Normen
B-VG Art130 Abs2 impl;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z4;
FrG 1997 §81 Abs1;
FrG 1997 §83 Abs1;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z4;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z5;
StGB §278a Z1;
StGB §70;
VwRallg impl;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2 impl;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z4;
FrG 1997 §81 Abs1;
FrG 1997 §83 Abs1;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z4;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z5;
StGB §278a Z1;
StGB §70;
VwRallg impl;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1.Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. August 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der russischen Förderation mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, vom 14. Juni (richtig offenbar: 25. Oktober) 2004 auf Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes gemäß § 83 Abs. 1 und 5 iVm § 81 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Dem Beschwerdeführer sei vom Bundesasylamt, Außenstelle Taiskirchen, bescheidmäßig (rechtskräftig ab 26. November 2004) die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Er habe am 25. Oktober 2004 bei der Erstbehörde den Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes gestellt, gegen dessen Abweisung sich die vorliegende Berufung richte.
Der Beschwerdeführer weise eine rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 14. März 2003 wegen der Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 FrG sowie der kriminellen Organisation nach § 278a Z. 1 StGB auf und sei deshalb mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten (sechs Monate unbedingt, zwölf Monate bedingt unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit) belegt worden.
Gemäß § 83 Abs. 1 FrG seien Flüchtlinge auf Antrag Konventionsreisepässe auszustellen, denen in Österreich Asyl gewährt werde. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung würden für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Gültigkeitsbereichs von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen die Bestimmungen des Anhangs der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge gelten; im Übrigen (also z.B. für die Versagung der Ausstellung) würden die §§ 77 bis 82 gelten. § 81 Abs. 1 FrG normiere, dass die Ausstellung zu versagen sei, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass (Z. 4) durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere und äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Wie aus dem genannten vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogenen Urteil hervorgehe, hätten der Beschwerdeführer und einige Mittäter im Zeitraum von Juni bis September 2002 fortgesetzt in mehreren Tathandlungen gewerbsmäßig und als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung gegen einen nicht bloß geringen Vermögensvorteil die rechtswidrige Einreise einer Vielzahl (im Urteil werde die Zahl 139 genannt) von Fremden, die aus ihrem Heimatland nach Österreich und sodann nach Deutschland, Frankreich, Holland und Italien gebracht worden seien, in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union "mit dem Vorsatz" (gemeint wohl: vorsätzlich) gefördert. Außerdem sei der Beschwerdeführer nach diesen Urteilsfeststellungen etwa im selben Zeitraum an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Anzahl von Personen als Mitglied beteiligt gewesen, die - wenn auch nicht ausschließlich - auf die wiederkehrende Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der Schlepperei ausgerichtet gewesen sei.
Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Diesem öffentlichen Interesse stehe das Schlepperunwesen - im Speziellen die gewerbsmäßige Schlepperei - gegenüber, zumal dieses zum Großteil, wie auch die Verurteilung des Beschwerdeführers zeige, in enger Verflechtung mit der internationalen organisierten Kriminalität betrieben werde. Die Geschleppten, unabhängig ob sie tatsächlich Flüchtlinge oder lediglich sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge seien, würden nur allzu oft finanziell ausgebeutet. Zudem bestehe meist auch nach "erfolgter vollendeter" Schleppung eine Abhängigkeit, wie etwa zur Abarbeitung des noch nicht bezahlten Schlepperlohns, was wiederum in Schwarzarbeit oder kriminellen Handlungen münden würde. Hinsichtlich des Schutzgegenstandes der Schlepperei seien sowohl staatliche Hoheitsrechte (Recht auf Wahrung und Sicherung der Grenzen und des Hoheitsgebiets) als auch die Freiheit der Geschleppten anzusehen. Durch die organisierte Kriminalität und den "Kriminaltourismus" werde das Zusammenleben in der Gemeinschaft empfindlich gestört, wodurch die allgemeine Rechtssicherheit beeinträchtigt werde. Mit der Unterbindung der Schlepperei könne auch das der österreichischen Bevölkerung zukommende Rechtsgut des öffentlichen Friedens geschützt werden. Die durch gewerbsmäßige Schlepperei bewirkte Gefährdung der öffentlichen (inneren) Sicherheit stelle ein von den Strafgerichten zu ahndendes Delikt dar, für das ursprünglich "nur" eine Höchststrafe bis zu drei Jahren vorgesehen gewesen sei. Durch die Änderung des FrG "vom 30.07.2000" (richtig: mit der am 1. Juli 2000 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 34/2000) sei die Höchststrafe für gewerbsmäßige Schlepperei auf fünf Jahre erhöht worden. Daran sei zu erkennen, wie groß das öffentliche Interesse an der Unterbindung des Schlepperunwesens sei. Darüber hinaus sei bei der Schlepperei die Gefahr der Tatwiederholung geradezu wesensimmanent.
Die Versagung eines Konventionsreisepasses stelle eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetz geforderte Annahme gerechtfertigt sei (Zukunftsprognose), habe die Behörde festzustellen, ob Tatsachen vorlägen, die diese Annahme rechtfertigten. Dies sei angesichts dessen, dass für die zu treffende Maßnahme nicht einmal zwingende Voraussetzung sei, dass der Betreffende tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benutzt habe, dann der Fall, wenn bereits einschlägige Tathandlungen, so etwa die tatsächliche Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise von Fremden, diese Gefahr indizierten, noch dazu, wenn diese Tathandlungen durch eine gerichtliche Verurteilung festgestellt seien und sich dieses Fehlverhalten auf eine große Zahl von Personen beziehe und sogar gewerbsmäßig erfolgt sei. Da der Beschwerdeführer den Tatbestand der gewerbsmäßig ausgeübten gerichtlich strafbaren Schlepperei verwirklicht habe, diene die getroffene Maßnahme der Verhinderung von weiteren Straftaten dieser Art durch Reisen ins Ausland.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung könne eine Zukunftsprognose zur Zeit keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen, zumal der seit den Tathandlungen bzw. der gerichtlichen Verurteilung verstrichene, relativ kurze Zeitraum keinesfalls geeignet sei, den Wegfall oder zumindest eine (erhebliche) Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die innere Sicherheit der Republik Österreich zu bewirken. Es sei daher (weiterhin) die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer bei Reisen ins Ausland Handlungsweisen setzen könnte, welche die innere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würden.
Insoweit der Beschwerdeführer wiederholt auf seine in den politischen Zuständen in seiner Heimat begründeten Traumatisierung und die damit verbundenen psychischen Störungen verweise, habe er damit nicht plausibel darzulegen vermocht, welchen diesbezüglichen Nutzen die Ausstellung des Konventionsdokumentes haben sollte, zumal ihm auch mit diesem die (wenn auch nur vorübergehende) Rückkehr in die Heimat sehr erschwert, wenn nicht unmöglich wäre, und seine engere Familie, nämlich Ehefrau, Kinder und der Bruder samt dessen Familie, ohnehin in Österreich lebten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des FrG lauten wie folgt:
"§ 83. (1) Konventionsreisepässe sind Flüchtlingen auf Antrag auszustellen, denen in Österreich Asyl gewährt wird.
...
(5) Für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen gelten die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im übrigen gelten die §§ 77 bis 82."
"§ 81. (1) Die Ausstellung, die Verlängerung der Gültigkeitsdauer, die Erweiterung des Geltungsbereiches, die Änderung eines Fremdenpasses und die Miteintragung von Kindern ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
...
4. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
..."
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht dass er - wie oben wiedergegeben - vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen der Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 FrG sowie der Beteiligung als Mitglied an einer kriminellen Organisation nach § 278a Z. 1 StGB verurteilt wurde und diesem Urteil das im angefochtene Bescheid genannte Fehlverhalten zugrunde liegt. In Anbetracht der besagten Verurteilung liegt dem Beschwerdeführer zur Last, gewerbsmäßig - das heißt in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Schlepperei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB) - und als Mitglied einer kriminellen Organisation eine hohe Anzahl von Personen geschleppt zu haben. Das Vorbringen, diese Verurteilung sei zu unrecht erfolgt, erweist sich schon deshalb als nicht zielführend, weil auf Grund der Rechtskraft dieses Urteils in bindender Weise die Tatbestandsmäßigkeit des strafbaren Verhaltens im Sinn der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen des FrG und des StGB feststeht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133). Bei dieser Sachlage kann auf dem Boden der hg. Rechtsprechung die Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend der Ausstellung des beantragten Konventionsreisepasses der Versagungsgrund des § 81 Abs. 1 Z. 4 FrG entgegenstehe, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. April 2001, Zl. 2001/18/0054, und vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0084). Dem Einwand, die dem Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien auferlegte Strafe habe den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten, weshalb auf Grund dieser Strafe davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer keine weiteren Straftaten verüben würde, ist entgegenzuhalten, dass in Anbetracht seines wiederholten gewerbsmäßigen Fehlverhaltens, das er zudem als Mitglied einer kriminellen Organisation begangen hat, der seither verstrichene Zeitraum (in dem sich der Beschwerdeführer behauptetermaßen wohlverhalten habe) viel zu kurz erscheint, um einen Wegfall oder eine doch erhebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen zu können.
Entgegen der Beschwerde war der Behörde bei ihrer Beurteilung - wie der Wortlaut des § 81 Abs. 1 ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigten ...") zeigt - kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt hätte. Es bestand daher auch kein Raum für eine Berücksichtigung der in der Beschwerde genannten traumatischen Störung des Beschwerdeführers sowie der Krankheit seiner Tochter im Rahmen einer Ermessensentscheidung.
Dem Vorbringen, § 92 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, lasse erkennen, dass dem § 81 Abs. 1 Z. 4 FrG Schlepperei nicht subsumiert werden könne, weil der neue Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 Z. 4 FPG ausdrücklich auf Schlepperei abstelle, in § 92 Abs. 1 Z. 5 FPG aber (weiterhin) die Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Republik Österreich als Versagungsgrund genannt werde, ist die schon genannte hg. Rechtsprechung entgegenzuhalten, die das Fehlverhalten der Schlepperei dem Versagungsgrund des § 81 Abs. 1 Z. 4 FrG subsumiert hat. Im Übrigen bedeutet die Schaffung eines speziell auf die Schlepperei abgestellten Versagungstatbestandes im FPG nicht, dass durch den Aufenthalt eines wegen dieses Fehlverhaltens verurteilten Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich nicht gefährdet sein würde. Vielmehr war dem Gesetzgeber des FPG daran gelegen, durch die Anführung eines eigenen auf die Schlepperei bezogenen Versagungstatbestandes das besonders große Gefährdungspotential dieses Fehlverhaltens für die innere oder äußere Sicherheit Österreichs hervorzuheben.
3. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich schließlich die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht in allen Punkten geklärt und den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, als nicht zielführend.
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Februar 2006
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