VwGH 2008/16/0126

VwGH2008/16/012629.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Finanzamtes Graz-Umgebung gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 11. August 2008, Zl. RV/0184-G/04, betreffend Grunderwerbsteuer (mitbeteiligte Partei: K GmbH & Co KG in K, vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7), zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §4 Abs1;
HGB §142;
UmgrStG 1991 §23;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
HGB §142;
UmgrStG 1991 §23;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die K GmbH ist - laut einem in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Auszug aus dem Firmenbuch - die Komplementärin der K GmbH & Co KG (der mitbeteiligten Partei).

Die K GmbH war die einzige Komplementärin, die Mitbeteiligte die einzige Kommanditistin der BAG KG (in der Folge auch kurz: "BAG KG").

Der am 3. Mai 2001 zwischen der K GmbH und der mitbeteiligten Partei unter Beitritt der BAG KG abgeschlossene "Gesellschafteraustrittsvertrag Anwachsungsvereinbarung" lautet auszugsweise:

"§ 1

Präambel

(1) Die K GmbH (im folgenden kurz 'austretende Gesellschafterin' genannt) und die K GmbH & Co KG (im folgenden kurz 'verbleibende Gesellschafterin' genannt) sind die einzigen Gesellschafter der zu FN 190756 z beim Landesgericht Graz eingetragenen BAG KG.

(2) Die K GmbH hat als Arbeitsgesellschafter die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafterin inne. Sie ist weder am Vermögen noch an den stillen Reserven und am Firmenwert der BAG KG beteiligt.

(3) Die K GmbH & Co KG ist alleinige Kommanditistin der BAG KG mit einer Vermögenseinlage von EUR 36.336,42. Sie ist alleine am Vermögen, an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt.

§ 2

Vertragsgegenstand

(1) Die Vertragsteile kommen überein, dass die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin K GmbH aus der BAG & Co KG nach Maßgabe dieses Vertrages ausscheidet. Da aufgrund dieses Ausscheidens die K GmbH & Co KG als alleinige Gesellschafterin verbleiben würde, hat dies zwingend die Auflösung der BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG zur Folge.

(2) Die vertragsschließenden Parteien kommen in diesem Zusammenhang überein, dass das gesamte Vermögen der BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG mit allen Aktiven und Passiven auf die nunmehr alleinige Gesellschafterin, die K GmbH & Co KG im Rahmen eines Anwachsungsvorganges gemäß § 142 HGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht. Die Anwachsung erfolgt gemäß den Bestimmungen des § 142 i.V.m.

§ 145 HGB anstelle einer ordentlichen Liquidation. Durch den Anwachsungsvorgang geht insbesonders der gesamte Betrieb der BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die K GmbH & Co KG über.

...

§ 4

Schad- und Klagloshaltung, Abfindung

(1) Die verbleibende Gesellschafterin hält die austretende Gesellschafterin in Ansehung sämtlicher wie immer Namen habender Gesellschaftsverbindlichkeiten aus dem Anwachsungsvorgang gemäß § 2 vollkommen schad- und klaglos.

(2) Da die austretende Gesellschafterin am Vermögen, an den stillen Reserven und am Firmenwert der Gesellschaft nicht beteiligt war, vereinbaren die Vertragsteile, dass keine Abfindung ausbezahlt wird, sofern es sich nicht um die Auszahlung allfälliger Guthaben auf Privatverrechnungskonten handelt.

§ 5

Rechtsübergang

(1)Aufgrund der Anwachsung des gesamten Vermögens der BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG geht insbesondere der gesamte Betrieb der BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG einschließlich sämtlicher Aktiven und Passiven, insbesonders einschließlich aller Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten auf die K GmbH & Co KG im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge über. Sofern nicht ohnehin aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge das gesamte Vermögen auf die verbleibende Gesellschaft anwächst, überträgt die BAG Vertriebsgesellschaft m.b.H. Nfg & Co KG dieses gesamte Vermögen an die K GmbH & Co KG und letztere erklärt die Vertragsannahme.

(2) Der Umfang des angewachsenen Betriebes umfasst insbesondere:

...

*

Liegenschaft EZ XXX Grundbuch K, bestehend aus dem Grundstück Nr. 2042.

(3) Aufsandungserklärung: ..."

Mit Bescheid vom 21. August 2002 setzte das Finanzamt gegenüber der mitbeteiligten Partei für diesen Rechtsvorgang ausgehend von einer Gegenleistung in Höhe von 7.100.000,-- S (entspricht 515.977,12 EUR) Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z. 3 GrEStG 1987 mit dem Betrag von 18.059,20 EUR fest. "Im Falle der Übernahme des Gesamthandeigentums gemäß § 142 BAO durch den verbleibenden Gesellschafter (Erwerbsvorgang iSd § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG)" sei - so die Begründung dieses Bescheides - "die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen."

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung, in der sie zusammengefasst den Standpunkt vertrat, der gegenständliche Vertrag vom 3. Mai 2001 stelle einen Fall eines Zusammenschlusses gemäß Art. IV des Umgründungssteuergesetzes - UmgrStG dar. Zweifellos lägen die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 23 UmgrStG für einen Zusammenschluss vor. Die Übertragung von Vermögen, nämlich des gesamten Betriebes der BAG KG, sei auf die alleinige Kommanditistin erfolgt, sodass in diesem Fall eine Gewährung von Gesellschaftsrechten habe unterbleiben müssen. Unzweifelhaft sei auch der Fall einer Anwachsung gemäß § 142 HGB als Übertragung im Sinn des § 23 UmgrStG anzusehen. Im Übrigen würde bei Vorliegen eines Zusammenschlusses außerhalb des Anwendungsbereiches des UmgrStG die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu bemessen sein. Soweit, wie im vorliegenden Fall, keine Gegenleistung vorhanden sei, hätte die Bemessung der Grunderwerbsteuer vom einfachen Einheitswert zu erfolgen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 18. Mai 2004 wies die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung als unbegründet ab. Der gegenständliche Vertrag vom 3. Mai 2001 stelle nicht, wie in der Berufung behauptet, einen Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG, sondern eine Geschäftsübernahme nach § 142 HGB dar, die einerseits die Vollbeendigung einer Personengesellschaft bewirke, deren Geschäft durch den übernehmenden Gesellschafter ohne Liquidation fortgeführt werde, und andererseits den Eintritt des übernehmenden Gesellschafters in alle Rechtspositionen der früheren Gesellschaft kraft Universalsukzession. Der Erwerbstatbestand nach § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 sei erfüllt. Besteuerungsgrundsatz für die Berechnung der Grunderwerbsteuer sei somit der Wert der Gegenleistung.

Hierauf beantragte die Mitbeteiligte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und deren Entscheidung über die Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte den Erstbescheid dahingehend ab, dass die Grunderwerbsteuer mit dem Betrag von 7.523,82 EUR festgesetzt werde. Strittig sei im gegenständlichen Fall, welche Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer heranzuziehen sei:

Der zweifache, der dreifache Einheitswert oder eine Gegenleistung. Die Mitbeteiligte gehe davon aus, dass der Vertrag vom 3. Mai 2001 einen Fall des Zusammenschlusses nach Art. IV UmgrStG darstelle und somit der zweifache Einheitswert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bilde. Die Verwaltungspraxis unterstelle § 23 UmgrStG einen sehr weiten Begriffsumfang des Zusammenschlusses. Als Zusammenschluss sei unter anderem die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen auf eine bestehende Mitunternehmerschaft zu beurteilen, sodass die bestehende Mitunternehmerschaft erweitert werde. Dies werde gedanklich als Zusammenschluss zu einer neuen Mitunternehmerschaft aufgefasst. Daraus sei ersichtlich, dass als Zusammenschluss nicht nur Vermögensübertragungen zur Errichtung einer Mitunternehmerschaft, sondern alle gesellschaftsrechtlichen (und auch schuldrechtlichen) Vorgänge, die zu einer Erweiterung des Gesellschaftskreises oder zu einer Erhöhung der Gesellschafterrechte führten, zu werten seien.

Im Hinblick auf die gesetzlich geforderte ausschließliche Gewährung von Gesellschafterrechten sei festzuhalten, dass die Praxis jedoch einige Fälle aufgezeigt habe, in denen eine Gewährung von Gesellschafterrechten unterbleiben könne bzw. müsse. So werde bei der "Verschmelzung" einer Tochterpersonengesellschaft auf ihre hundertprozentige Mutterpersonengesellschaft durch Übertragung des Betriebes der Tochter regelmäßig eine Gewährung von Gesellschafterrechten nicht erfolgen (können). Ähnliches liege im gegenständlichen Fall vor. Die Übertragung erfolge auf die Mitbeteiligte als alleinige Kommanditistin, weshalb eine Gewährung von Gesellschafterrechten nicht stattfinden habe können.

Hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 UmgrStG sei für den vorliegenden Fall festzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Amtsbeschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorerst einmal darin, dass der gegenständliche Rechtsvorgang - eine Geschäftsübernahme nach § 142 HGB - mangels Gewährung von Gesellschafterrechten den Tatbestand des § 23 Abs. 1 UmgrStG nicht erfülle. In Art. IV UmgrStG gebe es keine Ausnahme vom Gebot der ausschließlichen Gewährung von Gesellschafterrechten. Auch liege keine planwidrige Regelungslücke in Art. IV UmgrStG vor. Schließlich habe die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den Regeln des GrEStG 1987 zu erfolgen. Der Wert der Gesamtgegenleistung des übernehmenden Gesellschafters als Summe aus Wert der Gesellschaftsschulden und Wert der eigenen untergegangenen Beteiligung des übernehmenden Gesellschafters sei dem Wert des Gesamterwerbes gleich, das sei der Wert des gesamten Vermögens der Kommanditgesellschaft. Bei dieser (sich stets ergebenden) Wertgleichheit von Gesamtgegenleistung und Gesamterwerb sei auch die anteilige auf den Grunderwerb entfallende Gegenleistung gleich hoch wie der Wert des Grundstücks. Es könne daher ohne förmliche ziffernmäßige Darstellung der einzelnen Berechnungskomponenten und -schritte direkt ausgehend vom Wert des Grundstücks der Wert der Gegenleistung angesetzt werden. Der Wert des Grundstücks und der ziffernmäßige Betrag der Gegenleistung seien seitens der Mitbeteiligten nicht angefochten. Die erstinstanzliche Abgabenfestsetzung sei im Übrigen genau der Wertangabe der Mitbeteiligten gefolgt.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

Von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird nicht in Zweifel gezogen, dass der beschwerdegegenständliche Rechtsvorgang, nämlich der "Gesellschafteraustrittsvertrag und Anwachsungsvereinbarung" vom 3. Mai 2001, den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 erfüllt. Im Beschwerdefall ist vorerst die Frage zu beantworten, ob ein Fall eines Zusammenschlusses im Sinn des § 23 Abs. 1 UmgrStG vorliegt.

Das Umgründungssteuergesetz - UmgrStG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 797, lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz:

"Artikel IV

Zusammenschluss

Anwendungsbereich

§ 23. (1) Ein Zusammenschluss im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Vermögen (Abs. 2) ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf Grundlage eines Zusammenschlussvertrages (Gesellschaftsvertrages) einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das übertragene Vermögen am Zusammenschlussstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages, einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Übertragende hat den positiven Verkehrswert im Zweifel durch das Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.

(2) Zum Vermögen zählen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile im Sinn des § 12 Abs. 2.

(3) Personengesellschaften sind Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind.

(4) Auf Zusammenschlüsse sind die §§ 24 bis 26 anzuwenden.

...

Sonstige Rechtsfolgen des Zusammenschlusses

§ 26. (1) Es sind anzuwenden:

...

(4) Werden auf Grund eines Zusammenschlusses nach § 23 Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 verwirklicht, so ist die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen."

Unter Zusammenschluss im Sinn des UmgrStG ist die Vereinigung zweier oder mehrerer Personen zu einer Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschafterrechten unter gleichzeitiger Übertragung von Unternehmen, Betrieben, Teilbetrieben oder Anteilen an Mitunternehmerschaften zu verstehen (vgl. etwa Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, Kommentar zum Umgründungssteuergesetz4, Rz. 1 zu § 23).

Der Begriff des Zusammenschlusses im Sinn des UmgrStG bezieht sich auf Mitunternehmerschaften und damit auf einen wesentlich weiteren Kreis von Gesellschaften als Personengesellschaften im Sinn des Gesellschaftsrechts (vgl. wiederum etwa Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, aaO, Rz. 4 zu § 23).

Der Zusammenschluss stellt einen Einzelrechtsnachfolgetatbestand dar. Die Vermögensgegenstände sowie Rechte und Pflichten des übertragenen Objekts gehen nicht gesamthaft auf die übernehmende Personengesellschaft über (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2008, Zlen. 2004/13/0056, und 2006/13/0198, sowie Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, aaO, Rz. 6 zu § 23).

Unter "Gewährung von Gesellschafterrechten" im Sinn des § 23 Abs. 1 UmgrStG ist jede positive Veränderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/16/0304 = Slg. 7410/F, mwN). Der Begriff "Gesellschafterrechte" ist im ertragssteuerrechtlichen Sinn zu verstehen und umfasst demnach nicht nur die Einlagen der Gesellschafter der Personengesellschaft (Komplementäreinlage, Kommanditeinlage), sondern ganz allgemein alle Positionen, die im ertragssteuerrechtlichen Sinn der Gesellschafterstellung des Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft zuzurechnen sind (vgl. wiederum etwa Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, aaO, Rz. 73 f zu § 23).

Wundsam/Zöchling/Huber/Khun führen aaO, Rz. 70 f zu § 23, - unter Hinweis auf Sulz in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen, Band B, Rz. 64 und 65 zu § 23 UmgrStG - aus:

"Gem § 23 Abs 1 ist für die Anwendung der Bestimmungen des Art IV Voraussetzung, dass die Gegenleistung für die Vermögensübertragung ausschließlich in der Gewährung von Gesellschafterrechten der übernehmenden Personengesellschaft besteht.

Anders als für Einbringungen (§ 19 Abs. 2) ist für Zusammenschlüsse keine Ausnahme von diesem Grundsatz der Ausschließlichkeit der Gewährung von Gesellschafterrechten vorgesehen. Ausnahmen bestehen lediglich für gewisse Arten von Zusammenschlüssen, bei denen eine Gewährung von Gesellschafterrechten unterbleiben muss oder kann. So kann zum Beispiel bei einem up-stream-Zusammenschluss zwischen verbundenen Mitunternehmerschaften keine Gewährung von Gesellschafterrechten erfolgen. Bei einem Zusammenschluss von Schwester-Personengesellschaften (side-stream-Zusammenschluss) mit identischen Beteiligungsverhältnissen kann auf die Gewährung von Gesellschafterrechten verzichtet werden."

Sulz führt aaO aus:

"Die Praxis hat einige Fälle herausgearbeitet, in denen eine Gewährung von Gesellschafterrechten unterbleiben kann bzw. muss. So wird bei der "Verschmelzung" einer Tochterpersonengesellschaft auf ihre hundertprozentige Mutterpersonengesellschaft durch Übertragung des Betriebes der Tochter regelmäßig eine Gewährung von Gesellschafterrechten nicht erfolgen (können).

Ebenso kann ein Zusammenschluss von Schwesterpersonengesellschaften, also von Mitunternehmerschaften, bei denen dieselben Personen im selben steuerlichen Ausmaß beteiligt sind, unter Verzicht auf die Gewährung von Gesellschafterrechten durchgeführt werden. Sollten die Mitunternehmeranteile nicht beteiligungsidentisch sein, wird unter Bezugnahme auf die identischen gesellschaftsvertraglichen Beteiligungsverhältnisse (starre Kapitalkonten) unter der Voraussetzung ausreichen, dass im Gesellschaftsvertrag (implizit) für den Fall der Beendigung der Gesellschaft oder der Gesellschafterstellung eine Glattstellung variabler Kapitalkonten festgelegt ist."

Der beschwerdegegenständliche Rechtsvorgang vom 3. Mai 2001 stellte eine einvernehmliche Auflösung der BAG KG unter Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch die bisherige (einzige) Kommanditistin, die Mitbeteiligte dar. In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht wurde die BAG KG aufgelöst und beendet und deren Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die bisherige Kommanditistin übertragen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, Zl. 93/16/0139, mwN., sowie Koppensteiner in Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, I3, Rz. 9 zu § 142 HGB).

Abgesehen davon, dass allein die Auflösung und Beendigung der BAG KG grundsätzlich nicht den Fall eines in Rede stehenden "Zusammenschlusses" im Sinne des § 23 Abs. 1 UmgrStG erfüllt, ist im Beschwerdefall nicht ersichtlich - und wird auch von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht behauptet - , dass der K GmbH für die Übertragung von Vermögen an die Mitbeteiligte Gesellschafterrechte an dieser im besagten Sinn gewährt worden wären, d.h. dass sich die Rechtsstellung der K GmbH "positiv" verändert hätte, etwa dadurch, dass die K GmbH (als Komplementärin der Mitbeteiligten) im Gegenzug für die Übertragung von Vermögen an die Mitbeteiligte im Einvernehmen mit weiteren Gesellschaftern der Mitbeteiligten weitergehende Gesellschafterrechte im besagten Sinn eingeräumt erhalten hätte.

Soweit sich die belangte Behörde und die Mitbeteiligte auf - eingangs näher zitierte - Literatur berufen, wonach in einzelnen Fällen ("up-stream-" und "side-stream-" Zusammenschlüsse) Ausnahmen vom Grundsatz der Ausschließlichkeit der Gewährung von Gesellschafterrechten bestehen könnten, kann im vorliegenden Zusammenhang eine nähere Erörterung dieser Meinungen dahingestellt bleiben, weil der beschwerdegegenständliche Rechtsvorgang keinen der in der Literatur angesprochenen Fälle erfüllt und, wie soeben dargelegt, eine Einräumung von Gesellschafterrechten an die übertragende K GmbH rechtlich nicht ausgeschlossen gewesen wäre, mag auch aus anderen Gründen davon Abstand genommen worden sein.

Aus dem Gesagten folgt, dass mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung nach § 23 Abs. 1 UmgrStG ("ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten") u.a. § 26 Abs. 4 leg. cit. unanwendbar ist, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben ist.

Da § 26 Abs. 4 UmgrStG unanwendbar ist, ist für die Berechnung der Grunderwerbsteuer § 4 GrEStG 1987 maßgeblich. Bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personengesellschaft des Handelsrechts, die nur aus zwei Personen besteht, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Steuer nach § 4 Abs. 1 GrEStG von der Gegenleistung zu errechnen, wobei auch Betriebsschulden, die übernommen werden, zur Gegenleistung gehören (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1986, Zl. 84/16/0155). Der Wert der Gegenleistung bemisst sich nach dem Werte der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994 mwN).

In diesem Licht wird die belangte Behörde daher gehalten sein, die in § 4 des Vertrages vom 3. Mai 2001 vorgesehene Auseinandersetzung auf das Vorliegen einer Gegenleistung zu prüfen und, sollte eine solche zu objektivieren sein, der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu Grunde zu legen.

Wien, am 29. Jänner 2009

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