Normen
EStG 1953 §36 Abs1
EStG 1953 §36 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1966:1965000402.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt eine Privatverkaufsvermittlung, die nach den Ideen seines Vaters geführt wird Anläßlich einer im Oktober 1963 vorgenommenen Lohnsteuerprüfung, die den Zeitraum vom 1. Oktober 1961 bis 31. August 1963 umfaßte, vertrat der Prüfer die Ansicht, daß die an den Vater des Beschwerdeführers gezahlten sogenannten Lizenzgebühren ‑ der Vater des Beschwerdeführers war in diesem Zeitraum im Betrieb als Angestellter tätig ‑ als Arbeitslohn anzusehen seien. Dem Beschwerdeführer wurden daher mit Bescheid des Finanzamtes für den VI., VII. und XV. Bezirk in Wien vom 14. Oktober 1963 S 24.903,‑ ‑ an Lohnsteuer und S 5.955,‑ ‑ an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe zur Zahlung vorgeschrieben. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid wurde von der belangten Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte die Behörde im wesentlichen aus, das Vorliegen von Arbeitslohn sei davon abhängig, ob der Empfänger in einem Dienstverhältnisse steht. Dies sei nach § 36 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes dann der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Außer Streit stehe, daß der Vater des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum Arbeitnehmer des Beschwerdeführers gewesen ist, und zwar wegen seiner Tätigkeit als Organisator und Überwacher der Buchhaltung und der Werbung. Aber auch seine Tätigkeit bei der Überwachung des Personals in der Handhabung bestimmter kaufmännischer Usancen und der erforderlichen Drucksorten, ja sogar das „Zurverfügungstellen“ seiner besonderen Kenntnisse passe ohne weiteres in das Aufgabengebiet eines Arbeitnehmers, Im Wirtschaftsleben sei es häufig anzutreffen, daß Arbeitnehmer ihre ganze Leistungskraft, ihre Ideen, ihr Organisationstalent in den Dienst eines Arbeitgebers stellen, der sie dafür entsprechend entlohnt. Der Grund dafür sei häufig darin zu suchen, daß „sie, als die wirtschaftlich Schwächeren, nicht in der Lage sind, in einer selbständigen Erwerbstätigkeit ihr Spezialwissen zu verwerten“. Wenn also, wie es hier der Fall sei, die besonderen Kenntnisse eines Erwerbstätigen im Rahmen eines fremden Unternehmens zum Einsatz kommen und die tätige Person im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers unter dessen Leitung arbeitet, dann mache es in steuerlicher Hinsicht keinen Unterschied, ob sie nur untergeordnete Arbeit verrichtet oder ob sie eigenschöpferisches Gedankengut, eine Idee oder ein System im Dienste eines anderen einsetzt. Genau dasselbe täten ja auch Arbeitnehmer, „die ihre wertvollen Erfahrungen in Form von Verbesserungsvorschlägen, Reorganisationsmaßnahmen ihrem Arbeitgeber zur Verfügung stellen, oder die in leitender Position Entscheidungen von weittragender Bedeutung treffen müssen, ohne deshalb von sich sagen zu können, sie seien freiberuflich oder etwa gewerblich tätig“. Die belangte Behörde könne im vorliegenden Falle keine andere Feststellung treffen als daß die Kenntnisse und Fähigkeiten des Vaters des Beschwerdeführers im Rahmen seines Dienstverhältnisses verwertet werden. Daran ändere auch der „Lizenzvertrag“ nichts, denn tatsächlich könne das zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater bestehende Übereinkommen nur als ein Dienstvertrag angesehen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer begründet seine Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes für den VI., VII. und XV. Bezirk in Wien vom 14. Oktober 1963 im wesentlichen damit, daß sich die Lizenzzahlungen an seinen Vater auch in dem geprüften Zeitraum auf einen seit längerer Zeit bestehenden und anscheinend derzeit noch aufrechten Lizenzvertrag bezögen, während die Lohnzahlungen auf einem Dienstvertrage beruhten. Das Dienstverhältnis sei erst im Jahre 1957 begründet worden und werde, wenn sein Vater das 65. Lebensjahr erreiche, beendet werden.
Der sogenannte Lizenzvertrag liegt dem Gerichtshofe nicht vor und es kann weder den Verwaltungsakten noch dem angefochtenen Bescheid oder der Gegenschrift entnommen werden, ob die belangte Behörde in diesen Vertrag Einsicht genommen hat. Sie glaubte anscheinend, davon Abstand nehmen zu können, da sie grundsätzlich die Ansicht vertritt, daß zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer auch ein abgesonderter Lizenzvertrag immer nur als ein Vertrag im Rahmen des Dienstverhältnisses angesehen werden kann und die Gewährung einer Lizenz nur an Patenten oder an anderen urheberrechtlich geschützten Werken möglich ist. Hier irrt die belangte Behörde. Aus der alleinigen Tatsache, daß ein Lizenzgeber während der Dauer eines langjährigen Lizenzvertrages eine kurze Zeit bei dem Lizenznehmer als Arbeitnehmer tätig ist, läßt sich jedenfalls die Vorschreibung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe für die in diesem Zeitraume gezahlten Lizenzgebühren nicht ableiten. Des weiteren übersieht die belangte Behörde, daß der Ausdruck „Lizenz“ keinen einheitlichen Begriff umschreibt und im Wirtschaftsleben unterschiedlich gebraucht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1963, Zl. 1186/61).
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Aufwandersatz wurde vom Beschwerdeführer nicht begehrt.
Wien, am 24. November 1966
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