Normen
BAO §278;
BAO §282 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BAO §278;
BAO §282 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; und
2. zu Recht erkannt:
Der Bescheid vom 7. Juli 2004 wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde einen Antrag des Beschwerdeführers auf Ablehnung eines Mitgliedes des Berufungssenates wegen Befangenheit abgewiesen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Erledigung einer vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung über die Einkommensteuer für das Jahr 1991 abgesprochen.
Der Beschwerdeführer hat seine Anfechtungserklärung in dem gegen beide Bescheide gerichteten Beschwerdeschriftsatz und in dessen Ergänzung dahingehend formuliert, er fechte "beide" Bescheide "zur Gänze" an. Er beantragt, "die angefochtenen Bescheide", also auch den Bescheid vom 23. Juni 2004, aufzuheben.
Entscheidungen der vorliegenden Art über Ablehnungsanträge sind jedoch, was auch der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 10. Jänner 2007 der Sache nach nicht mehr bestreitet, nicht gesondert anfechtbar (vgl. etwa Ritz, BAO3, § 278 Tz 7). Die Beschwerde war daher insoweit, als sie sich gegen den Bescheid vom 23. Juni 2004 richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
Die Entscheidung über den damit verbundenen Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, wobei der belangten Behörde die Hälfte des Aufwandes für die zu beiden angefochtenen Bescheiden gemeinsam erfolgte Aktenvorlage zuzusprechen war.
Den zweitangefochtenen Bescheid vom 7. Juli 2004 hat die belangte Behörde, wie sie in der Begründung darlegt, nur mit Rücksicht auf ein von der Referentin (§ 270 Abs. 3 BAO) gestelltes Verlangen gemäß § 282 Abs. 1 Z 2 BAO in Senatsbesetzung erlassen. Die Entscheidung über die im Jahr 1993 erhobene Berufung betreffend die Einkommensteuer 1991 wäre - auch nach Ansicht der belangten Behörde - gemäß § 282 Abs. 1 BAO und übergangsrechtlichen Bestimmungen der Referentin oblegen. Der Beschwerdeführer hatte jedoch auch eine die Einkommensteuer für das Jahr 1992 betreffende Berufung erhoben, für die wegen eines vom Beschwerdeführer gestellten Antrages nach § 282 Abs. 1 Z 1 BAO die Zuständigkeit des gesamten Berufungssenates gegeben war. Mit Rücksicht hierauf - und nach der Darstellung der belangten Behörde aus keinem anderen Grund - hatte die Referentin die Berufung gemäß § 282 Abs. 1 Z 2 BAO dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zu Beginn der über beide Berufungen anberaumten Berufungsverhandlung legte der Beschwerdeführer jedoch nicht nur eine Vorhaltsbeantwortung vor, sondern erklärte auch, die Berufung betreffend den Bescheid über die Einkommensteuer für das Jahr 1992 zurückzuziehen. Die Berufungsverhandlung wurde vom Vorsitzenden unterbrochen, um eine Durcharbeitung der vorgelegten Vorhaltsbeantwortung zu ermöglichen, und danach mit die Einkommensteuer für das Jahr 1991 betreffenden Erörterungen fortgesetzt. Nach Schluss des Beweisverfahrens und Beratung des Senates verkündete der Vorsitzende den Beschluss, dass die Berufungsentscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten werde. Das Berufungsverfahren betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 1992 wurde mit gesondertem Bescheid für gegenstandslos erklärt.
Bei dieser Sachlage macht der Beschwerdeführer geltend, es hätte nach der Zurückziehung der das Jahr 1992 betreffenden Berufung nicht mehr zu der auf § 282 Abs. 1 Z 2 BAO gestützten Senatsentscheidung über die das Jahr 1991 betreffende Berufung kommen dürfen, wozu er - der Aktenlage entsprechend - ausführt, die Zurückziehung der Berufung sei dem Senatsvorsitzenden schon zwei Tage vor der Verhandlung angekündigt worden.
Die belangte Behörde äußert sich zu der Frage, ob die Zurückziehung der das Jahr 1992 betreffenden Berufung die Senatszuständigkeit für die das Jahr 1991 betreffende Berufung berühren konnte, in ihrer den zweitangefochtenen Bescheid betreffenden Gegenschrift nicht. Ein mit "2. Unzuständigkeit der belangten Behörde" überschriebener Abschnitt der Gegenschrift behandelt die Kritik des Beschwerdeführers, zur Verhandlung sei das falsche Finanzamt geladen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Es ist nicht strittig, dass sich die Senatszuständigkeit der belangten Behörde nur auf das von der Referentin gestellte Verlangen gemäß § 282 Abs. 1 Z 2 BAO gründete. Zu einem solchen Verlangen, das den Gesetzesmaterialien zufolge im Ermessen des Referenten liegen soll (1128 BlgNR XXI. GP 13), ist der Referent nicht verpflichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, 2008/15/0055). Das Gesetz enthält aber Regelungen über seine Zulässigkeit:
"§ 282. (1) ...
Ein Verlangen nach Z 2 ist zulässig, wenn die zu entscheidenden Fragen besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen oder wenn der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ein solches Verlangen ist weiters zulässig, wenn die Verbindung von Berufungen, über die der gesamte Berufungssenat zu entscheiden hat, mit Berufungen, über die ansonsten der Referent namens des Berufungssenates zu entscheiden hätte, zu einem gemeinsamen Verfahren insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig ist. Das Verlangen ist zu begründen; es kann bis zur Bekanntgabe (§ 97) der Entscheidung über die Berufung gestellt werden."
Wurde das Verlangen gestellt und ihm entsprochen, obwohl das Verlangen nicht "zulässig" war, so belastet dies die Senatsentscheidung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Ein Verlangen, eine Berufung mit einer schon zurückgezogenen Berufung zur gemeinsamen Erledigung durch den Senat zu verbinden, wäre unzulässig. Es bleibt daher nur zu prüfen, ob das Verlangen in einem Fall wie dem vorliegenden in der Berufungsverhandlung zurückgezogen werden kann und ob es die Rechtswidrigkeit der Senatsentscheidung begründet, wenn dies nicht geschieht.
Beides ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu bejahen, weil das Gesetz keinen Anhaltspunkt dafür bietet, eine Zurückziehung des Verlangens bei Wegfall der Voraussetzungen seiner Zulässigkeit von Anfang an - also etwa auch bei einer Zurückziehung der in die Senatszuständigkeit fallenden Berufung schon lange vor der Berufungsverhandlung - auszuschließen oder zeitlich mit dem Beginn der Berufungsverhandlung zu begrenzen. Derartiges anzuordnen, wäre Sache des Gesetzgebers (vgl. Abs. 2 der im Einzelnen anders gestalteten Regelung in § 6 FGO, deren Abs. 1 der zitierten Stelle in den Materialien zufolge als Vorbild diente). Fällt, wie im vorliegenden Fall, die Grundlage dafür weg, gemäß § 282 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall BAO die Entscheidung des gesamten Berufungssenates zu verlangen, so ist dies mangels gegenteiliger Regelung im Gesetz daher auch noch in der Berufungsverhandlung wahrzunehmen.
Da dies im vorliegenden Fall unterblieben ist, war der Bescheid vom 7. Juli 2004 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich insoweit auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 29. September 2010
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