VwGH 2002/07/0161

VwGH2002/07/01618.7.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, in der Beschwerdesache der Agrargemeinschaft OK, vertreten durch den Obmann, dieser vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5/II, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 8. Oktober 2002, Zl. -11- FLG-50/8-2002, betreffend Ergänzung der Wirtschaftsvorschriften des Planes der Regulierung einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Franz O in D), den Beschluss gefasst:

Normen

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z1;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z2;
FlVfGG §19;
FlVfGG §21;
FlVfLG Krnt 1970 §52 Abs7;
FlVfLG Krnt 1970 §88;
FlVfLG Krnt 1970;
FlVfLG Krnt 1979 §88;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
FlVfLG Krnt 1979 §95;
FlVfLG Tir 1978 §41;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z1;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z2;
FlVfGG §19;
FlVfGG §21;
FlVfLG Krnt 1970 §52 Abs7;
FlVfLG Krnt 1970 §88;
FlVfLG Krnt 1970;
FlVfLG Krnt 1979 §88;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
FlVfLG Krnt 1979 §95;
FlVfLG Tir 1978 §41;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei in der Höhe von EUR 991,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des SA in D, auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes für die Erstattung einer Gegenschrift wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 19. September 1997 beantragte der Mitbeteiligte bei der Agrarbezirksbehörde V (kurz: ABB) die Feststellung, ob er das Recht zur Errichtung einer Hütte auf Nachbarschaftsgrund auf Grund seiner Beanteilung an der Agrargemeinschaft O. K. (kurz: AG) habe. Sollte dies nicht der Fall sein, beantragte der Mitbeteiligte eine Überprüfung und Anpassung der Wirtschaftsvorschriften der AG.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2000 ergänzte die ABB gemäß den Bestimmungen der §§ 51 und 95 des Kärntner Flurverfasungs-Landesgesetzes 1979 (kurz: KFLG) den § 3 der Wirtschaftsvorschriften der (beschwerdeführenden) AG wie folgt:

"§ 3 Absatz 13

Der Liegenschaft O., vlg. A., im derzeitigen Eigentum des Herrn (Name des Mitbeteiligten), steht das Recht zu, auf Agrargemeinschaftsgrund eine Almhütte zu errichten."

Gegen diesen Bescheid erhob die AG, vertreten durch den Obmann, Berufung, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. September 2000 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung dieses Bescheides die Rechtsansicht, dass der Obmann zur Einbringung einer Berufung eines entsprechenden Beschlusses durch die Vollversammlung der AG - und zwar innerhalb der Berufungsfrist - bedurft hätte.

Auf Grund einer von der AG gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0270, denselben wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, zumal auf Grund der Satzungsbestimmungen von einer uneingeschränkten Vertretungsbefugnis des Obmanns für die AG auszugehen und der Obmann daher zur Einbringung einer Berufung legitimiert gewesen sei.

In der Folge ergänzte die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren und führte auch zwei mündliche Verhandlungen durch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2002 änderte die belangte Behörde die zu ergänzende Bestimmung der Wirtschaftsvorschriften des Planes über die Regulierung des Gemeinschaftsbesitzes der AG wie folgt ab:

"§ 3 Absatz 13

Die jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften sind bei Nachweis eines entsprechenden Bedarfes zur Errichtung einer Wirtschaftshütte auf agrargemeinschaftlichem Grund berechtigt.

Die jeweilige Situierung der Wirtschaftshütte hat auf einer diesbezüglich geeigneten Grundfläche zu erfolgen. Kommt ein Einvernehmen zwischen der Agrargemeinschaft und dem jeweiligen Mitglied nicht zustande, hat auf entsprechenden Antrag die Agrarbezirksbehörde V darüber zu entscheiden."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die ABB habe zwar zu Recht den gegebenen Bedarf (des Mitbeteiligten) durch eine konkrete Entscheidung "liquidiert", gleichzeitig aber außer Acht gelassen, dass eine solche Verfügung naturgemäß eine Wechselwirkung auf die Interessenssphäre aller Eigentümer von Stammsitzliegenschaften der AG haben müsse. Demzufolge liege es auf der Hand, dass eine Ergänzung des bestehenden Regelungsplanes nur in der im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Form habe verfügt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Mitbeteiligte und SA erstatteten in einem gemeinsamen Schriftsatz eine Gegenschrift, in welcher sie u.a. "den pauschalen Kostenersatz" ihres Aufwandes für diese Gegenschrift beantragten.

Der meritorischen Erledigung dieser Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof steht jedoch der Umstand entgegen, dass die Beschwerdeführerin den Instanzenzug nicht ausgeschöpft hat.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 (i.d.F. der Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 476) ist gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates die Berufung an den Obersten Agrarsenat hinsichtlich der Fragen der Gesetzmäßigkeit der Abfindung bei der Teilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke und der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte zulässig.

§ 7 Abs. 2 Z. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 eröffnet den Instanzenzug an den Obersten Agrarsenat in Fragen der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte. Zum Begriff der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte im Sinne der genannten Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass mit dieser Formulierung der Rahmen der an den Obersten Agrarsenat heranzutragenden Angelegenheiten weit gesteckt ist, indem dieser Gesetzeswortlaut die Überprüfungsbefugnis des Obersten Agrarsenates auf alle Fälle erstreckt, in denen die Übereinstimmung einer Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte mit den dafür bestehenden gesetzlichen Grundlagen in Streit steht (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Jänner 1998, Zl. 97/07/0162).

Soweit sich § 7 Abs. 2 Z. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 auf Fragen der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte bezieht, ist Regelungsgegenstand dieser Norm die Entscheidungskompetenz des Obersten Agrarsenates in jenen agrarrechtlichen Angelegenheiten, welche in § 19 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 mit der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken auf dem Wege entweder der Teilung oder der Regulierung beschrieben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Slg. NF 13.755/A). Die im § 19 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 angesprochene Regulierung ist im § 21 leg. cit. - und damit übereinstimmend im § 52 Abs. 7 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1970 (kurz: FLG) - näher definiert. Nach § 21 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 erfolgt die Regulierung der gemeinschaftlichen Benutzungs- und Verwaltungsrechte durch Feststellung des nachhaltigen Ertrages, durch Feststellung der Anteilsrechte der einzelnen Berechtigten, durch Vornahme der für die Wirtschaft notwendigen Verbesserungen, durch Aufstellung des Wirtschaftsplanes und von Verwaltungssatzungen. Verbesserungen dürfen nur insoweit ausgeführt werden, als sie eine ausreichende Rentabilität gewährleisten.

Ergebnis der Regulierung - aber nicht die Regulierung selbst -

ist der Regulierungsplan ("Regelungsplan", vgl. § 88 FLG). Was die Regulierung ist, ergibt sich aus der Definition des § 21 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951. Entscheidungen, die sich auf eines oder mehrere der in der genannten Bestimmung angesprochenen Elemente beziehen, betreffen daher die Regulierung und damit auch deren Gesetzmäßigkeit. Die Zuständigkeit des Obersten Agrarsenates nach § 7 Abs. 2 Z. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 ist daher nicht auf den Regulierungsplan beschränkt (vgl. zum Ganzen den vorzitierten hg. Beschluss vom 15. Jänner 1998).

Im Beschwerdefall geht es um die Rechtmäßigkeit der Ergänzung einer Bestimmung der "Wirtschaftsvorschriften" des Planes der Regulierung einer Agrargemeinschaft. Schon der Umstand, dass diese "Wirtschaftsvorschriften" Bestandteil des Regulierungsplanes ("Regelungsplanes") - des Ergebnisses der Regulierung - zu sein haben, zeigt, dass auch die Entscheidung über die Ergänzung der "Wirtschaftsvorschriften" zur Regulierung gehört und die Frage der Gesetzmäßigkeit dieser Entscheidung auch die Gesetzmäßigkeit der Regulierung berührt (vgl. den hg. Beschluss vom 8. April 1997, Zl. 94/07/0123, betreffend einen Wirtschaftsplan).

Mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges der Beschwerdeführerin durch Anrufung des Obersten Agrarsenates gegen den Bescheid der belangten Behörde war die vorliegende Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG aus dem Grund offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003. Der Antrag des SA betreffend Schriftsatzaufwand für die als

Mitbeteiligter erstattete Gegenschrift war zurückzuweisen, zumal dieses Mitglied der AG vom Verwaltungsgerichtshof nicht als Mitbeteiligter dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren beigezogen wurde.

Wien, am 8. Juli 2004

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