VwGH 2003/18/0213

VwGH2003/18/021310.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1960, vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 10. Juni 2003, Zl. Fr 239/02, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §64 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
FrG 1997 §40 Abs1;
FrG 1997 §75;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §76;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §64 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
FrG 1997 §40 Abs1;
FrG 1997 §75;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §76;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 10. Juni 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 38 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Oktober 1991 gemeinsam mit seiner Gattin illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Über seinen am 21. Oktober 1991 gestellten Asylantrag sei am 10. Mai 1996 rechtskräftig negativ entschieden worden. Der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof am 17. April 1996 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Dezember 2000 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des versuchten Totschlages gemäß §§ 15, 76 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt worden. Dieses Urteil sei am 18. Mai 2001 in Rechtskraft erwachsen. Dem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 22. Juni 2000 versucht habe, seine Tochter durch Messerstiche zu töten. Der Beschwerdeführer habe die Tat bei einem Blutalkoholwert von 1,67 %o begangen. Seine Zurechnungsfähigkeit sei im Tatzeitpunkt zwar beeinträchtigt, jedoch nicht ausgeschlossen gewesen. Erschwerend komme hinzu, dass er laut Gerichtsurteil insgesamt fünf Mal auf seine eigene Tochter eingestochen habe.

Im Hinblick auf diese Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.

Auf Grund der Ausführungen im Gerichtsurteil komme die Behörde zur Ansicht, dass wegen der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Tat keine positive Zukunftsprognose erstellt werden könne. Ein derart schwerer Übergriff könne für die Zukunft nicht absolut ausgeschlossen werden. Das vorliegende Aufenthaltsverbot sei als Präventionsmaßnahme vor weiteren schweren Verletzungen der österreichischen Rechtsordnung gegenüber der Allgemeinheit oder speziell gegenüber der Familie des Beschwerdeführers unbedingt erforderlich und auch im gesetzlichen Rahmen gerechtfertigt.

In Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers - selbst im Familienkreis - sei die Behörde bei Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens zum Ergebnis gelangt, dass der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung nur durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbots begegnet werden könne.

Zur Interessenabwägung gemäß § 37 FrG führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich verheiratet und Vater von vier Kindern sei. Das Aufenthaltsverbot stelle daher einen sehr starken Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar. Auf Grund der Schwere der Tat, für die das Gericht eine vierjährige Freiheitsstrafe verhängt habe, wöge das zur Verhängung des Aufenthaltsverbots führende öffentliche Interesse an der Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele ungleich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbots vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass auf Grund der Schwere der Tat und der damit verbundenen hohen kriminellen Energie das Aufenthaltsverbot unbefristet zu erlassen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die auf Grundlage der unstrittig feststehenden gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren unbedenkliche Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, unbekämpft.

2.1. Der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen versuchten Totschlags liegt unstrittig zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 22. Juni 2000 versucht hat, seine Tochter zu töten. In der Beschwerde werden die Feststellungen des Strafgerichts wie folgt wiedergegeben:

"Der 40-jährige Angeklagte BY ist türkischer Staatsangehöriger, der der kurdischen Volksgruppe angehört. Er lebt seit 1991 in Österreich, spricht jedoch kaum deutsch.

Er arbeitet als Küchengehilfe, verfügt über monatlich S 14.200,-- netto Einkommen, ist verheiratet, für vier Kinder sorgepflichtig und bislang unbescholten.

Während es mit den anderen Kindern keinerlei Probleme gab, machte die 1986 geborene Tochter Eda große Schwierigkeiten. Seit ungefähr einem Jahr häuften sich die Konflikte des Angeklagten mit seiner Tochter Eda Y, da sich diese nicht an die elterlichen Anordnungen hielt, nicht mehr zur Schule ging und später wegen disziplinärer Schwierigkeiten in die Sonderschule geschickt wurde. Eda Y war 1999 für zwei Tage abgängig und wurde im Anschluss daran in der Salzburger Krisenstelle für Jugendliche untergebracht, flüchtete aber nach kurzer Zeit und war wieder mehrere Tage abgängig. Nach mehreren Unterbringungen in verschiedenen Wohngemeinschaften, die allerdings scheiterten, zog Eda Y wieder zu ihren Eltern. Da wegen der fruchtlosen Erziehungsversuche das Verhalten seiner Tochter öfters zu Streitigkeiten zu Hause führte, war es Gesprächsthema im Bekannten- und Verwandtenkreis des Angeklagten, wobei auch vermutet wurde, dass seine Tochter trotz ihres noch relativ jungen Alters schon sexuelle Kontakte mit Männern gehabt hat. Dies führte dazu, dass der Angeklagte gehänselt wurde und sich zutiefst in seiner Ehre sowie jener seiner Familie verletzt fühlte.

Gegen Mittag des 21.6.2000 kam es zwischen dem Angeklagten und Eda Y in der elterlichen Wohnung zu einem Streit, da die Tochter abstritt, dass ein vom Vater auf ihrem Hals entdeckter Fleck ein Knutschfleck war.

Später ging der Angeklagte mit seiner Frau einkaufen. Als die beiden wieder zurück in die Wohnung kamen, war Eda Y nicht mehr Zuhause.

Gegen 15 Uhr desselben Tages verließ auch der Angeklagte die Wohnung, besuchte ein Lokal, trank dort 6 - 7 Bier und kam gegen Mitternacht wieder zurück. Da seine Tochter noch immer nicht Zuhause war, wurde der Angeklagte wütend.

Er holte sich aus der Küche etwas Käse, Brot und Tomaten, wobei er auch ein Küchenmesser mit einer 20 cm langen Klinge mitnahm, das er zum jausnen verwendete. Danach sah er fern und wartete auf seine Tochter Eda.

Gegen 2.30 Uhr des 22.6.2000 sperrte Eda Y die Wohnungstüre auf und betrat leise die Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt wies der Angeklagte einen Wert von ca 1,67 Promille Blutalkohol auf, war also durch die Alkoholisierung in seiner Zurechnungsfähigkeit beeinträchtigt. Außerdem war seine Zurechnungsfähigkeit noch durch eine höhergradige affektive Einengung und die familiäre Konflikt- und Belastungssituation erheblich beeinträchtigt. Ausgeschlossen war diese jedoch nicht.

Der Angeklagte hörte seine Tochter, als diese die Tür aufsperrte, stand auf, nahm das Küchenmesser, das noch bei ihm auf dem Tisch lag, ging in den Vorraum, schaltete das Licht ein und befragte seine Tochter in türkischer Sprache, wo sie gewesen war und warum sie dies getan hat. Eda Y zuckte mit den Schultern und sagte in deutscher Sprache, dass ihr das "wurscht" sei. Dies verstand der Angeklagte.

In der Folge stach der Angeklagte insgesamt fünf Mal mit dem Messer auf Eda Y ein. Ein Stich, der etwa 8 - 10 cm tief in den Körper der Eda Y eingedrungen ist, eröffnete links in der Leistengegend die Bauchhöhle und perforierte in der Folge den Dickdarm an zwei Stellen, was zur Lebensgefahr führte.

Ohne Notoperation wäre Eda Y an dieser Verletzung verstorben. Ein Stich, der seitlich in den Brustbereich versetzt wurde, führte zu einer streifenden Stichwunde. Ein Stich erfolgte mittig innenseitig in den linken Oberschenkel und zwei weitere Stiche trafen von vorne und zur Innenfläche hin den linken Innenschenkel. Sie verursachten nur oberflächliche Verletzungen.

Als der Angeklagte auf seine Tochter Ede Y einstach, hielt er es zumindest ernstlich für möglich, dass er sie dadurch töten werde, womit er (sich) billigend abfand. Er ließ sich dabei in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung zur Tat hinreißen."

2.2. Gegen die von der belangten Behörde erstellte negative Verhaltensprognose führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes ins Treffen:

Er habe die Tat, bis zu deren Begehung er unbescholten gewesen sei, aus einer einmaligen familiären Konfliktsituation heraus unter höhergradiger affektiver Einengung in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung begangen. Das Verhältnis zur Tochter, deren Tötung er versucht habe, habe sich wieder normalisiert. Diese Tochter sei bereits 17 Jahre alt und werde bald heiraten. Auch die Gattin habe dem Beschwerdeführer verziehen und wolle die familiäre Lebensgemeinschaft nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft fortsetzen. Durch die unbedingte Verurteilung und die derzeitige Verbüßung der Strafhaft werde dem Beschwerdeführer das Unrecht seiner Tat, die er sehr bereue, vor Augen geführt. Die belangte Behörde sei dem gegenüber nicht auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers eingegangen und habe die negative Prognoseentscheidung nur auf die Verurteilung des Beschwerdeführers und auf generalpräventive Überlegungen gestützt. Sie habe die in der Berufung beantragte Beischaffung des Strafaktes, die Einvernahme der Gattin und einer Tochter (die nicht Opfer der Straftat war) sowie die Einholung eines psychologischen Gutachtens nicht durchgeführt. Diese Beweismittel habe er zum Beweis dafür beantragt, dass die Tat auf einer außergewöhnlichen Situation beruht habe, die inzwischen bereinigt sei, und in einer allgemein begreiflichen Gemütsbewegung begangen worden sei sowie dass nach menschlichem Ermessen eine weitere gleichartige Tat ausgeschlossen werden könne. Überdies sei zu erwarten, dass der Beschwerdeführer nach Verbüßung von zwei Drittel seiner Straftat bedingt entlassen werde. Die Prognose hätte auf den Entlassungszeitpunkt abgestellt werden müssen. Diesfalls wäre die positive Prognose des Gerichts bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung auch für das vorliegende Verfahren "von inhaltlicher Relevanz und Bedeutung" gewesen. Es bestehe nämlich kein öffentliches Interesse daran, gegen einen Fremden, bei dem nach Ansicht des Gerichts der Vollzug des Strafrests weder aus general- noch aus spezialpräventiven Gründen notwendig sei, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Dies würde eine unzulässige "Doppelbestrafung" darstellen und der bei Begehung weiterer Straftaten zu erwartende Vollzug des Strafrests und die Androhung der Verhängung eines Aufenthaltsverbots würden ausreichen, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.

2.3. Der Beschwerdeführer hat mit einem Küchenmesser mit 20 cm langer Klinge fünf Mal auf seine damals 14-jährige Tochter eingestochen, wobei diese nur auf Grund einer Notoperation nicht an ihren Verletzungen verstorben ist. Grund für diese Tat waren schwere erzieherische Konflikte mit dieser Tochter, die dazu geführt haben, dass der Beschwerdeführer von Bekannten und Verwandten gehänselt wurde und sich in seiner Ehre gekränkt fühlte. Unmittelbarer Anlass dafür, dass der zwar stark alkoholisierte, aber zurechnungsfähige Beschwerdeführer im Affekt mit Tötungsvorsatz seiner Tochter die fünf Stiche zugefügt hat, war, dass sie seine Frage, wo sie gewesen sei und warum sie so lange ausgeblieben sei, damit beanwortete, dass dies "wurscht" sei.

Dieses Verhalten zeigt, dass der Beschwerdeführer in tiefgreifenden Konfliktsituationen, in denen er sich in seiner Ehre gekränkt fühlt, nicht davor zurückschreckt, im Affekt aus vergleichsweise unbedeutendem Anlass massive Gewalt anzuwenden. Ungeachtet des vorgebrachten Umstands, dass sich das Verhältnis zur verletzten Tochter wieder normalisiert habe, können derartige Konfliktsituationen auch in Hinkunft auftreten. Dem Beschwerdeführer musste - wie jedermann - bewusst sein, dass eine derartige Tat schwer wiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dennoch hat er - eben im Affekt - versucht, seine Tochter zu töten. Es kann daher auch nicht angenommen werden, dass ihn die bloße Androhung eines Aufenthaltsverbots (iVm der nach allfälliger bedingter Entlassung zu gewärtigenden Vollziehung des Strafrests) davon abhalten werde, derartige Straftaten zu begehen. Auch wenn der Beschwerdeführer bisher nur einmal straffällig geworden ist, geht von ihm daher die Gefahr der Begehung weiterer derartiger, das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Gewaltkriminalität besonders stark beeinträchtigender Delikte aus. Daran kann das nach dem Beschwerdevorbringen gute Verhältnis zur Gattin nichts ändern, zumal nicht vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Tat kein gutes Verhältnis zu seiner Frau gehabt habe. Die Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Frage, ob der Beschwerdeführer weitere Straftaten begehen werde, war demnach nicht erforderlich.

Vor diesem Hintergrund stellt die vorgebrachte Unterlassung der in der Berufung beantragten Beweisaufnahmen keinen relevanten Verfahrensmangel dar.

2.4. Zu Recht macht der Beschwerdeführer allerdings geltend, dass die belangte Behörde ihre Prognoseentscheidung auf den Zeitpunkt der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft hätte abstellen müssen.

Nach § 40 Abs. 1 zweiter Satz FrG ist nämlich der Eintritt der Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbots für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Bei der Frage, ob ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, ist daher auf den Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit - das ist vorliegend das Ende der Strafhaft - abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0370). Dadurch, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung nicht auf diesen Zeitpunkt abgestellt hat, ist für den Beschwerdeführer aber nichts zu gewinnen, weil im Hinblick auf seine besonders schwer wiegende Straftat nicht zu erkennen ist, dass eine auf den Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des vorliegenden Aufenthaltsverbots abgestellte Beurteilung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Sollte der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen werden, so wäre die Fremdenpolizeibehörde an die dazu führenden gerichtlichen Erwägungen nicht gebunden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 2003, Zl. 2003/18/0097). Dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbots - dabei handelt es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine administrativ-rechtliche Maßnahme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zlen. 99/18/0015, 0033) - auch gegen Fremde zulässig ist, bei denen das Strafgericht eine positive Prognose über das künftige Verhalten erstellt hat, ergibt sich im Übrigen eindeutig daraus, dass § 36 Abs. 2 Z. 1 dritter Fall FrG ausdrücklich die - ebenso wie die bedingte Entlassung eine positive Prognose durch das Gericht voraussetzende - Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe als Aufenthaltsverbotsgrund normiert.

2.5. Aus all diesen Gründen bestehen gegen die - von der belangten Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht nur auf die Tatsache der Verurteilung und auf generalpräventive Überlegungen gestützte - negative Prognose der belangten Behörde keine Bedenken. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme ist daher gerechtfertigt.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den inländischen Aufenthalt als Asylwerber seit Oktober 1991, sohin seit elf Jahren und acht Monaten, sowie die Familiengemeinschaft mit der Gattin und den vier Kindern zugute gehalten. Unter Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten Umstände, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines Befreiungsscheines nach seiner Haftentlassung wieder arbeiten könnte und es der Gattin mit den teilweise in Österreich geborenen Kindern nicht zugemutet werden könne, mit dem Beschwerdeführer in die Türkei zurückzukehren, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass durch das Aufenthaltsverbot "sehr stark" in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde.

Diesen gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die aus der Straftat resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen durch den weiteren Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Im Hinblick auf das sehr große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Gewalttaten, insbesondere von Tötungsdelikten, ist das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten Dritter) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig; die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wiegen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das Fehlen einer Lebensgrundlage in der Türkei und die Diskriminierung von zurückkehrenden Kurden ist zunächst entgegen zu halten, dass mit einem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, Zl. 2002/18/0154). Über die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung ist nicht im Aufenthaltsverbotsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren gemäß § 75 FrG bzw. § 8 Asylgesetz 1997 zu entscheiden. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass er gemäß § 21 Abs. 2 AsylG 1997 vor einer Abschiebung geschützt ist, so lange ihm die Stellung eines Asylwerbers zukommt. Zum Vorbringen betreffend das Fehlen einer Lebensgrundlage für den Beschwerdeführer in der Türkei ist im Übrigen auch auszuführen, dass § 37 FrG die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs nicht gewährleistet (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2002/18/0154).

4. Das eine rechtswidrige Handhabung des der Behörde gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens geltend machende Beschwerdevorbringen ist nicht zielführend, weil eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots nach der genannten Bestimmung offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) erfolgen würde, wenn der Fremde - wie vorliegend - wegen eines Verbrechens zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2002/18/0158).

5. Die Beschwerde wendet sich auch gegen die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbots. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 2001/18/0048) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Angesichts der besonderen Gefährlichkeit von vorsätzlichen Tötungsdelikten kann der Auffassung der belangten Behörde, der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes könne nicht vorhergesehen werden, nicht entgegengetreten werden.

6. Nach dem Beschwerdevorbringen hat die Erstbehörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen diesen von der belangten Behörde durch die Abweisung der Berufung bestätigten Ausspruch wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass er dadurch schon deshalb nicht in Rechten verletzt wurde, weil das Aufenthaltsverbot - wie oben 2.4. ausgeführt - gemäß § 40 Abs. 1 zweiter Satz FrG während des unstrittig noch andauernden Vollzugs der Freiheitsstrafe ohnehin nicht durchsetzbar ist.

7. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. September 2003

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