VwGH 2004/15/0170

VwGH2004/15/017019.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der A GmbH und Co KG in T, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Mag. Peter Haslinger und Mag. Thomas Böchzelt, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Krottendorfergasse 4, gegen die Bescheide der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz 1. vom 21. April 2004, 1.) Zl. A8- K 32/2004-1 und A8-K 39/2004-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe für September und Oktober 2003, 2.) Zl. A8-K 49/2004-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe für November 2003, und 3.) Zl. A8-K 52/2004-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe für Dezember 2003, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
LustbarkeitsabgabeG Stmk §14a;
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4 Abs5 Z4;
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003;
LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1994 §19 Abs1;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1994;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
LustbarkeitsabgabeG Stmk §14a;
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003 §4 Abs5 Z4;
LustbarkeitsabgabeG Stmk 2003;
LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1994 §19 Abs1;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1994;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug hinsichtlich der Monate September und Oktober 2003 gemäß der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 iVm dem Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetz 1950 Lustbarkeitsabgabe von 872,07 Euro pro Monat für die in Graz, M-Straße 35, aufgestellten und betriebenen drei Geldspielapparate vorgeschrieben.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug eine entsprechende Lustbarkeitsabgabe (872,07 Euro) hinsichtlich des Monats November 2003 vorgeschrieben.

Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug eine entsprechende Lustbarkeitsabgabe (872,07 Euro) hinsichtlich des Monats Dezember 2003 vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachte, die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 sei aufgrund des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 1950 erlassen worden, dieses Gesetz sei aber mit 1. August 2003 außer Kraft getreten, weil an diesem Tag das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabegesetz 2003, LGBl 50, in Kraft getreten sei. Wegen des Ausscheidens des Lustbarkeitsabgabegesetzes 1950 aus dem Rechtsbestand entbehre die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 einer gesetzlichen Grundlage.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 30. November 2004, B 749-751/04 und B 1110/04, die Behandlung der Beschwerde ab und führte aus, dass die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 seit 1. August 2003 verfassungskonform auf das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabegesetz 2003 gestützt werden könne (Hinweis auf VfSlg 12.634/1991, 16.608/2002 und 16.261/2001 zur Weitergeltung von Verordnungen bei Neufassung der gesetzlichen Grundlage). Der Verfassungsgerichtshof trat die Beschwerde unter einem gem Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Durch § 1 Abs 1 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetz 1950 sind die steirischen Gemeinden ermächtigt, anlässlich von bestimmten Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Die Abgabe ist vom Gemeinderat ordnungsgemäß zu beschließen.

§ 14 Abs 1 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetz 1950

lautet:

"Für den Betrieb

a) eines Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates,

b) einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen in öffentlichen Lokalen, insbesondere in Gast- und Schankwirtschaften sowie an sonstigen öffentlichen Orten, kann eine Pauschalabgabe nach dem gemeinen Wert (Verkaufswert) des Apparates oder der Vorrichtung berechnet werden."

§ 14a des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 1950 idF LGBl 62/2001 lautet:

"Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe höchstens 290,69 Euro je Apparat und begonnenem Kalendermonat."

§ 19 Abs 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 normiert eine Abgabe in der genannten Höhe für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl 192/1969, idF LGBl 29/1986 je Apparat und begonnenem Kalendermonat. Die Abgabe ist längstens bis Zehnten jeden Monats für den vorangegangenen Monat zu entrichten.

Gem § 1 Abs 1 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 2003, LGBl Nr 50, werden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung (Lustbarkeitsabgabeordnung) von den Veranstaltungen eine Lustbarkeitsabgabe einzuheben.

Gem § 1 Abs 2 leg cit zählen zu diesen Veranstaltungen ua.

"3. das Halten von Spielapparaten gemäß § 5a des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes sowie dem Glücksspielgesetz unterliegende Glücksspielautomaten, unabhängig davon, ob diese in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten oder in Privaträumen (z.B. Vereinslokalen) aufgestellt sind."

§ 4 ("Ausmaß") Abs 3 und 5 leg cit lauten:

"(3) Die Gemeinde hat die Lustbarkeitsabgabe mit einem Pauschalbetrag festzusetzen, wenn

a) für Veranstaltungen ein Eintrittsgeld nicht eingehoben wird oder

b) das als Eintrittsgeld geltende Entgelt (Abs. 2) für die Teilnahme an einer Veranstaltung nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand festgestellt werden kann."

"(5) Für das Halten von

1. Schau-, Scherz-, Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten sowie von sonstigen mechanischen Spielapparaten und Spielautomaten wie Flipper, Schießapparaten, Kegelautomaten, TV-Spielapparaten, Fußball- und Hockeyautomaten, Guckkästen mit Darbietungen beträgt der Pauschalbetrag je Apparat (Automat) und begonnenem Kalendermonat höchstens 20 Euro, sofern es sich nicht um mechanische Spielapparate oder Spielautomaten im Sinne der Z. 2 bis 4 handelt. Sind mehrere Apparate oder Automaten zu kombinierten Spielapparaten (Automaten) wie etwa zu einer Schießgalerie zusammengefasst, so ist der Pauschalbetrag für jeden Apparat (Automaten) zu entrichten;

2. Musikautomaten, von Fußballtischen, Fußball- und Hockeyspielapparaten ohne elektromechanische Bauteile sowie von Kinderreitapparaten und Kinderschaukelapparaten oder anderen für vorschulpflichtige Kinder bestimmten Apparaten beträgt der Pauschalbetrag je Apparat und begonnenem Kalendermonat höchstens 10 Euro;

3. Spielapparaten und Spielautomaten, die optisch oder akustisch aggressive Handlungen, wie insbesondere Verletzungen oder Tötung oder Kampfhandlungen gegen Ziele darstellen, beträgt der Pauschalbetrag je Apparat (Automat) und begonnenem Kalendermonat höchstens 700 Euro;

4. Geldspielapparaten gemäß § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes sowie dem Glücksspielgesetz unterliegenden Glücksspielautomaten beträgt der Pauschalbetrag je Geldspielapparat bzw. Glücksspielautomat und begonnenem Kalendermonat höchstens 300 Euro."

§ 12 Abs 1 leg cit lautet:

"Dieses Gesetz tritt mit 1. August 2003 in Kraft."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Abgabenbehörden hätten pro Spielautomat und Monat Lustbarkeitsabgabe mit einem Pauschalbetrag (zunächst 290,69 Euro, ab Jänner 2004 sodann 300 Euro) festgesetzt. Nur der "individuell wirkliche Vergnügungsaufwand" sei ein sachgerechter Maßstab für die Besteuerung. Automaten seien mittlerweile so ausgestattet, dass das von den Spielern im Einzelfall aufgewendete Entgelt exakt und zuverlässig erfasst werden könne. Das bloße Aufstellen eines Gerätes lasse einen Rückschluss auf die Häufigkeit seiner Benutzung oder des Einspielergebnisses nicht zu. Die belangte Behörde habe das tatsächliche Einspielergebnis der Automaten nicht erhoben. Die Höhe der Einspielergebnisse werde vom Standort sowie von der Attraktivität der jeweiligen Spielhalle geprägt. Die Umsätze der einzelnen Geldspielautomaten seien derart unterschiedlich, dass eine pauschale Besteuerung zu einer gleichen Behandlung von wesentlich ungleichen Sachverhalten führe. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt von Amts wegen erhoben, hätte sie dies festgestellt und wäre dann nicht zu einer pauschalen Besteuerung gekommen, wie sie dem angefochtenen Bescheid zugrunde liege.

Mit dem Beschwerdevorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht auf. Aus dem Vorbringen ergibt sich eine der belangten Behörde vorzuwerfende Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht. Die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1994 normiert - im Einklang mit § 14 und § 14a des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 1950 bzw § 4 Abs 3 und 5 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 2003 - eine Pauschalabgabe (pro Spielapparat und Betriebsmonat). Auf das Einspielergebnis des Spielapparates stellen die im Beschwerdefall einschlägigen Abgabenvorschriften nicht ab. Für die belangte Behörde bestand daher kein Anlass, Erhebungen über die mit den Geldspielautomaten erzielten Umsätze anzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch das Beschwerdevorbringen auch nicht zu einem Vorgehen nach Art 139 Abs 1 B-VG veranlasst. Dem Wortlaut des § 14a des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 1950 bzw § 4 Abs 5 Z 4 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes 2003 ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber nicht gehindert ist, ohne weitere Differenzierungen für alle Geldspielapparate den in dieser Gesetzesstelle festgelegten Höchstbetrag an Abgaben anzuordnen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1997, 96/15/0068, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 1989, V 20/88, VfSlg. 12011, und das hg Erkenntnis vom 24. Juni 2004, 2004/15/0027). Durch die gegenständliche Abgabe sollen reine Geldspielapparate zur Eindämmung eines Missbrauches besonders besteuert werden. Dem Lenkungszweck der Abgabe wird durch einen Pauschalbetrag pro Apparat und Betriebsmonat entsprochen.

Die Beschwerdeführerin bringt abschließend vor, die Erhebung der Vergnügungssteuer widerspreche dem Gemeinschaftsrecht, weil diese Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen - Lustbarkeitsabgaben betreffenden - Erkenntnissen vom 31. Oktober 2000, 98/15/0033, und vom 4. April 2001, 98/15/0149, ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, 77/388/EWG, der den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Beibehaltung oder Einführung bestimmter indirekter Abgaben nur belässt, sofern es sich dabei nicht um Abgaben handelt, die den Charakter von Umsatzsteuern haben, verhindern soll, dass die Mitgliedstaaten Steuern, Abgaben und Gebühren erheben, welche die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen. Diese wesentlichen Merkmale sind: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle Umsätze mit Gegenständen und Dienstleistungen; sie ist, unabhängig von der Anzahl der Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen; sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebs erhoben; sie erfasst schließlich den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, dh, die bei einem Umsatz entstehende Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Umsatz entrichtet worden ist.

Die Vergnügungssteuer betreffend Geldspielapparate ist keine allgemeine Steuer iSd vorstehenden Ausführung, da sie nicht darauf abzielt, sämtliche Umsätze in Österreich zu erfassen. Die Abgabe erfasst eben nur die Veranstaltung von (bestimmten) Lustbarkeiten. Schon daraus ergibt sich, dass der Erhebung der Abgabe Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht entgegensteht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Mai 2005

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