Normen
BauO Wr §126 Abs2;
BauO Wr §129;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §5;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr;
WStV 1928 §77 Z3;
BauO Wr §126 Abs2;
BauO Wr §129;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §5;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr;
WStV 1928 §77 Z3;
Spruch:
I. Der angefochtene Bescheid wird, insofern er den erstinstanzlichen Bescheid auch bezüglich der Instandsetzung des schadhaften, auf eine Länge von ca. 10 Meter Senkungen aufweisenden Kanals in der S-straße zwischen dem Putzschacht vor der rechten Grundgrenze der Liegenschaft S-straße 80 und der Liegenschaft S-straße 82, sowie des gebrochenen Rohres und des Putzstückes im Putzschacht vor der Liegenschaft S-straße 82 bestätigt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde des Dr. Dipl.-Ing. FM, soweit diese vom Verfassungsgerichtshof abgetreten wurde (Zl. 1075/64), zurückzuweisen.
Begründung
Das Magistratische Bezirksamt für den 18. Bezirk in Wien hatte am 13. Juni 1929 Dr. T und Frau KJ als Eigentümern des Hauses Wien XVIII, S straße 80, die Bewilligung erteilt, den Hauskanal ihres Hauses teilweise zu verlängern und in den Straßenkörper der S-straße einen "Privatrohrkanal" vom Hauskanal bis zum Hauptunratskanal in der L-gasse einzubauen. Vorgeschrieben wurde dabei u. a., daß der Privatrohrkanal über ein jederzeit mögliches Verlangen der Gemeinde Wien ohne Anspruch auf irgendeinen Ersatz wieder zu entfernen und der Straßenkörper wieder in den ordentlichen Zustand zu versetzen sei. Auch wurde festgelegt, daß die Eigentümer und ihre Rechtsnachfolger verpflichtet seien, den Anrainern die Einmündung zu gestatten. Dasselbe gelte auch für den Fall, daß die Gemeinde Wien diese Anrainer zur Abwässerableitung durch den Privatkanal verpflichte. Für den Fall eines Anschlusses in diesem Sinn sollte der jeweilige Eigentümer des Privatrohrkanales berechtigt sein, von den betreffenden Anrainern einen Baukostenbeitrag zu beanspruchen. Die jeweiligen Eigentümer des Privatrohrkanales sollten der Gemeinde Wien die Einmündung der Straßenwasserabläufe unentgeltlich gestatten. Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Gutes sollte ein jährlicher Anerkennungszins entrichtet werden. Falls die Gemeinde Wien beim Hauptkanalneubau die Rohre des Privatkanales selbst ausgraben sollte, wären dessen Eigentümer verpflichtet, die Rohre der Gemeinde Wien kostenlos zu überlassen. Gegen diesen Bescheid wurde ein Rechtsmittel nach der Aktenlage nicht eingebracht. In einem Bericht der Abteilung 31 (Kanalisationswesen) des Stadtbauamtes Wien vom 2. Juli 1929 wurde festgehalten, daß der Neubau in Ordnung durchgeführt worden sei. Aus den Plänen ist noch anzuführen, daß ein Gefälle von 2 % für die ganze Länge des Privatrohrkanales vorgesehen war.
Aus der von der belangten Behörde nicht bestrittenen Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführer - insbesondere in der Beschwerde Zl. 1075/64 - geht hervor, daß im Laufe der Jahre bei weiterer Besiedlung der S-straße die Anlage, so wie es in dem Bescheid über die Errichtung vorgesehen war, für die Einmündung anderer Hauskanäle verwendet wurde. Die vorgelegten Akten zeigen, daß zunächst schon im Jahre 1929 die Eigentümer des Hauses Sstraße 82 auch ihren Hauskanal teilweise verlängerten und in den Straßenkörper der S-straße einen "Privatrohrkanal" vom Hauskanal bis zu dem bestehenden "Privatrohrkanal" verlegten. Ferner ist ersichtlich, daß der Eigentümer des Hauses Wien XVIII, G-gasse 4 - 6, im Jahre 1952 und im selben Jahr auch der Eigentümer des Hauses S-straße 83 die beschwerdeführende Gesellschaft, die Einmündung in den Privatrohrkanal vollzogen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Abteilung 37, vom 9. Februar 1960 wurde dem Erstbeschwerdeführer und der G-Ges. m. b. H. sowie anderen beteiligten Personen die nachträgliche Bewilligung erteilt, den privaten Rohrkanal zwischen der Einmündung in den Straßenkanal in der L-gasse und vor dem Grundstück S-straße 78 durch Abmauern aufzulassen. In der Zwischenzeit war nämlich von der Stadt Wien ein Kanalbau in der Weise durchgeführt worden, daß nun der nach der Abmauerung verbleibende "Privatrohrkanal" an den neu hergestellten Straßenkanal angeschlossen werden konnte. Soweit die Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles.
Mit einem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 2. Dezember 1958 war zuvor schon dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt worden, den nun als "Hauskanal" bezeichneten Kanal in einem bestimmten Abschnitt nach dem im Konsensplan vorgesehenen Gefälle herzustellen, das bisher nicht eingehalten worden sei; es war aber auch gemäß § 129 Abs. 4 der Bauordnung für Wien und § 5 des Gesetzes vom 21. Oktober 1955, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 18, ein Instandsetzungsauftrag ergangen, für dessen Einhaltung die Eigentümer der Liegenschaften S-straße 80, 82 und 83 haften sollten. Berufungen gegen diesen Bescheid waren zunächst erfolgreich, die Baubehörde für Wien verfügte unter Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG 1950 die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides.
Nach Ergänzungen des erstinstanzlichen Verfahrens erging sodann in abgeänderter Fassung neuerlich ein baupolizeilicher Auftrag mit dem Datum vom 9. Juni 1961. Darin wurde unter I verfügt: "Gemäß § 129 Abs. 10 der BO für Wien ist der Teil des Hauskanales, der nur ein Gefälle von 2,1 % aufweist (Kanal zwischen Putzschacht vor der rechten Grundgrenze der Liegenschaft S-straße 80 und der Einmündung in den neuerbauten städt. Straßenkanal) binnen 4 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides umzubauen, so daß das mit Bescheid vom 13. 6. 1929, MBA XVIII- 2059/1929 genehmigte Gefälle von 20 %o hergestellt wird. Für die Erfüllung dieser Verpflichtung haftet der Eigentümer der Liegenschaft 18., S-str. 80."
Unter II wurde verfügt: "Gem. § 129 Abs. 2 u. 4 der BO für Wien in Verbindung mit § 5 des Gesetzes vom 21. 10. 1955, LGBl. für Wien Nr. 18, ist der schadhafte, auf eine Länge von ca. 10.00 m Senkungen aufweisende Kanal in der S-str. zwischen dem unter I.) genannten Putzschacht, u. d. Liegenschaft S-str. 82, das gebrochene Putzstück der Liegenschaft S-str. 80, im unter I. genannten Putzschacht, der schadhafte Senkungen aufweisende Kanalteil zwischen dem Putzschacht und dem Vorgarten der Liegenschaft S-str. 80 und das gebrochene Rohr und das Putzstück im Putzschacht vor der Liegenschaft S-str. 82 durch geeignete Maßnahmen instandsetzen zu lassen." Für die Erfüllung des Auftrages II wurde die "Haftung" der Eigentümer der Liegenschaften S-traße 80, 82 und 83, G-gasse 4 - 6 und der Magistratsabteilung 28 festgelegt.
Aus der Begründung der unter I getroffenen Verfügung sei angeführt, daß nach der Annahme der Behörde wohl durch einzelne Schadensstellen, wie etwa Setzungen, eine Änderung möglich sei, daß aber eine Gefällsveränderung der Kanalanlage als Ganzes nicht eintreten könne, weshalb eine schon ursprünglich gegebene Abweichung von dem Konsens vorliegen und die nach der Fertigstellung erstattete Meldung über die ordnungsgemäße Verlegung auf einem Irrtum beruhen müsse.
Gegen diesen Bescheid brachten der Erstbeschwerdeführer und die G-Ges. m. b. H. Rechtsmittel ein. In der Berufung des Erstbeschwerdeführers wurde geltend gemacht, die Annahme einer konsenswidrigen Herstellung werde durch die unmittelbar nach dem Bau zustandegekommene Bekundung der ordnungsgemäßen Herstellung widerlegt. Auch sei nicht klargestellt, ob, da nur ein Durchschnittsgefälle von 20 %o gefordert gewesen sei, der jetzige Zustand nicht doch dem Konsens entspreche. Vor allem aber machte der Erstbeschwerdeführer geltend, daß gemäß § 77 der Verfassung der Stadt Wien die Sorge für die Erhaltung der Straßen- und der Unratskanäle Sache der Gemeinde Wien sei. Auch die Herstellung der Straßenkanäle obliege ihr. Der Erstbeschwerdeführer berief sich in diesem Zusammenhang auf § 5 des Landesgesetzes vom 21. Oktober 1955, LGBl. Nr. 22. Danach habe die Gemeinde Wien im Rahmen der Hoheitsverwaltung die Straßenkanäle herzustellen und zu erhalten. Durch die Herstellung eines Privatrohrkanals sei sie dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht enthoben. Auf Grund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes habe der Bescheid eine der öffentlichen Hand obliegende Verpflichtung auf Privatleute übertragen. Ferner machte der Erstbeschwerdeführer geltend, daß, selbst wenn das Gefälle unrichtig hergestellt worden wäre, die Verjährung der Geltendmachung einer Pflicht zur Herstellung in konsensmäßiger Gestalt entgegenstehe. Auch meinte der Erstbeschwerdeführer, der unter I erteilte Auftrag wäre an sämtliche Benützer zu erteilen gewesen. Schließlich brachte er vor, daß die Bezeichnung "Hauskanal" im Punkt I und die Bezeichnung "Kanal" im Punkt II verfehlt sei. Dem Gesetz sei die Unterscheidung zwischen öffentlichem Kanal und Privatkanal fremd, da es nur Straßenkanal und Hauskanal unterscheide.
Auch die Zweitbeschwerdeführerin machte in ihrem Rechtsmittel geltend, daß das Wiener Landesgesetz vom 21. Oktober 1955, LGBl. Nr. 22, nur Straßen- und Hauskanäle kenne und daß der gegenständliche Kanal infolge Lage und Funktion trotz seiner Errichtung von privater Seite als Straßenkanal zu werten sei, was die erteilten Aufträge unzulässig erscheinen lasse.
Mit dem angefochtenen Bescheid, der auf einem Beschluß der Bauoberbehörde für Wien in ihrer Sitzung vom 26. September 1962 beruht, wurde über die Berufung des Erstbeschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß in seinem Punkt I an Stelle des Wortes "Hauskanal" "Privatrohrkanal" zu setzen sei. Die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin wurde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des in Ausfertigung dieses Beschlusses der Bauoberbehörde erlassenen Bescheides wurde u. a. ausgeführt, daß die Benützungsbewilligung die Konsenswidrigkeit nicht beseitigt habe und die Erlassung eines Auftrages zu deren Beseitigung nicht ausschließe. Dies sei auch der Standpunkt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Aus dem Konsensplan vom 13. Juni 1929 gehe hervor, daß der Kanal entgegen den Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides auf seiner ganzen Ausdehnung das Gefälle von 20 Promille haben sollte. Mit dem Hinweis auf § 77 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien und das Kanaleinmündungsgebührengesetz könne der Erstbeschwerdeführer für sich nichts gewinnen. Ungeachtet des dort festgelegten Aufgabenbereiches der Stadt Wien handle es sich im vorliegenden Fall um einen Privatkanal, für dessen konsensgemäße Ausführung der Hersteller bzw. für dessen Instandhaltung die Benützer haften. Dem Einwand der Verjährung sei entgegenzuhalten, daß es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handle und im Bereich des öffentlichen Rechtes das Institut der Verjährung nicht existent sei. Zur Ausführung, daß die Bezeichnung "Hauskanal" im angefochtenen Bescheid rechtswidrig sei und es sich um einen Straßenkanal handle, sei zu sagen, daß der gegenständliche Kanal im erstinstanzlichen Bescheid "jedenfalls eindeutig identifiziert" sei. Aus der Bezeichnung könne eine Rechtswidrigkeit nicht abgeleitet werden. Hinsichtlich des konsenswidrigen Gefälles sei gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Hersteller und Eigentümer der Anlage zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes eindeutig verpflichtet. Aus dem Baubewilligungsbescheid gehe hervor, daß es sich hier um einen Privatrohrkanal des Eigentümers der Liegenschaft S-traße 80 handle. Deshalb sei im Spruch des Bescheides das Wort "Hauskanal" durch das Wort "Privatrohrkanal" zu ersetzen gewesen. Zu den Ausführungen über die Bezeichnung "Hauskanal" und "Privatkanal", wie sie von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgebracht worden seien, könne auf die Erwägungen zu den Gedankengängen des Erstbeschwerdeführers verwiesen werden. Wenn behauptet werde, daß es sich um einen von der Stadt Wien zu erhaltenden Straßenkanal handle, sei dem entgegenzuhalten, daß das Gesetz über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren keine Bestimmungen darüber enthalte, daß in öffentlichen Verkehrsflächen liegende Privatrohrkanäle in die fernere Erhaltung der Stadt Wien zu übernehmen wären. Diese Instandhaltungspflicht gelte vielmehr für von der Gebietskörperschaft hergestellte Straßenkanäle. Daraus, daß im Gegenstande bei der Errichtung mehrerer Häuser eine Kanaleinmündungsgebühr vorgeschrieben worden sei, sei für die Rechtsmittelwerber nichts zu gewinnen, da gemäß § 7 des Kanaleinmündungsgesetzes für jeden erstmaligen unmittelbaren und mittelbaren Anschluß an den Straßenkanal eine solche Gebühr zu entrichten sei. Nun liege ja gerade hier ein solcher mittelbarer, über den Privatrohrkanal geführter Anschluß an den öffentlichen Kanal vor. Die Berufungen seien daher als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerden und die Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Dem Gerichtshof liegen die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers und die vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgetretene Beschwerde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor. Die unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet gewesene Beschwerde des Erstbeschwerdeführers bewirkte im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 7. Juli 1950, Slg. N. F. Nr. 1603/A) die Konsumtion des Beschwerderechtes, weil die Einbringung mehrerer Beschwerden gegen denselben Bescheid nicht vorgesehen ist, sodaß die nun vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde desselben Beschwerdeführers nicht mehr zulässig erscheint. Diese mußte somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1952 zurückgewiesen werden.
Über die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers, die unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet war, und die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem abgetretene Beschwerde, sofern sie von der Zweitbeschwerdeführerin eingebracht wurde, war das folgende zu erwägen:
Im § 77 Z. 3 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien wird als eine der Aufgaben des selbständigen Wirkungsbereiches der Bundeshauptstadt die Sorge für die Erhaltung der Unratskanäle und sonstigen Gemeindeanlagen angeführt. In dieser Verfassungsbestimmung wird offenbar vorausgesetzt, daß die Unratskanäle "Gemeindeanlagen" sind. Die belangte Behörde ist von der Grundanschauung ausgegangen, daß jener Kanal, auf den sich ihre Aufträge bezogen, deshalb nicht als "Straßenkanal" bezeichnet werden kann, weil er nicht von der Stadt Wien, sondern von den Rechtsvorgängern des Erstbeschwerdeführers errichtet wurde. Die Beschwerdeführer sind dagegen der Meinung, es könne nach den geltenden Gesetzen nicht darauf ankommen, wer das Bauwerk errichtet habe. Ausschlaggebend könne nur die Lage des Kanales und seine Funktion sein. Liege der Kanal in der Straße, erfülle er Funktionen eines Straßenkanales, so etwa auch durch die Ableitung des Regenwassers, das auf die Verkehrsfläche falle, so sei er ohne Rücksicht auf die Frage, wer das Bauwerk errichtet habe, als ein Straßenkanal anzusehen, den die Stadt Wien instandzusetzen habe.
Bei der Lösung der Rechtsfrage ist zunächst davon auszugehen, daß der Baubewilligungsbescheid, dessen wesentliche Bestimmungen zu eingang der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben wurden, den "Privatrohrkanal" sowohl vom "Hauskanal" als vom "Hausunratskanal" unterscheidet. Aus dem Baubewilligungsbescheid geht eindeutig hervor, daß das Bauwerk im Eigentum der Bewilligungswerber bleiben sollte. Mit dem Inkrafttreten des Landesgesetzes vom 21. Oktober 1955 über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren, LGBl. Nr. 22, welches keinerlei Bestimmungen über "Privatrohrkanäle" enthält, entstand die Frage, wie jener Kanal, der in der Natur besteht und in dem Bescheid vom 13. Juni 1929 geregelt ist, nach dem Kanalgesetz 1955 behandelt werden kann, welches nur zwei Typen von Kanälen kennt. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Bezeichnung als Hauskanal fallengelassen. Sie hat aber den "Privatrohrkanal" den Vorschriften über Hauskanäle unterstellt. Die Beschwerdeführer halten diese Vorgangsweis u. a. auch im Hinblick auf § 5 Abs. 2 des eben zitierten Gesetzes für verfehlt. Nach dieser Bestimmung bildet der Hauskanal "bis zu seiner Einmündung in den Straßenkanal einen Bestandteil der Baulichkeit". Eine Festlegung des Maßes, in dem dieses Hineinragen der zur Baulichkeit gehörigen Anlage in das öffentliche Gut stattfinden kann und darf, fehlt aber. Der Verfassungsgerichtshof hat den Standpunkt vertreten, es sei denkmöglich, daß die Länge der Strecke zwischen der Baulichkeit und der Einmündung in den Straßenkanal im Sinn eines von der Stadt errichteten Kanales vom Gesetzgeber als unwesentlich beurteilt werde. Demnach sei es auch denkmöglich, daß ein Verlängerungsstück zwischen dem üblichen Hauskanal und dem Straßenkanal als Hauskanal im Sinne des Gesetzes gewertet werde. Bei dieser Auslegung wird die schon eingangs herangezogene Verfassungsbestimmung im Hintergrund wirksam, die darauf hindeutet, Straßenkanäle im Sinne des Gesetzes seien - unabhängig von der Länge des Verlaufes privater Rohrleitungen im öffentlichen Gut - nur solche Anlagen, die die Stadt selbst errichtet habe. Auch der Verwaltungsgerichtshof hält in Anbetracht der Rechtsentwicklung diese Annahme für gerechtfertigt. Die Entwicklung spricht dafür, daß der Gesetzgeber, wenn er das Wort "Straßenkanal" verwendet, von der stillschweigenden Voraussetzung ausgeht, es handle sich um Gemeindeanlagen. Dafür sprechen die folgenden Erwägungen:
Die Rechtsverhältnisse an dem in Rede stehenden Kanal wurden durch den Bescheid des Wiener Magistrates vom 13. Juni 1929 gestaltet. Damals galten die Bestimmungen der Bauordnung für Wien vom 17. Jänner 1883, LGBl. Nr. 35, mit Änderungen. § 57 dieser Bauordnung ordnet an, daß bei neuen Bauführungen und solchen Herstellungen, die einem Neubau gleichgehalten werden können, für die Ableitung der atmosphärischen Niederschläge und der Abfallstoffe durch die Erbauung von Hauskanälen oder durch die Herstellung von Rohrleitungen Vorsorge zu treffen ist. Die Kanäle und die Rohrleitungen waren nach derselben Gesetzesstelle mit den Straßenkanälen in entsprechende Verbindung zu bringen. Nach § 58 Abs. 1 des zitierten Gesetzes war bei Bauten in Stadtteilen oder an Straßen, in welchen noch kein Hauptkanal bestand, ausnahmsweise bis zur Erbauung eines solchen die Herstellung von Senkgruben gestattet. Nach Abs. 3 derselben Gesetzesstelle hatte der Hauseigentümer "mit der seinerzeitigen Erbauung des Hauptkanales" sofort den Hauskanal herzustellen und die Senkgrube zu beseitigen. Damit stand die Bestimmung des § 1 des Gesetzes vom 18. Jänner 1890, LGBl. Nr. 9 über Kanaleinmündungsgebühren im Zusammenhang, nach der die Gemeinde das Recht hatte, von den Eigentümern der Realitäten, bei welchen nach den Bestimmungen der Bauordnung die Verpflichtung zur Einmündung eines Kanales oder mehrerer Kanäle in den städtischen Unratskanal eintrat, nach erfolgter Erbauung des letzteren eine Kanaleinmündungsgebühr einzuheben.
Die am 3. Mai 1930 in Kraft getretene Bauordnung für Wien (LGBl. Nr. 11/1930) regelte die Sammlung und Ableitung der Abfallstoffe und der Niederschlagswässer durch § 93 Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, der inzwischen seine Geltung wieder verloren hat, bestimmte, daß von Baulichkeiten auf Grundstücken, die von einem Straßenunratskanal nicht mehr als 30 m entfernt sind, die Niederschlags- und Schmutzwässer sowie die Fäkalien unterhalb der Verkehrsfläche in den Kanal geleitet werden müssen. Bei der nachträglichen Herstellung des Straßenunratskanals haben die Eigentümer bebauter Grundstücke nach Abs. 3 überAufforderung die Einmündung zu bewerkstelligen und die bisherigen Anlagen zu beseitigen. Nach Abs. 5 sind für die Hauskanalisation nur in frostfreie Tiefe verlegte wasserdichte Rohrleitungen zulässig. Rohrkanäle dürfen nach Abs. 6 dieser Gesetzesstelle nur aus den von der Behörde als zulässig erkannten Baustoffen hergestellt werden.
Eine weitere Änderung der Rechtslage brachte das Gesetz vom 16. Juni 1933, LBl. Nr. 34, über Kanalanlagen- und Einmündungsgebühren. Dieses Gesetz teilte in seinem § 1 die städtischen Kanäle in Regenwasserkanäle und Hauptunratskanäle ein. Nach § 5 dieses Gesetzes war, wenn eine Kanalanlage den Eigentümern verschiedener Liegenschaften gehörte, der Behörde ein gemeinsamer Vertreter namhaft zu machen, zu dessen handen alle Aufträge zugestellt werden konnten, die sich auf den Bestand und die Erhaltung der gemeinsamen Kanäle oder auf die aus diesen Anlagen erwachsenden Kosten und Gebühren bezogen. Ebenso war jeder Wechsel des Vertreters anzuzeigen. War ein Vertreter nicht namhaft gemacht oder ein Auftrag nicht entsprechend ausgeführt worden, so hafteten die Eigentümer zur ungeteilten Hand für die Erfüllung und Bezahlung unbeschadet ihres Rückgriffsrechtes untereinander.
Das nunmehr in Geltung stehende Gesetz über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (Gesetz vom 21. Oktober 1955, LGBl. Nr. 22) unterscheidet in seinem § 1 zwischen Straßenkanälen (Mischwasserkanäle, Schmutzwasserkanäle und Regenwasserkanäle, die in dieser Gesetzesstelle im einzelnen umschrieben werden) und Hauskanälen, die dagegen nicht näher definiert werden. Hinsichtlich dieser Hauskanäle bestimmt, wie schon gesagt, § 5 Abs. 2 leg. cit., daß sie bis zu ihrer Einmündung in den Straßenkanal einen Bestandteil der Baulichkeit bilden. Abs. 3 der selben Gesetzesstelle sieht vor, daß, wenn ein Hauskanal den Eigentümern verschiedener Liegenschaften dient, diese - unbeschadet des Rückgriffsrechtes untereinander - zur ungeteilten Hand verpflichtet sind, den Kanal zu erhalten.
Die aufgezeigte Rechtsentwicklung läßt erkennen, daß die verschiedenen einander ablösenden Gesetze einerseits unter unterschiedlichen Bezeichnungen solche Kanäle kennen, die von der Stadt erbaut wurden (Straßenkanäle, Hauptkanäle, städtische Unratskanäle oder städtische Kanäle). Das Kanalgesetz 1955 ersetzt den Ausdruck des Kanalgesetzes "städtische Kanäle" durch den Ausdruck "Straßenkanäle". Diesen stehen die privaten Anlagen gegenüber, zu denen die Hauskanäle im engeren Sinn und andere private Anlagen, wie die "Rohrleitungen", gehören. Die unterschiedlich bezeichneten, von der Stadt errichteten Kanäle werden in der Folge als Straßenkanäle bezeichnet. Der Gerichtshof geht von der Überzeugung aus, daß die geschichtlich gegebene Begriffsentwicklung für den in der geltenden Rechtslage verwendeten Begriff Straßenkanal maßgebend war. Daß die Abgrenzung zwischen Hauskanälen und Straßenkanälen nicht in der Weise vollzogen werden kann, daß als Hauskanäle nur solche Kanäle angesehen werden, die sich auf dem Baugrundstück befinden, während Anlagen im Straßengrund jedenfalls Straßenkanäle seien, ergibt sich für die derzeitige Rechtslage aus dem schon mehrfach zitierten Abs. 2 des § 5 des Kanalgesetzes 1955. Diese Gesetzesbestimmung hat aber keine neue Rechtslage geschaffen, sondern nur die bestehende fixiert. Schon in seinem Erkenntnis vom 11. Juli 1894, Slg. Nr. 8025, hat nämlich der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß das im Straßenkörper verlaufende Stück des Hauskanales bis zur Einmündung in den öffentlichen Straßenkanal ein Bestandteil des Hauses sei, zu dessen Herstellung, aber auch dauernder Erhaltung der Eigentümer des Hauses verpflichtet sei. Daß bereits auf Grund der Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1883 der Hauskanal bis zu seiner Einmündung in den Straßenkanal ein Bestandteil des Hauses und vom Baukonsens erfaßt war, ergibt sich auch aus § 18 dieser Bauordnung. In Abs. 2 der Z. 2 dieser Gesetzesstelle heißt es nämlich, daß im Kellerplane die Hauskanäle und Wasserläufe, Senk- oder Düngergruben und der Brunnen, wo ein solcher beantragt wurde, dann der an der Straße oder Gasse vorbeiführende Hauptkanal, in welchen die Hauskanäle einmünden sollen, mit den bezüglichen Profilen gehörig dargestellt werden sollen. Wenn auch in dem dieser Gesetzesstelle entsprechenden § 64 Abs. 2 der Bauordnung aus dem Jahre 1930 nicht mehr ausdrücklich von den Kanälen gesprochen wird, so ist es doch nicht zweifelhaft, daß auch auf Grund der bestehenden Rechtslage in die Baupläne die Hauskanäle und der Straßenkanal, in den eingemündet werden soll, einzuzeichnen sind, weil es in dieser Gesetzesstelle heißt, daß die Pläne im übrigen alles zu umfassen haben, was für die Beurteilung des Bauvorhabens nach den Vorschriften dieser Bauordnung notwendig ist. Hiezu gehören auch die Einrichtungen und Anlagen für die Sammlung und Ableitung der Abfallstoffe und der Niederschlagswässer. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmung des § 86 Abs. 1 der geltenden Bauordnung hinzuweisen, wonach unter den Bauteilen, mit welchen ohne besondere Bewilligung über die Baulinie vorgetreten werden kann, unter lit. f auch die zum Hause gehörigen Zu- und Ableitungen (Kanäle, Gas-, Wasser- und Kabelleitungen u. dgl.) angeführt sind.
Aus dem Zusammenhalt der vorangeführten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, daß unter dem Hauskanal jener Kanal zu verstehen ist, der der Sammlung und Ableitung der auf einer Liegenschaft (einem Bauplatz) anfallenden Abfallstoffe und Niederschlagswässer bis zum Straßenkanal bzw., wo ein solcher nicht vorhanden ist, bis zur Senkgrube und zur Sickergrube dient. Gewiß könnte nun betont werden, daß der Bescheid vom 13. Juni 1929, der an die Rechtsvorgänger des Erstbeschwerdeführers erging, ebenso wie der Bescheid vom 19. Dezember 1929 für die Eigentümer des Hauses S-straße Nr. 82 den "Privatrohrkanal" vom "Hauskanal" unterschied. Der Hauskanal im engeren Sinn ist jene Anlage, die auch erforderlich ist und errichtet werden muß, wenn die Gemeinde etwa in der Straße, an der die Liegenschaft gelegen ist, bereits einen Straßenkanal errichtet hat. Weil aber das Kanalgesetz 1955 eine umfassende Regelung anstrebt und private Anlagen, die nicht nur auf eine kurze Strecke im Einmündungsbereich im öffentlichen Gut liegen, sondern dieses auf eine längere Strecke hin in der Längsrichtung durchziehen und auch geeignet sind, anderen Hauskanälen im engeren Sinn zur Einmündung zu dienen, nicht gesondert geregelt hat, muß der Verwaltungsgerichtshof annehmen, daß diese Anlagen von den Regelungen hinsichtlich der Hauskanäle als Hauskanäle im weiteren Sinne miterfaßt sind. Denn Straßenkanäle sind, wie die Entwicklung zeigt, nur jene Anlagen, die die Stadt Wien zur endgültigen Beseitigung der Abfallstoffe und der Niederschlagswässer über Hauptkanäle, Sammelkanäle und den Hauptsammler bis zum Vorfluter (die Donau) hergestellt hat.
Hinsichtlich der Verpflichtung zur Instandhaltung der Kanäle enthält die Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1883 keine besonderen Bestimmungen. Solche waren auch nicht erforderlich, weil der Hauskanal, wie bereits oben dargestellt wurde, als ein Bestandteil des Hauses angesehen wurde und sich somit auch die Erhaltungspflicht bereits aus den Bestimmungen des § 102 dieser Bauordnung ergab. Diese Gesetzesstelle hatte den folgenden Wortlaut:
"Der Magistrat führ die Aufsicht über den Bauzustand der bestehenden Gebäude und überwacht die genaue Einhaltung der dem Hauseigentümer bezüglich der Erhaltung der Gebäude gesetzlich obliegenden Verpflichtungen; er verfügt die im öffentlichen Interesse oder aus sicherheitspolizeilichen Rücksichten notwendige Beseitigung der an den bestehenden Gebäuden bemerkten Baugebrechen und ordnet erforderlichenfalls die Räumung und Demolierung von Gebäuden und Gebäudeteilen an."
Wenn in dieser Gesetzesstelle von den den Hauseigentümern bezüglich der Erhaltung der Gebäude gesetzlich obliegenden Verpflichtungen die Rede ist, ohne daß diese Verpflichtungen in der Bauordnung näher umschrieben sind, so erklärt sich dies daraus, daß sich diese Verpflichtungen aus den Bestimmungen der §§ 281 - 285 StG und § 1319 ABGB ergaben. die Bestimmung des § 102 der Bauordnung für Wien sollte - wie die ähnlich lautenden Bestimmungen anderer österreichischer Bauordnungen - nur die Zuständigkeit der Baubehörden zur Überwachung des Bauzustandes festsetzen und ihnen darüber hinaus die Möglichkeit zur Erteilung baupolizeilicher Aufträge zur Beseitigung von Baugebrechen geben. Die Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1930 hat diesen unbefriedigenden Zustand beseitigt, indem sie in ihrem § 129 Abs. 2 die den Eigentümer hinsichtlich der Erhaltung der Bauanlagen treffenden Verpflichtungen umschrieb, während Abs. 4 dieser Gesetzesstelle die Befugnis der Behörde zum Einschreiten beim Auftreten von Baugebrechen festlegt. § 129 Abs. 10 aber regelt, daß Abweichungen von Bauvorschriften zu beheben sind und der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen ist. Hinsichtlich der Instandhaltungspflicht ist noch ergänzend darauf hinzuweisen, daß sie nicht den Grundeigentümer, sondern den Eigentümer des Bauwerkes trifft. Dies ergibt sich für den Geltungsbereich der derzeit geltenden Wiener Bauordnung zweifelsfrei aus dem Wortlaut des § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung sowie auch aus der Bestimmung des § 137 Abs. 3, wonach der Eigentümer, der nicht zugleich Bauwerber ist, für alle dieser Bauordnung widersprechenden Zustände auf seiner Liegenschaft haftet, die von dritten Personen mit oder ohne seine Zustimmung hervorgerufen wurden. Der Eigentümer der Liegenschaft wird also in zweiter Linie herangezogen, während der Eigentümer des Bauwerkes in erster Linie einzustehen hat. Aber auch für die Bauordnung aus dem Jahre 1883 war die Rechtslage nicht anders, wie sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1926, Slg. Nr. 14277, ergibt.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die Instandhaltung der Kanäle, und zwar sowohl der Hauskanäle (im engeren und weiteren Sinn) wie auch der Straßenkanäle, dem jeweiligen Eigentümer der Anlage obliegt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieser Kanal auf privatem Baugrund oder im öffentlichen Gut liegt. Wenn es daher im § 5 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1955 heißt, daß die Herstellung und die Instandhaltung der Straßenkanäle der Stadt Wien obliegt, so wurde damit nicht eine neue Rechtslage geschaffen, sondern nur die sich aus den Bestimmungen der Bauordnung ergebende Rechtslage zur Vermeidung von Zweifeln klargestellt. Eine Bestimmung, derzufolge die über das Ausmaß eines Hauskanales im engeren Sinn hinausgehenden Anlagen, die funktionell eine städtische Anlage vertreten, als "Straßenkanäle" übernommen würden, fehlt im Gesetz.
Durch die Bestimmung des § 5 Abs. 3 des Kanalgesetzes 1955 über die Rechtsverhältnisse an gemeinsamen Kanalanlagen, eine Bestimmung, die sich in ähnlicher Form bereits in dem Kanalgesetz 1933 findet, ist anders als durch den § 5 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1955 die Rechtslage geändert worden. Ein Bedürfnis nach der Errichtung gemeinsamer Kanalanlagen bestand bereits vor dem Jahre 1933. Auch war es nicht selten, daß ein Liegenschaftseigentümer, ohne hiezu verpflichtet zu sein, in den städtischen Kanal (Straßenkanal) einzumünden beabsichtigte. In dieser Hinsicht war die Rechtslage weitgehend unklar. Die Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1883 bestimmte nämlich in ihrem § 57, wie schon ausgeführt, nur, daß die Kanäle und Rohrleitungen mit dem Straßenkanal in entsprechende Verbindung zu bringen seien. Im letzten Absatz der Gesetzesstelle hieß es, wie gleichfalls schon angeführt, daß in jenen Stadtteilen, für welche eine Unratsabfuhr (Tonnensystem) angeordnet oder zugelassen wird, bei Neubauten der Bauherr außer der Herstellung eines Hauskanales oder einer Rohrleitung für das Niederschlags- und Spülwasser die zur Durchführung des genannten Systems notwendigen Baulichkeiten nach Angaben der Baubehörde herzustellen hat. Im Abs. 1 des § 58 der zitierten Bauordnung war weiters, wie schon angeführt, bestimmt, daß bei Bauten in Stadtteilen oder an Straßen, in welchen noch kein Hauptkanal besteht, ausnahmsweise bis zur Erbauung eines solchen, die Herstellung von Senkgruben gestattet ist. Aus diesen Bestimmungen hat man geschlossen, daß der Eigentümer einer bebauten Liegenschaft nur dann verpflichtet ist, in den Straßenkanal einzumünden, wenn dieser unmittelbar vor seiner Liegenschaft vorbeiführt. Auch hier hat erst die Bauordnung aus dem Jahre 1930 die notwendige Klarheit geschaffen, indem sie in dem nur nicht mehr geltenden § 93 Abs. 2 bestimmte, daß von Baulichkeiten auf Grundstücken, die von einem Straßenunratskanal nicht mehr als 30 m entfernt sind, die Niederschlagswässer und Schmutzwässer sowie die Fäkalien in den Kanal abgeleitet werden müssen. (Diese Frage ist nun im § 2 des Kanalgesetzes 1955 in der Weise geregelt, daß von Baulichkeiten auf Bauplätzen alle Abwässer unterhalb der Verkehrsflächen in den Kanal geleitet werden müssen, wenn der Bauplatz von einem bei der Bauführung bereits bestehenden Kanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 20 m entfernt ist. Dieselbe Verpflichtung zur Einmündung tritt ein, wenn der Straßenkanal nach Errichtung der Baulichkeit hergestellt wird.) Wenn daher vor dem Wirksamkeitsbeginn der Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1930 ein Liegenschaftseigentümer die Niederschlagswässer und die Abwässer in das städtische Kanalnetz einzuleiten beabsichtigte ohne hiezu verpflichtet zu sein, dann wurde ihm für diese Bauführung eine Baubewilligung erteilt und es wurden die Rechtsverhältnisse in der Form von Auflagen des Baubewilligungsbescheides geregelt. Entsprechend der damaligen Rechtsansicht hat man die Rechtsverhältnisse mangels entsprechender gesetzlicher Grundlagen so gestaltet, wie es den öffentlichen Bedürfnissen am besten zu entsprechen schien. So ist man auch im vorliegenden Fall vorgegangen. Der mehrfach zitierte Bescheid vom 13. Juni 1929 enthält nämlich in seinen Punkten 7 und 8 Vorschreibungen, die sich auf keinerlei gesetzliche Grundlage stützen lassen, von den Bauwerbern aber unwidersprochen hingenommen wurden. Sie dürften als eine Gegenleistung für die Erlaubnis der Einmündung in den städtischen Kanal gewertet worden sein. Wenn nämlich keine Verpflichtung zur Einmündung in den städtischen Unratskanal bestand, dann war damals die Stadt Wien wohl auch nicht verpflichtet, den Liegenschaftseigentümer einmünden zu lassen. Die Verpflichtungen, die die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers übernahmen, waren, wie im Sachverhalt angeführt, einerseits die Duldung der Einbringung der Niederschlagswässer von der öffentlichen Verkehrsfläche, anderseits die Duldung des Anschlusses der Kanäle anderer Liegenschaften, wobei allerdings die Verpflichtung bestand, an den Erbauer des Kanales einen Baukostenbeitrag zu leisten.
In dieses durch den vorangeführten Bescheid begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer als Eigentümer der seinerzeit von den Eheleuten Dr. J errichteten Anlage und den Eigentümern jener Liegenschaft, die in diese Anlage eingemündet haben, hat die auf einer höheren Stufe stehende Norm des § 5 des Kanalgesetzes vom Jahre 1933 und nun die Bestimmung des § 5 Abs. 3 des Kanalgesetzes 1955 eingegriffen. In beiden gesetzlichen Bestimmungen wurde nämlich die Verpflichtung der Liegenschaftseigentümer zur gemeinsamen Erhaltung der gemeinsamen Teile der Kanalanlage ausgesprochen. Die bisherigen Ausführungen zeigen schon, daß die Beschwerdeführer nicht im Recht sind, wenn sie u. a. aus der Forderung von Kanaleinmündungsgebühren für die Einmündung in den von den Eheleuten Dr. J errichteten Kanal ableiten wollen, die Anlage müsse als Straßenkanal gewertet werden. Wie im angefochtenen Bescheid hiezu richtig ausgeführt wurde, kann die Kanaleinmündungsgebühr nach § 7 des Kanalgesetzes 1955 auch für einen mittelbaren Anschluß vorgeschrieben werden. Nun ist freilich einzuräumen, daß eine Unbilligkeit darin gelegen ist, daß Rechtsnachfolgern von Eigentümern, die seinerzeit aus Privatinitiative, ohne hiezu verpflichtet zu sein, eine Kanalanlage geschaffen haben, die gewisse Funktionen eines städtischen Kanals sozusagen stellvertretend erfüllt, auf Dauer Belastungen erwachsen sollen, obwohl die Anlage diese öffentlichen Funktionen erfüllt und die Besiedlung sich so entwickelt hat, daß die Notwendigkeit einer städtischen Anlage zu bejahen wäre. Diesem Gedankengang entsprach auch der während des Verfahrens von Organen der Stadt Wien gestellte Antrag, den Straßenkanal bis zum Haus Nr. 80 zu errichten. Dieser Antrag wurde aber vom zuständigen Stadtrat abgelehnt. Obwohl die damit gescheiterte Lösung gewiß die einzig befriedigende gewesen wäre, erscheint sie dem Verwaltungsgerichtshof doch rechtlich nicht erzwingbar. Weder aus dem § 77 Z. 3 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien noch aus dem § 5 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1955 kann nämlich nach dem Wortlaut dieser Anordnungen ein subjektives öffentliches Recht der Liegenschaftseigentümer auf die Errichtung von Straßenkanälen oder auf die Ersetzung bisheriger privater Anlagen durch öffentliche Anlagen abgeleitet werden, zumal jede Umschreibung eines solchen Anspruches fehlt.
Ein weiterer Beschwerdepunkt ist darin gelegen, daß nach Meinung des Erstbeschwerdeführers die Feststellungen über das Vorliegen einer Konsenswidrigkeit unzureichend seien. Der Verwaltungsgerichtshof kann dieser Anschauung nicht folgen. Die Pläne der seinerzeitigen Bauführung zeigen, daß durchgehend ein Gefälle von 2 % vorgesehen war. Die nunmehrigen Feststellungen haben ergeben, daß dieses Gefälle nicht eingehalten ist. Die Feststellung einer ordnungsgemäßen Herstellung, die im Jahre 1929 erfolgte, soll nun nach der in der Beschwerde vertretenen Auffassung die rechtliche Rüge der Abweichung von den Plänen ausschießen. Es handelt sich bei dem Schriftstück, auf das hier Bezug genommen wird, um einen Bericht des Stadtbauamtes Wien, Abteilung 31, über die Kanal- oder Rohrleitung. In dem Formular ist ein Abschnitt für die Angabe des Gefälles in Millimetern enthalten. Es heißt dort "1,50 mm bis 300 mm". Im Abschnittbefund des Kanalaufsehers heißt es "in Ordnung durchgeführt". Es liegt somit keine Benützungsbewilligung in einem Sinne vor, die der nunmehrigen Regelung des § 128 der Bauordnung für Wien entsprechen würde. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, müßte auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen werden, derzufolge die anstandslos verlaufene "Benützungsbewilligungskommission" kein Recht auf die "fortwährende Benützung eines Bauobjektes ohne Rücksicht auf nachträglich zutage getretene Mängel begründet". (Erkenntnis vom 12. Dezember 1907, A II 5568). Die Beweiskraft des Befundberichtes aber hat die belangte Behörde als durch ihre eigenen Feststellungen und Erwägungen erschüttert angesehen. Der Verwaltungsgerichtshof konnte nicht finden, daß es unschlüssig ist, wenn die Behörde in der Überzeugung, daß eine so weitgehende Verschiebung der Gefällssituation im Laufe der Zeit nicht eintreten könne, zu der Anschauung gelangte, die Feststellung der ordnungsgemäßen Herstellung müsse irrtümlich erfolgt sind. Im besonderen ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde gerade auch wegen noch bestehender Unklarheiten in dieser Frage zunächst kassatorisch entschied, während dann in dem nun zu prüfenden Berufungsverfahren ein Lageplan mit näheren Angaben und entsprechenden Erläuterungen zur Verfügung stand. Die immerhin von fachkundiger Seite stammende Äußerung, daß das Maß der Abweichung durch Zeitschäden nicht erklärlich sei, hat der Erstbeschwerdeführer nicht durch ein im gleichen Maße fachkundiges Urteil entkräftet.
Der Erstbeschwerdeführer macht auch geltend, daß hinsichtlich des Punktes I des angefochtenen Bescheides (Auftrag nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien) nicht er allein zur Verantwortung zu ziehen war. Daß vielmehr, wenn überhaupt jemand anderer als die Stadt, alle interessierten Personen auch für diese Arbeiten einstehen müßten. Diese Anschauung ist unzutreffend. Die Verantwortung für die Konsensmäßigkeit der Herstellung trifft den Rechtsnachfolger jener Personen, die das Bauwerk errichtet haben. Der § 5 des Kanalgesetzes 1955 zitiert ausdrücklich den § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien und nimmt auf die Pflichten nach § 129 Abs. 10 keinen Bezug.
Die Beschwerdeführer machen aber auch geltend, daß im Abschnitt II des Bescheides Anträge enthalten seien, die den Kanalteil zwischen S-straße 80 und 82 sowie das Putzstück und das gebrochene Rohr vor der Liegenschaft S-straße 82 beträfen. Der Beschwerdeführer Dr. M spricht davon, daß er bei Wahrung seines Rechtsstandpunktes doch jedenfalls nicht zur Instandsetzung für ein Bauwerk herangezogen werden könne, das er weder hergestellt noch benützt habe. Die Zweitbeschwerdeführerin ist gleichfalls der Anschauung, der Auftrag II umfasse "quasi als Draufgabe" eine Solidarhaftung für einen wirklichen Hauskanalanteil, der nicht allen Beschwerdeführern diene. Dem hält die belangte Behörde entgegen, daß die gegenständliche Kanalanlage als Ganzes eine den Eigentümern verschiedener Liegenschaften dienende sei, dies unabhängig davon, ob ein Teil derselben dem einen oder dem anderen Liegenschaftseigentümer diene. Diese Vorgangsweise der Behörde erweise sich gerade wegen des gesetzlichen Hinweises auf das Rückgriffsrecht der Benützer einer Anlage als gerechtfertigt. Die Festlegung des Rückgriffsrechtes wäre überflüssig, wenn nur die tatsächlich allen Mitbenützern dienenden Teile einer gemeinsamen Anlage unter diese Bestimmungen fallen würden. Es sei der Zweck dieser Bestimmung, der Baubehörde die Möglichkeit zu geben, für eine rasche Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit einer solchen Anlage vorzusorgen, ohne erst lange Untersuchungen darüber anstellen zu müssen, welchem Mitbenützer jeder einzelne Teil der Anlage tatsächlich diene. Hiezu ist folgendes zu sagen: Das Gesetz legt eine Verpflichtung zur ungeteilten Hand unbeschadet des Rückgriffrechtes untereinander fest. Dies allerdings unter der Voraussetzung, daß ein Hauskanal den Eigentümern verschiedener Liegenschaften dient. Nun wurde aber das Stück des Privatrohrkanales, das die Eigentümer des Hauses Nr. 82 errichteten, nur in deren Interesse errichtet; nach der Aktenlage ist eine Einmündung anderer Hauskanäle in dieses Stück nicht erfolgt. Faktisch dient also jenes Stück der Leitung, das die Verbindung von der Liegenschaft Nr. 82 zu dem von den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers hergestellten Kanal bewerkstelligt, nur den Eigentümern des Hauses Nr. 82. Die belangte Behörde ist, wie schon gesagt, der Meinung, alles sei nun als Einheit zu werten. Der Gerichtshof kann diese Anschauung nicht teilen. Die Privatanlage, die die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers schufen, dient allen jenen Eigentümern, die ihre Hauskanäle in sie eingemündet haben. Die Privatanlage der Hauseigentümer des Hauses Nr. 82 dient, wie gesagt, nach der Aktenlage nur diesen. Sie ist auch in einem eigenen Bescheid geregelt. Die Annahme, daß die technische Einheit entscheidend sei, kann aus dem Gesetz nicht begründet werden.
Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid nur insofern wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, als er die Haftung der verschiedenen Parteien des Verfahrens für die Instandsetzung jener Teile der Anlage festlegt, die nur mit der Liegenschaft S-straße Nr. 82 zusammenhängen. Im übrigen waren die Beschwerden, abgesehen von der im Spruch enthaltenen Teilzurückweisung, als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 14. Dezember 1964
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