Normen
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §62a Abs4 idF 2006/I/001;
ASVG §342 Abs1;
AVG §13 Abs8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §62a Abs4 idF 2006/I/001;
ASVG §342 Abs1;
AVG §13 Abs8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird über Beschwerde der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Beschwerden der dritt-, viert- und fünftbeschwerdeführenden Partei werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer, dem Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (UVS) vom 6. März 2008 wurde der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in P mit einem näher umschriebenen Standort und der Betriebsstätte auf dem Grundstück Nr. 111, KG P, erteilt; die Einsprüche u.a. der beschwerdeführenden Parteien wurden abgewiesen.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe mit Ansuchen vom 18. Mai 2004 die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in P beantragt und dabei als Betriebsstätte das Grundstück Nr. 107/1, KG P, angegeben. Mit Schriftsatz vom 20. November 2006 habe sie das Ansuchen hinsichtlich der Betriebsstätte geändert; die Betriebsstätte der in Aussicht genommenen Apotheke sei auf dem Grundstück Nr. 111, KG P, vorgesehen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (BH) vom 18. Mai 2004 sei der Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei mit der Begründung abgewiesen worden, die Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 4 ApG könne nicht herangezogen werden, weil sich im Umkreis von vier Straßenkilometern um die ursprünglich in Aussicht genommene Betriebsstätte weniger als zwei von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzten Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG befänden. Da sich andererseits in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte zwar eine ärztliche Hausapotheke befinde, jedoch weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt seien, habe die BH einen Bedarf im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG verneint.
Nun sei das Konzessionsverfahren im Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 bereits anhängig gewesen und bis zum 31. Oktober 2006 nicht rechtskräftig abgeschlossen worden, sodass die Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 4 Apothekengesetz zum Tragen komme. Nach dieser Bestimmung bestehe - abweichend von der negativen Bedarfsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG - ein Bedarf dann nicht, wenn sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke befinde und in der Gemeinde oder im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG bestehen, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind.
In der Standortgemeinde der beantragten Apotheke befinde sich eine ärztliche Hausapotheke. Messungen zwischen der Betriebsstätte der beantragten Apotheke auf Grundstück Nr. 111, KG P, und umliegenden Arztordinationen hätten Entfernungen von weniger als vier Straßenkilometer ergeben. Demnach befänden sich jedenfalls zwei Ärzte in der Gemeinde bzw. im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte, nämlich die Ordination des Erstbeschwerdeführers in W Nr. 106, und die Ordination des Zweitbeschwerdeführers in P, Tobis 100, wobei je eine volle Planstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG besetzt sei.
Der Einwand, es sei die Entfernung der Vertragsarztstellen zur Betriebsstätte der beantragten Apotheke "im Zeitpunkt der Antragstellung" maßgeblich, sei unzutreffend. Das Apothekengesetz lasse nämlich eine Änderung der Betriebsstätte innerhalb des Standortes in einem laufenden Konzessionsverfahren durchaus zu. Es sei daher die von der mitbeteiligten Partei geänderte Betriebsstätte der Entscheidung zu Grunde zu legen. Im Zeitpunkt der Antragsänderung durch die mitbeteiligte Partei sei zwar die erwähnte Übergangsbestimmung bereits in Geltung gestanden, es könne dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang aber nicht unterstellt werden, dass er anordnen wollte, es sei nicht die neue Betriebsstätte der Bedarfsbeurteilung zu Grunde zu legen, sondern eine, die "längst nicht mehr aktuell bzw. überholt" und überdies nicht mehr glaubhaft gemacht sei. Die Bedarfsprüfung sei daher auch unter Berücksichtigung des im Anlassfall uneingeschränkt anwendbaren § 62a Abs. 4 ApG ausgehend von der "neuen" Betriebsstätte vorzunehmen gewesen.
Da auch die übrigen Voraussetzungen für die Konzessionserteilung erfüllt seien, sei der mitbeteiligten Partei die beantragte Konzession zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei erhobene, zur hg. Zl. 2008/10/0079, protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich weiters die von der drittbeschwerdeführenden Partei erhobene, zur hg. Zl. 2008/10/0080, protokollierte Beschwerde, sowie die von der Viert- und Fünfbeschwerdeführerin erhobene, zur hg. Zl. 2008/10/0083, protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei auch hiezu jeweils eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Apothekengesetz (ApG) ist die Konzession für eine neue öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
Ein Bedarf besteht gemäß § 10 Abs. 2 ApG nicht, wenn
1. sich im Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als
5.500 betragen wird.
Gemäß § 62a Abs. 4 ApG sind auf im Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 (das ist der 10. Jänner 2006) anhängige Konzessionsverfahren, die bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, § 10 Abs. 2 Z. 1 in der Form anzuwenden, dass ein Bedarf dann nicht besteht, wenn sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke befindet und in der Gemeinde oder im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, bestehen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, es sei im vorliegenden Fall § 62a Abs. 4 ApG anzuwenden, weil das Konzessionsverfahren bereits zum Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 anhängig gewesen und bei Ablauf des 31. Oktober 2006 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sei. In der Gemeinde bzw. im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Apothekenbetriebsstätte, wobei die von der mitbeteiligten Partei geänderte Betriebsstätte maßgeblich sei, bestünden zwei Arztordinationen im Sinne des § 62a Abs. 4 ApG. Es bestehe daher Bedarf an der von der mitbeteiligten Partei beantragten neuen öffentlichen Apotheke.
Erst- und Zweitbeschwerdeführer wenden ein, eine Beurteilung auf der Grundlage der von der mitbeteiligten Partei ursprünglich beantragten Betriebsstätte hätte zu einer Verneinung des Bedarfes an der neuen öffentlichen Apotheke geführt. Im 4-Straßenkilometer-Umkreis um die ursprünglich beantragte Betriebsstätte habe sich nämlich lediglich die Arztpraxis des Zweitbeschwerdeführers befunden. Da § 62a Abs. 4 ApG eine Beurteilung des Bedarfes "im Zeitpunkt der Antragstellung" vorsehe, hätte der Konzessionsantrag abgewiesen werden müssen.
Sie sind mit ihrer Beschwerde im Ergebnis im Recht:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2009, Zl. 2008/10/0011, und die dort zitierte Vorjudikatur), stellt eine Änderung der voraussichtlichen Betriebsstätte innerhalb des Standortes keine die Sache in ihrem Wesen verändernde Antragsänderung dar, wenn unter dem Gesichtspunkt der Situierung der Betriebsstätte keine andere Beurteilung der Bedarfssituation gegeben ist.
Die "Angelegenheit" eines Apothekenkonzessionsverfahrens wird daher - soweit es um die räumliche Komponente geht - grundsätzlich durch einen gesetzmäßig umschriebenen Standort und nicht durch den Ort der künftigen Betriebsstätte bestimmt. Ergibt sich jedoch, dass eine während des Verfahrens erfolgte Veränderung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte, obwohl sie sich innerhalb des Standortes hält, zu einer im Ergebnis wesentlich anderen Bedarfssituation führt, so kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass durch diese Änderung die zu entscheidende Angelegenheit nur unwesentlich geändert würde. Würde daher eine Änderung der beantragten Betriebsstätte zu einer anderen Beurteilung betreffend das Vorliegen der negativen Bedarfsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 2 ApG führen, so läge eine einem Neuantrag gleich kommende Modifikation des Konzessionsantrages vor (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 9. September 2009, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Befänden sich im Vier-Straßenkilometer-Umkreis um die von der mitbeteiligten Partei in ihrem ursprünglichen Konzessionsantrag vom 18. Mai 2004 genannte Betriebsstätte (Grundstück Nr. 107/1, KG P) weniger als zwei Vertragsstellen gemäß § 342 Abs. 1 ASVG, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, während im Vier-Straßenkilometer-Umkreis um die mit Schriftsatz vom 20. November 2006 geänderte Betriebsstätte (Grundstück Nr. 111, KG P) "zumindest zwei Vertragsstellen von Ärzten nach § 342 Abs. 1 ASVG" bestehen, so hätte diese Änderung der Betriebsstätte eine andere Beurteilung betreffend das Vorliegen der negativen Bedarfsvoraussetzung gemäß § 62a Abs. 4 ApG zur Folge. In diesem Fall läge daher eine wesentliche Antragsänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG vor, die einem Neuantrag gleichzuhalten wäre. Dies wiederum hätte zur Folge, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könnte, das Verfahren sei bereits im Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 (10. Jänner 2006) anhängig gewesen. Damit wäre jedoch § 62a Abs. 4 ApG auf das mit Schriftsatz vom 20. November 2006 diesfalls neu eingeleitete Konzessionsverfahren nicht mehr anwendbar.
Auf dem Boden des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes kann allerdings nicht beurteilt werden, ob die von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Änderung der Betriebsstätte zu einer im dargelegten Sinn wesentlichen Antragsänderung geführt hat; fehlt im angefochtenen Bescheid doch jede Auseinandersetzung mit der Frage, welche Auswirkungen auf die Beurteilung der Bedarfsvoraussetzungen mit der die Betriebsstätte betreffenden Antragsänderung verbunden sind. Vielmehr hat die belangte Behörde die für diese Beurteilung erforderlichen Annahmen aus der Erwägung unterlassen, dass eine Änderung der Betriebsstätte im Apothekenkonzessionsverfahren durchaus möglich und die Bedarfsprüfung diesfalls ausgehend von der "neuen" Betriebsstätte nach dem "uneingeschränkt anwendbaren" § 62a Abs. 4 ApG vorzunehmen sei.
Da die belangte Behörde es somit in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, den für die Bedarfsbeurteilung maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Die spruchgemäße Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt zur Klaglosstellung der dritt-, viert- und fünftbeschwerdeführenden Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGG. Die Beschwerden dieser Parteien waren daher im Grunde dieser Bestimmung in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren darüber einzustellen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, Zl. 2005/10/0226).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere §§ 53 und 56 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 18. Februar 2010
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