VwGH 2001/05/0675

VwGH2001/05/067527.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Christa Pfeil in Wien, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Wien 16, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Juni 2001, Zl. RU1-V-0101/00, betreffend Feststellung gemäß § 113 Abs. 2a und 2b der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Litschau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §113 Abs2a;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2b;
BauO NÖ 1996 §77 Abs1;
BauO NÖ 1996 §78 Abs1;
BauO NÖ 1996 §78 Abs3;
B-VG Art140 Abs5;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2a;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2b;
BauO NÖ 1996 §77 Abs1;
BauO NÖ 1996 §78 Abs1;
BauO NÖ 1996 §78 Abs3;
B-VG Art140 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.

Der Aktenlage zufolge langte bei der Bezirkshauptmannschaft (kurz: BH) Gmünd eine schriftliche (lt. Aktenlage undatierte anonyme) "Anzeige" des Inhaltes ein, dass auf diesem Grundstück "erst letzten Winter" ein Blockhaus ohne Bewilligung errichtet worden sei. Die BH übermittelte diese "Anzeige" mit Erledigung vom 10. September 1998 dem Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde. Dieser teilte der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 15. September 1998 mit, die Baubehörde habe Kenntnis davon erlangt, dass sie auf ihrem Grundstück ein Blockhaus ohne baubehördliche Bewilligung errichtet habe. Da es sich dabei um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, welches noch dazu "in der Widmungsart Grünland-Forstwirtschaft vorgenommen" worden sei, müsse er die Beschwerdeführerin als Baubehörde erster Instanz auffordern, hiezu "in Form einer persönlichen Vorsprache im Gemeindeamt" Stellung zu nehmen.

In einer hierüber von der Baubehörde erster Instanz am 28. September 1998 aufgenommenen Niederschrift heißt es, der Beschwerdeführerin sei mit Bescheid vom 3. Oktober 1995 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Fischteichanlage erteilt worden. Für diese Anlage sei mit Bescheid der BH Gmünd vom 18. September 1995 die wasserrechtliche Bewilligung und mit Bescheid derselben BH vom 15. September 1997 die Rodungsbewilligung erteilt worden. Im Zuge des forstrechtlichen Verfahrens sei vom zuständigen Bezirksförster die Erklärung abgegeben worden, es habe sich hinsichtlich des nordwestlich des Teiches 1 auf diesem Grundstück vorhandenen Containers im Zuge der bei der Flächenwidmungsplanung durchgeführten Erhebungen in der Zeit zwischen 1979 und 1983 ergeben, dass dieser Container bereits länger als 15 Jahre vorhanden gewesen sei. Die Grundfläche dieses Containers unterliege daher nicht mehr dem Forstzwang und sei daher auch nicht Gegenstand des Rodungsverfahrens.

Anlässlich dieser Niederschrift gab die Beschwerdeführerin "nach eingehender Erläuterung der Sach- und Rechtslage durch den Bürgermeister" weiters an:

"Der seit ca. über 30 Jahre bestehende überdachte Container aus Blech wurde im Herbst 1997 entfernt. Der Container hatte ein Ausmaß von ca. 5,50 m x 2,60 m. An dieser Stelle wurde ein Gebäude in Holzbauweise im Ausmaß von 5,40 m x 3,60 m, welches mit einem Satteldach abgedeckt ist, errichtet. Das gesamte Gebäude wurde unterkellert.

Zur Belichtung des im Erdgeschoss befindlichen Lagerraumes wurden 3 Fensterkonstruktionen eingebaut. Für die Belichtung des Dachbodenraumes wurden im Bereich der Giebelmauern ebenfalls je eine Fensterkonstruktion für die Belichtung eingebaut. Das Gebäude wird im Erdgeschoss für die Lagerung von Geräten und Futtermittel für die Bewirtschaftung der Teichanlage bzw. für den im Eigentum der Liegenschaftseigentümerin stehenden Wald verwendet. Weiters befinden sich im Lagerraum im Erdgeschoss eine Sitzgarnitur inklusive Tisch. Der Dachbodenraum wird für die Lagerung von fischereilichen Gegenständen verwendet.

Die Liegenschaftseigentümerin erklärt, dass sie für das gegenständliche Gebäude unter Anschluss der erforderlichen Projektsunterlagen in 3-facher Ausfertigung um baubehördliche Bewilligung bis spätestens 30. Oktober 1998 ansuchen wird. Dem Ansuchen um baubehördliche Bewilligung wird auch ein Betriebskonzept beigelegt werden. Die Liegenschaftseigentümerin übergibt auch 3 Fotos, welche den Blechcontainer zeigen. Diese Fotos werden dem Bauakt angeschlossen."

Mit Eingabe vom 14. Oktober 1998 (Eingangsvermerk vom 27. Oktober 1998) beantragte die Beschwerdeführerin unter Anschluss verschiedener Unterlagen die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung dieser als "Hütte" bezeichneten Baulichkeit.

Die Baubehörde holte sodann ein raumordnungsrechtliches Gutachten ein und brachte der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 19. März 1999 dieses (negative) Gutachten (vom 12. März 1999) zur Kenntnis.

Daraufhin erklärte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 26. April 1999 (Eingangsvermerk vom 29. April 1999) unter Hinweis auf ihren "Antrag vom 14. Oktober 1998":

"Unter Bezugnahme auf den vorzitierten Antrag unter Vorlage der Einreichpläne und Beschreibungen modifiziere ich diesen dahingehend, dass ich die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß den Amnestiebestimmungen der Nö Bauordnung welche derzeit noch immer gültiges Recht sind, stelle."

Nach verschiedenen Verfahrensschritten wies der (infolge Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin zur Entscheidung berufene) Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 den Antrag der Beschwerdeführerin vom 26. April 1999 "auf Feststellung gemäß § 113 Abs. 2b NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-13" hinsichtlich der auf diesem Grundstück "errichteten Hütte in Holzbauweise" gemäß § 113 Abs. 2a leg. cit. iVm § 77 Abs. 1 zweiter Satz Nö BauO 1996, LGBl. 8200-5, ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, die Beschwerdeführerin habe am 28. September 1998 niederschriftlich angegeben, dass der Container im Herbst 1997 entfernt und an dieser Stelle das nun verfahrensgegenständliche Gebäude errichtet worden sei. Damit konnte das nunmehrige Gebäude nicht im Sinne des § 113 Abs. 2a NÖ BO 1976 vor dem 29. Juni 1995 soweit fertig gestellt worden seien, dass der Grundriss und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar gewesen sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, die mit dem Spruchteil I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen wurde (mit dem Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde einer Vorstellung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Vorschreibung von Verfahrenskosten Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid diesbezüglich behoben). Zusammengefasst schloss sich die belangte Behörde der Beurteilung des Gemeinderates an.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich aber nur gegen seinen Punkt I, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 113 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200, traf nähere Bestimmungen zu baubehördlichen Maßnahmen.

Die Absätze 2a und 2b dieses Paragraphen lauteten: (Fassung LGBl. 8200-13):

"(2a) Die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes hat zu entfallen, wenn

o das Gebäude vor dem 29. Juni 1995 soweit fertig gestellt wurde, dass der Grundriss und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar war;

o die Ausführung gemäß dem beabsichtigten Verwendungszweck den im Zeitpunkt des Baubeginns geltenden bautechnischen Vorschriften entspricht oder

o das Gebäude innerhalb angemessener Frist jedoch längstens innerhalb eines Jahres fertig gestellt bzw. den bautechnischen Vorschriften ohne Durchführung eines Zubaues angepasst wird;

o für das Grundstück kein Bauverbot gemäß § 20 Abs. 2 Z. 3 besteht und

o bis zum 31. Dezember 1999 ein Antrag gemäß Abs. 2b gestellt wird.

(2b) Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist von der Baubehörde mittels Feststellungsbescheid über Antrag festzustellen. Diesem Antrag sind die erforderlichen Antragsbeilagen (§§ 96 und 97) anzuschließen.

Der Zeitpunkt des Baubeginns ist der Baubehörde nachzuweisen. Dem Feststellungsbescheid hat die Durchführung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung von Sachverständigen und Anrainern voranzugehen. Anrainer haben Parteistellung im Rahmen des § 118 Abs. 8 und 9.

Dieser Bescheid berechtigt zur Benützung des Gebäudes und gilt nicht als baubehördliche Bewilligung. Eine zukünftige Instandsetzung solcher Gebäude ist nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z. 4, sonstige Veränderungen sind nur im Rahmen des § 95 zulässig."

Die Niederösterreichische Bauordnung 1996, LGBl. 8200, trat gemäß ihrem Paragraphen 78 Abs. 1 am 1. Jänner 1997 in Kraft. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen trat mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (NÖ BO 1996) die NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-14, außer Kraft.

§ 77 NÖ BO 1996 enthält Übergangsbestimmungen. Der Abs. 1 dieses Paragraphen lautete:

"Die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren sind nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Anträge nach § 113 Abs. 2b der NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-14, dürfen bis zum 31. Dezember 1999 gestellt werden und sind nach der bisherigen Rechtslage zu behandeln.

Sämtliche baubehördliche Bescheide bleiben bestehen."

Mit Erkenntnis vom 3. März 1999, Zlen. G 132/98 u.a., VfSlg. 15441, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass § 113 Abs. 2a und 2b der NÖ BO 1976, LGBl. 8200-13, verfassungswidrig gewesen sei, und hob § 77 Abs. 1 zweiter Satz NÖ BO 1996, LGBl. 8200-0, als verfassungswidrig auf.

Dies wurde vom Landeshauptmann von Niederösterreich im 44. (Aufhebung) und 45. (Feststellung) Stück des Landesgesetzblattes verlautbart, die beide am 30. April 1999 ausgegeben wurden.

Hieraus ergibt sich Folgendes: Die Beschwerdeführerin hat den Feststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 2a und 2b NÖ BO 1976 mit Schriftsatz vom 26. April 1999 eingebracht. Das bedeutet zunächst, dass das hiedurch in Gang gesetzte Feststellungsverfahren (schon begrifflich) nicht im Sinne des § 77 Abs. 1 BO 1996 am Tag des Inkrafttretens der BO 1996 (1. Jänner 1997) anhängig war. Für die Anwendbarkeit des § 113 Abs. 2a und 2b der NÖ BO 1996 im gegenständlichen (nach Inkrafttreten der NÖ BO 1996 eingeleiteten) Feststellungsverfahren war vielmehr der zweite Satz des § 77 Abs. 1 NÖ BO 1996 maßgeblich (siehe dazu die Ausführung des Verfassungsgerichtshofes in Punkt II.1.1. seines zuvor genannten Erkenntnisses). Die von der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag vom 26. April 1999 vertretene Auffassung, dass § 113 Abs. 2a und 2b NÖ BO 1976 "derzeit noch immer gültiges Recht" sei, war zwar zutreffend, dies galt aber nur bis zur kurz darauf erfolgten Kundmachung des zuvor genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes. Ab dieser Kundmachung waren diese Bestimmungen im Beschwerdefall unanwendbar; darauf, dass der Antrag der Beschwerdeführerin noch "bis zum 31. Dezember 1999 gestellt" wurde (§ 77 Abs. 1 2. Satz BO 1996 und § 113 Abs. 2a BO 1976) - darauf haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens unter anderem abgestellt - kommt es im Beschwerdefall nicht an. Mangels einer tauglichen Rechtsgrundlage für die angestrebte Feststellung schon zur Zeit der Entscheidung des Gemeinderates (Bescheid vom 12. Dezember 2000) wurde somit der Antrag der Beschwerdeführerin jedenfalls im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Damit bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, es seien (mit Sprengungen verbundene) "Unterkellerungsarbeiten und Fundamentierungen" vor dem 29. Juni 1995 vorgenommen bzw. hergestellt worden und der angesichts dessen im Hintergrund stehenden Frage, ob die Hütte genau am Standort des Containers errichtet wurde und wenn ja, ob der - im Herbst 1997 jedenfalls entfernte - Container zwecks Errichtung der Hütte von seinem ursprünglichen Standort entfernt und vorübergehend - bis zu seiner endgültigen Entfernung - anderswo auf dem Grundstück aufgestellt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Jänner 2004

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