VwGH 2005/15/0127

VwGH2005/15/012719.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des Zeljko P in V, Liechtenstein, vertreten durch Dr. Ingrid Gaßner, Rechtsanwältin in 6700 Bludenz, Kirchgasse 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 22. Juli 2005, Zl. RV/0278-F/03, betreffend Einkommensteuervorauszahlungen 2003 und 2004, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §116 Abs1;
BAO §26 Abs1;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art4 Abs3;
EStG §1 Abs2;
FrG 1997 §7 Abs1;
VwRallg;
BAO §116 Abs1;
BAO §26 Abs1;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art4 Abs3;
EStG §1 Abs2;
FrG 1997 §7 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - ein kroatischer Staatsbürger - war u.a. in den Jahren 2003 und 2004 bei einem liechtensteinischen Unternehmer als Fernfahrer beschäftigt.

Mit Ausfertigungsdatum 16. Mai 2003 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2003 und Folgejahre.

Der Beschwerdeführer beantragte die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf Null. Er lebe in Lichtenstein, verfüge über eine Niederlassungsbewilligung für Liechtenstein und zahle dort Steuern. Er arbeite als Chauffeur und sei fünfeinhalb Tage in der Woche unterwegs. Demzufolge gehe er keiner Grenzgängertätigkeit nach.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom 12. Juni 2003 den Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen auf Null Euro hinsichtlich Einkommensteuer 2003 und mit Bescheid vom 18. Februar 2004 einen entsprechenden Antrag hinsichtlich Einkommensteuer 2004 ab.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer die Berufungen vom 24. Juni 2003 und vom 15. März 2004. Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1988 seien natürliche Personen nur dann in Österreich steuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Im Beschwerdefall sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer halte sich seit dem Jahr 1990 rechtmäßig in Liechtenstein auf. Er sei dort bis 2001 mit einer liechtensteinischen Staatsbürgerin verheiratet gewesen und habe dort seit 29. Mai 1996 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, welche bis 19. November 2001 gültig gewesen sei. Inzwischen habe er eine Niederlassungsbewilligung für Liechtenstein erhalten, die bis 19. November 2006 gültig sei. Er lebe und arbeite in Liechtenstein. Er sei seit 2. November 1990 bei einem Liechtensteiner Unternehmen als Überlandchauffeur beschäftigt. Diese Tätigkeit bringe es mit sich, dass er sich von Montag bis Samstagmittag im Ausland aufhalte. Am 6. August 2002 habe der Beschwerdeführer die in Österreich (Vorarlberg) wohnhafte Frau Zora, bei welcher auch seine Kinder wohnten, geheiratet. An seiner Lebensform habe sich nichts geändert, er arbeite nämlich weiterhin fünfeinhalb Tage im Ausland und wohne in Liechtenstein. Bislang verfüge er über keine Aufenthaltsbewilligung für Österreich. Er könne sich somit gar nicht länger als 48 Stunden am Stück in Österreich aufhalten. Er besuche seine Ehefrau regelmäßig in Österreich; im Gegenzug besuche sie ihn auch in Liechtenstein. Sowohl Wohnsitz als auch gewöhnlicher Aufenthalt würden eine Berechtigung zum Aufenthalt im jeweiligen Land voraussetzen. Da er in Liechtenstein steuerlich veranlagt sei, führe die Entscheidung des Finanzamtes zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung.

Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Vorauszahlungen für 2003 wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 16. September 2003 als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer sei mit seiner kroatischen Ehefrau Zora bereits früher einmal verheiratet gewesen. Er habe sich mit dieser Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern im Jahr 1993 in Feldkirch und ab 1994 an wechselnden Adressen in Vorarlberg niedergelassen. Für eine kurze Zeit (vom 3. Jänner 1996 bis 21. Februar 1996) sei er mit Hauptwohnsitz bei seiner Gattin in X, Vorarlberg, gemeldet gewesen. Am 29. Mai 1996 sei er (offensichtlich nach Scheidung von seiner Ehefrau Z) die Ehe mit der in Liechtenstein ansässigen Österreicherin TD eingegangen und habe mit dieser in Liechtenstein einen gemeinsamen Wohnsitz angemeldet. Der Beschwerdeführer habe sodann über eine "Aufenthaltsbewilligung mit Familie" und ab dem 19. November 2001 über eine Niederlassungsbewilligung in Liechtenstein verfügt. Nach Erteilung der Liechtensteiner Niederlassungsbewilligung habe sich der Beschwerdeführer von Frau TD scheiden lassen. Am 6. August 2002 habe er neuerlich seine nach wie vor mit den Kindern in X, Vorarlberg, ansässige Frau Z geheiratet. In Liechtenstein sei er nunmehr bei der Wohnadresse seines Arbeitgebers angemeldet.

Gegenüber dem Finanzamt habe seine Frau Z wiederholt (in den Jahren 1999 und 2002) die Angabe gemacht, mit dem Beschwerdeführer verheiratet zu sein und mit ihm und den beiden Kindern in einem gemeinsamen Haushalt in X, Vorarlberg, zu wohnen. Anlässlich der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe am 14. März 2003 habe Frau Z ein Formular an das Finanzamt übermittelt, in welchem dargestellt werde, der Beschwerdeführer habe seinen gemeinsamen Wohnsitz mit der Ehefrau und seinen Kindern in X, Vorarlberg.

Gemäß Art. 4 Abs. 3 DBA Liechtenstein begründe eine in einem Vertragsstaat unterhaltene ständige Wohnstätte nur dann einen Wohnsitz im Sinne dieses Abkommens, wenn der Inhaber der Wohnstätte in diesem Staat die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfülle. Es könne unzweifelhaft festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2003 (wie schon in den Jahren zuvor) einen Wohnsitz bei seiner Frau Z und seinen Kindern in X, Vorarlberg, gehabt habe. Dabei sei es - aus der Sicht des innerstaatlichen Rechtes - irrelevant, ob sich der Beschwerdeführer an den Wochenenden immer oder teilweise, mit oder ohne Aufenthaltsbewilligung, bei seiner Familie in X, Vorarlberg, aufhalte. Entscheidend sei lediglich, ob er dort eine dauernd genutzte Wohnmöglichkeit habe, was aufgrund der regelmäßigen Besuche als gegeben anzunehmen sei, selbst wenn der Aufenthalt jeweils weniger als 48 Stunden gedauert haben sollte.

Nach Ansicht des Finanzamtes sei die in Liechtenstein bestehende Niederlassungsbewilligung dort ausschließlich in Missbrauchsabsicht erlangt worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass beim Beschwerdeführer die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen Daueraufenthalt in Liechtenstein bei Erteilung der Niederlassungsbewilligung nicht vorgelegen seien. Unter diesen Umständen könne aber - selbst bei Vorliegen einer Wohnstätte - Liechtenstein nicht zum steuerlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 3 DBA Liechtenstein werden.

Für die u.a. in Italien ausgeübte Fernfahrertätigkeit sei Art. 21 DBA Liechtenstein (nicht ausdrücklich erwähnte Einkünfte) anzuwenden, sodass Österreich das Besteuerungsrecht hinsichtlich der daraus erzielten Einkünfte habe. Da der Ansässigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht an diesen Einkünften jedoch nur vorbehaltlich einer etwaigen Vereinbarung im DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem Drittstaat ausüben könne, sei in diesem Zusammenhang auch das DBA Italien zu beachten. Gemäß Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 23 Abs. 3 lit. a DBA Italien dürften die aufgrund einer in Italien ausgeübten Arbeit bezogenen Gehälter zwar in Italien besteuert werden, unterlägen jedoch aufgrund des zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwendenden Anrechnungsverfahrens weiterhin auch der Besteuerung in Österreich (unter Anrechnung einer etwaigen in Italien gezahlten Steuer).

Im Vorlageantrag vom 15. Oktober 2003 wandte der Beschwerdeführer ein, es sei nicht richtig, dass sich der Beschwerdeführer (unmittelbar) nach Erteilung der Niederlassungsbewilligung von seiner Ehegattin TD habe scheiden lassen. Die Scheidung sei erst eineinhalb Jahre nach Erteilung der Niederlassungsbewilligung erfolgt. Das Ausländer- und Passamt in Liechtenstein habe die Voraussetzungen zur Erteilung der Niederlassungsbewilligung geprüft und die Niederlassungsbewilligung erst nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren erteilt. Der Beschwerdeführer sei mit Frau Zora erst ab August 2002 (wieder) verheiratet. Er lebe mit ihr aber nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Entscheidend sei, dass er über eine Niederlassungsbewilligung für Liechtenstein verfüge. Anknüpfungspunkt nach Art. 4 Abs. 3 DBA Liechtenstein sei die ständige Wohnstätte, die nur dann einen Wohnsitz im Sinne des Abkommens begründe, wenn der Inhaber dieser Wohnstätte in diesem Staat die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfülle. Der Beschwerdeführer verfüge über eine Niederlassungsbewilligung für Liechtenstein, während er in Österreich keine Aufenthaltserlaubnis besitze. Das Besteuerungsrecht liege somit bei Liechtenstein. Eine unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich könnte nur dann angenommen werden, wenn die Wohnung in Österreich häufig und legal benützt werden könne und der Nachweis eines ausländischen Wohnsitzes fehle. Aus mehr oder weniger häufigen Inlandsbesuchen könne nicht auf einen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Wohnsitz geschlossen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Artikel 15 iVm Artikel 23 des DBA Liechtenstein regle die Besteuerung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit. Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit beziehe, dürften nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt werde. Um eine sich ergebende Doppelbesteuerung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zu vermeiden, normiere Art. 23 Abs. 2 DBA Liechtenstein, dass Österreich, wenn eine in Österreich ansässige Person Einkünfte beziehe, die nach den Artikeln 7, 10, 11, 12, 13 Abs. 2, 15 und 16 in Liechtenstein besteuert werden dürften, auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebenden Steuer den Betrag anrechne, der der in Liechtenstein gezahlten Steuer entspreche.

Auch ein abgeleiteter Wohnsitz sei ein Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO. Von einem abgeleiteten Wohnsitz spreche man, wenn zB ein Ehegatte auf Grund eherechtlicher Bestimmungen berechtigt sei, in der Wohnung des anderen Ehegatten zu wohnen. Bei aufrechter Ehe könne davon ausgegangen werden, dass Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz dort hätten, wo die Familie wohne.

Da dem Beschwerdeführer in den Streitjahren im Inland Räumlichkeiten in der Wohnung seiner Ehefrau Zora zur Verfügung gestanden seien, die er habe benützen können und auch tatsächlich benützt habe, sei davon auszugehen, dass er über einen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO verfügt habe. Der Annahme eines inländischen Wohnsitzes stehe nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer auch in Liechtenstein über einen Wohnsitz verfügt habe und dort polizeilich gemeldet gewesen sei. Das Finanzamt sei somit zutreffend von einem Wohnsitz im Inland ausgegangen.

In einem weiteren Schritt sei zu prüfen, ob der Beschwerdeführer damit auch iSv Art. 4 DBA Liechtenstein in Österreich ansässig gewesen sei. Eine in einem Vertragsstaat unterhaltene ständige Wohnstätte begründe gemäß Abs. 3 nur dann einen Wohnsitz im Sinne des Abkommens, wenn der Inhaber der Wohnstätte in diesem Staat die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfülle. Nach dem klaren Abkommenswortlaut werde in Art. 4 Abs. 3 DBA eine zusätzliche Voraussetzung für die abkommensrechtliche Ansässigkeit formuliert, die zu den in Abs. 1 angeführten Voraussetzungen hinzutreten müsse.

Der Beschwerdeführer habe in den Streitjahren über eine Niederlassungsbewilligung für Liechtenstein verfügt. Damit habe er die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt in Liechtenstein erfüllt. Schwieriger sei die Frage zu klären, ob der Beschwerdeführer allenfalls auch in Österreich die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfüllt habe.

Die belangte Behörde habe sich an die Bezirkshauptmannschaft mit der Bitte um Klärung der Frage gewandt, ob der Beschwerdeführer in den Streitjahren die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für den dauernden Aufenthalt in Österreich erfüllt habe. Die zuständige Sachbearbeiterin, Frau BM, habe in einem Telefonat vom 11. Juli 2005 unter Verweis auf § 7 Fremdengesetz ausgeführt, unter Zugrundelegung des "dargestellten Sachverhaltes" sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für den dauernden Aufenthalt in Österreich erfülle. Im Falle einer Antragstellung würde der Antrag positiv erledigt werden; mittlerweile verfügten die Gattin des Beschwerdeführers und die gemeinsamen Kinder über die österreichische Staatsbürgerschaft.

Die belangte Behörde nehme an, dass gegenständlich zwei fremdenpolizeiliche Dauerwohnsitze (einer in Österreich, einer in Liechtenstein) anzunehmen seien. Wenn jemand in Österreich auf Grund seines Wohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig sei, erfülle er hier auch alle (theoretischen) fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt. Habe er somit einen fremdenpolizeilichen Anspruch auf dauernden Aufenthalt, so könne das bewusste Nichtansuchen nicht zur Vermeidung der inländischen Steuerpflicht führen.

Weiters sei zu prüfen, wo der Beschwerdeführer in den Streitjahren den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe seit der Arbeitsaufnahme in Liechtenstein dorthin wirtschaftliche Beziehungen. Auf Grund seiner Tätigkeit als Fernfahrer sei aber die wirtschaftliche Beziehung zu Liechtenstein wohl nicht sonderlich stark ausgeprägt gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die persönlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich jedenfalls in den beiden Streitjahren deutlich enger gewesen seien als jene zu Liechtenstein.

Die Ehefrau Z und die gemeinsamen Kinder G (geb. 28. Februar 1987) und M (geb. 23. September 1988) wohnten bereits seit dem Jahr 1993 in Vorarlberg. Die Ehefrau sei seit 1. Jänner 1996 in Vorarlberg erwerbstätig. Die gemeinsamen Kinder G und M gingen in Vorarlberg zur Schule. Am 6. September 2003 sei das dritte gemeinsame Kind geboren worden. Der Beschwerdeführer habe seine Familie regelmäßig besucht. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe in den Anträgen auf Familienbeihilfe vom November 1999 und Juni 2002 für die gemeinsamen Kinder G und M angegeben, sie wohne mit dem Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt, die Kindererziehung erfolge gemeinsam. Am 28. Februar 2003 habe das Finanzamt der Ehefrau ein Formular betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe mit dem Ersuchen übermittelt, falsche Angaben zu korrigieren. Auf dem Formular seien folgende Angaben vermerkt gewesen:

"Name: Z …; Familienstand: verheiratet; Kindererziehung: in einem Haushalt gemeinsam mit dem anderen Elternteil; Wohnort: X, Vorarlberg; Dienstgeber: SF;

Angaben zum Ehepartner, von dem Sie nicht dauernd getrennt leben:

(Beschwerdeführer)." Das Formular sei von der Ehefrau des Beschwerdeführers am 14. März 2003 ohne Korrekturen an das Finanzamt rückübermittelt worden. Aus all diesen Umständen ergebe sich, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in den Streitjahren jedenfalls in Österreich befunden habe. Der Beschwerdeführer sei somit in den Streitjahren jedenfalls in Österreich ansässig gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich als im Recht verletzt, auf Grund des Art. 4 des DBA Liechtenstein nicht in Österreich zur Einkommensteuer herangezogen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Art. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. 24/1971 (DBA Liechtenstein), lautet:

"PERSÖNLICHER GELTUNGSBEREICH

Dieses Abkommen gilt für Personen, die gemäß Artikel 4 in

einem der beiden Vertragstaaten ansässig sind."

Artikel 4 des DBA Liechtenstein lautet:

"STEUERLICHER WOHNSITZ

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person":

a) eine natürliche Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und

b) eine juristische Person, die ihren Sitz und ihre tatsächliche Geschäftsleitung in diesem Staat hat.

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragstaaten ansässig, so gilt folgendes:

a) Die Person gilt als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat die Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

c) Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

d) Besitzt die Person die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so werden die Vertragstaaten versuchen, die Frage gemäß Artikel 25 zu regeln.

(3) Eine in einem Vertragstaat unterhaltene ständige Wohnstätte begründet nur dann einen Wohnsitz im Sinne dieses Abkommens, wenn der Inhaber der Wohnstätte in diesem Staat die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfüllt.

(4) Eine Personengesellschaft gilt nur insoweit als eine in einem Vertragstaat ansässige Person, als die an ihr beteiligten Gesellschafter nach den Bestimmungen dieses Artikels in diesem Vertragstaat ansässig sind."

Art. 15 des DBA Liechtenstein lautet:

"UNSELBSTÄNDIGE ARBEIT

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 Absatz 2 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält, und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.

(3) Regelmäßig wiederkehrende Bezüge oder Unterstützungen die von den österreichischen Bundesbahnen an liechtensteinische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Liechtenstein haben, mit Rücksicht auf ihre gegenwärtige oder frühere Dienst- oder Arbeitsleistung gewährt werden (Besoldungen, Löhne, Ruhe- oder Versorgungsgenüsse u. dgl.), unterliegen der Besteuerung nur in Liechtenstein.

(4) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit solcher Personen, die in einem Vertragstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger), werden in dem Vertragstaat besteuert, in dem sie ansässig sind. Der Staat des Arbeitsortes ist jedoch berechtigt, von den erwähnten Einkünften eine Steuer von höchstens vier vom Hundert im Abzugsweg an der Quelle zu erheben."

Art. 23 Abs. 2 DBA Liechtenstein lautet:

"Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 7, 10, 11, 12, 13 Absatz 2, 15 und 16 in Liechtenstein besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Liechtenstein gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte entfällt, die aus Liechtenstein bezogen werden."

§ 1 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

"Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte."

§ 26 Abs. 1 BAO lautet:

" Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird."

Aus der Sicht des Beschwerdepunktes ist im gegenständlichen Fall von Bedeutung, ob der Beschwerdeführer in Österreich iSd § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig ist und ob dieser Besteuerungsanspruch durch Art. 4 das DBA Liechtenstein beseitigt wird.

Ein Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO erfordert, dass der Steuerpflichtige die Wohnung "innehat", sie also jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1992, 90/13/0299). Dieses "Innehaben" muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Maßgebend sind dabei jeweils die tatsächlichen Verhältnisse, entscheidend ist die tatsächliche Verfügungsmacht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, 95/13/0150).

Bei aufrechter Ehe kann idR davon ausgegangen werden, dass die Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz dort haben, wo die Familie wohnt (vgl. Doralt, EStG9, § 1 Tz 14; Hofstätter/Reichel, Tz 7 zu § 1 EStG 1988).

Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich nicht nach Doppelbesteuerungsabkommen, sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1964, 96/64, VwSlg 3103/F).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht ausdrücklich die Feststellung der belangten Behörde, dass ihm die Nutzung der Wohnung seiner Ehefrau in X, Vorarlberg, in der auch die gemeinsamen Kinder des Ehepaares wohnten, jederzeit möglich gewesen ist und dass er - ungeachtet seines (weiteren) Wohnsitzes in Liechtenstein und des Umstandes, dass er beruflich an fünfeinhalb Tagen pro Woche als Fernfahrer unterwegs gewesen ist - dort auch in regelmäßigen Abständen gewohnt hat. Auch wenn der Beschwerdeführer, wie er in der Beschwerde vorbringt, ab Juli 2005 eine viereinhalb Zimmer Wohnung in Liechtenstein gemietet hat und beabsichtige, seine Familie nach Liechtenstein ziehen zu lassen, sobald die rechtlichen Voraussetzungen für einen Familiennachzug erfüllt seien, kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie bei der gegebenen Sachlage für die Jahre 2003 und 2004 einen Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO in der Wohnung (seiner Ehefrau) in X, Vorarlberg, angenommen hat.

Im Zentrum der Beschwerde steht der Hinweis auf Art. 4 Abs. 3 DBA Liechtenstein, wonach eine ständige Wohnstätte iSd Art. 4 Abs. 2 lit a des Abkommens nicht angenommen werden könne, wenn der Inhaber der Wohnstätte nicht die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfüllt. Es sei spekulativ, wenn die belangte Behörde davon ausgehe, die in Rede stehende fremdenpolizeiliche Voraussetzung gelte bereits als erfüllt, wenn die rein theoretische Möglichkeit bestehe, einen Aufenthaltstitel für Österreich zu erwerben. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei die Voraussetzung nur erfüllt, wenn ein gültiger Aufenthaltstitel tatsächlich vorliege. Im Übrigen habe die belangte Behörde in diesem Zusammenhang eine inoffizielle Anfrage an die Bezirkshauptmannschaft gestellt und dadurch die Auskunft erlangt, ein Antrag des Beschwerdeführers würde positiv erledigt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei darauf abzustellen, ob ein gültiger Aufenthaltstitel bereits erteilt sei oder nicht. Zudem stützte sich die Bezirkshauptmannschaft in ihrer Anfragebeantwortung darauf, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers über die österreichische Staatsbürgerschaft verfüge. Tatsächlich sei ihr die österreichische Staatsbürgerschaft aber erst am 21. Februar 2005 verliehen worden. In den Streitjahren sei die Staatsbürgerschaft jedenfalls noch nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer verfüge jedenfalls seit 2001 über eine Niederlassungsbewilligung in Liechtenstein. Unverständlich sei die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe diesen Aufenthaltstitel in Liechtenstein missbräuchlich erlangt.

Art. 4 Abs. 3 des DBA Liechtenstein knüpft an die Voraussetzung, dass "der Inhaber der Wohnstätte in diesem Staat die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfüllt". Die belangte Behörde hat diese Voraussetzung dahingehend ausgelegt, dass sie erfüllt ist, wenn formal ein Aufenthaltstitel vorliegt, dass sie aber auch erfüllt ist, wenn bloß alle Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels gegeben sind, der formale Aufenthaltstitel aber lediglich wegen des Unterlassens einer Antragstellung nicht vorliegt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist diese Rechtsansicht nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die in Rede stehende Regelung erweist sich nur dann als sachgerecht, wenn das Besteuerungsergebnis bzw die Verteilung der Besteuerungsrechte an objektive Umstände anknüpft und nicht der freien Disposition des Steuerpflichtigen (durch Einbringung oder Unterlassen eines Antrages) überlassen ist.

Die Beurteilung der fremdenpolizeilichen Voraussetzungen stellt, solange die hiefür zuständige Behörde nicht entschieden hat, eine Vorfragenbeurteilung iSd § 116 Abs. 1 BAO dar. Den Inhalt des § 116 BAO verkennend hat die belangte Behörde die Beurteilung der fremdenrechtlichen Rechtslage unterlassen und lediglich den Inhalt einer von einer anderen Behörde erteilten Auskunft herangezogen. Wenn auch die belangte Behörde diese Auskunft durchaus mitberücksichtigen durfte und musste, hätte sie doch im angefochtenen Bescheid eine eigenständige Begründung vornehmen müssen. Als Aufenthaltstitel kamen eine Aufenthaltserlaubnis und eine Niederlassungsbewilligung (vgl. § 7 Abs. 1 Fremdengesetz des für die Streitjahre noch anzuwendenden Fremdengesetzes 1997) in Betracht. Die belangte Behörde hätte im angefochtenen Bescheid darlegen müssen, für welchen Aufenthaltstitel sie die Voraussetzungen für gegeben erachtet; sie hätte sodann insbesondere auch klar dartun müssen, dass dem Aufenthaltstitel kein anderer Umstand als bloß das Unterbleiben der Antragstellung entgegen steht.

Sollten allerdings die Ausführungen der angefochtenen Bescheides, dass jeder, der in Österreich auf Grund seines Wohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig sei, damit die fremdenpolizeilichen Voraussetzungen für einen dauernden Aufenthalt erfülle und somit einen fremdenpolizeilichen Anspruch auf dauernden Aufenthalt habe, die Begründung der belangten Behörde für das Vorliegen aller fremdenrechtlichen Voraussetzungen (mit Ausnahme eines entsprechenden Antrages) sein, hat die belangte Behörde auch damit die Rechtslage verkannt. Es ist offensichtlich, dass mit einem inländischen Wohnsitz oder der unbeschränkten Steuerpflicht nicht schon die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel iSd § 7 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 erfüllt sind.

Was die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Beurteilung des tatsächlich erteilten liechtensteinischen Aufenthaltstitels anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher - selbst für den rein theoretischen Fall, dass ein solcher erschlichen worden wäre -

jedenfalls so lange besteht, als er nicht in Liechtenstein wieder entzogen worden ist.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand beinhaltet bereits die Umsatzsteuer.

Wien, am 19. Dezember 2006

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