VwGH 2007/10/0153

VwGH2007/10/01539.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Dr. H in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Juni 2007, Zl. GS5-SH-12792/004-2007, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG NÖ 2000 §2 Z1;
SHG NÖ 2000 §9 Abs1;
StVG §31;
SHG NÖ 2000 §2 Z1;
SHG NÖ 2000 §9 Abs1;
StVG §31;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 6. Juni 2007 der Antrag des Beschwerdeführers auf Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer befinde sich seit 4. August 2006 bis voraussichtlich 4. Juni 2011 in Haft in der Justizanstalt Stein und werde seit diesem Zeitpunkt auf Kosten des Bundes in der Haftanstalt versorgt. Seit dem Haftantritt habe der Beschwerdeführer somit keinesfalls Anspruch auf Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt). Betreffend den Sozialhilfeanspruch des Beschwerdeführers für die Zeit zwischen der Antragstellung (29. November 2005) und Haftantritt (4. August 2006) sei entscheidend, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung der Behörde im Einzelnen genannte Unterlagen, die zur Beurteilung seiner Hilfsbedürftigkeit erforderlich gewesen seien, im erstinstanzlichen Verfahren nicht und der Berufungsbehörde erst am 25. April 2007 vorgelegt habe. Gemäß § 71 Abs. 3 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) sei daher bis zu diesem Zeitpunkt (25. April 2007) von mangelnder Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers auszugehen. Die Gewährung von Sozialhilfe für die Zeit zwischen Antragstellung und Haftantritt komme daher ebenfalls nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 2 Z. 1 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) ist Sozialhilfe nur so weit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip).

Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ SHG erhält Hilfe zum Lebensunterhalt, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt oder den seiner mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend decken kann und ihn nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

Gemäß § 65 Abs. 2 NÖ SHG ist der Hilfe Suchende verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen und die dafür erforderlichen Urkunden und Unterlagen beizubringen. Kommt der Hilfe Suchende seiner Mitwirkungspflicht ohne triftigen Grund nicht nach, kann die Behörde gemäß § 65 Abs. 3 NÖ SHG der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt zu Grunde legen, soweit er festgestellt wurde. Voraussetzung dafür ist, dass der Hilfe Suchende nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

Gemäß § 71 Abs. 3 NÖ SHG kann die Berufungsbehörde, wenn der Berufungswerber seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 65 Abs. 2 erst im Berufungsverfahren nachkommt, bei der Beurteilung des bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Leistungsanspruches nach § 65 Abs. 3 vorgehen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer sei seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung, ob bei ihm zwischen Antragstellung und Haftantritt eine Notlage bestanden habe, trotz entsprechender Aufforderung erst im Berufungsverfahren und zwar am 25. April 2007 (somit nach Haftantritt) nachgekommen. Für den erwähnten Zeitraum habe daher nicht vom Vorliegen seiner Hilfebedürftigkeit iSd NÖ SHG ausgegangen werden können. Seit seinem Haftantritt werde der Beschwerdeführer jedoch auf Kosten des Bundes in der Justizanstalt versorgt. Er habe daher keinen Anspruch auf die beantragte "Hilfe zum Lebensunterhalt".

Der Beschwerdeführer wendet ein, die Ablehnung seines Sozialhilfeantrages sei ungerechtfertigt. Es habe keine Parteieneinvernahme stattgefunden, die behördlichen Ladungen seien permanent an Haftanstalten gerichtet worden, in denen er sich gerade nicht befunden habe. Der Beschwerdeführer sei seit 4. August 2007 bereits in der achten Haftanstalt untergebracht. Er sei von der tatsächlichen Ausfolgung der an ihn gerichteten Poststücke durch die Justizbeamten abhängig. Wenn ihm diese Schriftstücke daher verspätet oder überhaupt nicht ausgefolgt würden, könne ihm das nicht als Verschulden angelastet werden. Die über ihn verhängte Haft sei ungesetzlich, die Justizverwaltung komme ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach. Die belangte Behörde verkenne, dass der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht "komplett erfüllt" habe; die Unterlagen seien fristgerecht vorgelegt worden, spätestens am 25. April 2007 hätte ihm Parteiengehör eingeräumt werden müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Zunächst zeigt er mit seinem Hinweis auf die Möglichkeit von Mängeln bei der Zustellung von behördlichen Schriftstücken in der Justizanstalt nicht auf, dass ihn ein triftiger Grund iSd § 65 Abs. 2 NÖ SHG daran gehindert hätte, die ihm unbestrittenermaßen entsprechend abverlangten Unterlagen bereits vor Haftantritt vorzulegen; dass er diese Unterlagen - entgegen den Darlegungen im angefochtenen Bescheid - vor dem 25. April 2007 vorgelegt habe, hat der Beschwerdeführer, der lediglich darauf hinweist, er habe seine Mitwirkungspflicht "komplett erfüllt", selbst nicht behauptet. Schließlich hat er auch nicht dargelegt, dass ihn die behauptete Verletzung des Parteiengehörs an relevantem Vorbringen gehindert hätte.

Nun sieht das NÖ SHG als Sanktion für die ohne triftigen Grund mangelhaft gebliebene Mitwirkung des Hilfe Suchenden vor, dass die Erstbehörde der Entscheidung über seinen Leistungsanspruch jenen Sachverhalt zu Grunde zu legen hat, den sie ohne die Mitwirkung des Hilfe Suchenden feststellen konnte (§ 65 Abs. 3 NÖ SHG). Kommt der Hilfe Suchende seiner Mitwirkungspflicht erst im Berufungsverfahren nach, kann die Berufungsbehörde der Beurteilung des bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Leistungsanspruches jenen Sachverhalt zu Grunde legen, den sie ohne Mitwirkung des Hilfe Suchenden feststellen konnte (§ 71 Abs. 3 NÖ SHG). Ein Leistungsanspruch entsteht diesfalls erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Hilfe Suchende seiner Mitwirkungspflicht entsprochen hat.

Auf dem Boden dieser Rechtslage erweist sich daher zunächst die Auffassung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig, ein Leistungsanspruch des Beschwerdeführers für die Zeit zwischen Antragstellung und Haftantritt sei zu verneinen, weil sich aus dem ohne seine Mitwirkung festgestellten Sachverhalt seine Hilfsbedürftigkeit iSd. NÖ SHG nicht ergeben hätte.

Ab Haftantritt befand sich der Beschwerdeführer aber unbestrittenermaßen in einer Justizanstalt, sodass ihm ab diesem Zeitpunkt schon aus diesem Grund kein Anspruch auf Sozialhilfe nach dem NÖ SHG zukam. Die Sorge für den Unterhalt eines Strafgefangenen kommt nämlich den mit dem Vollzug von Freiheitsstrafen nach Maßgabe der Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes (§§ 31 f Strafvollzugsgesetz) betrauten Anstalten zu. Der Unterhalt eines Strafgefangenen ist durch den Strafvollzug gesichert (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1985, Zl. 84/11/0286).

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. September 2009

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