Normen
AsylG 1997 §5;
AsylG 1997 §5a;
AVG §66 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §5;
AsylG 1997 §5a;
AVG §66 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger Pakistans, reiste im Zeitraum 2000/2001 in die Slowakei und stellte dort am 14. Juli 2004 einen Asylantrag. In weiterer Folge reiste er am 27. Juli 2005 in das Bundesgebiet und brachte noch am selben Tag einen (weiteren) Asylantrag ein.
Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 4. August 2005 gab der Mitbeteiligte an, er habe in der Slowakei "ein Mädchen kennen gelernt" und sei von ihren Eltern mit dem Umbringen bedroht worden, falls er sich von ihr nicht trenne. Da man seine Sprache nicht verstehe, habe er keine Anzeige erstattet. Bei einer weiteren Einvernahme am 17. August 2005 führte er aus, die Verwandten seiner slowakischen Lebensgefährtin hätten ihm immer wieder Vorwürfe gemacht, weil er Moslem sei. Sie hätten Kontakt zu Skinheads. Im Sommer 2004 sei er von sechs Skinheads geschlagen und verletzt worden. Da er die Namen der Skinheads nicht nennen habe können, habe die slowakische Polizei keine Anzeige entgegen genommen.
Mit Bescheid vom 16. September 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Mitbeteiligten - nach Konsultationen mit den zuständigen slowakischen Behörden - gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG) als unzulässig zurück. Es stellte fest, für die Prüfung des Antrages sei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der "Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates" die Slowakei zuständig, und wies den Mitbeteiligten gemäß § 5a Abs. 1 iVm § 5a Abs. 4 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei aus. In der Begründung konnte das Bundesasylamt nicht feststellen, dass der Mitbeteiligte in der Slowakei "systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen" ausgesetzt gewesen sei oder diese zu erwarten habe. Übergriffe durch Private seien in der Slowakei strafbare Handlungen, die von den Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis verfolgt und geahndet würden. Eine Billigung dieser Übergriffe erfolge nicht. Es liege außerhalb der Möglichkeit eines Staates, jeden denkbaren Übergriff Dritter präventiv zu verhindern.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung statt, behob den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Begründend führte sie aus, das Bundesasylamt habe es unterlassen, "umfassende Ermittlungen" anzustellen, ob die slowakischen Polizeibehörden gewillt seien, von Skinheads begangene Übergriffe an Fremden zu ahnden. Es müsse sich damit auseinandersetzen, ob es in der Slowakei aus rassistischen Motiven zu einer Verweigerung der Entgegennahme von Anzeigen durch Polizeibehörden kommen könne. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei unvermeidlich, weil der Mitbeteiligte zum Ergebnis der Ermittlungen zu hören sei. Es entspreche nicht der Rolle der belangten Behörde als "oberster Berufungsbehörde", erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet und die Verwaltungsakten vorgelegt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Eine Klarstellung, ob in Berufungsverfahren wie dem vorliegenden eine Behebung nach § 66 Abs. 2 AVG zulässig ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht vorgenommen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 2008, Zl. 2006/19/0359).
Selbst unter der Annahme, dass die Berufungsbehörde gesetzlich nicht gehindert war, § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden, vermag der angefochtene Bescheid keinen Bestand zu haben.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, darf die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung "unvermeidlich erscheint", wobei es unerheblich ist, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2002/20/0315, mwN). Einem zurückverweisenden Bescheid im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG muss demnach auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2006, Zl. 2003/01/0285).
Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Die belangte Behörde legt nicht dar, warum zu den von ihr allein als notwendig erachteten ergänzenden Ermittlungen zur Effektivität des Schutzes vor Verfolgung in der Slowakei nicht die Einräumung einer schriftlichen Stellungnahmemöglichkeit zur Wahrung des Parteiengehörs ausreicht und insoweit die persönliche Anhörung des Mitbeteiligten erforderlich ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. November 2008, Zlen. 2006/19/0353 und 2006/19/0359).
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 26. Februar 2009
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