VwGH 2004/04/0065

VwGH2004/04/00652.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Mag. H in W, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Februar 2004, Zl. MA 63 - 7564/03, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
VerbotsG 1947 §3h;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
VerbotsG 1947 §3h;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Februar 2004 die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes "Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger)" gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 verweigert. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, über den Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 1. Februar 2001 rechtskräftig eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verhängt worden, wobei die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben worden sei, weil er, indem er in einem konkret bezeichneten Medium den nationalsozialistischen Völkermord - wie näher dargelegt - gröblich verharmlost habe, gegen § 3h Verbotsgesetz verstoßen habe. Seinem Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund der gerichtlichen Verurteilung habe der Beschwerdeführer einen in einer Zeitschrift erschienenen - im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen - Kommentar zu seiner Verurteilung beigelegt, in dem ihm attestiert werde, "nur die Wahrheit gesagt" zu haben. Weiters habe der Beschwerdeführer im Verfahren dargelegt, es handle sich bei dem Delikt, dessentwegen er verurteilt worden sei, um ein "menschenrechtswidriges Meinungsdelikt". Im Grunde des § 26 Abs. 1 GewO 1994 habe die Behörde zu prüfen gehabt, ob das Gewerbe "Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger)" Gelegenheit für die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat biete und ob nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Nutzung dieser Gelegenheit befürchtet werden müsse. Betreffend die Eigenart der strafbaren Handlung sei festzustellen, dass zu den Tätigkeiten des Immobilientreuhänders u.a. die Abhaltung von Eigentümerversammlungen, Mieterversammlungen sowie die Durchführung von Veranstaltungen zur Gewinnung von Erwerbern, Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten von Bauvorhaben zähle. In diesem Rahmen bestehe auch die Möglichkeit, öffentlich, vor vielen Menschen den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit zumindest gröblich zu verharmlosen. Wenngleich bei diesen Versammlungen ein anderer Zweck im Vordergrund stehe, lasse sich hier doch mit Kommentierungen, Verweisen, Vergleichen, Beispielen und dgl. eine Geschichtsauffassung vertreten und diese stützende Literatur empfehlen und solcherart eine im Sinn des § 3h Verbotsgesetz strafbare Handlung verwirklichen. In Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers obliege es der Gewerbebehörde, die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale selbständig, d.h. ohne Bindung an den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung über die Strafnachsicht zu beurteilen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch jenes Verhalten zu berücksichtigen, das nach der gerichtlichen Verurteilung gesetzt worden sei. Wesentlich sei daher, dass der Beschwerdeführer ganz offensichtlich nach wie vor eine Meinung vertrete, die den nationalsozialistischen Völkermord und andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit gröblich verharmlose und nicht akzeptiere, dass er Unrecht begangen habe. Nur so sei nämlich zu erklären, dass er seinem Antrag den erwähnten Zeitschriftenkommentar beigelegt habe, ohne sich davon "klar zu distanzieren". Auch seine Darlegungen, er sei eines "menschenrechtswidrigen Meinungsdelikts" wegen verurteilt worden, zeigten ein Persönlichkeitsbild, das die Annahme, die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes brauche nicht befürchtet zu werden, nicht rechtfertige. Im Übrigen sei auch der seit der Verurteilung verstrichene Zeitraum noch zu gering, um eine solche Annahme zu tragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "Recht auf Gewährung der Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeberechtigung gemäß § 26 GewO 1994 bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowie auf ein mängelfreies Verfahren" verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei unter dem Gesichtspunkt der Eigenart der strafbaren Handlung ihre Eignung, im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung begangen zu werden, maßgeblich. Diese Eignung könne nur bei Delikten angenommen werden, die notwendigerweise mit einer unternehmerischen Tätigkeit im Zusammenhang stünden oder durch diese zumindest erleichtert würden. Während eine solche Eignung wohl bei Wirtschafts- und Vermögensdelikten gegeben sei, treffe dies auf § 3h des Verbotsgesetzes, bei dem es um die öffentliche Leugnung oder Beschönigung eines historischen Faktums gehe, nicht zu. Vom Risikozusammenhang dieses Delikts her gesehen könne eine Schädigung von potenziellen oder aktuellen Geschäftspartnern, Kauf- und Mietinteressenten etc. hier ausgeschlossen werden, weil nicht der einzelne geschützt werden solle, sondern der demokratische und rechtsstaatliche Bestand der Republik Österreich. Folglich sei die von der belangten Behörde angenommene Möglichkeit der Tatbegehung bei Ausübung des Immobilientreuhändergewerbes nur eine abstrakte, nicht aber eine konkrete Möglichkeit. Das diese Möglichkeit als ausreichend ansehende Normverständnis der belangten Behörde führe allerdings dazu, dass bei einem Großteil der strafgesetzlichen Delikte eine Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung zu verweigern sei, wodurch die Bestimmung des § 26 Abs. 1 GewO 1994 letztlich obsolet würde. Es sei nämlich niemals auszuschließen, dass ein Kontakt mit Menschen bestehe, denen gegenüber deliktisch gehandelt werden könne oder die vom deliktischen Handeln betroffen würden. Auch die Persönlichkeitsprognose, die die belangte Behörde getroffen habe, sei rechtlich verfehlt. So habe die belangte Behörde unerörtert gelassen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht, die zu einer bedingten Strafnachsicht geführt habe, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 GewO 1994 nicht gegeben sein sollten. Dies wäre umso notwendiger gewesen, als die dreijährige Widerrufsfrist bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides und zwar am 1. Februar 2004 abgelaufen gewesen sei. Soweit die belangte Behörde aber zur Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers auf den von ihm vorgelegten Zeitschriftenkommentar Bezug genommen habe, übersehe sie, dass das Verbotsgesetz nicht eine konkrete Meinung pönalisiere, sondern die qualifizierte, öffentliche Meinungsäußerung. Dem Beschwerdeführer stehe das Recht zu, eine falsche Meinung zu haben. Es sei ihm auch unbenommen, im Verwaltungsverfahren rechtlich verfehlte und unrichtige Ansichten zu äußern. Daraus könne aber nicht auf ein Persönlichkeitsbild geschlossen werden, dem zufolge die neuerliche Begehung einer Tat wie jener, deretwegen der Beschwerdeführer verurteilt worden sei, zu befürchten sei. Ein Verhalten, das dieser Tat entspräche, habe der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung jedenfalls nicht gesetzt. Schließlich rügt der Beschwerdeführer, er sei (bereits) Inhaber des Gewerbes Immobilientreuhänder und zwar eingeschränkt auf Immobilienmakler und Immobilienverwalter, sodass sein Nachsichtsantrag insoweit zurückzuweisen, nicht aber meritorisch zu erledigen gewesen wäre. Der Antrag hätte nur in Ansehung des Gewerbes Immobilientreuhänder eingeschränkt auf Bauträger einer inhaltlichen Entscheidung zugeführt werden dürfen.

Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilung die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Von der Ausübung eines Gewerbes ist gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes) unterliegt.

Im vorliegenden Beschwerdefall steht unbestrittenermaßen fest, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt wurde, wobei der Vollzug dieser Strafe unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde; dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in einem in einer periodischen Zeitschrift erschienenen Artikel den nationalsozialistischen Völkermord gröblich verharmlost und solcherart das Tatbild des § 3h Verbotsgesetz verwirklicht hatte.

Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers, ihm die Nachsicht von dem ihn solcherart gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 treffenden Gewerbeausschluss zu erteilen, hatte die Behörde zu beurteilen, ob die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat durch den Beschwerdeführer bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist; sie hatte dabei sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2004, Zl. 2004/04/0029, und die dort verwiesene Vorjudikatur).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Tätigkeit eines Immobilientreuhänders biete dem Beschwerdeführer mannigfache Gelegenheiten, gleiche oder ähnliche Straftaten zu begehen und es könne die Frage, ob er von diesen Gelegenheiten auch Gebrauch machen werde, nach seinem Persönlichkeitsbild, in dessen Beurteilung auch sein im Nachsichtsverfahren gebotenes Verhalten einzubeziehen sei, nicht sicher verneint werden.

Wenn der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, eine gemäß § 3h Verbotsgesetz strafbare Handlung könne mit der Gewerbeausübung des Immobilientreuhänders nur abstrakt in Zusammenhang gebracht werden, so ändert dies nichts daran, dass der Ausübung dieses Gewerbes - wie von der belangten Behörde dargelegt - die Schaffung besonderer Gelegenheiten zur Begehung von gleichen oder ähnlichen Straftaten wie jener, deretwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, nicht ohne weiteres abgesprochen werden kann; daran ändert auch die Beschwerdebehauptung, dies treffe für einen Großteil der strafgesetzlichen Delikte zu, nichts. Dass aber - unter dem Gesichtspunkt der "Eigenart der strafbaren Handlung" - nur Wirtschafts- oder Vermögensdelikte Anlass für die Befürchtung geben könnten, der Beschwerdeführer werde bei der Gewerbeausübung eine "gleiche oder ähnliche Straftat" begehen, ist nicht der Standpunkt des Gesetzes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2002, Zl. 2002/04/0122).

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen sei nicht geeignet, zu einer "negativen Persönlichkeitsprognose" zu führen, weil das Verbotsgesetz nicht den Umstand, eine bestimmte Meinung zu haben pönalisiere, sondern die öffentliche Leugnung oder Verharmlosung des hirstorischen Faktums nationalsozialistischen Völkermordes oder anderer nationalsozialistischer Verbrechen. Er habe allerdings keinen Anlass zur Annahme gegeben, dass er seine Verurteilung nicht akzeptiert oder ein Verhalten gezeigt habe, das jenem, für das er verurteilt worden sei, entsprochen habe.

Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Zum einen lässt nämlich bereits das in der zur Verurteilung führenden Straftat zum Ausdruck kommende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers seine Bereitschaft zu entsprechendem deliktischen Verhalten erkennen. Zum anderen trägt aber sein im Nachsichtsverfahren gebotenes Verhalten auch nicht dazu bei, die (bereits in der begangenen Straftat begründete) Befürchtung zu zerstreuen, er werde, sobald er hiefür einen Anlass sieht, wiederum ein ähnliches deliktisches Verhalten setzen; zeigen doch im Gegenteil die von ihm vorgelegte Auseinandersetzung mit seiner Verurteilung und die von ihm vorgenommene Beurteilung des in Rede stehenden Straftatbestandes, wie wenig sich der Beschwerdeführer mit den durch § 3h Verbotsgesetz geschützten Werten verbunden erachtet.

Die Behörde hatte die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbständig zu beurteilen, ohne dabei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2004, Zl. 2004/04/0029, und die dort zitierte Vorjudikatur). Besondere Umstände im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 22. Mai 2003, Zl. 2002/04/0147, bringt die Beschwerde, die diesbezüglich lediglich auf den Ablauf der dreijährigen Widerrufsfrist für die bedingte Strafnachsicht verweist, nicht vor.

Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, er sei Inhaber des Gewerbes Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienmakler und Immobilienverwalter, sodass diesbezüglich wohl ein Gewerbeentziehungsverfahren gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 bzw. ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung in Frage komme, nicht jedoch eine Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung. Sein Nachsichtsantrag hätte daher in diesem Umfang zurückgewiesen werden müssen.

Auch dieses Vorbringen kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen. Selbst wenn - wie der Beschwerdeführer vorbringt - sein Ansuchen um Nachsicht vom Gewerbeausschluss von Rechts wegen hätte zurückgewiesen werden müssen, so wurde er alleine dadurch, dass die belangte Behörde demgegenüber mit einer Abweisung seines Nachsichtsantrages vorging, in seinen Rechten nicht verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegende Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 2. Juni 2004

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