Spruch:
1. Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
In den beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Schriftsätzen wird folgender Sachverhalt behauptet:
Alfred S., ein Platten- und Fliesenlegermeister, betreibt ein Einzelunternehmen. An dessen Anschrift hat auch die S. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer Alfred S. ist, ihren Sitz. Mit der Leitung der Büroangelegenheiten für beide Unternehmen ist seit mehreren Jahren Sabine S. betraut. Am 13. Dezember 2002 wurden die eingangs genannten drei Bescheide zugestellt. Sabine S. übernahm die Sendungen und unterfertigte den Zustellschein. Sie legte die Sendungen irrtümlich ungeöffnet in ein Fach für abgelegte Korrespondenz. Zu diesem Zeitpunkt war nur sie im Büro anwesend, weil die beiden Lehrlinge an diesem Tag die Berufsschule besuchten. Sabine S. oblag daher die Entgegennahme der Telefonate und der Post sowie die Betreuung der Kunden. Zum Zeitpunkt der Zustellung befand sich eine Kunde zur Beratung im Büro und eine weitere begehrte telefonische Auskunft. Durch diese Umstände wurde Sabine S. bei der Entgegennahme der Poststücke derart abgelenkt, dass ihr der eingangs geschilderte Fehler unterlaufen ist. Während ihrer bisherigen Tätigkeit war es zu keinem derartigen Vorfall gekommen.
Am 28. Jänner 2003 suchte Sabine S. im Fach für abgelegte Post ein bereits gestelltes Angebot. Hiebei bemerkte sie die drei ungeöffneten Kuverts.
Mit den am 3. Februar 2003 zur Post gegebenen Schriftsätzen vom 31. Jänner 2003 werden die eingangs genannten Anträge gestellt und gegen die bezeichneten - vorgelegten - Bescheide Beschwerde erhoben. Den Anträgen ist eine eidesstättige Erklärung der Sabine S. angeschlossen, worin sie den in den Anträgen behaupteten (eingangs wiedergegebenen) Sachverhalt bestätigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anträge und Beschwerden auf Grund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Nach dem Antragsvorbringen erfolgte die Zustellung der drei genannten Bescheide am 13. Dezember 2002. Die erst am 3. Februar 2003 zur Post gegebenen Beschwerden erweisen sich daher als verspätet. Es ist daher zu prüfen, ob die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründet sind.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, d.h. die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 10. März 1998, 97/08/0405, 0406). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen (vgl. zusätzlich zum genannten Erkenntnis auch den Beschluss vom 23. November 1994, 93/13/0058, 0060).
Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, 95/08/0259). Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Antrag darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft. Das erfordert ein substanziiertes Vorbringen darüber, dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungsweber (oder sein bevollmächtigter Vertreter) die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. auch hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, 95/08/0259).
Es kann auf sich beruhen, ob das Versehen der Sabine S., die Poststücke ungeöffnet in ein Fach für "abgelegte Korrespondenz" zu legen (und dann auf dieses Poststück offenbar zu vergessen), unter den konkreten Umständen zum Zeitpunkt der Übergabe dieser Schriftstücke das Maß der leichten Fahrlässigkeit überstiegen hat oder ob ein solches Versehen auch gewöhnlich sorgfältigen Menschen unter den geschilderten Umständen einmal unterlaufen kann (wie die Antragsteller offenbar meinen), weil das Hindernis für die rechtzeitige Erhebung einer Beschwerde keineswegs (allein) in dieser Fehlhandlung, sondern offenkundig (auch) darin lag, dass die solcherart unrichtig abgelegte Briefsendung dann bis zum 28. Jänner 2003 (also durch sechs Wochen und vier Tage) unentdeckt geblieben ist. Dass ein Poststück (Rückscheinkuvert), welches sich in seinem äußeren Erscheinungsbild von "abgelegter Korrespondenz" wohl deutlich unterscheidet, durch mehr als sechs Wochen unbemerkt bleibt, deutete auf einen schweren Organisationsmangel hin, der den antragstellenden Parteien zuzurechnen wäre und auf einer offenkundigen Sorglosigkeit, d.h. auf grobem Verschulden, beruhte.
Ob ein solcher Organisationsmangel vorliegt, vermag der Verwaltungsgerichtshof aber deshalb nicht zu beurteilen, weil der vorliegende Antrag einerseits jedes Vorbringen zu der Frage vermissen lässt, worin solche organisatorische Vorkehrungen allenfalls bestanden haben und aus welchen unvorhersehbaren und unabwendbaren Gründen sie nicht ausgereicht haben, um die schließlich eingetretene Fristversäumung zu vermeiden. Es wird auch nicht dargestellt, aus welchen Gründen die (sonst) verlässliche Mitarbeiterin auch bei späteren weiteren Ablagen in das "Fach für abgelegte Korrespondenz" während einer Zeitdauer von mehr als sechs Wochen nicht bemerken hätte müssen, dass sich darin auch ungeöffnete Rückscheinbriefe befinden.
Damit werden aber die Wiedereinsetzungsgründe nicht dem Gesetz gemäß schon im Antrag ausreichend dargestellt, sodass auf die Verschuldensfrage nicht weiter einzugehen ist: Der aufgezeigte Begründungsmangel des vorliegenden Antrages führt schon für sich allein zu dessen Erfolglosigkeit.
Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben. Daraus folgt weiters, dass die verspätet eingebrachten Beschwerden gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren.
Wien, am 23. April 2003
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