VwGH 2003/14/0082

VwGH2003/14/008226.7.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, in der Beschwerdesache der H in S, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Dr. Widukind W. Nordmeyer und Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwälte in 4601 Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Linz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §250;
B-VG Art130 Abs1 litb;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BAO §250;
B-VG Art130 Abs1 litb;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2001, 2000/14/0200 und vom 29. April 2003, 2002/14/0038, verwiesen.

Vor dem Hintergrund des im Verfahren 2000/14/0200 erstatteten Beschwerdevorbringens verwarf der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch mit deren Vorbringen zur behaupteten Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung hätte auseinander setzen müssen. Dies mit der Begründung, die gesonderte Berufungsbefugnis hinsichtlich des Bescheides über den Abgabenanspruch ändere nichts daran, dass die in einer solchen Berufung erhobenen Einwendungen gegen den Abgabenanspruch allein im diesbezüglichen Berufungsverfahren betreffend den Abgabenbescheid, nicht aber im Berufungsverfahren gegen die Heranziehung der Haftung relevant sind. Es sei daher, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, nicht rechtswidrig gewesen, wenn die belangte Behörde allenfalls solche gegen den Abgabenanspruch zu erkennenden Einwendungen der Berufung im angefochtenen Bescheid, welcher ausschließlich über die Berufung gegen den Haftungsbescheid abspreche, nicht berücksichtigt habe.

Im zitierten Erkenntnis vom 29. April 2003 stellte der Verwaltungsgerichtshof zunächst den Inhalt der erhobenen Beschwerde und den ihr in Kopie angeschlossenen angefochtenen Bescheid insofern dar, als die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 31. Juli 2001 darauf hingewiesen habe, dass die Entscheidung über ihre Berufung (vom 7. Oktober 1999) gegen den Abgabenanspruch noch ausstehe, ihr damaliges Vorbringen um Beweisanträge und Urkunden ergänzt und beantragt habe, die Beweise aufzunehmen und die "von mir eingebrachte Berufung - allenfalls nach einem Mängelbehebungsauftrag gemäß § 275 BAO - im Wege einer vollinhaltlichen Stattgebung des Rechtsmittel zu entscheiden". Dieser Antrag sei vom Finanzamt durch Erlassung eines Bescheides mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Berufung vom 7. Oktober 1999 richte sich ausdrücklich (nur) gegen den Haftungsbescheid. Aus der Berufung sei mit keinem Wort ersichtlich, dass sie sich auch gegen den Abgabenanspruch hinsichtlich irgendwelcher Umsatzsteuerbescheide richten solle.

Der Verwaltungsgerichtshof führte dann weiter aus:

Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung abgewiesen, weil mit dem Antrag die Entscheidung über eine bisher nicht erledigte Berufung urgiert werde. Damit werde eine Säumigkeit der obersten Behörde, die im Abgabenverfahren im Instanzenzug angerufen werden könne, "in Erinnerung gerufen". Ein solcher Antrag sei im Abgabenverfahren aber nicht vorgesehen. Vielmehr sei der Rechtsschutz gegen eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch Art. 130 Abs. 1 lit. b i. V.m. § 27 VwGG gewährleistet. Überdies habe die Behörde mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass in der Eingabe vom 7. Oktober 1999 nur eine Berufung gegen den Haftungsbescheid, nicht jedoch auch eine solche gegen den Abgabenanspruch zu erblicken sei.

In der Folge brachte der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck dass die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Erledigung ihrer Berufung über den Abgabenanspruch, insbesondere auf Verbesserung ihrer inhaltlich mangelhaften Berufung gemäß § 275 BAO und Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages durch die erste Instanz, auf Bekämpfung der Abgabenbescheide gegenüber der Abgabenschuldnerin gemäß § 248 BAO und auf Bekanntgabe und Berücksichtigung neuer Tatsachen, Beweise und Anträge gemäß § 280 BAO" nicht verletzt wurde.

Zutreffend habe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass einer Verletzung der Entscheidungspflicht der obersten Behörde, die im Abgabenverfahren im Instanzenzug angerufen werden kann, durch eine Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 1 lit. b B-VG i.V.m. § 27 VwGG zu begegnen ist. Bei einem seinem Wesen nach ein Urgenzschreiben darstellenden Schriftsatz handelt es sich nicht um ein im § 85 Abs. 1 BAO vorgesehenes Anbringen, weshalb der Antrag einer Erledigung nicht bedurfte.

In der nunmehrigen Säumnisbeschwerde trägt die Beschwerdeführerin abermals vor, sie habe gegen "den Haftungsbescheid vom 21. September 1999" am 7. Oktober 1999 Berufung erhoben, wobei sich diese "inhaltlich auch gegen die ihr bislang nicht zugestellten Steuervorschreibungen gegen die OEG und die Zurechnung von Einkünften an diese Gesellschaft" gerichtet habe. Zur Begründung habe sie nämlich insbesondere ausgeführt, bei einer Hausdurchsuchung seien bei Maximilian G Privatkonten gefunden worden, auf welchen Eingänge gebucht gewesen seien. Auf Grund dieser Konten habe das Finanzamt nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung entsprechende (in der Folge näher dargestellte) Zurechnungen (hinsichtlich Umsatzsteuer) vorgenommen. Die Beschwerdeführerin habe von diesen Vorgängen erstmals im April 1999 durch eine Zahlungsaufforderung erfahren. Da es sich bei den gegenständlichen Konten ausschließlich um Privatkonten des Maximilian G gehandelt habe, hätte die Beschwerdeführerin auch bei Vorliegen einer Zeichnungsberechtigung auf dem Firmenkonto und ständiger Kontrolle keine Möglichkeit gehabt, diese Einkünfte festzustellen. Die Belege seien vom "Steuerbüro" K verbucht worden und sei auch hier keine Unregelmäßigkeit aufgefallen. Die nachverrechneten Beträge fielen daher ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Maximilian G, da der Beschwerdeführerin weder mangelnde Sorgfalt noch Kontrolle vorgeworfen werden könne. Maximilian G habe auch nie behauptet, dass die Beschwerdeführerin von den Konten jemals etwas gewusst habe oder hätte wissen können. Es werde daher der "Antrag auf Stattgabe der Berufung durch Entlassung aus der Haftung" für in der Folge näher angeführte Beträge gestellt.

Da dieser Schriftsatz richtiger Weise als nach § 248 BAO zulässige Berufung gegen die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenbescheide der OEG zu qualifizieren sei, liege Säumnis der angerufenen Berufungsbehörde vor, weil eine diesbezüglich Erledigung bislang nicht erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass der Schriftsatz vom 7. Oktober 1999 auch eine - allenfalls mangelhafte - Berufung gegen die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenansprüche darstellt, nicht. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest aus dem Inhalt einer Berufung ergeben muss, wogegen sie sich richtet. Nach dem in der Beschwerde wiedergegebenen Inhalt des Schriftsatzes vom 7. Oktober 1999 richtet sich die Berufung aber ausschließlich gegen den der Beschwerdeführerin zugestellten Haftungsbescheid. Auch in der nunmehrigen Beschwerde wird - ungeachtet der schon im vorangegangenen Verfahren zum Ausdruck gebrachten Ansicht der Behörde - nicht konkret aufgezeigt, aus welcher Passage des Schriftsatzes auch nur andeutungsweise zu entnehmen wäre, dass die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit der gegenüber der OEG ergangenen Abgabenbescheide oder die Unrichtigkeit der entsprechend zugerechneten Beträge rügt. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin stellen vielmehr die ihrer Ansicht nach gegebenen Gründe dar, weshalb eine Haftung für die in Rede stehenden Beträge nicht in Betracht kommt, insbesondere mangelnde Kenntnis der eingegangenen Beträge und mangelnde Kontrollmöglichkeiten. Damit in Einklang wird (auch nur) der Berufungsantrag gestellt, die Beschwerdeführerin "aus der Haftung zu entlassen".

Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Beurteilung der Frage, ob überhaupt eine Berufung vorliege, habe sich nicht an den notwendigen Inhaltserfordernissen oder gar an deren differenzierter Interpretation zu orientieren, Voraussetzung für die Beurteilung eines Schriftsatzes als Berufung sei, dass aus dem Anbringen zumindest andeutungsweise zu entnehmen ist, dass eine Partei beabsichtige, eine behördliche Maßnahme zu bekämpfen, und, vom Vorliegen einer Berufung sei auszugehen, wenn sich erkennen lasse, dass der Einschreiter sich durch eine bestimmte Entscheidung beschwert fühle und deren Nachprüfung begehre, ist ihr zuzustimmen. Die entsprechenden Anbringen laufen im vorliegenden Fall aber ungeachtet des Rechtes, innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen zu können, alle ausschließlich auf eine Berufung gegen den Haftungsbescheid hinaus.

Daraus folgt, dass eine Säumnis der belangten Behörde hinsichtlich einer Berufung gegen die Bescheide über die Abgabenansprüche nicht vorliegt, sodass die erhobene Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 26. Juli 2005

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