Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine ungarische Staatsangehörige, stellte mit Schriftsatz vom 22. Februar 1999 - unter Vorlage einer Vereinbarung über die Änderung des Gesellschaftsvertrages der C. KEG - den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des § 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dahingehend: "Die Tätigkeit der Antragstellerin V, geb. 28. 10. 1976, ungar. StA. als Gesellschafterin der C. KEG unterliegt nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes".
Die Beschwerdeführerin brachte zu ihrem Antrag vor, sie sei persönlich haftende Gesellschafterin der im Antrag genannten, seit 16. Dezember 1994 bestehenden und im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zu FN 128793b eingetragenen Kommanditerwerbsgesellschaft; Komplementär dieses Unternehmens sei S. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (Firmenbuch) habe mit Beschluss vom 24. November 1998 die Vorlage eines Feststellungsbescheides (gemeint: im Sinne des § 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) verlangt, um die begehrte (angemeldete) Änderung der Gesellschaftsverhältnisse firmenbuchrechtlich durchführen zu können. Als Gesellschafterin habe sie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft und sie übe diese auch persönlich aus; sie habe eine Bareinlage von S 10.000,-- geleistet und führe (vorerst für die Dauer eines Jahres) die Geschäfte "für den Innengeschäftsbereich". Ihre Tätigkeit betreffe die gesamte Organisation der Gesellschaft; sie sei berechtigt, Werkverträge und Dienstverträge abzuschließen, Gespräche mit Lieferanten zu führen und damit zusammenhängende Bestellungen vorzunehmen. Demnach übe sie "eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Gesellschafterin" aus, sodass die Voraussetzungen im Sinne des § 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erfüllt seien.
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Graz hat am 12. August 1999 einen Bescheid mit folgendem Spruch an die Beschwerdeführerin erlassen:
"Auf Grund ihres Antrages vom 22. Februar 1999 wird festgestellt,
dass die Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG im gegenständlichen Fall gegeben sind.
Ihre Arbeitsleistungen als Gesellschafterin der C. KEG in S, Hstraße 68 unterliegen daher den Bestimmungen des AuslBG."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 1999 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den genannten erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben und damit der Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 12. August 1999 bestätigt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde unter anderem Folgendes aus:
"Im Sinne der o.a. Bestimmung war zu prüfen, und dabei liegt die Beweispflicht beim Antragsteller, ob wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens tatsächlich und persönlich ausgeübt wird.
Aus den Erhebungen der I. Instanz sowie aus dem Gespräch zwischen Frau V und einem Vertreter der erkennenden Behörde vom 4. 10. 1999 ergibt sich, dass es der Zweck des Unternehmens ist, die Kontaktanbahnung von sogenannten Tänzerinnen und dem männlichen Publikum zu fördern. Dabei wurden lediglich zwei Räume des Hauses an der verfahrensgegenständlichen Adresse seitens der Firma C. gemietet. Das Betriebsvermögen der Firma C. besteht lediglich aus der Einrichtung (Theke) und den Tischen und Bänken des Lokals. Nach erfolgter Kontaktaufnahme werden von den Tänzerinnen die von Hrn. S (als natürliche Person) an die Tänzerinnen vermieteten Räumlichkeiten stundenweise benutzt. In dieser gegebenen Konstellation ist die Aufgabe von Frau V nach ihren eigenen Angaben und den Angaben ihres Rechtsvertreters jene, als Kellnerin zu fungieren, Belege monatlich zu sammeln und Getränke zu bestellen bzw. heranzuschaffen. Aus dem im Aktenvermerk dokumentieren Gespräch vom 4.10.1999 hat sich ergeben, dass Frau V nicht einmal die exakte Firmenbezeichnung ihres Unternehmens, das sie nach Außen vertreten soll, kannte. Über den Inhalt des Gesellschaftsvertrages befragt konnte sie keine präzisen Antworten geben, wobei dies unter Umständen auch auf die relativ schlechten Deutschkenntnisse zurückzuführen sein könnte. Frau V wusste von einer Beschäftigten ihres Unternehmens, dabei aber lediglich den Vornamen T und wurde bis dato der genannte Name ha. trotz Aufforderung nicht zur Kenntnis gebracht. Als Resümee kann gelten, dass der Nachweis über den persönlichen tatsächlich ausgeübten Einfluss von Frau V auf die Geschäftsführung nicht erbracht werden konnte. Wesentliche Merkmale eines Geschäftsführers sind jene, die auf Bestand und Entwicklung des Unternehmens abzielen und nicht jene, die ausschließlich den alltäglichen, normalen Geschäftsbetrieb betreffen. Das Sammeln von Belegen und das Heranschaffen von Getränken kann nicht als wesentliche Aufgabe der Geschäftsführung angesehen werden und wird dieser Tätigkeitsbereich, und das entspricht den allgemeinen Lebenserfahrungen, auf Erfüllungsgehilfen übertragen. Diese Art der Tätigkeit wird für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens nicht von essentieller Bedeutung sein.
Sie selbst gehe in ihrer Berufungsschrift davon aus, dass Herr S aus seiner jahrelangen Erfahrung das Unternehmen leitet, während Frau V sich erst die nötige Routine aneignen muss. Dabei ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch davon auszugehen, dass Frau V nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um über Rechte und Pflichten eines Gesellschafters bzw. auf dem Gebiet des Gewerbe-, Sozial-, Arbeits- und Steuerrechtes ausreichend Kenntnis zu besitzen, um tatsächlich einen persönlichen Einfluss auf das Unternehmen geltend machen zu können. Zu einer Gesamtbeurteilung des vorliegenden Sachverhaltes, trägt natürlich auch bei, dass es sich bei der vorliegenden Firmenkonstruktion in Verbindung mit der Anzahl der unselbstständig Beschäftigten des Unternehmens um eine, ungewöhnlicher Art, handelt. So sollen zwei Komplementäre und eine Kommanditistin lediglich einer unselbstständig Beschäftigten gegenüberstehen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Feststellung, dass sie tatsächlich persönlich wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausübe, verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 7. März 2001 Teilnahmebestätigungen über von ihr absolvierte Deutschkurse vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 2 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 lautet:
"Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %
Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."
Die belangte Behörde hat den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass "die Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG im gegenständlichen Fall gegeben sind" und "ihre Arbeitsleistungen als Gesellschafterin der C. KEG in S, Hstraße 68, daher den Bestimmungen des AuslBG unterliegen" bestätigt. Sie hat dabei unberücksichtigt gelassen, dass die Beschwerdeführerin einen Feststellungsantrag mit diesem Inhalt - wie ihn die Behörde erster Instanz festgestellt hat - gar nicht gestellt hat. Einen Bescheid, mit dem spruchgemäß entweder die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung getroffen, oder der von ihr gestellte Feststellungsantrag abgewiesen wurde, hat die Behörde erster Instanz nicht erlassen.
Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages belastet nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Gleiches hat zu gelten, wenn die belangte Behörde eine über die beantragte Feststellung hinausreichende Entscheidung fällt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1998, Zl. 98/09/0139).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Zur Vermeidung weiterer Verfahrensfehler bzw. einer allfälligen Verkennung der Rechtslage im fortgesetzten Verfahren ist vom Verwaltungsgerichtshof darauf hinzuweisen, dass die Einflussmöglichkeit der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin auf die Geschäftsführung zu prüfen ist, soweit von der Beschwerdeführerin Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbracht werden, die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden". Bloße Geschäftsführungstätigkeiten fallen jedoch nicht darunter (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zlen. 98/09/0178 und 0179, und vom 17. Jänner 2000, Zl. 98/09/0215). Insoweit die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin tätig wird kann im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG nicht festgestellt (bzw. der Beschwerdeführerin insoweit nicht abgesprochen werden), das sie "wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung" ausübt. § 2 Abs. 4 AuslBG betrifft den tatsächlich persönlich ausgeübten Einfluss der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin auf die Geschäftsführung (diese besteht vorliegend aus der Beschwerdeführerin selbst und S). Des weiteren wird die belangte Behörde zu berücksichtigen haben, dass eine beabsichtigte Änderung der Gesellschaftsverhältnisse zu beurteilen ist und derart eine Prognoseentscheidung auf Grund der vorgelegten Vereinbarung und den gegebenen Begleitumständen zu treffen sein wird (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1998, G 326/97-9 u.a.). Über die Vereinbarung der beabsichtigten Änderung der Gesellschaftsverhältnisse wurden keine Feststellungen getroffen. Die im angefochtenen Bescheid bisher getroffenen Feststellungen erweisen sich im dargelegten Sinn überwiegend als unwesentlich bzw. ergänzungsbedürftig. Im Übrigen fehlt eine Begründung, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zu diesen Feststellungen gelangte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/09/0176).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003. Die Umrechnung der Pauschalgebühr (§ 24 Abs. 3 VwGG) beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 2. Oktober 2003
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