VwGH 2000/16/0577

VwGH2000/16/057724.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B GesmbH in W, vertreten durch Dr. Heinrich Kellner, Rechtsanwalt in Wien I, Elisabethstraße 15/1, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 7. Juni 2000, Zl. MD-VfR-B 13/2000, betreffend Haftung für Getränkesteuer für die Zeit von Jänner 1997 bis April 1998, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §14 Abs1;
LAO Wr 1962 §12 Abs1;
BAO §14 Abs1;
LAO Wr 1962 §12 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Kostenentscheidung wird der Entscheidung zur hg Zl. 2000/15/0125 vorbehalten.

Begründung

Nach entsprechenden Ermittlungen wurde der Beschwerdeführerin mit einem Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vorgehalten, sie habe im Mai 1998 ein Lokal in Wien, E.-Straße 202, (von Gerhard B.) übernommen. Als Nachfolger des Betriebes hafte die Beschwerdeführerin für Schuldigkeiten an Getränkesteuer und Vergnügungssteuer samt Nebengebühren.

In einem Schriftsatz vom 12. Jänner 2000 wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, es seien gewisse Geräte am 30. April 1998 von Gerhard B. erworben worden. Es habe eine Delogierung stattgefunden. Es sei keine Lokalübernahme erfolgt. In einem vorgelegten Kaufvertrag vom 30. April 1998 wurde ausgeführt, im Zuge der Delogierungsverhandlung vom 22. April 1998 habe die Beschwerdeführerin Inventar im Werte von S 30.000,-- erworben. Nach einer angeschlossenen Inventarliste waren Kaufgegenstand sechs kleine und ein großer Tisch, 20 Bistro-Sessel, eine Kühlvitrine, ein kleiner Fernsehapparat, Mischpult, Verstärker, CD-Spieler und Boxen einer Stereo-Anlage, ein Eiskasten mit Tiefkühlfach, eine Tiefkühltruhe , 30 Gartensessel und 8 Gartentische.

Mit Bescheid vom 27. Jänner 2000 wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung für Getränkesteuer und Vergnügungssteuer samt Nebengebühren herangezogen. In der Begründung vertrat die Behörde die Meinung, die Beschwerdeführerin sei mit dem vom Vorgänger erworbenen Inventar in der Lage gewesen, den vollen Gastronomiebetrieb aufzunehmen. Nach der Getränkesteuererklärung sei bereits im ersten Betriebsmonat (Mai 1998) der höchste Umsatz des Jahres 1998 erzielt worden.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, am 22. April 1998 habe "die amtliche Schließung/Delogierung/Versteigerung" stattgefunden. Der Mietvertrag über die Räumlichkeiten sei am 8./13. Mai 1998 (nicht mit Gerhard B.) abgeschlossen worden. Um überhaupt eröffnen zu können, seien "Geräte sowie sonst. Inventar unsererseits nötig" gewesen. Es sei keine Betriebsfortführung möglich gewesen, weil die Geräte und das sonstige Inventar am 22. April 1998 wegen der Delogierung zum Teil von Gerhard B. abgeholt bzw versteigert worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe das im betreffenden Standort des bestehenden Gastgewerbebetriebes befindliche Inventar vom Vorgänger Gerhard B. erworben. In dem mit der Eigentümerin des Lokals abgeschlossenen Mietvertrag sei als Mietzweck die ausschließliche Verwendung als Kaffeehaus vereinbart worden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin damit in die Lage versetzt worden sei, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne Unterbrechung den Betrieb fortzuführen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Heranziehung zur Haftung in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde insoweit, als sie Haftung für Getränkesteuer betrifft, erwogen:

Der Erwerber eines Unternehmens haftet gemäß § 12 Abs. 1 WAO für mit dem Betrieb des Unternehmens in Zusammenhang stehende Abgaben in dem dort näher bestimmten Umfang.

Eine Übereignung eines Unternehmens im Sinne dieser Bestimmung liegt dabei dann vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw lebensfähiges Unternehmen übernimmt. Bei Gastronomieunternehmen zählen das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens. Der Unternehmer muss dabei in der Lage sein, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. September 1996, Zl 93/17/0261 mwH).

Im Beschwerdefall wurde im Verwaltungsverfahren ausdrücklich bestritten, dass die Beschwerdeführerin in der Lage gewesen sei, mit den von Gerhard B. erworbenen Inventargegenständen das in Rede stehende Unternehmen fortzuführen. In der Berufung hat sie dazu vorgebracht, es sei nötig gewesen, "Geräte und sonstiges Inventar" (gemeint: für die Betriebsfortführung) beizustellen. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Sie hat keine Ermittlungen - etwa lediglich durch Einsichtnahme in die Bücher der Beschwerdeführerin - angestellt, um den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, die Beschwerdeführerin sei durch den Kaufvertrag mit Gerhard B. und den Mietvertrag mit der Eigentümerin des Lokals in die Lage versetzt worden, den Betrieb fortzuführen, ist durch Feststellungen des Verwaltungsverfahrens nicht gedeckt.

Die belangte Behörde hat damit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, sodass der angefochtene Bescheid hinsichtlich Haftung für Getränkesteuer gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Wien, am 24. Jänner 2001

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