VwGH 2000/04/0164

VwGH2000/04/016428.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1) der M Ges.m.b.H. und 2) des P, beide in W, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Jänner 2000, Zlen. UVS- 02/A/11/4882/1999/1, UVS-02/A/11/4883/1999, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §87;
GewO 1994 §91 Abs2;
GewO 1994 §87;
GewO 1994 §91 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die auf § 91 Abs. 2 GewO 1994 gestützte Aufforderung, den Zweitbeschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin binnen einer Frist von zwei Monaten zu entfernen, gemäß § 67c Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die bekämpfte Aufforderung könne nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 26. Juni 2000, B 562/00, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der hierüber erwogen hat:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht "nicht mit einer Maßnahme nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 belegt zu werden, im Recht auf Sachentscheidung sowie in den sich aus dem Zusammenhang der Beschwerde weiters ergebenden Rechten verletzt". Sie bringen hiezu im Wesentlichen vor, der Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 sei das Element des Zwanges bei ihrer Nichtbefolgung immanent; ihre Nichtbefolgung ziehe den Verlust der Gewerbeberechtigung zwingend nach sich. Im Entziehungsverfahren sei nämlich nur mehr zu prüfen, ob der Aufforderung fristgerecht nachgekommen worden sei. Die Aufforderung greife solcherart unmittelbar in die subjektiven Rechte der Beschwerdeführer ein. Eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Aufforderung im (nachfolgenden) Verfahren über die Entziehung der Gewerbeberechtigung sei nicht möglich. Die Auffassung der belangten Behörde hätte daher zur Folge, dass gegen Eingriffe in - näher dargestellte - grundrechtlich geschützte Positionen keine wirksame Beschwerdemöglichkeit gegeben sei.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, dass der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und im Falle, dass der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.

Dieser Regelung wohnt insofern ein zweifacher normativer Gehalt inne, als damit einerseits (materiell-rechtlich) ausgesprochen wird, dass Gewerbetreibenden, die eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes sind, die Gewerbeberechtigung zu entziehen ist, wenn sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen. Andererseits enthält diese Bestimmung eine Regelung des Verfahrens dergestalt, dass vor Entziehung der Gewerbeberechtigung der betreffende Gewerbetreibende unter Setzung einer Frist aufzufordern ist, jene Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht und auf die sich der fragliche, im § 87 GewO 1994 angeführte Entziehungsgrund bezieht, zu entfernen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2000, Zl. 99/04/0227).

Von diesem normativen Gehalt der Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 ausgehend, trifft es entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs zu, dass bereits mit der in dieser Norm vorgesehenen behördlichen Aufforderung zur Entfernung der vom Entziehungsgrund des § 87 betroffenen natürlichen Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte Rechtsfolgen für den Gewerbetreibenden verbunden wären. Das Wesen dieser Aufforderung erschöpft sich vielmehr in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über das Vorliegen eines Entziehungsgrundes in der betroffenen Person und darüber, dass dieser Person ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Gewerbetreibenden zukommt, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist durch Entfernung dieser Person den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden. Erst wenn die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, hat die Behörde durch Bescheid die in Rede stehende Gewerbeberechtigung zu entziehen. Dabei trifft es aber keineswegs zu, dass die Behörde, wie die Beschwerdeführer meinen, bei Erlassung dieses Bescheides nur mehr zu prüfen hätte, ob die Frist fruchtlos verstrichen ist. Tatbestandsvoraussetzung der Entziehung der Gewerbeberechtigung ist auch in dieser verfahrensrechtlichen Situation das Vorliegen eines im § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgrundes in Bezug auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Gewerbeinhabers zukommt. Es steht daher dem Gewerbetreibenden sowohl im erstbehördlichen Verfahren bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides wie auch in einem gegen den ergangenen Entziehungsbescheid erhobenen Rechtsmittel frei, das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen zu bekämpfen. In die Rechtsstellung der erwähnten natürlichen Person hingegen greift selbst der Entziehungsbescheid nicht ein (vgl. die bei Kobzina-Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, 320, angeführte Judikatur), umso weniger daher die Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994.

Sind aber mit der Aufforderung im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1994 Rechtsfolgen für die Beschwerdeführer somit nicht verbunden, so bildet es (und zwar auch unter dem Gesichtspunkt der Europäischen Menschenrechtskonvention) keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde diese Aufforderung nicht als eine beim unabhängigen Verwaltungssenate gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erachtete und dementsprechend die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unzulässig zurückwies.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. März 2001

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