VwGH 1904/67

VwGH1904/679.6.1968

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Leibrecht und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Magistratskommissär Dr. Macho, über die Beschwerde der R R S in W, vertreten durch Dr. Werner Mäntler, Rechtsanwalt in Wien I, Annagasse 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 24. Oktober 1967, Zl. MDR‑B XXII‑42/67, betreffend einen Instandsetzungsauftrag nach § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1968:1967001904.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ. nn des Grundbuches der Katastralgemeinde Kagran (Wien, G‑gasse 23), eines im Jahre 1903 errichteten Wohnhauses mit insgesamt 39 Wohnungen, von denen jedoch im Jahre 1921 alle im Souterrain gelegenen in Werkstättenräume umgewidmet worden waren. Am 27. November 1964 stellte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien ‑ MA 37 ‑ einen Antrag, von Amts wegen die „Wirtschaftlichkeit einer Gesamtinstandsetzung zu untersuchen und die sich hieraus ergebenden Aufträge zu erteilen“. Diesem Ansuchen war ein Gutachten der Architekten Dipl.‑Ing. C. K. und Dipl.‑Ing. G. K angeschlossen, das die Gesamtkosten für eine Instandsetzung mit S 1,171.774,17 beziffert hatte. (Dabei waren auch die Kosten für eine Herstellung des Gehsteiges, eine Isolierung des Kellermauerwerkes, die Umwandlung der bisher offenen Aborte in Wasserspülaborte und die Neuerrichtung der Hofstützmauer vorgesehen.) Dem wurde gegenübergestellt, daß die von den Mietern benützten Bestandräumlichkeiten nur einen Jahresmietzins von S 6.676,‑ ‑ ergeben würden, sodaß sich im Falle einer Instandsetzung im normalen Berechnungsverfahren nach § 7 Mietengesetz eine Erhöhung des Hauptmietzinses auf das rund 24‑fache ergeben würde, was jedoch wirtschaftlich nicht mehr zumutbar wäre. Der Magistrat der Stadt Wien holte zu diesem Ansuchen ein Gutachten der Mag.Abt. 25 ein. Diese schätzte zunächst ‑ wie aus den Verwaltungsakten zu ersehen ist ‑ die Kosten für die Instandsetzung mit S 820.274,‑ ‑, reduzierte diese jedoch nach einer neuerlichen Schätzung auf rund S 650.000,‑ ‑. Im Gutachten über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Instandsetzung wurde ausgeführt, daß sich unter der Annahme der Durchführung eines Verfahrens nach § 7 MG der Hauptmietzins bei einem normal verzinslichen Darlehen auf das rund 12,2‑fache, bei einem zinsenfreien Darlehen aus dem Hausreparaturfonds mit einem Rückzahlungszeitraum von zehn Jahren auf das 8,62‑fache erhöhen würde. Diese Zinserhöhung sei nicht so hoch, daß die Bestandgegenstände im Gebäude bei Bedachtnahme auf ihre Lage und vor allem mit Rücksicht auf den Umstand, daß auch in den kommenden Jahren ein gesteigerter Bedarf an billigen Kleinwohnungen und Geschäftslokalen bestehen bleiben werde, ihre Vermietbarkeit innerhalb des Rückzahlungszeitraumes verlieren würden. Obgleich sich die „3‑er‑Kommission“ für die Erhaltung der Liegenschaft ausgesprochen habe, sei die MA 25 jedoch der Ansicht, daß ein Kostenaufwand von rund S 650.000,‑ ‑ für ein Objekt mit außerordentlich minderwertigen Kleinstwohnungen mit ca. 40 m2 und Zugang durch den Keller mit einem Zinsvielfachen von 8,62 einen Grenzfall darstelle. Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten aus, daß darin für eine Reihe von Arbeiten, darunter die Gehsteigherstellung, die Isolierung des Kellermauerwerkes gegen Feuchtigkeit, die Instandsetzung der Stiegenläufe, die Umwandlung der offenen Aborte in zeitgemäße, die Instandsetzung der Waschküche, und die Neuherstellung der Hofstützmauer, die entsprechenden Kosten nicht berücksichtigt worden seien und das Gutachten außerdem bei Punkt B einen Rechenfehler enthalte, da es statt S 25.000,‑ ‑ richtig S 88.000,‑ ‑ heißen müsse, wodurch sich die Endsumme von S 647.884,‑ ‑ auf S 710.884,‑ ‑ erhöhe und damit auch das Zinsvielfache verändere. Weiters seien in dem Gutachten auch keine Bauüberwachungskosten berücksichtigt worden.

Am 9. März 1965 fand an Ort und Stelle eine mündliche Verhandlung statt, bei der an dem gegenständlichen Haus umfangreiche, teils schwere, in 31 Punkten festgehaltene Baugebrechen festgestellt wurden. Der bei der Verhandlung anwesende sanitätspolizeiliche Amtssachverständige bezeichnete 12 Wohnungen des Hauses als gesundheitsschädlich. Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab hiezu die Erklärung ab, daß die behördliche Feststellung der Baugebrechen nicht bestritten werde, wendete jedoch ein, daß die Instandsetzung des Gebäudes auf Grund des Kostenvoranschlages unwirtschaftlich sei. Bei den laut Kostenvoranschlag geschätzten Kosten müsse noch die inzwischen eingetretene Preissteigerung berücksichtigt werden. Auch sei die bei der Verhandlung für notwendig erachtete umfangreiche Isolierung des Mauerwerkes im Kostenvoranschlag gar nicht berücksichtigt worden. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin die Vertagung der Verhandlung zur Feststellung der behaupteten Unwirtschaftlichkeit. Die MA 25 nahm am 1. März 1967 zu den bisher im Verfahren vorgebrachten Einwendungen der Beschwerdeführerin neuerlich Stellung. Sie führte darin aus, daß eine Gehsteigherstellung in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt werden könne und daß eine Isolierung des Kellermauerwerkes im Umfang des von der Beschwerdeführerin eingeholten Kostenvoranschlages nicht unbedingt notwendig sei. Die Umwandlung der offenen Aborte in Wasserspülaborte könne nicht zwingend vorgeschrieben werden, weshalb diese Arbeiten in der Kostenschätzung unberücksichtigt geblieben seien. Das gleiche gelte für die Hofstützmauer. Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Rechenfehler sei darauf zurückzuführen, daß in der Kostenschätzung der MA 25 bei Post 1 (Zimmermann) statt richtig S 7.000,‑ ‑ irrtümlich ein Betrag von S 70.000,‑ ‑ eingesetzt worden sei. Es bleibe daher die Summe des Zinsvielfachen unverändert.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien ‑ MA 37 ‑ vom 25. April 1967 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien umfangreiche, insgesamt 31 Punkte umfassende Bauaufträge erteilt, die alle ‑ ausgenommen das Abschlagen der lockeren Verputzteile der Fassaden und deren Neuverputzung ‑ binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides in Angriff zu nehmen und ohne unnötige Unterbrechung zu beenden wären. In der Begründung des Bescheides wurde das gesamte bereits dargestellte Ermittlungsverfahren, insbesondere das Gutachten der MA 25 über die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzungsarbeiten wiedergegeben, wobei auch die diesem Gutachten zugrunde gelegte Schätzung der Kosten mit rund S 650.000,‑ ‑ und die sich daraus ergebende Zinserhöhung auf das 8,62‑fache festgehalten wurde. Eine Auseinandersetzung mit dem von der Beschwerdeführerin beigebrachten Gutachten über die Kosten einer Instandsetzung des Hauses (S 1,171.774,17) sowie darüber, wieso es zur Reduzierung der von der MA 25 ursprünglich mit S 820.274,‑ ‑ geschätzten Koster auf nunmehr rund S 650.000,‑ ‑ gekommen ist, enthielt der Bescheid nicht. In ihrer dagegen eingebrachten Berufung machte die Beschwerdeführerin diesen Mangel in erster Linie geltend. Weiters brachte sie vor, daß die letzte Kostenschätzung der MA 25 überhaupt nicht überprüfbar sei, da sie keinerlei Detaillierung der einzelnen Positionen enthalte. Der Bescheid enthalte überdies Vorschreibungen, die in der Kostenschätzung der MA 25 überhaupt nicht berücksichtigt worden seien. Diese Kosten würden sich laut den der Berufung beigelegten Gutachten der von der Beschwerdeführerin beauftragten Architekten auf weitere S 358.690 belaufen, müßten also zu den geschätzten S 650.000,‑ ‑ noch dazugeschlagen werden. Unter Berücksichtigung der inzwischen seit April 1965 eingetretenen 20%igen Lohn‑ und Preiserhöhung, der Kosten für die Bauüberwachung sowie der Geldbeschaffungskosten in der Höhe von 6 % würden sich damit selbst auf der Basis des Gutachtens der MA 25 die Instandsetzungskosten auf insgesamt S 1,240.270,‑ ‑ erhöhen. Unter Zugrundelegung eines Friedenskronenzinses von K 7.788 würde sich daher nach einem § 7 Mietengesetz‑Verfahren eine Erhöhung des Hauptmietzinses auf das 25‑fache ergeben. Aber selbst wenn man vollinhaltlich der Kostenschätzung der MA 25 folgen würde, so wäre, da nur von einem normal verzinslichen Darlehen ausgegangen werden könne, bei einer Erhöhung der Friedenszinse auf das 12,5‑fache die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzung keinesfalls mehr gegeben. Abschließend stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, den erstinstanzlichen Bescheid dahin abzuändern, daß ihr als Hauseigentümerin gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt werde, das Haus binnen zwölf Monaten zu räumen und nach erfolgter Räumung unverzüglich abtragen zu lassen, allenfalls der Baubehörde erster Instanz eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens aufzutragen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 24. Oktober 1967 behob die Bauoberbehörde für Wien die erteilten Bauaufträge, soweit sie die Herstellung des Gehsteiges und der Kanalanlagen zum Gegenstand hatten, sowie den Auftrag, eine Tür zum Parteienkeller zu vergrößern, gab aber im übrigen der Berufung keine Folge und sprach aus, daß der Bescheid auch auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien gestützt werde. Zur Begründung des Bescheides ‑ soweit mit ihm die Berufung abgewiesen worden ist ‑ wurde ausgeführt, daß auf Grund der festgestellten und von der Beschwerdeführerin unbestrittenen Baugebrechen zufolge § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien Maßnahmen erforderlich seien, diese zu beseitigen, sei es im Wege einer Instandsetzung, sei es im Wege einer Abtragung der Baulichkeit. Die Überprüfung eines baupolizeilichen Auftrages auf seine wirtschaftliche Zumutbarkeit komme nur dann in Betracht, wenn die Frage zu entscheiden sei, ob ein Gebäude wegen festgestellter Baugebrechen abzutragen oder instandzusetzen ist, nicht aber schon dann, wenn Instandsetzungsarbeiten durchzuführen seien und der Eigentümer selbst nicht an den Abbruch der Baulichkeit denke. Ob der Eigentümer an den Abbruch der Baulichkeit denke, müsse aus seinem ganzen Verhalten abgeleitet werden. Wenngleich nun die Beschwerdeführerin bereits im Jahre 1964 einen Antrag auf Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Instandsetzung des Wohnhauses gestellt habe, so habe sie doch nichts Entscheidendes getan, um zu beweisen, daß sie ernstlich gewillt sei, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln die schweren und gefahrbringenden Baugebrechen zu beseitigen. Sie habe bisher weder eine Kündigung gegen die Bestandnehmer der Baulichkeit wegen wirtschaftlicher Abbruchreife noch ein Ansuchen um Erteilung einer Abbruchbewilligung eingebracht. Es habe sich daher ein näheres Eingehen auf das Berufungsvorbringen erübrigt, weil die belangte Behörde nicht verpflichtet gewesen sei, zu prüfen, ob ein Instandsetzungsauftrag dem Hauseigentümer wirtschaftlich zumutbar sei. Für die Frage der Instandsetzungswürdigkeit einer Baulichkeit komme es keinesfalls darauf an, ob die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzung gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Über die Beschwerde und die hiezu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Abweisung der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat die belangte Behörde im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin ihre Absicht, das Gebäude abzutragen, nicht dargetan habe, weil sie weder die Bestandnehmer wegen wirtschaftlicher Abbruchreife aufgekündigt, noch ein Ansuchen um Abtragungsbewilligung eingebracht habe, sodaß die wirtschaftliche Zumutbarkeit des Instandsetzungsauftrages nicht zu prüfen gewesen sei.

Diese Rechtsansicht bekämpft die Beschwerdeführerin und bringt hiezu vor, es sei wohl richtig, daß die Frage, ob der Eigentümer an den Abbruch einer Baulichkeit denke, aus seinem gesamten Verhalten abgeleitet werden müsse. Gerade dies sei aber im vorliegenden Fall eindeutig gegeben. Schon im Jahre 1964 habe die Beschwerdeführerin durch den Antrag auf Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Instandsetzung des gegenständlichen Wohnhauses eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie den Abbruch des Gebäudes anstrebe. Das gesamte Verhalten der Beschwerdeführerin seither lasse gleichfalls keine andere Auslegung zu. Die Vorlage der Kostenvoranschläge, die Errechnung des 22,2‑fachen des Friedenzinses in einem § 7 Mietengesetz‑Verfahren, die Haltung, die im Rechtsmittelverfahren eingenommen worden sei, würden eindeutig dafür sprechen, daß die Beschwerdeführerin schon seit Jahren wegen Unwirtschaftlichkeit der Instandsetzung des Gebäudes dessen Abtragung anstrebe. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß die Beschwerdeführerin bis jetzt keine Kündigung der Mieter wegen wirtschaftlicher Abbruchreife eingebracht und nicht um die Erteilung einer Abbruchbewilligung angesucht habe. Die Erteilung einer Abbruchbewilligung sei implicite mit dem Antrag auf Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Instandsetzung verbunden. Es wäre ein Pleonasmus gewesen, formell sowohl um die Erteilung einer Abbruchbewilligung anzusuchen als auch um Erteilung eines Abbruchauftrages. Da die Beschwerdeführerin jahrelang das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens habe abwarten müssen, in der sicheren Erwartung, daß ein positiver Bescheid ergehen werde, habe sie aus reinen Zweckmäßigkeitsgründen und um nicht den Mietern vermeidbare Prozeßkosten aufzuhalsen, mit der Einbringung einer Kündigung wegen wirtschaftlicher Abbruchreife zugewartet. Die Beschwerdeführerin kann damit nicht durchdringen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa das Erkenntnis vom 10. Juni 1968, Zl. 1435/67) kommt eine Überprüfung eines baupolizeilichen Auftrages auf seine wirtschaftliche Zumutbarkeit hin nur dann in Betracht, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob ein Gebäude wegen festgestellter Baugebrechen abzutragen oder instandzusetzen ist, nicht aber schon dann, wenn irgendwelche Instandsetzungsarbeiten durchzuführen sind und der Eigentümer selbst nicht ernsthaft an den Abbruch der Baulichkeiten denkt. Ob eine solche Absicht besteht, ist, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach, so auch in dem Erkenntnis vom 21. Dezember 1964, Zl. 1658/64, ausgesprochen hat, aus dem gesamten Verhalten des Eigentümers zu beurteilen. In dem Erkenntnis vom 13. Juni 1966, Zl. 1949/65, schließlich hat der Gerichtshof ausgeführt, daß die Behörde nicht gehalten ist, eine Überprüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eines Instandsetzungsauftrages durchzuführen, wenn der Eigentümer weder einen Antrag auf Erteilung einer Abtragungsbewilligung gestellt, noch die Bestandverträge wegen wirtschaftlicher Abbruchreife aufgekündigt hat. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlaß.

Die Absicht des Eigentümers, ein Gebäude abzutragen, entzieht sich als psychischer Vorgang jeder unmittelbaren Erkenntnis dritter Personen. Eine solche Absicht kann daher immer nur aus dem Verhalten des Eigentümers erschlossen werden. Es ist zweifellos ein Indiz für die Absicht des Eigentümers, ein Gebäude abzutragen, wenn er von der Behörde die Überprüfung des Bauzustandes des Gebäudes begehrt und in dem darüber abgewickelten Verwaltungsverfahren den Nachweis zu führen versucht, daß ihm eine Instandsetzung wirtschaftlich nicht zugemutet werden könne. Ein viel überzeugenderes Argument für die Abtragungsabsicht ist aber ein Ansuchen um die Erteilung einer Abbruchbewilligung und eine Aufkündigung der Bestandverträge wegen wirtschaftlicher Abbruchreife. Ist nämlich die wirtschaftliche Abbruchreife gegeben (siehe zu diesem mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit eines Instandsetzungsauftrages nicht zu verwechselnden Begriff die Entscheidungen Miet.Slg. Nr. 8144, 7345, 7344, 5828 u. a. m.) dann muß der Kündigung stattgegeben werden. Ebenso besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Abtragungsbewilligung. Dies ist die Möglichkeit, die die Rechtsordnung dem Eigentümer unabhängig von einem Einschreiten der Baubehörde zur Verfügung stellt, um seine Absicht, ein Haus abzutragen, weil dessen Instandsetzung wirtschaftlich nicht mehr gerechtfertigt ist, durchzusetzen.

War demnach im vorliegenden Falle die wirtschaftliche Zumutbarkeit eines Instandsetzungsauftrages mangels Ansuchens um Abtragungsbewilligung und gerichtlicher Aufkündigung der Mieter nicht zu prüfen, dann gehen die weiteren Beschwerdeausführungen, die sich mit der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eines zu erteilenden Instandsetzungsauftrages befassen, ins Leere. Unbegründet ist auch die Frage der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ‑ Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör ‑, da der allein maßgebliche Sachverhalt unbestritten ist.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, 9. Juni 1969

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