Normen
StVO 1960 §52 lita Z11a;
StVO 1960 §52 lita Z11a;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 27. April 2000 wurde der Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 52 lit. a Z 11a StVO schuldig erkannt, er habe am 8. Mai 1999 um 10.12 Uhr in Linz, Lessingstraße ca. 60 m nach der Nr. 26 in Richtung stadteinwärts, mit einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kfz die durch die Vorschriftszeichen "Zonenbeschränkung 30 km/h" kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten, weil die mittels Lasermessgerät festgestellte Fahrgeschwindigkeit unter Abzug der gesetzlichen Messfehlergrenze 46 km/h betragen habe. Hiefür wurde über den Mitbeteiligten eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung des Mitbeteiligten gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2000 statt, hob den erstinstanzlichen Bescheid auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Dazu führte sie begründend aus, dass der Mitbeteiligte sein Fahrzeug zum Tatzeitpunkt in der Lessingstraße stadteinwärts gelenkt habe. Der Standort des (die Messung vornehmenden) Meldungslegers bei dem Haus Lessingstraße Nr. 26 habe sich ca. elf Meter innerhalb der Zonenbeschränkung, also in Richtung stadteinwärts befunden. Das hier Bezug habende Verkehrszeichen (30 km/h-Zone) sei entsprechend der Verordnung bzw. dem einen Bestandteil derselben bildenden Plan aufgestellt (gewesen). Der Mitbeteiligte habe die Lessingstraße in Richtung stadteinwärts befahren, wobei der Anzeige die Messrichtung nicht entnommen werden könne. Gehe man davon aus, dass - was auf Grund der Örtlichkeit und der Messpraxis nahe liegend sei - der Meldungsleger in Richtung des auf ihn zufließenden Verkehrs gemessen habe, wäre der Messpunkt ca. 60 m vom Meldungsleger entfernt, jedoch knappe 50 m außerhalb der gegenständlichen Zonenbeschränkung gelegen. Würde man im Gegensatz dazu von einer Messung erst 60 m nach der Vorbeifahrt ausgehen, sei es einerseits unlogisch und vor allem aus Gründen der Prävention nicht nachvollziehbar, weshalb der Fahrzeuglenker nicht schon anlässlich der Vorbeifahrt am Standort des Meldungslegers zur Anhaltung gebracht worden sei. Ebenfalls würde es weitgehend einer Logik entbehren, dass man sich das Kennzeichen eines Fahrzeuges merke und notiere, ehe man noch wisse, dass dieses Fahrzeug in ca. 60 m Entfernung um 16 km/h zu schnell unterwegs sei. Ein Ablesen des Kennzeichens erst nach dieser Entfernung, also zum Zeitpunkt des Feststellens der "eher geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung", wäre in diesem Fall zumindest mit freiem Auge nicht mehr möglich. Weshalb laut Messprotokoll in sechs Fällen die Fahrzeuglenker angehalten worden seien und in weiteren sechs Fällen die Anhaltung unterblieben sei, entbehre einer nachvollziehbaren Grundlage. Da letztlich bei dem nur nach dem Kennzeichen angezeigten Lenker (Anm.: gemeint offenbar: beim Mitbeteiligten) sogleich mit einer Strafverfügung vorgegangen worden sei, sei zusätzlich in unsachlicher Weise eine höhere Geldstrafe für den per Lenkererhebung ausgeforschten Lenker verbunden gewesen. Da die Umstände der Messung (insbesondere die Messrichtung) aus der Anzeige nicht hervorgingen und das Faktum einer "scheinbar homogenen Vorgangsweise" letztlich auch aus der Sicht der Behörde erster Instanz nicht klar und sachlich nachvollziehbar sei, sei im Zweifel von einem fehlenden Tatbeweis im Hinblick auf den möglichen Messort noch außerhalb der Zonenbeschränkung als anflutender Verkehr auszugehen, weshalb entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes schon bei bloßem Zweifel von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und das Verfahren einzustellen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Das Beschwerdevorbringen ist dahingehend zusammenzufassen, dass der Beschwerdeführer Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen äußert:
Aus der Anzeige sei eindeutig zu entnehmen, wo der Standort des Messgerätes gewesen sei, wo sich das gemessene Fahrzeug zum Zeitpunkt der Messung befunden und in welche Richtung sich dieses bewegt habe. Auch die Messrichtung sei eindeutig angeführt, heiße es doch in der Anzeige, dass sich "der Angezeigte vom Messgerät entfernte". Die diesbezüglichen Annahmen der belangten Behörde seien daher aktenwidrig.
Auch die Überlegungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Umstände der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung vermöchten die Entscheidung der belangten Behörde nicht zu stützen. Es sei weder erkennbar, wieso sie überhaupt Zweifel daran hege, dass in Richtung des abfließenden Verkehrs gemessen worden sei, noch, welche Bedenken gegen eine solche Art der Messung bestehen sollten. Die Bedienungsanleitung des verwendeten Messgeräte schließe eine solche Vorgangsweise keineswegs aus und auch vom Mitbeteiligten seien in seiner Berufung keine derartigen Bedenken erhoben worden. Wenn aber die belangte Behörde tatsächlich Zweifel daran gehabt hätte, dass die Messungen so durchgeführt worden seien, hätte sie nicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten dürfen, sondern hätte den Meldungsleger als Zeugen vernehmen müssen, sei doch dies die einzige Möglichkeit festzustellen, ob die Annahmen der Erstbehörde richtig gewesen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zunächst zu der Bemerkung veranlasst, dass die Messrichtung ohne weiteres nach der Aktenlage erkennbar war: Aus der diesbezüglichen Anzeige des Meldungslegers vom 8. Mai 1999 ist nämlich zu entnehmen, "Der Angezeigte entfernte sich vom Standort des Messgerätes". Der Vorwurf der Aktenwidrigkeit besteht daher insofern zu Recht.
Eine Auseinandersetzung mit den von der belangten Behörde angestellten Überlegungen - die teilweise als unwesentlich zu bezeichnen sind (vgl. etwa den Hinweis auf die "Messpraxis" und dass in je sechs Fällen Fahrzeuge angehalten wurden bzw. nicht) - erübrigt sich allerdings, weil sie einen gewichtigen Umstand nicht in die Beweiswürdigung miteinbezogen hat: Der Mitbeteiligte hat nämlich in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis u. a. ausdrücklich ausgeführt "Nicht bekämpft wird, dass ich zur angeführten Tatzeit und am angeführten Tatort (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof) eine Fahrgeschwindigkeit von 46 km/h eingehalten habe.". Dass einem Fahrzeuglenker die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um ca. 50 % - wie hier - bei gehöriger Aufmerksamkeit auffällt, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung (von einer "eher geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung" - so die belangte Behörde - kann keine Rede sein). Dass aber der vom Mitbeteiligten zugestandene, ihm im Straferkenntnis vorgeworfene Tatort nicht von der in Rede stehenden 30 km/h-Zone umfasst gewesen sei, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.
Die Beweiswürdigung ist daher im Sinne des Erkenntnisses eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, nicht schlüssig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 20. Dezember 2002
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