Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
Der zu hg. Zahl VH 2007/19/0621 protokollierte Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers langte beim Verwaltungsgerichtshof mit Poststempel vom 24. September 2007 ein. Aus den Angaben im Verfahrenshilfeantrag geht hervor, dass der angefochtene Bescheid dem Rechtsvertreter des Antragstellers am 10. August 2007 zugestellt wurde. Die sechswöchige Beschwerdefrist endete somit am 21. September 2007. Dies wurde dem Antragsteller mit am 9. Oktober 2007 zugestellter Verfügung vom 26. September 2007 vorgehalten und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen zur Verspätung des Antrags Stellung zu nehmen.
Mit Eingabe vom 23. Oktober 2007 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er begründete die Versäumung der Beschwerdefrist damit, dass der Verfahrenshilfeantrag zwar richtigerweise für 21. September 2007 kalendiert worden sei, weshalb sein Rechtsvertreter den diesbezüglichen Schriftsatz seinem Kanzleimitarbeiter, Herrn L. L., "zur Postaufgabe - wie immer am gleichen Tag durchzuführen - auf den dafür vorgesehenen Platz auf dessen Schreibtisch gelegt" habe. An diesem Tag sei der Verfahrenshilfeantrag jedoch das einzige Schriftstück gewesen; dieses habe der Mitarbeiter L. L., welcher nur donnerstags und freitags arbeite, übersehen und es sei erst am Montag im Laufe des Tages von einer anderen Mitarbeiterin zur Post gebracht worden. Durch das Versehen des "zuverlässigen Mitarbeiters" sei der Beschwerdeführer gehindert gewesen, den Antrag fristgerecht abzusenden. Sein Rechtsvertreter habe die "seit Jahren geübte Praxis der Postaufgabe" eingehalten. Dem Mitarbeiter sei dieser "unvorhersehbare Fehler beim (Nicht-)Blick oder des Vergessens in das Postaufgabefach passiert". Er könne sich "logischerweise auch nicht daran erinnern, dass ein Brief dort gelegen" sei. Aufgrund "mehrerer anderer Umstände" sei der Rechtsvertreter sicher, den Antrag rechtzeitig verfasst und "ins Postaufgabefach gelegt zu haben".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (s. zu dieser jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, Zl. 2005/16/0258, mit zahlreichen Nachweisen) ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Das Versehen eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleiangestellten verletzt hat.
Ein berufsmäßiger Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen, etwa die fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln oder von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, gesichert erscheint. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht vorgenommen hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten.
Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Solche Vorgänge sind etwa die Kuvertierung, die Beschriftung eines Kuverts oder die Postaufgabe, also manipulative Tätigkeiten. Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man seine Sorgfaltspflicht nicht überspannen.
3. Abgesehen davon, dass schon das im vorliegenden Antrag erstattete Vorbringen in sich widersprüchlich ist (es bleibt unklar, ob der Rechtsvertreter das Schriftstück auf den Schreibtisch seines Mitarbeiters oder ins Postaufgabefach gelegt hatte), wäre eine Darstellung der Kontrollmechanismen schon deshalb notwendig gewesen, weil - wie sich aus dem hg. Beschluss vom 9. August 2007, Zl. 2007/20/1050, ergibt - derselbe Kanzleimitarbeiter des Rechtsvertreters bereits im Juni 2007 eine Postaufgabe nicht ordnungsgemäß durchgeführt hatte. Der Parteienvertreter hätte sich daher am 21. September 2007 nicht ohne Weiteres darauf verlassen dürfen, dass die Sendung durch diesen (gerade bei Postaufgaben nicht mehr als zuverlässig zu beurteilenden) Mitarbeiter rechtzeitig zur Post gebracht werde. Da es aber an einem entsprechenden Vorbringen zur Kontrolle der Postaufgabe fehlt, kann nicht vom Vorliegen eines minderen Grads des Versehens ausgegangen werden.
Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2008
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