VwGH 2003/02/0161

VwGH2003/02/016130.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Mai 2003, Zl. VwSen-400657/3/Gf/Ta, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: N B, zuletzt in A, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt 4020 Linz, Mozartstraße 4), zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §88 Abs1;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §88 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Linz ordnete mit Bescheid vom 20. Mai 2003 gegen den Mitbeteiligten die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Oktober 1996 (Berufungsbescheid vom 4. November 1999) sei gegen den Mitbeteiligten ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Derzeit verbüße der Mitbeteiligte eine gerichtliche Haftstrafe. Auf Grund seines bisherigen straffälligen Verhaltens sei davon auszugehen, dass er nach Entlassung aus der Gerichtshaft seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde, weshalb die Abschiebung beabsichtigt sei.

Der Schubhaftbescheid wurde in der Folge noch am 20. Mai 2003 vollzogen.

Die belangte Behörde gab mit ihrem Bescheid vom 23. Mai 2003 der Schubhaftbeschwerde des Mitbeteiligten statt und stellte die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft fest. Es sei zunächst die Frage zu klären, ob das im Jahr 1996 gegen den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten verhängte Aufenthaltsverbot weiterhin wirksam sei. In diesem Zusammenhang bringe der Mitbeteiligte unter Vorlage entsprechender Nachweise vor, dass seine Ehegattin und seine vier Kinder zwischenzeitig die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hätten; die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat belangte Behörde sei diesem Vorbringen in ihrer Gegenschrift auch nicht entgegengetreten.

Ausgehend von § 37 Abs. 2 FrG und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Gattin und die Kinder des Mitbeteiligten sich seit mehr als zehn Jahren in Österreich aufhielten und dadurch auch die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hätten, sei "evident", dass sich die das seinerzeitige Aufenthaltsverbot aus dem Jahr 1996 tragenden sachverhaltsmäßigen Grundlagen in einem entscheidungswesentlichen Punkt geändert hätten: Es könne nämlich offenkundig nicht verlässlich ausgeschlossen werden, dass die das Aufenthaltsverbot damals verhängt habende Behörde nunmehr bei Einbeziehung dieses Umstandes zu einem anderen Ergebnis kommen könnte.

Damit aber entfalle auch - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - die Rechtskraftwirkung dieses Bescheides, die wiederum eine Voraussetzung für seine Vollstreckbarkeit bilde. Liege sohin aber kein vollstreckbares Aufenthaltsverbot vor, dann stelle sich auch die zur Sicherung der Vollstreckung desselben im Wege der Abschiebung verhängte Schubhaft als rechtswidrig dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, gemäß Art. 131 Abs. 2 BVG in Verbindung mit § 74 FrG 1997 erhobene Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die beschwerdeführende Sicherheitsdirektion rügt vor allem, dass die belangte Behörde die Frage der Wirksamkeit des Aufenthaltsverbotes im gegebenen Zusammenhang nicht von sich aus hätte aufgreifen dürfen. Damit ist sie im Recht:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0409, - auf welches die beschwerdeführende Partei zutreffend verweist -, ausgesprochen hat, kommt für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach der Systematik des Fremdenrechtes nur die Behörde in Betracht, die dieses Verbot zu erlassen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist demnach der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung eines Fremden in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine "mittelbare" Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht war. Wurde dieses von der hiefür zuständigen Fremdenbehörde - wie im Beschwerdefall unbestritten - nicht aufgehoben, so hat die daran gebundene belangte Behörde vom Bestehen desselben auszugehen. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, bieten auch die Ausführungen der belangten Behörde und des Mitbeteiligten im Beschwerdefall keinen Anlass.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 30. Oktober 2003

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