Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Februar 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, "gemäß § 36 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Ziff. 1" des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 7. Juni 2001 wegen des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 87 Abs. 1 und 15 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt worden. Diesem Schuldspruch liege zugrunde, der Beschwerdeführer habe im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit seinem Bruder R. am 2. Dezember 2000 durch Messerstiche bzw. Steinwürfe und Faustschläge anderen Personen schwere Körperverletzungen absichtlich zugefügt und zuzufügen versucht. Den Entscheidungsgründen dieses Urteils folgend stellte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe sich mit seinem Bruder über dessen Ersuchen verabredet, sich an dessen (türkischen) Nachbarn T. zu rächen und diesen in eine Falle zu locken. Nachdem T. und andere türkische Staatsangehörige aus einem Lokal gelockt worden seien, habe sie der Bruder des Beschwerdeführers verabredungsgemäß sofort mit faustgroßen Steinen attackiert, wodurch A. und T. an den Armen leicht verletzt worden seien. In weiterer Folge hätten diese versucht, den Bruder des Beschwerdeführers vom Werfen der Steine und auch den Beschwerdeführer von Tätlichkeiten abzuhalten, wobei dieser plötzlich ein silberfarbenes Butterflymesser mit einer rund zehn Zentimeter langen Klinge in der Hand gehalten und versucht habe, auf seine Widersacher einzustechen, um diesen schwere Verletzungen zuzufügen. Dabei habe er zuerst S. einen Stich in die Brust versetzt und den dem S. zu Hilfe kommenden T. mit dem Messer am Rücken verletzt. Dadurch habe er dem T. eine acht Zentimeter tiefe Stichverletzung am Rücken mit "Luftbrusteröffnung" und dem S. einen zwei Zentimeter tiefen Bruststich (ebenfalls) mit Eröffnung des Brustraumes und Lufteintritt zwischen Lunge und Brustkorb, somit lebensgefährliche Verletzungen, die im Krankenhaus nach einer Notoperation stationär versorgt worden seien, zugefügt. (An anderer Stelle des Bescheides werden die erlittenen Verletzungen dem jeweils Anderen zugeordnet.) Zwei andere türkische Staatsangehörige seien leicht verletzt worden.
Das Strafgericht habe insbesondere die Verantwortung des Beschwerdeführers, er hätte sich "nur gegen die Angriffe der Türken zur Wehr gesetzt", für widerlegt erachtet. Erschwerend habe es unter anderem die einschlägigen Vorstrafen gewertet. Der Beschwerdeführer sei nämlich vom Bezirksgericht Grein am 29. März 1994 (unter anderem) wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und vom Bezirksgericht Amstetten am 21. Oktober 1996 wegen desselben Deliktes jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diesen Urteilen liege zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 22. August 1993 gemeinsam mit seinen Brüdern R. und H. durch Werfen von Steinen Personen am Körper verletzt habe und am 19. September 1996 einer Person Schläge gegen den Kopf versetzt und ihr dadurch eine Kieferprellung zugefügt habe, weil sich der Beschwerdeführer durch diese - sie verwendete bei Friseurtätigkeiten ätzend riechende Präparate - belästigt gefühlt habe.
Der Beschwerdeführer stelle daher - so die belangte Behörde zur "Gefährdungsprognose" - im Hinblick auf die körperliche Integrität anderer Personen "einen Wiederholungstäter und damit eine bedeutende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, im Speziellen für die körperliche Unversehrtheit der in diesem Staate lebenden Bürger, dar". Aufgrund des Verhaltens in der Vergangenheit, insbesondere aber wegen der dem letzten Urteil zugrunde liegenden Tat, bei der der Beschwerdeführer "extra dafür" von Wien nach Amstetten gefahren, sich mit einem Messer bewaffnet und in der Absicht gehandelt habe, einen bzw. mehrere türkische Staatsangehörige damit absichtlich schwere Verletzungen zuzufügen, könne entgegen den Berufungsbehauptungen nicht angenommen werden, der Beschwerdeführer werde nicht wieder zu "Mitteln der Selbstjustiz zurückgreifen". Im Hinblick auf das Gewicht, das die Rechtsordnung der Beachtung von strafrechtlichen Vorschriften beimesse, sehe sich die belangte Behörde selbst unter Bedachtnahme darauf, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers und die drei gemeinsamen Kinder sowie weitere Familienangehörige in Österreich aufhältig seien, außer Stande, "die Kann-Bestimmung des § 36 Abs. 1 FrG" zugunsten des Beschwerdeführers anzuwenden.
Der Beschwerdeführer sei - so stellte die belangte Behörde zu dessen Privat- und Familienleben fest - am 9. Jänner 1992 gemeinsam mit seiner Gattin und einem gemeinsamen Kind illegal nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der in weiterer Folge rechtskräftig abgewiesen worden sei. Seit 1. Februar 1993 sei er durchgehend im Besitz von Aufenthaltsberechtigungen und von Berechtigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (zuletzt jeweils mit Gültigkeit bis 1. September 2003). Während des Aufenthaltes in Österreich seien zwei weitere gemeinsame Kinder geboren worden. Darüber hinaus gehe aus dem Akt hervor, dass Geschwister sowie Neffen des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig seien. Aufgrund der erwähnten strafbaren Handlungen gegen die körperliche Integrität anderer Personen, die als "besonders brutal" zu qualifizieren seien, erscheine die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, zumal es sich bei dem Geschehen vom 2. Dezember 2000 nicht um einen Einzelfall handle. Im Hinblick auf die Schwere der Tat und die vorliegende Wiederholungsgefahr seien die öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen auch wesentlich schwerer zu gewichten als die erwähnten privaten und familiären Interessen. Da der Beschwerdeführer "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes (erstes Delikt bereits 1994) noch nicht lange, allenfalls eineinhalb Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen" sei, stünde § 35 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.
Zur Dauer des Aufenthaltsverbotes führte die belangte Behörde abschließend aus, aufgrund des vorliegenden Sachverhalts "(Wiederholungstäterschaft im Hinblick auf die körperliche Integrität anderer Personen, besondere Brutalität der Tat im Jahre 2000)" sei es nicht möglich zu prognostizieren, dass die angesprochene Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit innerhalb von zehn Jahren wegfallen werde, weshalb - trotz familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich - die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes notwendig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache im Sinne dieser Bestimmung hat gemäß § 36 Abs. 2 FrG unter anderem zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten (Z 1 erster Fall) oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1 vierter Fall).
Im Hinblick auf die erwähnten rechtskräftigen Verurteilungen sind im vorliegenden Fall die zitierten Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG verwirklicht, was auch die Beschwerde nicht bestreitet.
Gegen die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, hegt der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das den erwähnten Verurteilungen zugrunde liegende wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers unter Bedachtnahme auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die körperliche Integrität keine Bedenken. Das gegen diese Prognosebeurteilung in der Beschwerde vorgetragene Argument, der Beschwerdeführer habe während der Verbüßung seiner Haftstrafe das Unrecht seiner Tat "längst" eingesehen, ist für sich allein nicht geeignet, die sich auf das Verhalten in der Vergangenheit stützende Einschätzung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers zu entkräften. Ausgehend von der zutreffenden Bewertung des dem Urteil vom 11. Juni 2001 zugrunde liegenden Verhaltens durch die belangte Behörde - auch die Beschwerde bestreitet nicht, dass es sich bei dem verabredeten und im einzelnen geplanten Vorgehen unter absichtlicher Zufügung von Stichverletzungen in Brust und Rücken der Widersacher mit einem Messer der beschriebenen Art um ein "besonders brutales" Verhalten des Beschwerdeführers handelt - und unter Bedachtnahme auf eine - was die Steinwürfe anbelangt - ähnliche Vorgangsweise im August 1993 kann die Beurteilung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei ein "Wiederholungstäter" und ihm sei daher eine negative Zukunftsprognose auszustellen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde macht eine unrichtige Ermessensübung nach § 36 Abs. 1 FrG und eine nicht ausreichende Berücksichtigung der privaten und familiären Interessen nach § 37 FrG geltend. Unter diesen Gesichtspunkten wird (mehrfach) darauf verwiesen, dass sich der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin seit zehn Jahren in Österreich befinde, seine Kinder hier aufgewachsen und auch noch weitere Familienangehörige im Inland aufhältig seien. Auf Grund seines langjährigen Aufenthaltes in Österreich befinde sich der gesamte Freundes- und Bekanntenkreis des Beschwerdeführers hier; zur ehemaligen Heimat habe er keinen Kontakt. Er verfüge über einen Befreiungsschein und sei bei einer Baugesellschaft beschäftigt.
Entgegen der Auffassung in der Beschwerde hat die belangte Behörde auf diese Umstände ohnehin ausreichend Bedacht genommen und durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes einen Eingriff in das Privat- und Familienleben angenommen. Der belangten Behörde kann aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die wiederholten Straftaten und die dabei gezeigte Vorgangsweise in Verbindung mit der daraus abzuleitenden Prognose von einer durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers gegebenen, äußerst beträchtlichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen ist und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte Anderer im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG für dringend geboten erachtet hat, zumal angesichts des zuletzt gezeigten hohen Gewaltpotentials eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers angenommen werden muss. Unter diesen Umständen ist die belangte Behörde auch bei der nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, die zweifellos gewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers hätten hinter die erwähnten - jedenfalls nicht weniger ins Gewicht fallenden - öffentlichen Interessen zurückzutreten. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die sich für ihn (und seine Familie) aus dem Aufenthaltsverbot ergebenden Konsequenzen im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
Schließlich kann auch nicht erkannt werden, dass die belangte Behörde das ihr offenstehende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte. Dazu kann auf die obigen Erwägungen verwiesen werden. Auch die Beschwerde vermag keine besonderen Umstände aufzuzeigen, welche die belangte Behörde im vorliegenden Fall trotz der gezeigten Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers und trotz der von ihm deshalb ausgehenden Gefährdung besonders wichtiger öffentlicher Interessen veranlassen hätten sollen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen.
Aber auch die Einwände gegen die Dauer des Aufenthaltsverbotes vermögen - abgesehen davon, dass die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer sei zum "ersten Mal straffällig" geworden, evident aktenwidrig ist - nicht zu überzeugen, weil ihnen nicht entnommen werden kann, auf Grund welcher Umstände und für welchen Zeitpunkt prognostiziert werden könnte, der Grund für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes werde weggefallen sein.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. April 2002
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