VwGH 2003/13/0098

VwGH2003/13/009829.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über den Antrag des B in W, vertreten durch Mag. Riedl Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH in 1030 Wien, Grimmelshausengasse 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 1. Juli 2003, Zl. RV/0495- W/03, betreffend Einkommensteuer 2001, und in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den ebengenannten Bescheid, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit einem mit 25. August 2003 datierten und am selben Tag zur Post gegebenen Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 1. Juli 2003, womit die Einkommensteuer 2001 des Beschwerdeführers im Instanzenzug festgesetzt worden war. In der Beschwerde wird ausdrücklich angeführt, dass die angefochtene Berufungsentscheidung dem Beschwerdeführer bzw. seiner steuerlichen Vertreterin am 7. Juli 2003 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte mit Verfügung vom 1. September 2003 den Beschwerdeführer auf, mitzuteilen, ob die Ausführungen in der Beschwerde zutreffen, dass der angefochtene Bescheid am 7. Juli 2003 zugestellt worden sei. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, zu der sich aus dem Beschwerdevorbringen ergebenden Fristversäumung Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der angefochtene Bescheid sei am 7. Juli 2003 der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt worden. Am 11. Juli 2003 habe sie den angefochtenen Bescheid beim Postamt behoben. Sie sei in ihrem insgesamt sehr schlechten Zustand lediglich im Stande gewesen, die Rechtsbelehrung zu lesen und habe als Ablaufdatum der Rechtsmittelfrist den 25. August 2003 im Kanzleikalender vermerkt. Die unzutreffende Eintragung des Fristablaufes wird im Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen damit erklärt, dass die steuerliche Vertreterin durch eine akute Erkrankung ihres Ehemannes "keinen klaren Gedanken" habe fassen können. Die steuerliche Vertreterin habe später ihrem Ehemann, einem für die nunmehr als Vertreterin des Beschwerdeführers einschreitende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfer, den Termin 25. August 2003 als Frist für die Einbringung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof genannt. Ihr Ehemann habe an der Richtigkeit dieses Termins keinen Zweifel hegen müssen, weil seiner Ehefrau in 23 Jahren der Berufstätigkeit keine Fristversäumung unterlaufen sei. Nach einem bis 23. August 2003 dauernden Kuraufenthalt habe der Ehemann der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers für die nunmehrige Vertreterin des Beschwerdeführers die Beschwerde verfasst und den Irrtum seiner Frau nicht erkannt. Erst durch die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. September 2003 sei dieses Versehen offenbar geworden.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt (vgl. etwa den Beschluss vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0203, mwN), stellt ein einem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für den Antragsteller nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und in diesem Zusammenhang höchstens ein minderer Grad des Versehens vorliegt. Ein Verschulden des Vertreters, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, trifft den Vertretenen und schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. Oktober 2001, 2000/14/0169). Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch ein Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde.

Diese Frist beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand es in einem der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers unterlaufenen Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. In dem Zeitpunkt, in dem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und musste, hörte auch das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 auf (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Februar 2002, 2001/15/0205). Der Irrtum über den Ablauf der Beschwerdefrist hätte bei nur geringer Aufmerksamkeit in Anbetracht des eigenen Vorbringens zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde, welche mit 25. August 2003 datiert ist und worin als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides der 7. Juli 2003 angegeben war, spätestens bei Unterfertigung und Versendung dieser Beschwerde am 25. August 2003 bemerkt werden müssen.

Bei dieser Sachlage ist von einem "Aufhören des Hindernisses" nicht erst mit der am 9. September 2003 erfolgten Zustellung der hg. Verfügung vom 1. September 2003, sondern (spätestens) bereits in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die Beschwerde verfasst und unterfertigt worden ist. Spätestens an diesem Tag, dem 25. August 2003, begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs. 3 VwGG zu laufen. Der am 19. September 2003 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet (vgl. den erwähnten hg. Beschluss vom 28. Februar 2002 mwN).

Der Antrag war somit als verspätet zurückzuweisen.

Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sechs Wochen. Sie beginnt dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Ausgehend von der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 7. Juli 2003 (und der Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde) war die am 25. August 2003 zur Post gegebene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen

Versäumung der Beschwerdefrist durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. Oktober 2003

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