Normen
BAO §257;
BAO §258 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
BAO §257;
BAO §258 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. August 1998 zog das Finanzamt die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gemäß § 82 EStG 1988 zur Haftung für Lohnsteuer für den "Prüfungszeitraum vom 1.1.1995 bis 31.12.1997" heran und verwies zur Begründung auf den Bericht über eine durchgeführte Prüfung der Aufzeichnungen, worin u.a. festgehalten war, dass die steuerfreie Auszahlung von Ruhegehältern an in Spanien ansässige "anstaltseigene" Pensionisten zu Unrecht erfolgt sei.
Dagegen berief die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Schriftsatz vom 8. September 1998.
Die Beschwerdeführer, die im Prüferbericht angesprochenen "Pensionisten", traten mit Schriftsätzen vom 2. Oktober 1998 (Erstbeschwerdeführer) und vom 21. Oktober 1998 (Zweitbeschwerdeführer) der Berufung der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten - gestützt auf § 257 BAO - bei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Mai 1999 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
Die Beschwerdeführer beantragten mit Schriftsätzen vom 10. Mai 1999 (Erstbeschwerdeführer) und vom 2. Juni 1999 (Zweitbeschwerdeführer) die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit Bescheiden vom 7. September 2000, Zl. RV/918-15/17/99, (an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet) und vom 7. September 2000, RV/919-15/17/99, (an den Erstbeschwerdeführer gerichtet) wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung "des (Zweitbeschwerdeführer)" bzw. die Berufung "des (Erstbeschwerdeführer)" als unbegründet ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnissen vom 1. Juli 2003, 2000/13/0198, (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und 2000/13/0201, (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) diese Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf, weil der jeweils aufgehobene Bescheid nur dem jeweiligen Beschwerdeführer, nicht jedoch der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gegenüber ergangen war und somit keine einheitliche Entscheidung im Sinne des § 290 BAO getroffen wurde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Berufung der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten als unbegründet ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass die Beschwerdeführer der Berufung der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten beigetreten sind und eine Zurückweisung des Berufungsbeitrittes gemäß § 258 Abs. 2 BAO nicht erfolgte. Durch den Beitritt zur Berufung, welcher von der Behörde nicht zurückgewiesen wurde, haben die Beschwerdeführer alle Rechte eines Beitretenden gemäß § 257 BAO erworben, ohne dass der Gerichtshof aus Anlass einer Beschwerde gegen den Sachbescheid die Frage der Beitrittsberechtigung zu prüfen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0028, mwN).
Die belangte Behörde hat über die Berufung der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten nach Ausweis der Aktenlage dadurch entschieden, dass sie jeweils eine gesonderte Ausfertigung einer im Übrigen wortgleichen Erledigung an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, an den Erstbeschwerdeführer und an den Zweitbeschwerdeführer richtete. Der Beschwerde ist der an den Zweitbeschwerdeführer gerichtete Bescheid angeschlossen.
Im Beschwerdefall kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben, ob eine einheitliche Entscheidung im Sinne des § 290 BAO bereits deshalb nicht vorliegt, weil die drei Erledigungen der belangten Behörde nicht an alle Parteien des Berufungsverfahrens gerichtet waren, sondern die belangte Behörde getrennte Erledigungen jeweils an eine Person richtete (vgl. den hg. Beschluss vom 25. Jänner2006, 2005/13/0174 und 0175) und nicht jeweils eine Ausfertigung einer an alle Personen gerichteten Erledigung der jeweiligen Person zustellte:
§ 538a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) idF der nach § 597 Abs. 1 Z 1 ASVG insoweit am 1. Jänner 2002 in Kraft getretenen 59. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 1/2002, lautet:
"§ 538a. (1) Die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten werden ab 1. Jänner 2002 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 zur Pensionsversicherungsanstalt zusammengeführt. Die Pensionsversicherungsanstalt ist Versicherungsträger im Sinne des § 32.
(2) Alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gehen mit 1. Jänner 2003 auf die Pensionsversicherungsanstalt über. Sie ist ab 1. Jänner 2003 zur Durchführung der Verwaltungs- und Leistungssachen zuständig, die nach den am 31. Dezember 2002 geltenden Vorschriften von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter oder der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zu besorgen sind. Der Pensionsversicherungsanstalt obliegt die Erstellung der Rechnungsabschlüsse, der Geschäftsberichte (§ 444 Abs. 1) und der statistischen Nachweisungen (§ 444 Abs. 2) für das Jahr 2002 für die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten.
(3) Der im Rahmen der Zusammenführung entstehenden Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand ..."
Demnach hörte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Ablauf des 31. Dezember 2002 rechtlich zu bestehen auf. Als ihre Gesamtrechtsnachfolgerin trat mit 1. Jänner 2003 eine andere juristische Person öffentlichen Rechts an ihre Stelle, nämlich die Pensionsversicherungsanstalt (vgl. auch den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage zur 59. Novelle zum ASVG, 892 BlgNR 21.GP).
Die an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gerichtete Erledigung der belangten Behörde vom 16. August 2004 ging daher ins Leere. Damit liegt aber eine einheitliche Entscheidung im Sinne des § 290 Abs. 1 BAO erneut nicht vor, weil an die Pensionsversicherungsanstalt - als Gesamtrechtsnachfolgerin der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, welche die Berufung erhoben hatte - keine Erledigung gerichtet wurde.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit aus den Gründen der erwähnten hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 2003, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) auf die §§ 47 ff, insb auf § 53 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft die geltend gemachte "Pauschalgebühr", soweit sie über die nach § 24 Abs. 3 VwGG entstandene Eingabengebühr hinausgeht.
Wien, am 13. September 2006
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