VwGH 2000/11/0343

VwGH2000/11/034323.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der I in S, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Mühlgasse 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 3. November 2000, Zl. IVa-341-99-2000, betreffend Zustellung eines Kostenersatzbescheides nach dem Sozialhilfegesetz zu eigenen Handen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §22;
SHG Vlbg 1998;
ZustG §21;
AVG §22;
SHG Vlbg 1998;
ZustG §21;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 3. November 2000 wies die Vorarlberger Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin vom 4. September 2000 auf Zustellung des Kostenersatzbescheides (nach §§ 9 und 11 des Gesetzes über die Sozialhilfe, LGBl. Nr. 1/1998 (im Folgenden: SHG)) der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 12. Jänner 2000, Zl. IV-322-87-94, zu eigenen Handen gemäß § 22 AVG in Verbindung mit § 16 des Zustellgesetzes und § 9 ff SHG ab. In der Begründung führte die Vorarlberger Landesregierung aus, die Beschwerdeführerin habe aus dem Nachlass ihres am 25. Jänner 1999 verstorbenen Vaters den gesetzlichen Pflichtteil in Höhe von insgesamt S 188.756,45 zuerkannt erhalten. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 23. Dezember 1999 sei ihr mitgeteilt worden, dass auf Grund dieser Erbschaft beabsichtigt sei, sie zu einem Sozialhilfekostenersatz im Ausmaß dieses Betrages zu verpflichten. Gleichzeitig sei ihr Gelegenheit gegeben worden, sich hiezu binnen einer Frist von 14 Tagen zu äußern. Dieses Schreiben sei vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin, der ebenfalls an der Abgabestelle wohnhaft sei, am 27. Dezember 1999 übernommen worden. Nach fruchtlosem Verstreichen der Frist zur Wahrung des Parteiengehöres sei die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 12. Jänner 2000 gemäß §§ 9 und 11 SHG zu einem Sozialhilfekostenersatz in Höhe von S 188.756,45 zu den für sie aufgewendeten Sozialhilfemitteln in Höhe von insgesamt S 215.031,37 verpflichtet worden. Dieser Bescheid sei, wie aus dem Zustellnachweis ersichtlich sei, am 13. Jänner 2000 vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin als Mitbewohner der Abgabestelle übernommen worden. Mangels Erhebung eines Rechtsmittels sei der Kostenersatzbescheid mit Ablauf des 27. Jänner 2000 rechtskräftig geworden. Mit Eingabe vom 2. August 2000 habe die Beschwerdeführerin, nunmehr anwaltlich vertreten, die Zustellung des Bescheides vom 12. Jänner 2000 zu eigenen Handen beantragt, was die Bezirkshauptmannschaft Bludenz mit Schreiben vom 7. August 2000 abgelehnt habe. Mit Antrag vom 4. September 2000 habe die Beschwerdeführerin ersucht, über den Antrag vom 2. August 2000 auf Zustellung des Kostenersatzbescheides zu eigenen Handen bescheidförmig zu erkennen. In der Folge habe die Bezirkshauptmannschaft Bludenz den mit Berufung angefochtenen Bescheid erlassen, mit dem dieser Antrag vom 4. September 2000 abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin bestreite nicht, dass die Zustellung des Kostenersatzbescheides am 13. Jänner 2000 durch - der Regelung des § 16 des Zustellgesetzes entsprechende - Ersatzzustellung erfolgt sei. Sie bringe aber vor, diese Ersatzzustellung sei zufolge § 22 AVG unwirksam, weil die Behörde erster Instanz auf Grund der in der Berufung dargelegten besonders wichtigen Gründe eine Eigenhandzustellung des Kostenersatzbescheides hätte anordnen müssen. Das SHG enthalte keine Bestimmung, wonach Kostenersatzbescheide an Sozialhilfeempfänger zu eigenen Handen zuzustellen seien. Mangels gesetzlicher Regelung sei daher die Behörde erster Instanz befugt gewesen, die Zustellung ihres Bescheides am 12. Jänner 2000 mittels Ersatzzustellung gemäß § 16 des Zustellgesetzes anzuordnen. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten besonders wichtigen Gründe teile die Berufungsbehörde die Rechtsansicht der Behörde erster Instanz, wonach nicht zu finden sei, dass die mit derartigen Bescheiden verbundenen Rechtsfolgen im Vergleich zu anderen Bescheiden in ihrer Bedeutung und Gewichtung über dem Durchschnitt lägen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssten selbst Straferkenntnisse, mit denen weit höhere Beträge als S 10.000,-- vorgeschrieben bzw. auch Arreststrafen verhängt werden können, nicht zu eigenen Handen zugestellt werden. Soweit die Beschwerdeführerin auf ihre monatliche Pension von lediglich S 8.300,-- und auf bestehende Verbindlichkeiten in Höhe von über 1 Mio. S verweise, sei auszuführen, dass der Kostenersatz aus der erlangten Erbschaft aus dem Nachlass des verstorbenen Vaters zu ersetzen sei. Da somit auf das laufende Pensionseinkommen der Beschwerdeführerin, welches zur Abdeckung des laufenden Lebensunterhalts zweifelsfrei benötigt werde, im Rahmen der Kostenersatzvorschreibung nicht gegriffen werde, könne auch keinesfalls davon gesprochen werden, dass der vorgeschriebene Kostenersatz die finanzielle Leistungsfähigkeit übersteige bzw.

die wirtschaftliche Existenz gefährde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 22 AVG lautet:

"§ 22. Wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen, ist eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen. Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen ist, ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken."

Eine gesetzliche Norm, die es der Behörde zur Pflicht macht, den Bescheid betreffend einen Kostenersatz nach dem SHG zu eigenen Handen zuzustellen, existiert nicht. Dass diese Art der Zustellung nur aus "besonders wichtigen Gründen" vorzunehmen ist, macht ihren Ausnahmecharakter deutlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1988, Zl. 87/10/0077). Der Verwaltungsgerichtshof kann im vorliegenden Fall nicht finden, dass die belangte Behörde bei der Auslegung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes rechtswidrig vorgegangen wäre. Die mit einem Bescheid der genannten Art verbundenen Rechtsfolgen liegen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Vergleich zu anderen Bescheiden in ihrer Bedeutung und Gewichtigkeit nicht über dem Durchschnitt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Zustellung zu eigenen Handen ua. nicht erforderlich bei baupolizeilichen Beseitigungsaufträgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1981, Slg. Nr. 10.366 A), bei der Androhung eines Abbruchauftrages (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1982, Zl. 06/3083/80), bei Änderungen von Eigenjagdgebieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1983, Zl. 82/03/0069), bei naturschutzbehördlichen Entfernungsaufträgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1988, Zl. 87/10/0077), aber auch nicht zB. bei Abweisungen von Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1999, Zl. 96/19/0506). Wie die belangte Behörde zu Recht ausführte, ist eine Zustellung zu eigenen Handen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch bei Straferkenntnissen nicht geboten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/09/0266). Gerade weil auch die Zustellung von Straferkenntnissen, durch die etwa bei Kumulation mehrerer Verwaltungsübertretungen Geldstrafen in einer S 100.000,-- weit übersteigenden Höhe verhängt werden können, zu eigenen Handen nicht geboten ist, ergeben sich im Falle der Beschwerdeführerin aus dem bloßen Umstand, dass der Kostenersatzbescheid eine - unzweifelhaft - hohe Summe betraf, noch keine besonderen Gründe für eine Eigenhandzustellung. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde mehrmals darauf verweist, durch die Umstände des Zustellvorganges an der Wahrung ihrer Parteienrechte gehindert worden zu sein, zeigt sie besondere Gründe, die für eine Eigenhandzustellung sprechen würden, ebenfalls nicht auf.

Die Beschwerdeführerin behauptet schließlich nicht, dass die für Ersatzzustellungen nach § 16 des Zustellgesetzes maßgeblichen Vorschriften anlässlich der Übernahme der Bescheidausfertigung durch ihren Lebensgefährten am 13. Jänner 2000 nicht eingehalten worden wären. War aber eine Ersatzzustellung nach dem bisher Gesagten zulässig und infolge Einhaltung der Bestimmungen des § 16 des Zustellgesetzes auch wirksam, so ist die Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihres Antrages auf Zustellung des bereits wirksam zugestellten Bescheides (nunmehr) zu eigenen Handen nicht in Rechten verletzt worden.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne vorangehendes Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Wien, am 23. Jänner 2001

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