VwGH 0732/67

VwGH0732/672.2.1968

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Sektionsrates Dr. Walter, über die Beschwerde der Firma E P, Kommanditgesellschaft in W, vertreten durch Dr. Josef Schweighofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerstraße 37, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Februar 1967, Zl. GA VII‑916/2/67, betreffend Haftung für Umsatz‑ und Gewerbesteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §14 Abs1
BAO §248
BAO §277
EStG 1953 §16 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1968:1967000732.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.210,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Offene Handelsgesellschaft „Sch.“, B‑warenfabrik S. St. in W, die zuletzt im Alleineigentum des L. St. stand, schloß am 31. August 1960 einen Pachtvertrag mit der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft, wonach sie dieser Firma ihr Unternehmen „mit sämtlichen Räumlichkeiten, der vorhandenen maschinellen Einrichtung und allen wie immer Namen habenden Anlagen“ für die Zeit vom 1. September 1960 bis 31. August 1961 verpachtete. Für den Fall einer von der Verpächterin in Aussicht genommenen Verlängerung des Pachtvertrages wurde der Pächterin ein Vorpachtrecht eingeräumt. Die Pächterin verpflichtete sich, einen monatlichen Pachtschilling im Betrage von S 70.000,‑‑ für das Pachtjahr im vorhinein, somit den Betrag von S 840.000,‑‑ bei Übernahme des Pachtgegenstandes zu bezahlen. Sie verpflichtete sich weiters, die Vorräte an Betriebsmaterialien, Halb‑ und Fertigwaren zu übernehmen und das Entgelt hiefür der Verpächterin gleichzeitig mit dem Pachtschilling zu entrichten.

Der Gesellschafter der Verpächterin, L. St., verpflichtete sich im Pachtvertrage, „die Pächterin in den von ihr bisher nicht ausgeübtem Erzeugungsbetrieb der fabriksmäßigen Herstellung von Matratzen, Bettwaren und Polstermöbeln einzuführen, ihr alle seine technischen und kaufmännischen Erfahrungen zur Verfügung zu stellen, insbesondere die Verbindung zum Kundenstock herzustellen, damit die Kontinuität in Erzeugung, Verkauf und Kundenbetreuung durch die Pachtnahme nicht gestört wird“, wogegen sich die Pächterin verpflichtete, an L. St. ein Konsulentenhonorar von S 18.000,‑‑ monatlich zu bezahlen.

Gleichfalls am 31. August 1960 wurde zwischen den beiden genannten Gesellschaften auch ein Optionsvertrag abgeschlossen, in welchem die Firma „Sch.“ der beschwerdeführenden Firma das Recht der Erwerbung des Unternehmens einräumte, wobei als Kaufpreis „für Maschinen, Anlagen samt Zubehör, Einrichtungen und Betriebsbestehenswert (good will)“ ein Gesamtbetrag von S 1,150.000,‑‑ vereinbart wurde. Das Optionsrecht mußte bis spätestens 30. Juli 1961 ausgeübt werden. Als Entgelt für die Einräumung des Optionsrechtes wurde ein Betrag von S 50.000,‑‑ vereinbart, dessen Erhalt L. St. im Optionsvertrag bestätigte.

Die Beschwerdeführerin übte das ihr eingeräumte Optionsrecht termingerecht am 30. Juli 1961 aus, worauf das gepachtete Unternehmen in ihr Eigentum überging.

L. St. besaß auch noch eine zweite Betriebsstätte in N. bei Salzburg, die er noch bis zum 30. Juni 1961 selbst weiterführte. An diesem Tage veräußerte er jedoch auch diesen Betrieb an die Beschwerdeführerin, wobei diese die Geschäftsräumlichkeiten, die Maschinen und das vorhandene Warenlager übernahm.

Im Zuge einer bei der Firma “Sch.“ ‑ B‑warenfabrik (Alleininhaber L. St.) im Dezember 1964 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer u. a. offene Verbindlichkeiten an Umsatz‑ und Gewerbesteuer für die Jahre 1960 und 1961 in der Gesamthöhe von S 368.748,‑‑ fest. Da der Alleininhaber L. St. inzwischen am 30. Juli 1964 verstorben war, erließ das Finanzamt am 3. Juni 1965 hinsichtlich dieser Verbindlichkeiten an die beschwerdeführende Gesellschaft einen Haftungsbescheid, den es im Hinblick auf die im Jahre 1961 eingetretene Übereignung des Unternehmens auf § 14 BAO. stützte. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte dabei insbesondere aus, daß sie ab 1. September 1960 den Geschäftsbetrieb der Wiener Niederlassung der Firma „Sch.“ pachtweise übernommen habe. Mit diesem Tage habe die Wiener Niederlassung dieser Firma zu bestehen aufgehört, sodaß für diesen Betrieb ab 1. September 1960 weder eine Umsatzsteuer noch eine Gewerbesteuer habe vorgeschrieben werden können. Auf keinen Fall könne sich aber im Hinblick auf die Einstellung des Wiener Betriebes der Firma „Sch.“ aus der käuflichen Übernahme des Anlagevermögens am 31. August 1961 eine Haftungspflicht der Beschwerdeführerin für Steuerbeträge ergeben, die erst nach der pachtweisen Übernahme des Wiener Geschäftsbetriebes angefallen seien und größtenteils aus dem Geschäftsbetrieb in N. bzw. aus Pachteinnahmen und aus den an L. St. persönlich bezahlten Konsulentenhonoraren resultierten. Hinsichtlich des Betriebes in N. bestehe für die Beschwerdeführerin überhaupt keine Haftpflicht, weil dieser Betrieb liquidiert worden sei und die Beschwerdeführerin aus der Liquidation lediglich die Geschäftsräume, die Maschinen und das vorhandene Warenlager übernommen habe, während der bisherige Geschäftsführer des Betriebes in N. fast das ganze Personal übernommen und mit diesem an einem anderen Standort den bisherigen Geschäftsbetrieb weitergeführt habe.

Über diese Berufung entschied zunächst das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 18. März 1966, mit der es der Berufung teilweise stattgab, wobei es insbesondere ein Umsatzsteuerguthaben von S 41.818,‑‑ berücksichtigte und die Umsatzsteuerhaftung um einen weiteren Betrag von S 10.692,‑‑ an Umsatzsteuer für offene Forderungen der Firma „Sch.“. einschränkte, die erst nach dem Verkauf dieser Firma an die Beschwerdeführerin bei L. St. eingegangen waren.

Die Beschwerdeführerin gab sich jedoch mit dieser Berufungsvorentscheidung nicht zufrieden und beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Sie brachte dabei, noch ergänzend vor, daß sie an dem Betrieb in N. in keiner Weise interessiert gewesen sei; es sei jedoch notwendig gewesen, daß vor der käuflichen Übernahme der Firma „Sch.“ in Wien kein zweiter Betrieb existierte, der auf dem inländischen Markt unter dem Namen „Sch.“ eine Konkurrenz gemacht hätte. Man habe daher L. St. veranlaßt, seinen Betrieb in N. aufzulösen, wobei die Beschwerdeführerin sich zur Übernahme der dort befindlichen Maschinen und des Warenlagers verpflichtet habe. Die übernommene Maschinenausstattung habe jedoch durch Neuzukäufe bzw. durch Maschinen des eigenen Betriebes der Beschwerdeführerin ergänzt werden müssen, worauf die Beschwerdeführerin in den Geschäftsräumen in N. ein neues Erzeugungsprogramm aufgenommen habe. Es liege also bezüglich des N. Betriebes keine Betriebsnachfolge vor, sodaß auch eine Haftung der Beschwerdeführerin für Steuern dieses Betriebes nicht in Betracht komme.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 23. Februar 1967 nur insofern Folge, als sie die Haftung um das Umsatzsteuerguthaben von S 41.818,‑‑ einschränkte, im übrigen jedoch die Berufung abwies. Sie begründete den abweisenden Teil ihrer Entscheidung im wesentlichen damit, es müsse der Ansicht der Beschwerdeführerin, die Führung des Wiener Betriebes sei mit dessen Verpachtung an sie zum 1. September 1960 vom bisherigen Eigentümer eingestellt worden, entgegengehalten werden, daß die bloße Verpachtung eines Betriebes noch nicht dessen Aufgabe darstelle, insbesondere dann, wenn wesentliche Gegenstände nicht an den Pächter übertragen worden seien. Im vorliegenden Fall, wo es sich um eine Matratzenfabrik handle, zähle zweifellos neben dem Warenlager auch das Anlagevermögen und hier vor allem die für die technische Produktion erforderliche Einrichtung zu den wesentlichen Gegenständen des Betriebes. Nun habe die Beschwerdeführerin wohl das Warenlager erworben, doch sei das Fabriksgebäude einschließlich der Maschinen, dessen Buchwert im Zeitpunkt der Verpachtung S 171.767,‑‑ betragen habe, im Eigentum des Verächter verblieben. Damit sei deutlich zum Ausdruck gebracht worden, daß mehr als nur verhältnismäßig geringfügige Reste des ursprünglichen Betriebsvermögens dem Pächter geblieben seien. Daraus ergebe sich aber, daß eine Beendigung des Betriebes durch die Verpachtung noch nicht herbeigeführt worden sei, daß vielmehr der Betrieb, wenn auch nunmehr in der Betriebsform der Verpachtung, weiterbestanden habe. Wäre eine Aufgabe des Betriebes vorgelegen, so hätte der Verpächter das ihm gehörige gesamte verpachtete Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführen müssen; dies sei aber, wie sich aus den Büchern ergebe, nicht geschehen. Daraus lasse sich aber die Absicht des Verpächters ableiten, nicht endgültig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, sondern bei einer sich ihm bietenden Gelegenheit wieder in der bisherigen Weise mit dem vorhandenen Betriebsvermögen daran teilzunehmen. Jedenfalls sei der Wiener Betrieb trotz der Verpachtung als gewerbesteuerlich existent zu betrachten. Werde aber anläßlich einer Verpachtung eines Betriebes beim Verpächter als Betriebsinhaber Gewerbesteuer erhoben, müsse auch der spätere Erwerber des Betriebes für diese auf den Betrieb in Form der Verpachtung sich gründende Steuer die Haftung gemäß § 14 BAO in Kauf nehmen. Aber auch die Haftung für die Betriebssteuern des in N. geführten Betriebes bestehe zu Recht. Die Beschwerdeführerin habe unbestrittenermaßen am 30. Juni 1961 die Maschinen, das Warenlager und die Geschäftsräume der Betriebsstätte in N, somit alle wesentlichen Betriebsmittel erworben und an dieser Erzeugungsstätte mit den erworbenen Betriebsmitteln die Erzeugung fortgesetzt. Ob Maschinen zugekauft wurden und das Erzeugungsprogramm geändert worden sei, sei für den Begriff einer Übereignung bei Inanspruchnahme der Haftung bedeutungslos, weil es nur darauf ankomme, ob ein lebender Betrieb übereignet worden sei, ohne Rücksicht darauf, in welcher Rechtsform und wirtschaftlichen Gestaltung die Fortführung erfolge. Daß aber ein lebender Betrieb übernommen worden sei, beweise der Umstand, daß der Betrieb im Jahre 1961 bis zur Übereignung einen Umsatz von S 718.097,‑‑ erzielt habe und die Beschwerdeführerin selbst daran interessiert war, eine Konkurrenz auszuschalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet gemäß § 14 BAO. der Erwerber für Abgaben, bei denen die Abgabenpflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.

Unter der Annahme, daß die Beschwerdeführerin den Wiener Betrieb am 31. August 1961 und den Betrieb in N. am 30. Juni 1961 erworben hatte, haftet sie somit tatsächlich für betriebliche Steuern ihrer Rechtsvorgängerin, soweit sie auf die Zeit ab 1. Jänner 1960 entfallen.

Die Beschwerdeführerin vertritt jedoch die Ansicht, daß ihre Rechtsvorgängerin hinsichtlich des Wiener Betriebes jede gewerbliche Tätigkeit bereits mit dem Beginn der Verpachtung ab 1. September 1960 eingestellt habe, sodaß eine Haftung der Beschwerdeführerin für Steuern des bisherigen Betriebsinhabers, die sich auf eine von diesem nach dem 31. August 1960 entfaltete Tätigkeit beziehen, nicht in Betracht komme. Hiebei übersieht sie jedoch, daß die Verpachtung eines Betriebes in der Regel noch nicht als Betriebsaufgabe anzusehen ist, insbesondere wenn es sich ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ um einen auf ein Jahr befristeten Pachtvertrag handelt, der Verpächter weiterhin als Berater des Pächters tätig ist und die Verbindung mit dem Kundenstock weiter aufrechterhält, „damit die Kontinuität in Erzeugung, Verkauf und Kundenbetreuung durch die Pachtnahme nicht gestört wird“ (vgl. auch die Erkenntnisse vom 2. Oktober 1956, Slg. Nr. 1485/F, und vom 27. Jänner 1961, Zl. 285/58). Daran vermag auch der gleichzeitig mit dem Pachtvertrag abgeschlossene Optionsvertrag nichts zu ändern, weil nach diesem der Übergang des betrieblichen Eigentums gleichfalls hinausgeschoben wurde. Tatsächlich hat ja die Beschwerdeführerin von diesem Optionsvertrag vereinbarungsgemäß erst am 30. Juli 1961 Gebrauch gemacht, sodaß von einem früheren Übergang des Unternehmens auf sie nicht gesprochen werden kann, zumal der Optionsvertrag selbst für den Fall der Nichtausübung des Optionsrechtes verschiedene Kautelen vorgesehen hatte, was die Annahme eines Eigentumsüberganges mit 31. August 1960 gleichfalls ausschließt. Blieb aber L. St. während der Dauer des Pachtverhältnisses noch Eigentümer des Betriebsvermögens und sicherte er sich während dieser Zeit durch seine Konsulententätigkeit auch noch einen wesentlichen Einfluß auf die Betriebsführung, so kann von einer völligen Aufgabe des Betriebes durch ihn nicht gesprochen werden, sodaß die von ihm im Zusammenhang mit dem Betrieb erzielten Umsätze. und Einkünfte grundsätzlich der Umsatzsteuer bzw. Gewerbesteuer unterlagen. Das gilt insbesondere für die mit dem Betrieb aufs engste zusammenhängenden Pachtzinszahlungen und Konsulentenhonorare. Aber auch die betrieblichen Abgaben, die mit der Veräußerung des Gewerbebetriebes des Rechtsvorgängers als dem letzten Akt dessen gewerblicher Tätigkeit im Zusammenhang stehen, wurden grundsätzlich von der Haftung des Betriebsnachfolgers umfaßt.

Was aber den Betrieb in N. anlangt, so ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin den Maschinenpark und das Warenlager dieses Betriebes übernahm und einen gleichartigen Betrieb am gleichen Standort weiterführte. Damit hat sie jene Wirtschaftsgüter erworben, welche die wesentliche Grundlage des bisherigen Gewerbebetriebes bildeten, sodaß die belangte Behörde in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung mit Rechtlos Vorliegen einer Betriebsübereignung angenommen hat (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1960, Slg.Nr.2346/F).

Zu Unrecht rügt die Beschwerdeführerin auch, daß die Entscheidung über die Berufung gegen den Haftungsbescheid (§ 224 BAO.) nicht mit der Entscheidung über die von ihr gegen die Abgabenbescheide eingebrachten Berufung (§ 248 BAO.) verbunden wurde, ob schon aus der Bestimmung des § 248 BAO. geschlossen werden müsse, daß der Gesetzgeber in solchen Fällen ein einheitliches Rechtsmittelverfahren gewollt habe. Aus dem Umstand, daß § 248 BAO. dem Haftungspflichtigen das Recht einräumt, unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung auch gegen den Abgabenbescheid mittels Berufung die Rechte geltend zu machen, die dem Abgabepflichtigen zustehen, kann nämlich noch nicht geschlossen werden, daß dies in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren zu geschehen habe. Nur wenn ein Bescheid von mehreren Berufungswerbern angefochten ist oder wenn gegen einen Bescheid mehrere Berufungen eingebracht sind, so sind diese Berufungen gemäß § 277 BAO. zu einem gemeinsamen Verfahren zu verbinden. Im übrigen aber hat nach der erschöpfenden Aufzählung des § 260 Abs. 2 BAO. über die Berufung gegen Abgabenbescheide der Berufungssenat als Organ der Finanzlandesdirektion zu entscheiden, während die Entscheidung über die Berufung gegen einen Haftungsbescheid in Ermangelung einer Sonderbestimmung gemäß § 260 Abs. 1 BAO. der Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde zweiter Instanz obliegt (vgl. auch Reeger‑Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, S. 818 f.).

Dabei ist in dem den Haftungsbescheid betreffenden Berufungsverfahren die Frage, inwieweit ein gegen den Rechtsvorgänger festgestellter Abgabenanspruch an sich begründet ist, nicht zu erörtern, sondern das Verfahren ist nur auf die Prüfung der Frage zu beschränken, inwieweit hinsichtlich eines derartigen Abgabenanspruches die Haftung des Berufungswerbers gegeben ist. Es war daher im vorliegenden Fall in diesem Zusammenhange aber auch die Frage zu prüfen, inwieweit die Beschwerdeführerin auch für jene Umsatzsteuer haftet, die ihr Rechtsvorgänger für die Eingänge aus Kundenforderungen schuldet, die nicht von der Beschwerdeführerin übernommen wurden. Hiezu wurde keineswegs erstmalig erst in der vorliegenden Beschwerde die Behauptung aufgestellt, daß ein Teil dieser Forderungen erst nach dem Übergang des Betriebes auf die Beschwerdeführerin bei ihrem Rechtsvorgänger eingegangen sei; vielmehr hatte sich bereits das Finanzamt anläßlich der Erlassung der Berufungsvorentscheidung mit dieser Einwendung auseinandergesetzt, weshalb die Erörterung dieser Frage in der Beschwerdeschrift nicht als ein gemäß § 41 VwGG.1965 unzulässiges Neuvorbringen angesehen werden kann. Somit hat die belangte Behörde dadurch, daß sie die Prüfung dieser Frage unterließ, den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig gelassen, was die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG. 1965 zur Folge hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 1 VwGG. 1965.

Wien, 2. Februar 1968

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