zu begründen.
Des Weiteren erblickt die Beschwerdeführerin noch einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK garantierte Recht auf Familienleben insoweit, als sie durch 15 Jahre hindurch den Familiennamen "F v S-W" geführt habe; zwar sei der Eingriff durch ein Gesetz (hier das österreichische Personenstandsgesetz) erlaubt, doch erfolge er in ein gutgläubiges und wohlerworbenes Recht, in welches nicht einfach ohne besondere Notwendigkeit eingegriffen werden dürfe.
Die belangte Behörde hat dem Verwaltungsgerichtshof die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unberechtigt abzuweisen. Im hier gegebenen Zusammenhang führt die belangte Behörde entscheidungswesentlich aus, weil die Beschwerdeführerin ausschließlich die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und die österreichischen Kollisionsnormen für den Fall der Adoption auf österreichisches Recht verwiesen, könne darin, dass im vorliegenden Fall der Familienname der Beschwerdeführerin in Österreich nach österreichischem Recht bestimmt werde, keine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit (Art. 12 EG) erkannt werden.
Zudem könnten auch keine Umstände erblickt werden, die zu einer Verletzung der Freizügigkeit gemäß Art. 18 EG und zu schwer wiegenden Nachteilen für die Beschwerdeführerin führten, wie sie in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Oktober 2008, Rs C-353/06 , Grunkin-Paul, beschrieben würden. Im vorliegenden Fall solle die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet werden, einen anderen Namen zu führen, als in Deutschland durch das Kreisgericht Worbis festgelegt worden sei, sondern solle das (österreichische) Personenstandsregister nur entsprechend der österreichischen Rechtslage hinsichtlich eines zu Unrecht eingetragenen (ausländischen) Adelstitels berichtigt werden. Die Berichtigung erfasse daher nur den eingetragenen Adelstitel "Fürstin von". Der Familienname der Beschwerdeführerin mit "S-W" bleibe daher auch nach erfolgter Berichtigung vollständig und wortgleich erhalten, sodass im Ergebnis keine unterschiedlichen Namen vorlägen, die jene Nachteile bewirken könnten, wie sie in dem erwähnten Erkenntnis des EuGH etwa beim Nachweis der Identität beschrieben würden.
Eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit gemäß Art. 18 EG wäre - nach Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruhe und in einem angemessenen Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Zweck stehe. Selbst wenn sich aus der gegenständlichen Berichtigung des Personenstandsregisters, die nur einen Adelstitel betreffe, Nachteile beruflicher oder privater Art für die Beschwerdeführerin ergeben sollten, so könne diesen keine solche Bedeutung zugemessen werden, die eine völlige Außerachtlassung des im Verfassungsrang stehenden, mit der Gründung der Republik Österreich einhergehenden und den Gleichheitsgrundsatz diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetzes rechtfertigen würde, zumal damit im Ergebnis eine schwer wiegende Verletzung tragender Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung bewirkt werden würde.
Überdies dürfe nicht übersehen werden, dass auch nach den deutschen Kollisionsnormen der Name einer Person nach dem Recht des Staates zu bilden sei, dem diese Person angehöre (Hinweis auf Art. 10 Abs. 1 EGBGB). Bei (richtiger) Anwendung des Gesetzes hätte daher auch das deutsche Gericht zu dem Ergebnis zu kommen gehabt, dass der Name der Beschwerdeführerin "I S-W" zu lauten habe.
3. Die anwendbare (österreichische) Rechtslage § 15 des Personenstandsgesetzes, BGBl. Nr. 60/1983 sieht in
seinem Absatz 1 die Möglichkeit vor, eine Beurkundung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.
Nach § 9 Abs. 1 erster Satz des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl. Nr. 304/1978, ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. Nach § 13 Abs. 1 leg. cit. ist die Führung des Namens einer Person nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.
Gemäß § 26 Abs. 1, 1. Satz leg. cit. sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindes Statt und der Beendigung der Wahlkindschaft nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Die Wirkungen der Annahme an Kindes Statt sind gemäß § 26 Abs. 2 leg. cit. nach dem Personalstatut des Annehmenden zu beurteilen.
§ 183 Abs. 1 ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Fassung BGBl. Nr. 25/1995, bestimmt, dass dann, wenn das Wahlkind nur von einer Person an Kindes Statt angenommen wird, das Wahlkind den Familiennamen des Annehmenden erhält.
§ 1 des - im Verfassungsrang stehenden - Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 211/1919 in der Fassung BGBl. Nr. 1/1920, (Adelsaufhebungsgesetz), lautet:
"§ 1. Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger werden aufgehoben."
§ 2 der - auf dem Adelsaufhebungsgesetz beruhenden - Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 237/1919, lautet wie folgt (auszugsweise):
"§ 2. Durch § 1 des Gesetzes vom 3. April 1919, St.G.Bl. Nr. 211, sind aufgehoben:
- 1. das Recht zur Führung des Adelszeichens "von";
- 2. das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die familienunterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort "Edler" sowie die Prädikate "Erlaucht", "Durchlaucht" und "Hoheit" gezählt wurden;
- 3. ...
- 4. das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z. B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen;
5. ..."
Der (österreichische) Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsbürgerin im Hinblick auf den im Geburtenbuch danach registrierten Familiennamen "Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog zu Sachsen" in seinem Erkenntnis vom 27. November 2003, B 557/03 (= VfSlg 17.060) zusammenfassend die österreichische Rechtslage dahin beurteilt, dass es nach dem im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetz unzulässig sei, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege einer Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trage, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiter zu geben. Österreichische Staatsbürger seien nach dem erwähnten Verfassungsgesetz nämlich auch nicht berechtigt, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.
4. Die Voraussetzungen für die Vorlage nach Art. 234 EG
Der EuGH hat zuletzt - soweit ersichtlich - im Urteil (Große Kammer) vom 14. Oktober 2008 in der Rechtssache C-353/06 , Grunkin-Paul, ausgesprochen, dass zwar das Recht zur Regelung der Nachnamen beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle, doch müssten diese bei der Ausübung dieser Zuständigkeit gleichwohl das Gemeinschaftsrecht beachten, sofern es sich nicht um einen internen Sachverhalt handle, der keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweise. Ein solcher Bezug zum Gemeinschaftsrecht bestehe bei Kindern, die Angehörige eines Mitgliedstaates seien und sich zugleich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhielten. Derartige Kinder könnten sich gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörige sie seien, grundsätzlich auf das Recht aus Art. 12 EG, nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert zu werden, sowie auf das Recht aus Art. 18 EG, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, berufen (vgl. die Rdnrn. 16, 17 und 18 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass sich auch die Beschwerdeführerin, die sich als österreichische Staatsbürgerin nach der Aktenlage in Deutschland aufhält, grundsätzlich auf die Rechte aus Art. 12 und 18 EG berufen kann, zumal die Adoption auch unter Erwachsenen das Kindschaftsverhältnis nachbilden soll.
Eine Diskriminierung im Sinne des Art. 12 EG kommt jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die dargestellte österreichische Gesetzeslage nicht in Frage (vgl. auch die Rdnrn. 19 und 20 des Urteils des EuGH vom 14. Oktober 2008).
Der EuGH hat weiters in dem erwähnten Urteil vom 14. Oktober 2008 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur festgehalten, dass sich für einen Betroffenen schwer wiegende Nachteile aus der Unterschiedlichkeit der Nachnamen im (Geburts- und) Wohnsitzstaat bzw. im Staatsangehörigkeitsstaat ergeben können; der EuGH hat in diesem Zusammenhang auf die rechtlichen Wirkungen von Urkunden oder Schriftstücken verwiesen, die auf den Namen ausgestellt wurden, der in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt sei und darauf aufmerksam gemacht, dass viele alltägliche Handlungen im öffentlichen wie im privaten Bereich den Nachweis der Identität (der in der Regel durch den Reisepass erbracht wird) verlangten. So hat der EuGH darauf hingewiesen, dass in dem von ihm zu entscheidenden Vorlageverfahren die Ausstellung des Reisepasses infolge der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes allein in der Zuständigkeit der deutschen Behörden liege; sollten diese aber es ablehnen, den in Dänemark bestimmten und eingetragenen Nachnamen anzuerkennen, würden sie dem Kind einen Reisepass ausstellen, der auf einen anderen Namen als auf den laute, den es im letztgenannten Mitgliedsstaat erhalten habe. Dies erwecke Zweifel an der Identität und den Verdacht von Falschangaben. Jedesmal wenn der in einer konkreten Situation benutzte Name nicht dem Namen entspreche, der in dem Dokument stehe, das zum Nachweis der Identität einer Person vorgelegt werde, um insbesondere entweder eine Leistung oder ein Recht gleich welcher Art zu erlangen oder aber das Bestehen von Prüfungen bzw. den Erwerb von Fähigkeiten zu belegen, oder wenn in zwei zusammen vorgelegten Dokumenten nicht derselbe Name stehe, könne eine solche Divergenz bezüglich des Nachnamens Zweifel an der Identität der Person und an der Echtheit der Dokumente oder der Wahrheitsgemäßheit der darin enthaltenen Angaben wecken. Gestützt auf diese Erwägungen hat der EuGH unter Hinweis auf die Bedingungen des Ausgangsverfahrens ausgesprochen, dass Art. 18 EG dem entgegenstehe, dass die Behörden eines Mitgliedstaats unter Anwendung des nationalen Rechts ablehnten, den Nachnamen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen worden sei, in dem dieses Kind - das nur die Staatsangehörigkeit des erstgenannten Mitgliedstaates besitze - geboren wurde und seit dem wohne (vgl. die Rdnrn. 23, 24, 25, 26 und 39).
Der EuGH hat jedoch in dem erwähnten Urteil vom 14. Oktober 2008 auch unter Anschluss an seine vorhergehende Rechtsprechung ausgeführt (Rdnr. 29), dass eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit, wie sie aus den dargelegten Nachteilen resultiere, dann allenfalls gerechtfertigt wäre, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruhte und in einem angemessenen Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Zweck stünde.
Derartige Erwägungen könnten im vom Verwaltungsgerichtshof zu behandelnden Beschwerdefall etwa in dem Umstand gesehen werden, dass es sich bei der Nachbildung des Kindschaftsverhältnisses durch die Adoption um einen Vertrag handelt, bei dem auch auf etwaige namensrechtliche Folgen Bedacht genommen werden könnte. Es wäre daher - soweit dies den vertragsschließenden Parteien überhaupt möglich ist - in der Hand (auch) der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, durch eine entsprechende Gestaltung des Vertrages (etwa durch Beibehaltung des bisherigen Namens des Adoptivkindes) bzw. des rechtlichen Umfelds (etwa eines Wechsels der Staatsbürgerschaft) unerwünschte Folgen in namensrechtlicher Hinsicht soweit als möglich hintanzuhalten. Insoferne erscheint dem vorlegenden Gerichtshof ein (möglicherweise) gewichtiger Unterschied im Sachverhalt zu dem des erwähnten Urteils vom 14. Oktober 2008 zu liegen (anderer Ansicht etwa Rieck, Anerkennung des Familiennamens in Mitgliedstaaten: - Grunkin-Paul, NJW 2009, 125 (128)).
Zutreffend verweist jedoch Rieck (aaO) darauf, dass der Gerichtshof keinen Anlass hatte, in seinem Urteil vom 14. Oktober 2008 über Fragen des ordre public zu entscheiden, da dieser nicht angewendet wurde (Rieck nennt in diesem Zusammenhang explizit das österreichische Adelsaufhebungsgesetz).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes könnte im Rahmen der Interessenabwägung, wie sie der EuGH in seinem Urteil vom 14. Oktober 2008 in Rdnr. 29 erwähnt, auch der Umstand eine Rolle spielen, dass das österreichische Verfassungsrecht, wie dargelegt (vgl. auch den oben erwähnten in der gegenständlichen Beschwerdesache ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 2008, B 910/08), österreichischen Staatsbürgern die Führung von Adelsprädikaten auch dann untersagt, wenn sie dazu nach ausländischem (deutschem) Recht im Wege der Adoption berechtigt wären.
Aus den hier vorgetragenen Erwägungen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof daher veranlasst, die eingangs gestellte Frage im Sinne des Art. 234 EG dem EuGH vorzulegen.
Wien, am 18. Mai 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)