VwGH 2007/21/0383

VwGH2007/21/038324.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. August 2007, Zl. 148.704/2-III/4/07, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Niederlassungsbewilligungsverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §65;
VwRallg;
FrPolG 2005 §65;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, wurde mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) vom 24. Juli 2003 ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Am 9. April 2004 stellte der (mittlerweile offenbar mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratete) Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher, § 49 Abs. 1 FrG 1997", der nach dem Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG mit 1. Jänner 2006 als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gewertet wurde. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der BH vom 6. April 2006 gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG, wonach Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden dürfen, wenn gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot besteht, abgewiesen. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer hatte bereits am 28. Dezember 2004 einen Antrag auf Aufhebung des eingangs erwähnten Aufenthaltsverbotes gestellt, der mit Bescheid der BH vom 22. Dezember 2005 abgewiesen wurde. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. Juli 2006 Folge gegeben und das Aufenthaltsverbot aufgehoben.

Darauf gründete der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des erwähnten Verfahrens betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der mit Bescheid der BH vom 20. Dezember 2006 abgewiesen wurde.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. August 2007 ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde wird zunächst das von der belangten Behörde angenommene Nichtvorliegen des Wiederaufnahmegrundes nach § 69 Abs. 1 Z 3 als im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof stehend eingeräumt. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch den schon im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt, die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wirke "ex tunc" und demzufolge sei das Aufenthaltsverbot durch den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich rückwirkend beseitigt worden. Es sei daher bei der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Erlassung des den Antrag auf Niederlassungsbewilligung abweisenden Bescheides der BH vom 6. April 2006 kein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer bestanden habe. Diese Rückwirkung habe die belangte Behörde zu Unrecht nicht wahrgenommen. Die Rechtstatsache des Nichtbestehens eines Aufenthaltsverbotes sei aber "neu" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, weil sie dem im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheid nicht zu Grunde gelegt worden sei. Es handle sich um eine "neu hervorgekommene" und nicht um eine "neu entstandene" Rechtstatsache, weil davon auszugehen sei, dass das Aufenthaltsverbot infolge des rückwirkenden Außerkrafttretens im Zeitpunkt der Erlassung des negativen Bescheides im wiederaufzunehmenden Verfahren vom 6. April 2006 keinen Bestand gehabt habe.

Nach dem in der Beschwerde angesprochenen § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Die darauf Bezug nehmende Beschwerdeargumentation ist insofern schon im Ansatz verfehlt, weil die nach § 65 FPG vorgenommene Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nicht "ex tunc", sondern "ex nunc" wirkt (siehe etwa Riel/Schrefler-König/Szymanski/Wollner, FPG, Anm. 1 zu § 65). Durch die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes wird dieses nicht rückwirkend, sondern erst mit dem Zeitpunkt der Erlassung des aufhebenden Bescheides aus dem Rechtsbestand beseitigt, womit dessen Geltung bis zu diesem Zeitpunkt nicht berührt wird. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers liegt der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund daher nicht vor, sodass die von der belangten Behörde vorgenommene Bestätigung der Antragsabweisung zu Recht vorgenommen wurde.

Zur Vollständigkeit ist noch anzumerken, dass dem als Beleg für die in der Beschwerde vertretene Ansicht angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 2000, Zl. 2000/19/0100, eine andere, mit der vorliegenden nicht vergleichbare Konstellation zugrunde lag. Der Fall betraf nämlich die Wiederaufnahme eines Verfahrens zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem - aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 114 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 erfolgten - Außerkrafttreten eines beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, noch auf Basis der Rechtslage des Fremdengesetzes aus 1992 ergangenen Aufenthaltsverbotes. Dabei war aber so vorzugehen, als sei das Aufenthaltsverbot - gleich wie im Fall einer gemäß § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkenden Aufhebung durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - rückwirkend außer Kraft getreten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2007

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