Normen
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. Februar 2000 ordnete die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 und 2 FrG 1997 "mit sofortiger Wirkung ab Ende der Gerichtshaft" die Festnahme und Anhaltung (Schubhaft) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung an.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer (ein italienischer Staatsangehöriger) sei mittels Stellungsanzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol - Kriminalabteilung am 21. Jänner 2000 dem Landesgericht Innsbruck wegen des Verdachtes der Hehlerei und der Urkundenfälschung angezeigt worden, weil er am 21. Jänner 2000 gegen 02.00 Uhr auf der Brennerautobahn A 13 von Italien kommend in das Bundesgebiet als Lenker eines der Type nach näher bezeichneten und gegen Ende des Jahres 1999 in Italien gestohlenen Pkws eingereist sei. Die daran montierten Kennzeichen seien Totalfälschungen gewesen. Bei dem vom Beschwerdeführer den einschreitenden Gendarmeriebeamten vorgewiesenen italienischen Zulassungsschein handle es sich zudem um ein in Italien gestohlenes Blankodokument. Weiters habe der Beschwerdeführer den Beamten eine notariell beglaubigte Vollmacht vorgewiesen, und zwar eine Berechtigung zum Lenken des Fahrzeuges, das laut Papieren nicht auf ihn zugelassen sei, bei der es sich ebenfalls um eine Totalfälschung gehandelt haben dürfte. Der Beschwerdeführer und ein weiterer italienischer Staatsangehöriger hätten insgesamt zwei fast neuwertige Kraftfahrzeuge mit Hilfe einer weiteren Mittäterin offensichtlich nach Polen bringen und dort Gewinn bringend verkaufen wollen.
Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer zusammen mit seinen Komplizen am 21. Jänner 2000 nach den Bestimmungen der StPO festgenommen und über richterliche Anordnung am selben Tag in die Justizanstalt Innsbruck eingeliefert worden, wo er sich in Untersuchungshaft befinde. Es sei weiters erhoben worden, dass der Beschwerdeführer in Italien wegen Hehlerei und Betruges im Jahre 1999 sowie wegen Bandenbildung im Jahre 1998 und wegen Suchtgifthaltung im Jahre 1994 aufscheine. Er habe keinen Wohnsitz im Bundesgebiet.
Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 25. Jänner 2000 von der belangten Behörde angekündigt worden, dass beabsichtigt sei, ihn in unmittelbarem Anschluss an die Gerichtshaft in Schubhaft zu nehmen, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit und die Abschiebung zu sichern. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich keine Äußerung abgegeben.
Dem dargestellten Sachverhalt - so die Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - lasse sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle bzw. sein Aufenthalt in Österreich anderen, im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen zuwider laufe. Es sei daher beabsichtigt, gegen den Fremden ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung zu erlassen. Zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung habe sich die belangte Behörde daher veranlasst gesehen, ab Ende der Gerichtshaft die Schubhaft anzuordnen, weil diese fremdenpolizeiliche Maßnahme notwendig sei wegen des vorgeschilderten Verhaltens des Beschwerdeführers, wegen dessen Unterstandslosigkeit und um zu verhindern, dass sich der Beschwerdeführer den erforderlichen fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen seine Person entziehe. Die Anwendung gelinderer Mittel scheide auf Grund des dargestellten Sachverhaltes aus.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 13. Juni 2000, B 316/00, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei unklar, weil die Schubhaft einerseits "mit sofortiger Wirkung", andererseits aber im gleichen Satz "ab Ende der Gerichtshaft" angeordnet werde. Darin liege eine inhaltliche Rechtswidrigkeit.
Selbst wenn man die dargestellte Formulierung des Spruches auf Grund ihres Wortlautes als missverständlich ansehen wollte, so geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides klar hervor, dass die Schubhaft "im unmittelbaren Anschluss an die Gerichtshaft" verhängt wird.
Ferner rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde begnüge sich in Bezug auf die Frage, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen sei, der Beschwerdeführer werde sich dem Verfahren entziehen, mit der Wiederholung der "verba legalia". Eine substanzielle Begründung, inhaltliche Konkretisierung bzw. Individualisierung dieser Befürchtung finde im angefochtenen Bescheid nicht statt. Dabei sei festzuhalten, dass die Begründung der Notwendigkeit der Schubhaft allein mit dem Hinweis (selbst dieser fehle aber im vorliegenden Fall), es entspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass sich jemand, gegen den fremdenpolizeiliche Maßnahmen verhängt werden sollen, diesen zu entziehen versuche, nicht ausreichend sei.
Die belangte Behörde berief sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Notwendigkeit der Verhängung der Schubhaft aber nicht auf die allgemeine Lebenserfahrung, sondern auf den ermittelten Sachverhalt (das gesamte strafrechtlich relevante Verhalten des Beschwerdeführers sowie dessen Unterstandslosigkeit), welcher die Annahme der Behörde, es bestehe die Befürchtung, dass sich der Beschwerdeführer bei einer Freilassung dem Zugriff durch die Fremdenbehörde entziehen werde, durchaus rechtfertigt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - gemäß § 48 Abs. 2 FrG 1997 gegen den Beschwerdeführer als Unionsbürger eine Ausweisung zulässig gewesen wäre, weil die Schubhaft auch zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verhängt wurde.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, es dürfe ein Aufenthaltsverbot nach § 48 Abs. 1 FrG 1997 nur verhängt werden, wenn auf Grund seines Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG 1997 teilweise, weil die öffentliche Ruhe hier nicht mitumfasst werde) gefährdet sei. Der Rekurs im angefochtenen Bescheid auf "andere öffentliche Interessen" gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK (vgl. § 36 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997) sei daher gesetzwidrig; die Schubhaft zur Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher aus diesen Gründen unzulässig.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anordnung der Schubhaft nicht die Gewissheit, dass ein Aufenthaltsverbot verhängt werde, voraus, sondern es reicht hiefür bereits die berechtigte Annahme der Möglichkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 99/02/0011).
Wenngleich auf den Beschwerdeführer als Angehörigen eines Mitgliedsstaates der EU die Sonderbestimmung des § 48 Abs. 1 FrG 1997 hinsichtlich der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Anwendung kommt, zeigt die Beschwerde im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, zumal schon auf Grund des konkreten Verhaltens des Beschwerdeführers und der damit verbundenen Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit mit der Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer auch im Lichte des § 48 Abs. 1 FrG 1997 gerechnet werden konnte. Da es im Beschwerdefall für die Beurteilung der Zulässigkeit der Schubhaft weder auf die Gefährdung der "öffentlichen Ruhe" noch auf "andere öffentliche Interessen" nach Art. 8 Abs. 2 MRK ankommt, zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht ernsthaft geprüft worden sei, ob nicht auch gelindere Mittel im Sinne des § 66 FrG 1997 den Zweck erreichen könnten. Dabei wird jedoch übersehen, dass die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Ermessensentscheidung betreffend die Anwendung gelinderer Mittel (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 2002, Zl. 2001/02/0278) in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf den ermittelten Sachverhalt verwies und damit ausreichend und nachvollziehbar begründete, weshalb sie das Ermessen in dem von ihr gewählten Sinne, nämlich der Nichtanwendung gelinderer Mittel, ausübte. Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.
Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er ohne Verfahren und somit, ohne ihm rechtliches Gehör zu gewähren, erlassen worden sei, steht dieses Vorbringen - unabhängig von der Frage der Relevanz - in Widerspruch zur Aktenlage, wonach dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 25. Jänner 2000 Parteiengehör zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft gewährt wurde. Die gerügte Rechtswidrigkeit ist daher gleichfalls nicht gegeben.
Schließlich vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Verhängung der Schubhaft sei rechtswidrig, weil der ursprüngliche Verdacht gegen ihn nicht zugetroffen habe. Er sei mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. März 2000 aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil sich im Zuge der Ermittlungen herausgestellt habe, dass der Tatbestand der Hehlerei in Italien gesetzt und abgeschlossen worden sei, sodass diesbezüglich eine Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nicht gegeben sei.
Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, zumal damit insbesondere nicht die Möglichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer auf Grund des gesamten strafrechtlich relevanten Verhaltens (siehe dazu auch die vorstehenden Ausführungen) in Frage gestellt wird.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 201/2001.
Wien, am 20. Mai 2003
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