Normen
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs7;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art2;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art29;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art5;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art9 Abs1;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61999CJ0136 Monte dei Paschi di Siena VORAB;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 litc idF 1988/410;
UStG 1972 §3 Abs11 idF 1975/636;
UStG 1994 §1 Abs1 Z2 litd;
UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 litb;
UStG 1994 §3a Abs12;
VwGG §38a;
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs7;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art2;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art29;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art5;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art9 Abs1;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61999CJ0136 Monte dei Paschi di Siena VORAB;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 litc idF 1988/410;
UStG 1972 §3 Abs11 idF 1975/636;
UStG 1994 §1 Abs1 Z2 litd;
UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 litb;
UStG 1994 §3a Abs12;
VwGG §38a;
Spruch:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist es mit der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere deren Artikel 5 und 6, vereinbar, dass ein Mitgliedstaat folgenden Vorgang als steuerpflichtigen Umsatz behandelt: Das Tätigen von Ausgaben, die Leistungen im Ausland betreffen, die, wären sie im Inland an den Unternehmer ausgeführt worden, den Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten?
Begründung
I. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich und betreibt ein Handelsunternehmen. Sie hat als Leasingnehmerin einen Personenkraftwagen von einem deutschen Unternehmen angemietet. Sie hat das Fahrzeug in Österreich für Zwecke ihres Unternehmens genutzt.
Mit Bescheid vom 15. Juni 1996 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer der Beschwerdeführerin für das Jahr 1997 fest. Das Mietentgelt für den angemieteten Personenkraftwagen rechnete das Finanzamt dabei den steuerpflichtigen Umsätzen hinzu. Diese Hinzurechnung erfolgte in Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und beantragte die Festsetzung der Umsatzsteuer unter Außerachtlassung der Norm des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994. Die Nutzungsüberlassung von Fahrzeugen sei eine sonstige Leistung, welche umsatzsteuerrechtlich an dem Ort erfolge, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe. Der Ort der sonstigen Leistung liege bei Fahrzeugvermietungen grundsätzlich im Sitzstaat des Vermieters, im konkreten Falle also in Deutschland. Dort sei der Vorgang steuerpflichtig. Weitere Steuertatbestände seien vom Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehen. Mit § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 sei allerdings ein zweiter Umsatzsteuertatbestand für ein- und denselben Umsatz (zusätzlich zur richtlinienkonformen Besteuerung im Sitzstaat des Vermieters) geschaffen worden. Ein und derselbe Umsatz werde somit im Ergebnis doppelt besteuert. Eine Rechtfertigung mit Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, 77/388/EWG (nachfolgend: Richtlinie), sei nicht möglich, weil diese Vorschrift lediglich den Ausschluss der Vorsteuerabzuges betreffe und überdies nur eine Beibehaltung bestehender Rechtsvorschriften erlaube. Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG, welcher erst seit dem 5. Januar 1995 dem österreichischen Rechtsbestand angehöre, sei daher mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 2000 wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1997 als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte aus, bis zum Ergehen einer Änderung der Richtlinie seien die Mitgliedsstaaten berechtigt, innerstaatliche Vorsteuerausschlüsse wie jene des § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 beizubehalten. Damit sei auch die Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 gedeckt, die vor allem aus "wettbewerbsneutralen Gründen" der Rückgängigmachung des im Ausland geltend gemachten Vorsteuerabzuges diene.
Gegen den angefochtenen Bescheid wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, dass "die Festsetzung der Umsatzsteuer 1997 unter Anwendung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Regelung (§ 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG) erfolgt" sei.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie betreffe seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung nach nur den Ausschluss vom Vorsteuerabzug. Die Besteuerung ein und desselben wirtschaftlichen Vorganges durch einen zusätzlich geschaffenen Sondertatbestand könne nicht auf Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie gestützt werden. Zudem sei § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG erst mit Bundesgesetz vom 5. Januar 1995 geschaffen worden und habe somit zum Zeitpunkt des Beitrittes Österreichs zur Europäischen Union nicht dem innerstaatlichen Rechtsbestand angehört, was eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie sei.
Wenn die belangte Behörde mit wettbewerbsverzerrenden Umgehungsstrategien argumentiere, so spreche sie offenkundig die Regelung des Art. 17 Abs. 7 der Richtlinie an. Diese stehe aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt der in Art. 29 der Richtlinie vorgesehenen Konsultationen. Ein Vorsteuerausschluss auf Basis des Art. 17 Abs 7 der Richtlinie sei damit nur möglich, wenn das in Art. 29 der Richtlinie vorgesehene Verfahren eingehalten werde. Tatsächlich hätten aber Konsultationen nicht stattgefunden. Art. 17 Abs. 7 der Richtlinie könne überdies nur konjunkturell bedingte Vorsteuerausschlüsse, nicht aber Dauermaßnahmen rechtfertigen. § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 sei aber als Dauermaßnahme konzipiert.
II. Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts
1. Rechtslage bis 31. Dezember 1994:
§ 3 Abs. 11 UStG 1972 (Fassung BGBl. Nr. 636/1975) lautete:
"Eine sonstige Leistung wird im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird oder wenn der Unternehmer eine Handlung im Inland oder einen Zustand im Inland duldet oder eine Handlung im Inland unterlässt. ..."
Nach dieser Bestimmung sind Leasingumsätze betreffend einen Pkw in Österreich ausgeführt gewesen, wenn das Fahrzeug überwiegend in Österreich genutzt worden ist.
§ 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 (Fassung BGBl. Nr. 410/1988) normierte:
"Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen,
- a) ..., b) ...
- c) die in Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen."
2. Rechtslage ab 1. Jänner 1995:
§ 3a Abs. 12 UStG 1994 lautet:
"In den übrigen Fällen wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung."
Nach dieser Bestimmung sind Leasingumsätze betreffend einen Pkw, auch wenn das Fahrzeug überwiegend in Österreich genutzt wird, in jenem Mitgliedstaat ausgeführt, von welchem aus der Leasinggeber sein Unternehmen betreibt.
§ 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 normiert:
"Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen,
sonstige Leistungen oder Einfuhren,
- a) ...
- b) die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
..."
3. Ergänzung der Rechtslage ab 6. Jänner 1995:
Die mit 6. Januar 1995 in Kraft getretene Bestimmung des § 1 Abs. 1 UStG 1994 normiert:
"§ 1. (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
- 1. ...
- 2. der Eigenverbrauch im Inland. Eigenverbrauch liegt vor,
(a)...
(d) soweit ein Unternehmer Ausgaben (Aufwendungen) tätigt, die Leistungen im Ausland betreffen, die, wären sie im Inland an den Unternehmer ausgeführt worden, den Unternehmer nach § 12 Abs. 2 Z. 2 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten; dies gilt nur insoweit, als der Unternehmer im Ausland einen Anspruch auf Vergütung der ausländischen Vorsteuer hat.
..."
4. Anmerkung:
Nach dem Wortlaut der Regelung des bis 31. Dezember 1994 geltenden § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 und jener des ab 1. Jänner 1995 geltenden § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen in Zusammenhang mit Pkw nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, 91/15/0045) ist dieser Bestimmung aber die Bedeutung beizulegen, dass ein bloßer Vorsteuerausschluss vorliegt; daher ist etwa im Falle der Änderung der Verhältnisse eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 12 Abs. 10 UStG vorzunehmen (vgl. hierzu den Vorabentscheidungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes zu 98/15/0136 vom 22. September 1999, protokolliert beim EuGH unter C- 409/99 ).
III. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Artikel 2 der Richtlinie lautet:
"Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
2. die Einfuhr von Gegenständen."
Artikel 5 und 6 der Richtlinie legen den Begriff Lieferung bzw. Dienstleistung im Sinne der Richtlinie fest.
Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie lautet:
"Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedsstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden Rechtsvorschriften vorgesehen sind."
Artikel 17 Abs. 7 der Richtlinie lautet:
"Vorbehaltlich der im Artikel 29 vorgesehenen Konsultationen kann jeder Mitgliedsstaat aus Konjunkturgründen die Investitionsgüter oder bestimmte Investitionsgüter oder andere Gegenstände von der Vorsteuerabzugsregelung teilweise oder ganz ausschließen. Die Mitgliedstaaten können zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen - anstatt den Vorsteuerabzug abzulehnen - die Gegenstände, welcher der Steuerpflichtige selbst hergestellt oder im Inland erworben oder auch eingeführt hat, in der Weise besteuern, dass diese Steuer die Mehrwertsteuer nicht überschreitet, die beim Erwerb entsprechender Gegenstände zu entrichten wäre."
IV. Erläuterungen zur Vorlagefrage
Mit der Regelung des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994, welche mit 6. Jänner 1995 in Kraft getreten ist, soll den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu Folge erreicht werden, dass österreichische Unternehmer, die im Ausland die in § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 angeführten Vorleistungen (unter anderem die Anmietung von Pkw) in Anspruch nehmen und im Ausland die darauf entfallende ausländische Vorsteuer abziehen können, mit österreichischer Umsatzsteuer belastet werden (vgl. hiezu 26 BlgNR 19.GP 11.). Damit solle eine Gleichstellung mit jenen Unternehmern erfolgen, die derartige Leistungen im Inland beziehen und für die sich ein Vorsteuerausschluss aus § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG 1994 ergibt.
Für den Verwaltungsgerichtshof stellt sich im gegebenen Zusammenhang die Frage, ob die Bestimmungen der Richtlinie, insbesondere deren Artikel 5 und 6, eine Besteuerung, wie sie in § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 vorgesehen ist, zulassen.
Die Zulässigkeit der gegenständlichen Regelung wird von der belangten Behörde aus der Bestimmung des Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie abgeleitet. Österreich habe von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht und die Regelung des § 12 Abs. 2 Z. 2 UStG beibehalten, welche für Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von bestimmten Kraftfahrzeugen stehen, einen Ausschluss vom Vorsteuerabzug vorsehe. Wenn Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie in den dort angeführten Fällen einen Vorsteuerausschluss zulasse, ohne einen ausdrücklichen Weg vorzugeben, so müsse es den Mitgliedstaaten freistehen, die Art und Weise des Vorsteuerausschlusses festzulegen. Bei Fehlen von Regelungen wie jener des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 käme es zwangsläufig zu Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Leasingunternehmen jener Mitgliedsstaaten, nach deren nationalem Recht ein Vorsteuerausschluss nicht gegeben sei.
Der Verwaltungsgerichtshof verweist darauf, dass die Leasingleistung, die im Beschwerdefall an die Beschwerdeführerin erbracht worden ist, nach der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Rechtslage zu in Österreich umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen geführt hätte. Dabei wäre der Beschwerdeführerin durch die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 der Vorsteuerabzug versagt gewesen. Seit der Änderung der Rechtslage mit dem Inkrafttreten des UStG 1994 (am 1. Jänner 1995) gelten die Leasingumsätze als in jenem Mitgliedstaat ausgeführt, in dem der Leasinggeber seinen Sitz hat (Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie). Die im Beschwerdefall an die Beschwerdeführerin erbrachte Leasingleistung gilt daher nunmehr als in Deutschland ausgeführt. Deutschland hat dem Leasingnehmer, der den gemieteten Pkw für das Unternehmen nutzt, den Vorsteuerabzug gewährt. Durch den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 soll bewirkt werden, dass für Zeiträume ab 1995 der Vorsteuerausschluss wirtschaftlich in gleicher Weise zum Tragen kommt, wie dies für Zeiträume bis 1994 der Fall gewesen ist.
Zur Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Ergebnisses des Vorsteuerausschlusses für die Anmietung von Pkw bedient sich der österreichische Gesetzgeber folgender Technik: Durch den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 wird jener Leasingumsatz mit österreichischer Umsatzsteuer belegt, der nach dem UStG 1994 (der Richtlinie entsprechend) nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt wird und dort zum Vorsteuerabzug führt. Der Verwaltungsgerichtshof bezweifelt, ob die Richtlinie einen Mitgliedstaat dazu ermächtigt, die in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführten Dienstleistungen beim Leistungsempfänger zu besteuern.
Bedenken gegen die Besteuerung bestehen überdies deshalb, weil die Maßnahme dem Schutz der inländischen Leasingwirtschaft dient. Ohne diese Bestimmung wäre für inländische Unternehmer wegen des ausländischen Vorsteuerabzuges das Anmieten über einen ausländischen Leasingpartner vorteilhaft. Der österreichischen Besteuerungsregelung könnte daher auch eine an den Marktfreiheiten orientierte Auslegung der Richtlinie entgegenstehen.
Die belangte Behörde bringt vor, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG 1994 auch auf Art. 17 Abs. 7 der Richtlinie gestützt werden könnte. Diese Bestimmung lasse die Zielsetzung der Richtlinie erkennen, Wettbewerbsverzerrungen auch durch Sonderregelungen bei den Vorsteuerverhältnissen hintanzuhalten. Es seien dementsprechend Sonderregelungen auf dem Gebiete der Vorsteuern zulässig, wenn sie der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit dienen. Seien Sonderregelungen im Sinne des Art. 17 Abs. 7 letzter Satz der Richtlinie nicht richtlinienwidrig, so müsse dies umso mehr auch für eine Regelung wie jene des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. d UStG gelten.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt allerdings auch Zweifel, dass die Besteuerung von in einem anderen Mitgliedstaat erbrachten Umsätzen auf Art. 17 Abs. 7 der Richtlinie gestützt werden kann. Überdies bezweifelt der Verwaltungsgerichtshof, dass von Anfang an unbefristete Maßnahmen sowie Maßnahmen ohne vorhergehende Konsultationen im Sinne des Art. 29 der Richtlinie in Art. 17 Abs. 7 Deckung finden können.
Die belangte Behörde bringt ergänzend vor, aus dem Urteil des EuGH vom 13. Juli 2000, Rs C-136/99 , Ministre du Budget und Ministre de l'Economie et des Finances gegen Societe Monte Dei Paschi Di Siena, ergebe sich, dass ausländische Mitgliedstaaten österreichischen Unternehmern keinen Vorsteuerabzug gewähren dürften, sofern nach den österreichischen Rechtsvorschriften für vergleichbare Umsätze ein Vorsteuerausschluss bestehe. Nach Ansicht des VwGH braucht auf das genannte Urteil des EuGH deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil aus diesem jedenfalls keine Berechtigung eines Mitgliedstaates zur Besteuerung von im Ausland (in einem anderen Mitgliedstaat) erbrachten Umsätzen abzuleiten ist.
Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage scheint nicht derart offenkundig zu sein, dass für einen Zweifel im Sinne der Rechtssprechung C.I.L.F.I.T (Urteil des EuGH vom 6. Oktober 1982, Rs 282/81, Slg 1982, S 3415 ff) kein Raum bliebe. Die Frage wird daher dem EuGH mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß Artikel 234 EG vorgelegt.
Wien, am 29. März 2001
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