Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. August 2003 besteht die Geschäftstätigkeit der zu einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr bilanzierenden beschwerdeführenden GmbH in der Führung von Großküchen zur Verpflegung von Krankenhäusern, Altersheimen und Betrieben. Der Anhang des genannten Berichtes weist die Beschwerdeführerin als verbundenes Unternehmen im Konzern einer in Frankreich ansässigen Obergesellschaft aus, die damals 90,5 % der Stammanteile der Beschwerdeführerin besaß. Als weiterer Gesellschafter hatte Josef D. 9,5 % am Stammkapital inne.
Im Jahr 2005 fand bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung statt, die den Zeitraum 1999 bis 2003 umfasste. Dabei wurde für das Jahr 2003 eine verdeckte Ausschüttung an Josef D. in Höhe von 93.111,96 EUR festgestellt (Tz. 30 des Betriebsprüfungsberichtes vom 27. Juni 2005). Lt. Punkt 5. der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 14. Juni 2005 habe die Beschwerdeführerin dem mit 9,5 % an ihr beteiligten Gesellschafter Josef D. im Wirtschaftsjahr 1998 ein Darlehen in der Höhe von 1 Mio. S gewährt. Nach dem Darlehensvertrag vom 14. Jänner 1998 habe die Laufzeit fünf Jahre und die Verzinsung 5 % p.a. betragen. Zum Bilanzstichtag 31. August 2003 habe das Konto einen Saldo in Höhe von 93.111,99 EUR ausgewiesen, der aus dem Darlehensbetrag zuzüglich der bereits angefallenen Zinsen resultiert habe.
Rechtlich würdigte die Betriebsprüferin diesen Sachverhalt dahingehend, dass das Darlehen nach dem Darlehensvertrag und der Laufzeit von fünf Jahren bereits mit Jänner 2003 zurückzuzahlen gewesen wäre. Das Darlehen sei allerdings "bis dato" nicht beglichen worden. Das Unterlassen der Eintreibung des aushaftenden Forderungsbetrages unterstreiche das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung. Von einer beabsichtigten Darlehensrückzahlung könne "nach eingehender Untersuchung aller Tatbestände nicht ausgegangen werden". Die offene Forderung inklusive Zinsen stelle daher eine verdeckte Ausschüttung dar und sei mit dem aushaftenden Betrag per 31. August 2003 außerbilanziell hinzuzurechnen.
Gegen die im Gefolge der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Körperschaft- und Kapitalertragsteuerbescheide für das Jahr 2003 erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 7. September 2005 Berufung. In dieser wurde die ersatzlose Aufhebung des Abgaben- und Haftungsbescheides betreffend Kapitalertragsteuer 2003 sowie die Festsetzung der Körperschaftsteuer mit 19.228,11 EUR an Stelle von 27.142,63 EUR beantragt. Zur Begründung machte die Beschwerdeführerin geltend, das an Josef D. gewährte Darlehen sei als verdeckte Ausschüttung qualifiziert worden, weil durch die "Nichtrückzahlung bzw. Nichteintreibung" des Darlehens zum Fälligkeitszeitpunkt ein Verzicht der Beschwerdeführerin angenommen worden sei. Tatsächlich sei allerdings das Darlehen, das im Übrigen völlig fremdüblich gewesen sei, mündlich prolongiert und zwischenzeitig sogar zurückgezahlt worden. Die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes sei daher "völlig unrichtig".
Zur Berufung nahm die Betriebsprüferin dahingehend Stellung, dass das Darlehen an Josef D. bis zur Beendigung des Betriebsprüfungsverfahrens nicht zurückbezahlt gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung sei die offene Darlehensforderung einschließlich Verzinsung zum 31. März 2005 auf einen Darlehensstand von 97.563,99 EUR angewachsen gewesen. Zinsen seien vom Beginn der Darlehensaufnahme an nicht entrichtet, sondern jeweils dem Darlehensbetrag zugeschlagen worden. Die zum Fälligkeitszeitpunkt 14. Jänner 2003 aushaftende Darlehensforderung des Josef D. sei zum Zeitpunkt des Betriebsprüfungsverfahrens von der Beschwerdeführerin mit einer wahrscheinlichen zukünftigen Veräußerung der Geschäftsanteile an die französische Mehrheitsgesellschafterin begründet worden (das Darlehen "werde dann mit dem Veräußerungserlös der Anteile aufgerechnet"). Unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs reiche eine mündliche Prolongierung des Darlehens allerdings nicht aus. Vergleichend sei auf eine Darlehensvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer B. hinzuweisen. Dieses Darlehen sei nach den vertraglich vereinbarten Bedingungen zum Fälligkeitsdatum zurückbezahlt und auch die Zinsen seien jährlich in Rechnung gestellt und entrichtet worden.
Die Erhebungen der Betriebsprüfung hätten ergeben, dass der geplante Verkauf der Gesellschaftsanteile des Josef D. an den Mehrheitseigentümer noch im Sommer des Jahres 2005 erfolgen werde. Einer Eintragung im Firmenbuch vom 27. August 2005 sei zu entnehmen, dass die Anteile des Josef D. zwischenzeitlich tatsächlich an die französische Gesellschaft verkauft worden seien. Nach Auffassung der Betriebsprüferin sei das gewährte Darlehen "gesondert zu prüfen und rechtlich zu beurteilen". Der Verkauf der Gesellschaftsanteile im Jahr 2005, zweieinhalb Jahre nach Fälligkeit des Darlehens, stelle ein eigenes Rechtsgeschäft dar. Die Aufrechnung mit einem möglichen Veräußerungserlös sei nicht geeignet, eine verdeckte Ausschüttung abzuwenden oder rückgängig zu machen.
Der Ansicht der Betriebsprüferin hielt die Beschwerdeführerin in einer Gegenäußerung entgegen, dass das am 14. Jänner 1998 gewährte Darlehen hinsichtlich der Modalitäten und der Verzinsung auch im Betriebsprüfungsverfahren nicht beanstandet worden sei. Aus dem bloß scheinbaren Verzug des Schuldners habe die Betriebsprüferin auf den Wegfall der Schuld geschlossen, wobei allerdings weder ein konkreter Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Forderungsverzichtes dargelegt noch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin berücksichtigt worden sei. Tatsächlich sei nämlich im Rahmen der Verhandlungen über den Verkauf der restlichen Anteile des Josef D. vereinbart worden, den Rückzahlungszeitpunkt auf den Verkaufszeitpunkt zu verlängern, um dem Schuldner die für ihn angenehmere Möglichkeit der Kompensation mit dem Verkaufserlös zu ermöglichen. Diese Vorgangsweise sei aus der Sicht der Gläubigerin jedenfalls fremdüblich gewesen, weil sie eine günstigere Verhandlungsbasis für die Verkaufsgespräche ermöglicht habe. Die Betriebsprüferin habe selbst in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass ihre Erhebungen die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt hätten und mit einer Rückführung des Darlehens beim Verkauf im Sommer 2005 zu rechnen gewesen sei. Wenn sie dennoch zu dem Schluss komme, dass mangels rechtlicher Verknüpfung der beiden Rechtsgeschäfte beide Sachverhalte getrennt zu beurteilen seien, könne ihr nicht gefolgt werden. Unabhängig von einer rechtlichen Verknüpfung dokumentiere der geplante Verkauf nämlich die Ernsthaftigkeit der Rückzahlungsabsicht. Abgesehen davon, dass auch ansonsten kein Hinweis auf einen Wegfall der Schuld gegeben gewesen sei, sei das "dauernde Bestehen der Verpflichtung" bis zur erfolgten Rückführung eindeutig bewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die Betriebsprüfung habe zunächst das von der Beschwerdeführerin an Josef D. gewährte Darlehen anerkannt. Erst mit der "Nichtbezahlung und somit Säumigkeit des Darlehensnehmers" sei sie zu der Ansicht gelangt, dass eine verdeckte Ausschüttung hinsichtlich der Darlehenssumme zuzüglich Zinsen vorliege. Dieser Beurteilung könne nach Ansicht der belangten Behörde nicht widersprochen werden.
Für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, unter die auch die Beziehungen zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zu subsumieren seien, bedürfe es u.a. nach außen ausreichend zum Ausdruck kommender Vereinbarungen. Mit dem Vorbringen, dass eine mündliche Prolongation des Darlehensvertrages stattgefunden habe, werde die Beschwerdeführerin dieser "Bedingung" nicht gerecht. Eine Gleichbehandlung mit fremden Dritten sei unterblieben, weil trotz Säumigkeit mit der Rückzahlung des geschuldeten Betrages keine detaillierten Rückzahlungsbedingungen und Zeitpunkte festgelegt worden seien, zu denen "das Kapital, Zinsen und allenfalls Zinsenzinsen zurückgezahlt werden sollten". Spätestens mit der Säumigkeit des Darlehensschuldners hätte es einem der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes entsprechenden Handeln entsprochen, schriftlich verbindliche und einem Fremdvergleich standhaltende Vereinbarungen mit dem Darlehensschuldner zu treffen. Da solche Vereinbarungen mit dem Gesellschafter fehlten, müsse "die Nichtrückzahlbarkeit der von dem Gesellschafter von der Bw. empfangenen" Geldbeträge angenommen und von der Tatsache einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen werden. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, dass die gesamte Schuldsumme mit dem späteren Anteilserwerb gegen zu verrechnen gewesen wäre, entbehre für den Zeitraum 2003 "ebenfalls jeglichen Nachweises". Es wäre den Parteien nämlich zweifellos freigestanden, eine solche Vereinbarung schriftlich niederzulegen, die für den Fall eines Erwerbes der Gesellschaftsanteile "eine Anrechnung der Darlehenssumme samt Zinsen und Zinseszinsen vorsehen sollte". Dass eine solche zu diesem Zeitpunkt nicht sehr wahrscheinlich gewesen sei, sei bereits aus dem Umstand zu schließen, dass die Beschwerdeführerin auf die Berechnung von Zinseszinsen verzichtet habe. Denn eine Berechnung von Zinseszinsen hätte zweifellos den Kaufpreis der Gesellschaftsanteile vermindert und "wäre eine solche Vorgangsweise für eine mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes agierende Gesellschaft zwingend vorzunehmen gewesen". Der in der Replik zur Stellungnahme der Betriebsprüferin geäußerten Ansicht zur Rückzahlung des Darlehens im Jahr 2005 könne die belangte Behörde keine Bedeutung beimessen, weil Ereignisse in späteren Zeiträumen für die Beurteilung der strittigen Darlehensgewährung und -fortführung im Veranlagungszeitraum 2003 nicht maßgeblich sein könnten. Da somit im Zeitraum 2003 "keine von vornherein ausreichend klare und einem Fremdvergleich standhaltende Darlehensvereinbarung" zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Minderheitsgesellschafter vorgelegen sei, sei die Beurteilung des nicht zurückgezahlten Darlehens im Jahr 2003 durch das Finanzamt als verdeckte Ausschüttung zu Recht erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009, 2008/15/0167, mwN).
Verzichtet eine Kapitalgesellschaft causa societatis zu Gunsten eines Gesellschafters auf eine ihm gegenüber bestehende Forderung, so liegt im Zeitpunkt des (allenfalls schlüssigen) Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2006, 2004/14/0066, und vom 24. September 2008, 2008/15/0110).
Auszugehen ist davon, dass auch die belangte Behörde die Darlehensgewährung seitens der Beschwerdeführerin an den Gesellschafter Josef D. im Jahr 1998 steuerrechtlich anerkannt hat. Die von der belangten Behörde bestätigte Zurechnung einer verdeckten Ausschüttung durch die Abgabenbehörde erster Instanz für den Streitzeitraum 2003 wäre somit nur dann rechtens, wenn in diesem Zeitraum ein (allenfalls auch schlüssiger) Verzicht auf die Darlehensforderung seitens der Beschwerdeführerin erfolgt wäre. Das bloße Aufgeben des Rückzahlungswillens eines Schuldners bringt dabei die Schuld noch nicht in Wegfall (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 28. April 2009, 2004/13/0059).
Dass lt. angefochtenem Bescheid im Zeitraum 2003 "keine von vornherein ausreichend klare und einem Fremdvergleich standhaltende Darlehensvereinbarung" zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Minderheitsgesellschafter vorgelegen sei, beantwortet noch nicht die Frage, ob damit auch auf die Einbringung eines bis dahin unstrittig bestehenden (fremdüblichen) - weiterhin bilanzierten - Darlehens verzichtet wurde. Ebenso lässt sich aus Überlegungen zu einer nicht auf fremdübliche Weise erfolgten Darlehensprolongation noch nicht ein Verzicht auf die Darlehenseinbringung an sich ableiten. Ein Hinweis auf eine fehlende oder zu geringe Verzinsung (die belangte Behörde bringt dazu im angefochtenen Bescheid eine - im Übrigen in der Beschwerde bestrittene - unterbliebene Verrechnung von Zinseszinsen ins Spiel) trägt zur Begründung des Standpunktes, eine verdeckte Ausschüttung habe nicht (nur) in der Zinsendifferenz bestanden, sondern dem Gesellschafter sei auf Kosten des bestehenden Gesellschaftsvermögens auch Kapital zugewendet worden, ebenfalls für sich nichts bei (vgl. z.B. nochmals das hg. Erkenntnis vom 28. April 2009).
Sachverhaltsfeststellungen, aus denen sich eine Vorteilszuwendung in Form eines Verzichts auf die Darlehensforderung im Streitjahr 2003 ableiten ließe, hat die belangte Behörde damit im Ergebnis nicht getroffen. Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 20. Jänner 2010
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