VwGH 2007/18/0068

VwGH2007/18/006813.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des R (alias S) S, (geboren 1967), in W, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Dezember 2006, Zl. SD 1689/06, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführer, ein (angeblich) indischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, aus Österreich ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität mangels Dokumente nicht hinreichend geklärt sei, habe erstmals am 9. Dezember 2002 unter anderer Identität einen Asylantrag gestellt, den er wenig später zurückgezogen habe. Ein weiterer, am 11. März 2003 eingebrachter Asylantrag sei zwischenzeitig rechtskräftig abgewiesen worden; die Behandlung einer dagegen eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde sei abgelehnt worden. Jedenfalls seither sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich unrechtmäßig, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 FPG - im Grund des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage ledig, Sorgepflichten oder sonstige familiäre Bindungen bestünden offenbar nicht. Welche "Bindungen des Beschwerdeführers zu Österreich" - wie in der Berufung geltend gemacht - zu berücksichtigen gewesen wären, werde auch in der Berufung nicht (konkret) dargelegt. Zwar sei angesichts aller Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses große öffentliche Interesse verstoße der nicht bloß kurzfristige, unrechtmäßige Weiterverbleib im Anschluss an ein negativ abgeschlossenes Asylverfahren gravierend, zumal der Beschwerdeführer offenbar gar nicht daran denke, das Bundesgebiet zu verlassen. Unter den gegebenen Umständen sei er aber rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Solcherart könne insgesamt kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.

Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer behaupte, in seinem Heimatland verfolgt zu werden, stelle solche Gründe nicht dar, werde mit dem gegenständlichen Bescheid doch nicht darüber ausgesprochen, in welches Land der Beschwerdeführer auszureisen habe. Auch seien solche Umstände im Heimatland des Beschwerdeführers bei der gegenständlichen Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Mit dem Aufenthalt und der Lebenssituation des Beschwerdeführers in Österreich unmittelbar zusammenhängende Umstände, die eine zu seinen Gunsten ausfallende Ermessensentscheidung zulassen würden, seien nicht geltend gemacht worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er sich seit der Ablehnung der Behandlung seiner beim Verwaltungsgerichtshof gegen den negativen Asylbescheid eingebrachten Beschwerde unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Insbesondere bringt er auch nicht vor, dass ihm auf Grund seines nach der Zustellung des hg. Ablehnungsbeschlusses (die nach Ausweis des hg. Aktes Zl. 2006/19/1124 am 22. September 2006 erfolgte) neuerlich (umgehend) gestellten Asylantrags eine asylrechtliche Berechtigung zum Aufenthalt zukäme. Im Hinblick darauf begegnet die (nicht bekämpfte) Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des § 66 Abs. 1 FPG. Die belangte Behörde habe es entgegen dem § 66 FPG unterlassen, möglichst umfassend darzulegen, worin das Fehlverhalten und die vom Beschwerdeführer dadurch hervorgerufene Gefährdung der öffentlichen Ordnung bestünde. Er sei in den Arbeitsprozess (wenn auch als Werkvertragspartner) legal integriert, dieses Einkommen stelle die Lebensgrundlage des Beschwerdeführers dar. Infolge der Ausweisung würde der Beschwerdeführer seine in Österreich erlangte wirtschaftliche Sicherheit verlieren, zumal er seit nunmehr etwa vier Jahren nicht mehr in seinem Herkunftsstaat gewesen sei und dort keine Chancen habe, wirtschaftlich Fuß zu fassen.

2.2. Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers zutreffend einen relevanten Eingriff in dessen persönliche Interessen iSd § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber - entgegen der Beschwerde - unter Berücksichtigung dieser Interessen die Auffassung vertreten, dass die gegen den Beschwerdeführer erlassene Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei. Das im gegebenen Zusammenhang maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten weist aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf. Dieses öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen Aufenthalt seit der Ablehnung der Behandlung seiner Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen den negativen Asylbescheid in der Dauer von etwa drei Monaten maßgeblich beeinträchtigt. Demgegenüber kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet insgesamt nur geringes Gewicht zu. Zunächst ergeben sich weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer familiäre Interessen an einem Verbleib in Österreich hätte. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich werden indes entscheidend dadurch relativiert, dass sie - einschließlich der Aufnahme einer Berufstätigkeit - auf einem letztlich erfolglosen Asylantrag gründen. Im Übrigen handelt es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte in seinem Herkunftsstaat keine Chance, wirtschaftlich Fuß zu fassen, um eine nicht weiter substantiierte - bloße - Behauptung; schon deshalb vermag der Beschwerdeführer damit eine maßgebliche Verstärkung seiner privaten Interessen nicht zu bewirken.

3. Der Verweis des Beschwerdeführers auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu den Voraussetzungen für eine Ausweisung von EWR-Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen geht ins Leere, weil der Beschwerdeführer als indischer Staatsangehöriger ohne inländische familiäre Beziehungen keiner dieser Personengruppen angehört.

4. Auf dem Boden des Gesagten erweisen sich schließlich die Verfahrensrügen als nicht zielführend, die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer nicht detailliert einvernommen und damit den Sachverhalt mangelhaft festgestellt sowie ihre Entscheidung nicht nachvollziehbar begründet.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. März 2007

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