VwGH 2007/16/0084

VwGH2007/16/00845.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der B & Co KG in W, vertreten durch die PASCHER & SCHOSTAL Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Zedlitzgasse 1, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 2. März 2007, Zl. ABK - 102/06 und 103/06, betreffend u.a. Dienstgeberabgabe für 1995 bis 1998, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
BAO §246 Abs1;
BAO §273;
DienstgeberabgabeG Wr §2 Abs4;
DienstgeberabgabeG Wr §4;
LAO Wr 1962 §192;
LAO Wr 1962 §208;
BAO §188;
BAO §246 Abs1;
BAO §273;
DienstgeberabgabeG Wr §2 Abs4;
DienstgeberabgabeG Wr §4;
LAO Wr 1962 §192;
LAO Wr 1962 §208;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom 19. November 1994 wurde die B & Co GesmbH gegründet. In der Generalversammlung vom 27. September 2000 wurde eine Umwandlung gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung einer Personengesellschaft in Form einer KG, der Beschwerdeführerin, beschlossen. Die B & Co GesmbH wurde aufgelöst und im Firmenbuch gelöscht. An der Beschwerdeführerin waren RE und FK als Komplementäre und FP als Kommanditist beteiligt.

Der Magistrat der Stadt Wien setzte mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem Bescheid vom 4. April 2005 die Dienstgeberabgabe für die Kalenderjahre 1995 bis 1998 in Höhe von zusammen 1.502,15 EUR fest und erlegte der Beschwerdeführerin wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Dienstgeberabgabe einen Säumniszuschlag von 6,10 EUR auf.

Der dagegen eingebrachte, von FK gefertigte Schriftsatz vom 22. Mai 2005 weist folgenden Wortlaut auf: "Als Komplementär der (Beschwerdeführerin, Anschrift) und somit Gesamtrechtsnachfolgerin der B & Co GesmbH erhebe ich innerhalb offener Frist (.....) das Rechtsmittel der Berufung." Zur Begründung war angeführt, dass die Dienstgeberabgabe für Zeiträume festgesetzt worden sei, in denen die Beschwerdeführerin noch nicht bestanden habe.

Mit an die Beschwerdeführerin gerichteter Berufungsvorentscheidung vom 7. März 2006 wies der Magistrat der Stadt Wien "die Berufung der (Beschwerdeführerin)" als unbegründet ab.

Der dagegen eingebrachte, von FK gefertigte Schriftsatz vom 10. April 2006 weist folgenden Wortlaut auf: "Als Komplementär der (Beschwerdeführerin, Anschrift) und somit Gesamtrechtsnachfolgerin der B & Co GesmbH stelle ich hiermit innerhalb offener Frist ..... folgenden Antrag:

Vorlage der Berufung ... an die Abgabenbehörde 2. Instanz mit dem

Ersuchen um Entscheidung."

Mit Punkt II. des an die Beschwerdeführerin gerichteten

angefochtenen Bescheides entschied die belangte Behörde "über die

... von der (Beschwerdeführerin) fristgerecht eingebrachte

Berufung" und wies die Berufung als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 des Wiener Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970, ist abgabepflichtig jeder Dienstgeber (physische oder juristische Person), der mindestens einen Dienstnehmer beschäftigt.

Nach § 2 Abs. 4 leg. cit. liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Dienstnehmer dem Dienstgeber (öffentlichrechtliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet.

Dienstgeber kann auch eine Kommanditgesellschaft sein. Die Kommanditgesellschaft ist hinsichtlich der Dienstgeberabgabe ein eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuerrechtssubjekt (vgl. aus der insoweit heranziehbaren hg. Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft bei der Umsatzsteuer etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2007, Zl. 2007/15/0110).

Der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom 4. April 2005 betraf die Festsetzung einer für die B & Co GesmbH entstandenen Dienstgeberabgabe für die Zeiträume 1995 bis 1998 und war insoweit zutreffend an die Beschwerdeführerin gerichtet, weil diese durch Umwandlung gemäß § 5 UmwG die Gesamtrechtsnachfolge nach der bis 2000 bestehenden B & Co GesmbH angetreten hatte.

Gemäß § 71 Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung (WAO) werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Ein Bescheid hat gemäß § 67 Abs. 2 WAO im Spruch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Nach § 189 WAO ist gegen Bescheide, welche die Abgabenbehörden erster Instanz erlassen, als Rechtsmittel die Berufung gegeben, soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wird. Zur Einbringung einer Berufung ist gemäß § 192 WAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildenden Bescheid ergangen ist.

Zur Erhebung der Berufung gegen den erwähnten Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 4. April 2005 wäre daher die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen. Der die Berufung im eigenen Namen und keineswegs in Vertretung der KG erhebende Komplementär der Beschwerdeführerin war zur Erhebung der Berufung nicht berechtigt (vgl. das zur Umsatz- und Gewerbesteuer ergangene hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, 92/13/0016; anders etwa bei an eine KG gerichteten Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO). Dessen Berufung wäre zurückzuweisen gewesen (§ 208 WAO).

Gemäß § 211 Abs. 1 WAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn ein Anlass zur Zurückweisung (§ 208) nicht vorliegt und etwaige Formgebrechen behoben sind (§ 59 Abs. 2 und § 210), die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern oder aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen. Gegen eine Berufungsvorentscheidung, die wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, kann gemäß § 211 Abs. 2 leg.cit. innerhalb der unerstreckbaren Frist von einem Monat beantragt werden, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Das Antragsrecht steht dem Berufungswerber und ferner auch jedem zu, gegen den die Berufungsvorentscheidung wirkt. Dem Berufungswerber gleichgestellt wäre auch, wer einer Berufung beigetreten ist (§ 201 WAO).

Angesichts des Wortlautes des § 211 Abs. 1 und 2 WAO war im Beschwerdefall nur die Beschwerdeführerin, nicht aber ihr Komplementär in eigenem Namen berechtigt, den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu stellen.

Der Antrag ist somit durch einen dazu nicht Berechtigten gestellt worden, wie es § 211 WAO als Voraussetzung für das weitere Verfahren vorsieht.

Der belangten Behörde lag somit für ihre nunmehr von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Berufungsentscheidung kein Antrag auf Entscheidung einer hiezu legitimierten Partei vor; sie war daher zu der getroffenen Sachentscheidung über eine Berufung nicht berechtigt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen in der Sache eingegangen werden musste.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 5. März 2009

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