VwGH 2001/13/0197

VwGH2001/13/019717.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der D Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien I, Seilerstätte 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. November 2000, Zl. RV/422-06/09/99 und RV/91-06/09/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1996 und Säumniszuschläge, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
EStG §22 Z2;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
ABGB §1151;
EStG §22 Z2;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen (Handelskammerumlage) strittig. Die Vorschreibung betraf die in den Jahren 1994 bis 1996 an den zu 99,6 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer ED bezahlten Geschäftsführervergütungen.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in ihren Berufungen sowie im Schriftsatz vom 31. Oktober 1996 zur Beschäftigung ihres Geschäftsführers u.a. Folgendes vorgetragen:

Der Tätigkeitsbereich umfasse die Lenkung und Überwachung der Gesellschaft im Ganzen. ED sei insbesondere für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Beschwerdeführerin verantwortlich. Fixe Arbeitszeiten sowie ein fixer Arbeitsort bestünden nicht. Die Auszahlung der Geschäftsführerbezüge erfolge grundsätzlich monatlich unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens. Nach dem zwischen der Beschwerdeführerin und ED abgeschlossenen Geschäftsführervertrag erhalte der Geschäftsführer für seine Tätigkeit einen Bezug in Höhe von S 20.000,-- (12 x jährlich), der sich ab 1. Jänner 1995 auf S 40.000,-- erhöht habe. Darüber hinaus gebühre dem Geschäftsführer eine Erfolgsprämie, die sich am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft im abgelaufenen Jahr zu orientieren habe. Bei einer Abwesenheit von über sechs Wochen im Jahr entfalle der Entgeltanspruch. Die Gesellschaft sei weiters verpflichtet, dem Geschäftsführer alle ihm erwachsenden Auslagen (auch solche von Geschäftsreisen) zu ersetzen. ED habe Anspruch auf einen Firmen-PKW, den er auch zu privaten Fahrten benützen dürfe. Weiters bestehe ein Anspruch auf Firmenpension. Der Geschäftsführervertrag sei auf unbestimmte Zeit geschlossen und könne unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Schluss jedes Kalenderjahres aufgelöst werden. Der Geschäftsführer könne sich auch bei längerer Abwesenheit vertreten lassen. Weiters gebe es für den Geschäftsführer keine Abfertigungs- und Urlaubsansprüche. Ein Anspruch auf Weiterzahlung der Entlohnung im Krankheitsfalle bestehe nicht. Der Geschäftsführer sei nach dem GSVG pflichtversichert, die Beiträge hiezu würden von der Beschwerdeführerin bezahlt.

In ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe die Beschwerdeführerin weiters erklärt, in den Jahren 1995, 1996 und 1997 seien dem Geschäftsführer Erfolgsprämien in Höhe von S 150.000,--, S 300.000,-- und S 239.860,-- zugekommen, woraus schon das vom Geschäftsführer getragene Unternehmerwagnis ersichtlich sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und änderte den erstinstanzlichen Bescheid durch Einbeziehung der von der Beschwerdeführerin für den Gesellschafter-Geschäftsführer getragenen Sozialversicherungsbeiträge sowie der im Verwaltungsverfahren bekannt gegebenen Sachbezüge und sonstigen Vergütungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag zum Nachteil der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligter Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27. Juni 2001, B 2376/00, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg.cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zugrunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof insgesamt nicht finden, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin, das Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos und die laufende (zumindest jährliche) Entlohnung zu Unrecht die Betätigung des Geschäftsführers als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte.

Zur Frage der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus ist die Beschwerdeführerin auf die oben zitierte Judikatur zu verweisen, welche von einem funktionalen Verständnis des Begriffes geprägt ist und diese Eingliederung bereits mit einer kontinuierlichen und über einen längeren Zeitraum andauernden Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung verwirklicht sieht. Dass der Geschäftsführer keinen betrieblichen Ordnungsvorschriften hinsichtlich Arbeitszeit, -ort und "arbeitsbezogenem Verhalten" unterliegt, ist - da diese Merkmale typischerweise mit der Weisungsgebundenheit zusammenhängen - ohne Bedeutung. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis ist fest zu halten, dass es nicht unüblich ist und einem Dienstverhältnis nicht entgegensteht, wenn sich leitende Angestellte, insbesondere Geschäftsführer, bei bestimmten Verrichtungen vertreten lassen können.

Den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde zufolge trifft den Geschäftsführer im gegenständlichen Fall kein relevantes Unternehmerrisiko. Die belangte Behörde konnte sich dabei auf die Bestimmung im Geschäftsführervertrag stützen, wonach dem Geschäftsführer ein monatlicher Bezug von S 20.000,-- bzw. S 40.000,-- jedenfalls gebührt. Soweit die Beschwerdeführerin in der Vereinbarung einer Erfolgsprämie ein Unternehmerwagnis erblickt, ist darauf hinzuweisen, dass derartige Prämien auch bei Arbeitsverhältnissen (insbesondere leitender Angestellter) nicht unüblich sind (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054). Darüber hinaus spricht auch die Zusage einer Betriebspension gegen das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses. Zum Fehlen der klassischen Arbeitnehmervergünstigungen wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubs- und Abfertigungsanspruch muss schließlich der Hinweis auf die eingangs zitierte Judikatur genügen, nach welcher diese Merkmale zu jenen zu zählen sind, die für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nichts beitragen. Aber auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite der Geschäftsführungstätigkeit wurde von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar aufgezeigt, vielmehr blieb im Verwaltungsverfahren wie auch in der Beschwerde der grundsätzliche Anspruch des Geschäftsführers auf Auslagenersatz unbestritten.

Da sohin bereits der Inhalt der ergänzten Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte