Normen
BauO Wr §13 Abs2 lita
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1961:1959000535.X01
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten war mit Bescheid der Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien vom 17. März 1941 die Abteilung der Grundstücke 889 in EZ. 183, 890 in EZ. 18, 891, 892, 894, 895/1, 895/2, 897 und 898 inliegend in EZ. 773 sämtliche des Grundbuches D im 17. Bezirk und des Grundstückes 901/3 in EZ. 241 des gleichen Grundbuches gemäß § 13 Abs. 2 lit. a der Bauordnung für Wien auf acht Bauplatzteile, auf Verkehrsflächen und auf Restgründe genehmigt worden. Die Abteilung wurde grundbücherlich durchgeführt.
Am 23.Oktober 1956 suchten die Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaften EZ. 18, 183, 773 und 2141 sämtliche des Grundbuches der Kat. Gem. D beim Magistrat der Stadt Wien um deren Abteilung auf Bauplätze, Bauplatzteile, Verkehrsflächen und Restgründe an. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Wiener Magistrates vom 1. April 1958 gemäß § 13 Abs. 2 lit. a der Bauordnung für Wien unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt; gleichzeitig ‑ in Teil II des Bescheides - wurde ausgesprochen, daß eine Entschädigung für eine Mehrleistung nach § 17 a der Bauordnung für Wien nicht zuerkannt werde. Letzteres wurde damit begründet, daß durch die mit dem Bescheid vom 17. März 1941 genehmigte Abteilung zwar mehrere Grundflächen nicht ausdrücklich als Bauplatzteile genehmigt worden, jedoch trotz Fehlens der ausdrücklichen Ausweisung als solche im Abteilungsplan als Bauplatzteile im Sinne des § 17 a der Bauordnung für Wien anzusehen seien, demnach ein Anspruch auf Entschädigung für eine Mehrleistung nicht bestehe. Gegen diesen Teil des erstinstanzlichen Bescheides brachten die Beschwerdeführer Berufung ein, der die belangte Behörde in ihrer Sitzung vom 2. Februar 1959 keine Folge gab. In der Begründung des in Ausfertigung dieses Sitzungsbeschlusses ergangenen Bescheides des Wiener Magistrates heißt es, in der Berufung werde darauf hingewiesen, daß nachdem Abteilungsbescheid vom 17. März 1941 nur ein Teil des Gebietes als Bauplätze oder Bauplatzteile genehmigt worden sei und daß die übrigen bloß Verkehrsflächen und Restflächen geschaffen worden seien, um der Stadt Wien das Eigentum an den für die Herstellung der geplanten Straße erforderlichen Grundflächen ohne Notwendigkeit der Einleitung eines Enteignungsverfahrens zu verschaffen. Mit diesem Vorbringen - so wird in der Begründung des Bescheides weiter ausgeführt - wollen die Beschwerdeführer offenbar die Argumentation der Erstinstanz widerlegen, daß die Zuerkennung einer Mehrleistung für die Straßengrundabtretungen deswegen nicht in Frage komme, weil die in die neue Abteilung einbezogenen Grundstücke bereits als Bauplatzteile anzusehen seien. Die mit der Grundabteilung vom 17. März 1941 geschaffenen Grundflächen seien aber nur deshalb nicht als Bauplatzteile genehmigt worden, weil sie noch Grundflächen enthielten, die zusätzlich zu den Verkehrsflächen abzutreten gewesen wären. Hiezu komme noch, daß gemäß § 13 Abs.1 lit. a (soll richtig heißen: § 13 Abs. 2 lit. a) der Bauordnung für Wien die Bestimmungen über Bauplätze und Bauplatzteile auch dann Anwendung zu finden haben, wenn die Genehmigung solcher Flächen nicht ausdrücklich beantragt werde, aus Gestalt und Größe der Trennstücke aber angenommen werden könne, daß die Schaffung von Bauplätzen und Bauplatzteilen beabsichtigt sei. Diese Annahme sei im vorliegenden Falle gerechtfertigt. Wollte man der Argumentation der Beschwerdeführer folgen, so würde dies dazu führen, daß sie nunmehr besser gestellt wären, als wenn sie seinerzeit um die Genehmigung von Bauplätzen und Bauplatzteilen angesucht hätten und ihrer Abtretungsverpflichtung zur Gänze nachgekommen wären.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes (unrichtige Auslegung der Vorschriften des § 17 a der Bauordnung für Wien) geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer machen in der Beschwerde zunächst geltend, der Abteilungsbescheid vom 17. März 1941 weise meritorische und formelle Mängel auf, weil er entgegen der gegebenen Sachlage auf die Bestimmungen des § 13 Abs. 2 lit. a statt richtig auf die Bestimmungen des § 13 Abs. 2 lit. c der Bauordnung für Wien gegründet sei und den Grundeigentümern weder im Verfahren Gelegenheit gegeben worden sei, zu der beabsichtigten Genehmigung einzelner Trennstücke als Bauplatzteile Stellung zu nehmen, noch die Eigentümer durch Übermittlung eines Bescheides von dieser Genehmigung verständigt worden seien. Der Wille der Grundeigentümer sei nur auf die Übertragung von Grundteilen in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes zum Zwecke der Herstellung von Verkehrsflächen gerichtet gewesen.
Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erweisen. In der gegenständlichen Bauangelegenheit ist es, wie sich aus einer in den Verwaltungsakten erliegenden Abschrift ergibt, im Jahre 1941 zu einem Vertrag zwischen der Stadt Wien und den damaligen Eigentümern der in Rede stehenden Liegenschaften über die Abtretung von Grundflächen gekommen. Auf Grund dieses Übereinkommens erging sodann der Bescheid der Baubehörde vom 17. März 1941. Es kann dahingestellt bleiben, ob er den damaligen Liegenschaftseigentümern zugekommen ist. Denn die nach dem Inhalt dieses Bescheides baubehördlich genehmigten, mit Grundabtretungen verbundenen Grundabteilungen wurden grundbücherlich durchgeführt. Daß die grundbücherliche Durchführung entgegen den Vorschriften des Grundbuchsrechtes erfolgt ist, behaupten die Beschwerdeführer nicht, Sie müssen daher die so geschaffene Rechtslage gegen sich gelten lassen. Auch der Verwaltungsgerichtshof muß bei seiner Entscheidung von diesem Sachverhalt ausgehen. Damit erweist sich aber auch der von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang weiters vorgebrachte Einwand, daß der Bescheid vom 17. März 1941 wegen Verletzung zwingender Vorschriften der Bauordnung im Sinne des § 137 Abs. 1 der Bauordnung für Wien nichtig sei, als rechtlich unbeachtlich.
Schließlich kann auch die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage, ob die durch den Bescheid vom 17. März 1941 als Bauplatzteile geschaffenen Grundflächen bei der Berechnung der Entschädigung für eine Mehrleistung nach § 17 a der Bauordnung für Wien zu berücksichtigen wären, ununtersucht bleiben. Diese Frage ist von den Beschwerdeführern offenbar deshalb aufgeworfen worden, weil sie auf dem Standpunkt stehen, daß eine Entschädigungspflicht auch dann bestehe, wenn bei Vorschreibung der Grundabtretung nicht ausdrücklich § 17 a Abs. 1 der Bauordnung für Wien zur Anwendung gekommen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß diese Frage nach dem gegenwärtigen Stand der Verwaltungsangelegenheit deshalb nicht gelöst zu werden brauchte, weil beide Instanzen die Unanwendbarkeit des § 17 a leg. cit. ausschließlich mit der Feststellung begründet haben, daß es sich bei der abzuteilenden Liegenschaft im Bauplatzteile gehandelt habe. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich daher auf die Prüfung dieser Rechtsfrage zu beschränken. Hiezu ist nachstehendes zu sagen:
Die hier in Betracht kommenden Bestimmungen des § 17 a der Bauordnung für Wien, welche im Zeitpunkte der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch in Geltung standen, hatten folgenden Wortlaut:
„(1) Bei Abteilung eines Grundes gemäß § 13 Abs. 2 Pkt. a besteht die Verpflichtung, in Kleingartengebieten und in Gebieten der Bauklasse I mit Bebauungsbeschränkungen fünfzehn v.H., in den übrigen Gebieten der Bauklasse I sowie in Gebieten der Bauklasse II zwanzig V.H. und in Gebieten der Bauklasse III, IV, V oder VI fünfundzwanzig v.H. der im Kleingartengebiet oder Bauland gelegenen Grundflächen einschließlich der zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundteile unentgeltlich und lastenfrei an die Gemeinde für öffentliche Zwecke abzutreten. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn die abzuteilende Liegenschaft nach den Bestimmungen dieses Gesetzes als Bauplatz oder Kleingartenfläche oder als Teil von solchen genehmigt wurde, oder wenn sie derart bebaut ist, daß das Ausmaß der unbebauten Fläche nicht mehr als das Zehnfache der bebauten Fläche beträgt.
(2) Auf die Abtretungsverpflichtung nach Abs. 1 werden alle jene Grundflächen angerechnet, die gemäß §§ 17 und 18 zu Verkehrsflächen oder öffentlichen Erholungsflächen entfallen und unentgeltlich in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes zu übertragen sind oder übertragen wurden.
(3) Soweit der Erfüllung der Abtretungsverpflichtung Bestimmungen des § 16 entgegenstehen, ist hinsichtlich des fehlenden Grundes an die Gemeinde eine Entschädigung in der Höhe des Baugrundwertes zu leisten. Ebenso hat die Gemeinde für eine über das Ausmaß des Abs. 1 hinausgehende Grundabtretung eine Entschädigung in der Höhe des Baugrundwertes zu leisten. Mehr- oder Minderleistungen, die fünf v.H. nicht übersteigen, sind nicht zu entschädigen.“
Während § 17 der Bauordnung für Wien festlegt, welche Grundflächen bei Abteilung eines Grundes auf Bauplätze oder Bauplatzteile unentgeltlich und lastenfrei an die Gemeinde für die Herstellung von Verkehrsflächen abzutreten sind, wobei das Ausmaß der Abtretungsverpflichtung bis zu einem bestimmten Höchstausmaß durch die Breite der Verkehrsfläche bestimmt wird, regelt § 17 a die Verpflichtung zur Grundabtretung für öffentliche Zwecke überhaupt; das Ausmaß dieser Verpflichtung ist von der baulichen Ausnutzbarkeit (der festgesetzten Bauklasse) abhängig. Als ein solcher öffentlicher Zweck wird allerdings auch nach § 17 a die Herstellung von Verkehrsflächen angesehen.
Die Anwendung der Bestimmungen des § 17 a der Bauordnung für Wien auf die gegenständliche Grundabteilung hat die belangte Behörde im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, daß sämtliche von dem Abteilungsbescheid vom 17. März 1941 erfaßten Grundflächen trotz Fehlens eines ausdrücklichen Hinweises in diesem Bescheid als Bauplatzteile im Sinne des § 17 a anzusehen sind. Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Dies aus folgenden Erwägungen:
Es kann im Vorliegenden Fall ununtersucht bleiben, wie die Rechtslage bei Bauplätzen und Bauplatzteilen zu beurteilen ist, die vor dem Inkrafttreten der Bauordnung für Wien aus dem Jahre 1930 geschaffen wurden, weil nach dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt die von ihr als Bauplatzteile angesehenen Grundflächen diese Eigenschaft erst während des Geltungsbereiches der Bauordnung aus dem Jahre 1930 erhalten haben sollen. Nach § 13 Abs. 2 lit. a dieses Gesetzes ist für die Schaffung von Bauplätzen oder Bauplatzteilen eine - auf Antrag erfolgende - ausdrückliche behördliche Genehmigung erforderlich. Diese Genehmigung ist ein Formalakt, durch den ausgesprochen wird, daß eine Grundfläche zur Bebauung geeignet ist. Durch die Genehmigung eines Bauplatzes erwächst dem Eigentümer das subjektive öffentliche Recht, die als Bauplatz genehmigte Grundfläche nach Maßgabe der bekanntgegebenen Verbauungsbestimmungen unter Einhaltung der Bestimmungen der Bauordnung zu bebauen. Bedarf eine Grundfläche noch einer Ergänzung durch Nachbargrund, weil sie den nach § 16 der Bauordnung für Wien gestellten Anforderungen hinsichtlich Gestalt und Größe nicht entspricht, so kann eine solche Grundfläche nur als Bauplatzteil genehmigt werden. Eine Grundfläche, die als Bauplatz oder Bauplatzteil von der Baubehörde nicht genehmigt wurde, besitzt nicht die rechtliche Qualifikation eines Bauplatzes oder Bauplatzteiles, selbst wenn sie allen Anforderungen entspricht, die an einen Bauplatz oder einen Bauplatzteil gestellt werden.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten geblieben, daß durch die Abteilungsbewilligung vom 17. März 1941 nicht alle in die Abteilung einbezogenen Grundflächen als Bauplätze oder Bauplatzteile genehmigt wurden, sondern daß gewisse Grundflächen als Verkehrsflächen und als Restgründe behandelt wurden. Diese Grundflächen sind daher keine Bauplätze oder Bauplatzteile im Sinne der Bauordnung für Wien. Es war daher rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auch diese Gründe als Bauplatzteile angesehen und daraus abgeleitet hat, daß auf das neuerliche Abteilungsansuchen die Bestimmungen des § 17 a der Bauordnung für Wien nicht anzuwenden sind.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Wien, am 31. Jänner 1961
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