Normen
FrG 1997 §35 Abs3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
FrG 1997 §35 Abs3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Juli 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen russischen Staatsangehörigen gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei erstmals am 9. November 1990 nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der am 3. Februar 1993 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ab 8. Februar 1993 habe der Beschwerdeführer Sichtvermerke, zuletzt am 10. Dezember 1998 eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck erhalten.
Am 28. Juli 1992 sei der Beschwerdeführer erstmals gemäß §§ 15, 127 StGB wegen eines versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 1. Juli 1992 ein Paar Halbschuhe zu stehlen versucht habe.
Dieser Verurteilung seien noch folgende fünf weitere rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers jeweils wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe gefolgt:
Am 27. April 1994, weil er am 8. Oktober 1992 versucht habe, diverse Gegenstände zu stehlen;
am 22. Februar 1997, weil er am 21. Oktober 1996 versucht habe, diverse Gegenstände zu stehlen;
am 1. Juli 1997, weil er am 9. Dezember 1996 versucht habe, einen Fleischtopf und einen "Beka-Topf" zu stehlen;
am 13. Juli 1999, weil er am 19. Mai 1999 versucht habe, verschiedene Lebensmittel zu stehlen;
am 27. Juli 2001, weil er am 18. April 2001 versucht habe, verschiedene Lebensmittel zu stehlen.
Angesichts der zahlreichen Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG verwirklicht. Das dargestellte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Auf Grund des langjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie auf Grund seiner Beschäftigung sei das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Dessen ungeachtet sei die Erlassung dieser Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz des Vermögens anderer) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Das wiederkehrende gleichartige strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er nicht in der Lage oder gewillt sei, die zum Schutz fremden Vermögens dienenden Normen seines Gastlandes einzuhalten.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei darauf Bedacht zu nehmen, dass sich der Beschwerdeführer seit 9. November 1990 im Bundesgebiet aufhalte. Ungeachtet dessen könne sich der Beschwerdeführer aber nicht mit Erfolg auf eine daraus ableitbare relevante Integration berufen, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich gemindert werde.
Diesen - solcherart geschmälerten - privaten Interessen des Beschwerdeführers stünden die genannten - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessen gelange die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.
Die Bestimmungen der §§ 35 und 38 FrG betreffend die Aufenthaltsverfestigung stünden dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten, der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände zu verstehen. Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Begehung des ersten versuchten Diebstahles am 1. Juli 1992 noch nicht einmal zwei Jahre im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, komme ihm die Bestimmung des § 35 FrG schon deshalb nicht zugute.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die regelmäßige Tatwiederholung seitens des Beschwerdeführers - es könne auch sein Hinweis, er hätte seine Geldmittel seiner bedürftigen Familie zur Verfügung gestellt, nicht zu seinen Gunsten ausschlagen - könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf Grund der unstrittig feststehenden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum vom 1. Juli 1992 bis 18. April 2001 insgesamt sechs versuchte Diebstähle zu verantworten. Trotz der wegen der einzelnen versuchten Diebstähle jeweils erfolgten rechtskräftigen Verurteilungen ist er immer wieder einschlägig straffällig geworden. Die geradezu beharrliche Wiederholung von einschlägigen Straftaten trotz rechtskräftiger Verurteilungen lässt auf eine völlig uneinsichtige Haltung des Beschwerdeführers schließen. Es ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugestehen, dass jede einzelne Straftat für sich nicht schwer ins Gewicht fällt, jedoch lässt sich aus dem oftmaligen Rückfall auf eine starke Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung von Diebstählen schließen, woraus folgt, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland eine erhebliche Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität darstellt.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, dass in allen Fällen vom Gericht Geldstrafen verhängt worden seien, woraus sich ergebe, dass die erkennenden Gerichte nur von einer durchschnittlichen Schuld des Beschwerdeführers ausgegangen seien, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde die Frage der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots unabhängig von den Erwägungen des Gerichts bei der Strafbemessung und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zlen. 99/18/0015, 0033).
Die - entgegen der Beschwerde nicht nur auf die Tatsache der Verurteilungen, sondern auf die Art und Schwere sowie insbesondere auf die Häufigkeit der zu Grunde liegenden Straftaten gestützte - Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist daher unbedenklich.
3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers, der sich seit November 1990, somit seit elf Jahren und acht Monaten, im Bundesgebiet befindet und seit Februar 1993 über einen Aufenthaltstitel verfügt, berücksichtigt. Die Argumentation der belangten Behörde, dass die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration des Beschwerdeführers in der für sie wesentlichen sozialen Komponente gemindert werde, hat die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0242, und aus der auch hier maßgeblichen Judikatur zum Fremdengesetz aus 1992 die Erkenntnisse vom 6. Mai 1997, Zl. 95/18/0807 und Zl. 97/18/0207).
Weiters hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht die Berufstätigkeit im Inland zugute gehalten. Hingegen ergibt sich aus dem vorgebrachten Umstand, dass dem Beschwerdeführer kein fremdenrechtlich relevantes Fehlverhalten vorzuwerfen sei, weder eine Verstärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der gegenläufigen öffentlichen Interessen.
Den insgesamt auf Grund der langen Aufenthaltsdauer und der Berufstätigkeit doch sehr beachtlichen persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht die dargestellte, aus der Vielzahl der vom Beschwerdeführer trotz einschlägiger Verurteilungen begangenen Diebstähle ableitbare große Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber. Von daher ist die Auffassung der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Vermögensrechte anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), unbedenklich.
4. Die Ausführung der belangten Behörde, dass es (u.a.) für die Verwirklichung des Aufenthaltsverbot-Verbotsgrundes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 3 FrG erforderlich sei, dass der Fremde vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände bereits zehn Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niederlassen gewesen sei, entspricht der ständigen hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2002/18/0054, mwN). Da es sich bei diesen Umständen vorliegend um die versuchten Diebstähle handelt und sich der Beschwerdeführer bei Begehung der ersten derartigen Straftat am 1. Juli 1992 noch nicht einmal zwei Jahre im Bundesgebiet aufhielt, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 3 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe, keinen Bedenken.
Das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei niemals in einer dem § 35 Abs. 3 Z. 1 oder Z. 2 FrG entsprechenden Weise verurteilt worden, geht daher ins Leere.
5. Unter Zugrundelegung all dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 10. Oktober 2002
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