VwGH 2001/19/0076

VwGH2001/19/007614.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der A S in Wien, geboren am 11. August 1986, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Prinz Eugen Str. 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juli 2001, Zl. 126.962/2-III/11/00, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juli 2001 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen aus, auf Grund der vorliegenden Aktenlage sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin mit einem Visum C, ausgestellt von der Österreichischen Botschaft Ankara am 29. Juni 1999, mit einer Gültigkeit vom 30. Juni 1999 bis 09. September 1999, in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist. Am 26. August 1999 habe sie durch ihre rechtfreundliche Vertreterin beim Amt der Wiener Landesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt und diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass sowohl ihre Eltern als auch ihr Bruder in Österreich rechtmäßig aufhältig seien und sie seit 30. Juni 1999 in Österreich lebe. Da die Eltern der Beschwerdeführerin rechtmäßig auf Dauer niedergelassen seien und Versagungsgründe im Sinne der §§ 10 bis 12 Fremdengesetz 1997 nicht in Betracht kämen, seien die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gegeben.

Weiters führt die belangte Behörde aus, es stehe jedoch fest, dass die Beschwerdeführerin sich seit ihrer Einreise im Juni 1999 mit dem zuvor genannten Visum C in Österreich aufhalte. Dieser Tatsache sei auch nicht in der Berufung widersprochen worden, sondern es sei vielmehr ausgeführt worden, dass es der Beschwerdeführerin in Hinblick auf ihr Alter keinesfalls zumutbar wäre, in die Türkei zurückzukehren und dort die Erledigung ihres Antrages abzuwarten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handle es sich bei der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 sehr wohl um einen absoluten Versagungsgrund; eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung der § 8 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 genannten Kriterien habe in diesem Fall nicht zu erfolgen. Auch sei bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf die durch Art. 8 MRK geschützten Interessen nicht notwendig. Seitens der belangten Behörde sei der rechtsfreundlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin am 7. Juni 2001 der zuvor geschilderte Sachverhalt zur Kenntnis gebracht und bekannt gegeben worden, es werde beabsichtigt, die Berufung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 abzuweisen. In ihrer Stellungnahme vom 21. Juni 2001 habe die rechtsfreundliche Vertreterin ausgeführt, dass es entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutungslos sei, ob der Antrag auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung vor oder nach der mit einem Reisevisum erfolgten Einreise gestellt worden sei. Weiters sei mitgeteilt worden, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst 13 Jahre gewesen sei und es ihr daher keinesfalls zumutbar wäre, in die Türkei zurückzukehren und dort die Erledigung ihres Antrages abzuwarten, zumal sich ihre Eltern und ihr Bruder in Österreich aufhielten. Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin daher gemäß § 10 Abs. 4 FrG 1997 trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen müssen.

Diesbezüglich werde festgestellt, dass das FrG 1997 eigene Bestimmungen (§§ 20 und 21) für die Familienzusammenführung vorsehe, die für alle Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kinder solcher Fremder gelten, die in Österreich auf Dauer niedergelassen seien. Die belangte Behörde erkenne in den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht, warum in ihrem speziellen Fall ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 vorliegen solle. Unbeschadet des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Berufung und in ihrer Stellungnahme sei bei der Beurteilung ihres Antrages allein maßgeblich gewesen, dass § 10 Abs. 1 Z. 2 FG 1997 zwingend die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung ausschließe, wenn ein Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden solle. Auf Grund der vorliegenden Aktenlage sei eindeutig ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt über die bestimmte Dauer ihres Reisevisums fortgesetzt habe und sich daher seit Ablauf ihres Visums am 9. September 1999 unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Aus ihrer Berufung gehe eindeutig hervor, dass sie mit dem vorliegenden Antrag ihren Aufenthalt im Bundesgebiet verlängern habe wollen. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes habe die belangte Behörde von einer positiven "Finalisierung" ihres Antrages "Abstand nehmen müssen". In Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes erübrige sich ein Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, da das Vorliegen das § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 in ihrem Falle vorliegt. Die auf diesen Versagungsgrund gestützte Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dieser Beurteilung steht die in § 10 Abs. 4 FrG der Fremdenpolizeibehörde eingeräumte Möglichkeit, unter näher umschriebenen Voraussetzungen trotz Vorliegens des in Rede stehenden Versagungsgrundes von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, nicht entgegen.

Zu Recht hat die belangte Behörde auch die Auffassung vertreten, dass bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 gestützten Entscheidung die privaten und familiären Verhältnisse eines Fremden im Sinne des Art. 8 EMRK - im Hinblick auf die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründe - nicht zu berücksichtigen sind (vgl. aus der mittlerweile ständigen hg. Rechtsprechung z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238 bzw. Zl. 98/19/0193). Auf die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angeführte Judikatur des Verfassungsgerichthofes (das zu einer Ausweisung gemäß § 33 FrG 1997 ergangene Erkenntnis vom 12. Juni 2001, B 349/01) war nicht näher einzugehen, da die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.

Da schon der Inhalt der Beschwerde somit erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen. Eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, konnte unterbleiben.

Wien, am 14. September 2001

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