Normen
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs4 Z1;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3;
StbG 1985 §11;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs4 Z1;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3;
StbG 1985 §11;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und die Ansuchen um Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin (Zweitbeschwerdeführerin) sowie auf das - am 12. Oktober 1997 in G geborene - gemeinsame Kind (Drittbeschwerdeführerin) gemäß §§ 10 Abs. 1, 11, 16, 17 Abs. 1 Z 1 und 18 iVm § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) "i.d.g.F.," ab.
Begründend stellte sie fest, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, beide vietnamesische Staatsangehörige, hätten ihren Wohnsitz seit 17. Mai 1991 in Österreich. Beide seien Asylwerber und würden nur über vorläufige Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz verfügen. Eine Niederlassungsbewilligung gemäß den Bestimmungen des Fremdengesetzes habe der Erstbeschwerdeführer bisher nicht erhalten. Das Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Aus der Sozialversicherungszeitenbestätigung gehe hervor, dass der Erstbeschwerdeführer einen arbeitsrechtlich genehmigten Zugang zum Arbeitsmarkt habe.
In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde eine Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers zu den Ermittlungsergebnissen wieder und fasste die einschlägige Rechtslage zusammen. In rechtlicher Hinsicht vertrat sie - ausgehend von der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Erstbeschwerdeführers nach dem Asylgesetz 1997 (AsylG) und einem erlaubten Zugang zum Arbeitsmarkt - die Meinung, ein gefestigter Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers in Österreich liege nicht vor. Schon "formalrechtlich" könne nicht davon ausgegangen werden, dass er jenes Ausmaß der Integration erreicht habe, dass auch die öffentlichen Interessen gewahrt wären. Der Status des Erstbeschwerdeführers könne mit einem "schwebenden Zustand" verglichen werden, weil grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sein Asylantrag von der zur Entscheidung berufenen Behörde letztlich negativ beschieden werden könnte, wodurch nach Rechtskraft dieser Entscheidung das "schwebende Aufenthaltsrecht" in dieser Form beendet würde. Die Absicht des Erstbeschwerdeführers, in Österreich bleiben zu wollen, werde zwar durch den bisherigen Aufenthalt dokumentiert. Trotzdem könne nur von einem "geduldeten Aufenthaltsrecht" gesprochen werden, solange über ein "tatsächliches Aufenthaltsrecht" nicht endgültig abgesprochen und entschieden worden sei. Damit sei "formell festgelegt", dass die Frage des Ausmaßes der Integration des Erstbeschwerdeführers erst dann beantwortet werden könne, wenn das "geduldete" Aufenthaltsrecht durch eine definitive Entscheidung über das Aufenthaltsrecht abgelöst werde. Nachdem ein gefestigtes Aufenthaltsrecht nicht vorliege, sei auch das vom Gesetzgeber geforderte Ausmaß der Integration des Erstbeschwerdeführers nicht gegeben, weil er "derzeit nur über ein automatisches, vorläufiges (vorübergehendes) Aufenthaltsrecht (ein geduldetes Aufenthaltsrecht bis zur vollziehbaren Entscheidung der Frage der Flüchtlingseigenschaft) verfügt". Der Antrag des Erstbeschwerdeführers sei aus diesem Grund abzuweisen gewesen. Die Abweisung der Erstreckungsanträge ergebe sich aus dem Umstand, dass eine Erstreckung nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit dem selben Erwerbszeitpunkt verfügt werden dürfe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde übte das Ermessen gemäß § 11 StbG zu Lasten des Erstbeschwerdeführers, weil aufgrund einer "nur" vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG "schon formalrechtlich" nicht das erforderliche Ausmaß der Integration erreicht sei. Die Integration hänge von einem "definitiven Niederlassungsrecht" ab.
Dieser Auffassung halten die Beschwerdeführer in der Beschwerde entgegen, dass das Vorliegen der gemäß § 11 StbG zu beurteilenden Integration - ungeachtet anderer integrationsbegründender Umstände - nicht schon deshalb verneint werden dürfe, weil der Erstbeschwerdeführer "lediglich" über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügen.
Mit dieser Ansicht sind die Beschwerdeführer im Recht:
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt dargelegt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 2003, Zl. 2001/01/0515, jeweils vom 9. September 2003, Zl. 2002/01/0185, und Zl. 2002/01/0106, sowie vom 3. Dezember 2003, Zl. 2002/01/0107) entspricht die Rechtsansicht der belangten Behörde, nur bei Vorliegen einer Niederlassungsbewilligung komme eine staatsbürgerschaftsrechtlich relevante Integration in Betracht, nicht dem Gesetz. Auf die nähere Begründung der genannten Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde entgegen dieser Rechtslage die vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Erstbeschwerdeführers nach dem AsylG als Integrationshindernis allein tragend für die abweisende Entscheidung herangezogen.
Der angefochtene Bescheid ist nach dem Gesagten daher inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - unter Absehen von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG - aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff insbesondere auch § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 24. Februar 2004
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