VfGH V71/07

VfGHV71/075.12.2007

Keine Gesetzwidrigkeit eines Bebauungsplanes hinsichtlich der bloß erläuternden Festlegung einer Geschoßflächenzahl sowie der Festlegung der Baufluchtlinie; keine unsachliche Privilegierung der Interessen der Bauwerber; Derogation der in Prüfung gezogenen Verordnung infolge neuerlicher Kundmachung in berichtigter Form

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs4
Bebauungsplan der Gemeinde Fuschl am See für Grundstücke im Bereich "Seerose" vom 27.10.04
Sbg RaumOG 1998 §27, §32, §38 Abs4
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs4
Bebauungsplan der Gemeinde Fuschl am See für Grundstücke im Bereich "Seerose" vom 27.10.04
Sbg RaumOG 1998 §27, §32, §38 Abs4

 

Spruch:

Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Fuschl am See, mit der die "Aufstellung [eines] Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich der Grundparzellen GP 1087/2, 1091/2 und der Teilfl. 270/1 (Seerose)" beschlossen wurde, Beschluss des Gemeinderates vom 27. Oktober 2004, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 2. November 2004 bis 1. Dezember 2004, war nicht gesetzwidrig.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B1198/05 protokollierte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung erteilte der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 6. April 2005 die baubehördliche Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Objektes Hotel "Seerose" und den Neubau einer Hotelanlage mit Betriebswohnung auf den Grundstücken Nr. 1087/2 und 270/1, KG Fuschl, und wies die Einwendungen des Nachbarn als unbegründet ab bzw. als unzulässig zurück. Die Salzburger Landesregierung wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 3. August 2005 als unbegründet ab.

2. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung ("falscher", "widersprüchlicher" Bebauungsplan) behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 18. Juni 2007 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Fuschl am See, mit der die "Aufstellung [eines] Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich der Grundparzellen GP 1087/2, 1091/2 und der Teilfl. 270/1 (Seerose)" beschlossen wurde, Beschluss des Gemeinderates vom 27. Oktober 2004, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 2. November 2004 bis 1. Dezember 2004, von Amts wegen zu prüfen.

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und die belangte Behörde die in Rede stehende Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Fuschl am See, mit der die Aufstellung eines Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich der Grundstücke Nr. 1087/2, 1091/2 und der Teilfläche 270/1 erlassen wurde, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und dass sie daher auch der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hegte gegen die in Prüfung gezogene Verordnung folgende Bedenken:

"... Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den in Prüfung genommenen Bebauungsplan das Bedenken, dass dieser ohne ausreichende Begründung ausschließlich entsprechend den Erfordernissen des geplanten Bauvorhabens erlassen worden sein könnte. Dazu kommt, dass die Geschoßflächenzahl von maximal 1,75 mit derselben Begründung festgelegt wird, wie die im 'früheren' Bebauungsplanentwurf enthaltene Geschoßflächenzahl von maximal 1,20. Beide Werte '[sollen] die bestehende Struktur einerseits aufnehmen, entsprechend den raumordnungsgesetzlichen Bestimmungen aber doch eine sparsame Grundstücksnutzung ermöglichen'. Eine Begründung, weshalb gegenüber dem früheren Entwurf nunmehr eine um fast 50% höhere Geschoßflächenzahl ermöglicht werden soll, ist den vorgelegten Teilen des Verordnungsaktes nicht zu entnehmen. Die dazu von der Gemeinde in ihrer Äußerung vorgebrachte Begründung, das entsprechende Blatt im Bebauungsplanentwurf sei 'ausgetauscht' worden, deutet ebenfalls darauf hin, dass die Geschoßflächenzahl ohne nähere Begründung entsprechend dem geplanten Bauvorhaben festgelegt wurde.

... Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den Bebauungsplan das weitere Bedenken, dass sich sein normativer Inhalt nicht eindeutig erschließen lässt. Gemäß §27 Abs4 ROG 1998 bestehen Bebauungspläne aus der planlichen Darstellung und dem erforderlichen Wortlaut. Der Wortlaut des Bebauungsplans lässt nicht eindeutig erkennen, welche Teile normativen Inhalt haben. Darüber hinaus dürfte ein Widerspruch der planlichen Darstellung mit dem Wortlaut des Bebauungsplans bestehen. So legt die planliche Darstellung für die Grundstücke Nr. 1087/2 und 270/1 die Baufluchtlinie zur Gemeindestraße mit 0,51 m - 1,00 m fest, während im Wortlaut des Bebauungsplanes dagegen unter dem Punkt 'Besondere Festlegungen' die Baufluchtlinie zur Gemeindestraße mit 1,00 m festgelegt ist. Offenbar hat man es nach der Korrektur der Baufluchtlinie in der Sitzung der Gemeindevertretung am 27. Oktober 2004 verabsäumt, auch den Plan zu korrigieren. Betrachtet man im Plan die Nutzungsschablone für einheitliche Bebauungsbedingungen, so erkennt man, dass zwar eine Grundflächenzahl, nicht jedoch eine Geschoßflächenzahl festgelegt ist. Die Festlegung der Geschoßflächenzahl findet sich im Textteil der Verordnung unter dem Punkt 'Bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche'; sie wird dort mit 1,75 festgelegt.

Da der normative Inhalt des Bebauungsplans nicht eindeutig erkennbar sein dürfte und weil Widersprüche zwischen der planlichen Darstellung und dem Wortlaut des Bebauungsplans bestehen, nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an, dass der Bebauungsplan auch aus diesem Grund gesetzwidrig ist."

2. Die Gemeinde Fuschl am See legte dem Verfassungsgerichtshof u.a. den "berichtigten Bebauungsplan" samt Kundmachungsnachweis vom 3. Oktober 2007, sowie einen Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Gemeindevertretung vom 31. Oktober 2007 vor und erstattete folgende Äußerung:

Das Bedenken des Gerichtshofes, dass eine um 50 % höhere Geschoßflächenzahl von maximal 1,75 - im Vergleich zu einer Geschoßflächenzahl von maximal 1,20 in einem "früheren" Planentwurf -, bei gleich bleibender Begründung bzw. ohne Begründung und sohin ausschließlich zur Verwirklichung des geplanten Bauvorhabens festgelegt worden sei, treffe nicht zu. Eine Geschoßflächenzahl von maximal 1,20 hätte sich im Arbeitsentwurf dadurch ergeben, dass der Planer zunächst davon ausgegangen sei, dass in die maßgebliche Bauplatzfläche auch das Gastgartengrundstück 270/1 sowie die gegenüberliegende (durch die Gemeindestraße getrennte) Grundparzelle 1091/2, einzubeziehen seien. Dies hätte eine Geschoßflächenzahl von 1,03 ergeben. Nachdem die Einbeziehung der oben genannten Grundstücke rechtlich nicht möglich gewesen sei, sei - vor einem rein rechnerischen Hintergrund -, allerdings vor Auflage des Entwurfes des Bebauungsplanes, eine Korrektur der Geschoßflächenzahl auf maximal 1,75 erfolgt.

Die Geschoßflächenzahl von maximal 1,75 sei überdies nur "erläuternd festgehalten" worden. §32 Abs1 Sbg. ROG stelle es dem Verordnungsgeber frei, die bauliche Ausnutzbarkeit durch die Festlegung einer "Grundflächenzahl, Baumassenzahl oder Geschoßflächenzahl" zu bestimmen. Im gegenständlichen Bebauungsplan sei für die bauliche Ausnutzbarkeit eine Grundflächenzahl von 0,54 festgelegt worden, es sei daher nicht erforderlich, zusätzlich eine Geschoßflächenzahl festzulegen. Sämtliche normativen Festlegungen seien in der planlichen Darstellung und im Textteil, versehen jeweils mit Begründung und Erläuterung, zu finden. Lediglich die Festlegung der maximalen Traufenhöhe und Firsthöhe finde sich normativ nur im Textteil; dies deshalb, da hierfür die Legende kein Planzeichen vorsehe. Durch die Wortwahl "verordnet" werde aber kein Zweifel daran gelassen, dass die Festlegung der maximalen Traufen- und Firsthöhe normativ sein solle. Im Gegensatz dazu sei in der Legende eine Nutzungsschablone für die Geschoßflächenzahl vorgesehen und im Plan sei dennoch keine Geschoßflächenzahl eingetragen worden. Überdies sei im Textteil im Zusammenhang mit der Geschoßflächenzahl - abgesehen von der Verwendung eines anderen Schrifttyps - an Stelle des Wortes "verordnet" das Wort "fixiert" gewählt worden. Das Wort "fixiert" sei zwar im Hinblick auf eine nicht gewollte normative Aussage unglücklich gewählt, doch führe dies alleine nicht zu einer normativen Festlegung der Geschoßflächenzahl und stünde auch in Widerspruch zur Beratung der Gemeindevertretung bei der Beschlussfassung. Dazu komme, dass im Textteil bei anderen Bebauungsgrundlagen die bloßen Erläuterungen durch eine eigene (kursive) Schrifttype dargestellt seien. Auch diese Systematik spreche für den bloß erläuternden Charakter einer Geschoßflächenzahl von maximal 1,75.

Zur sachlichen Begründung der baulichen Ausnutzbarkeit werde auf die Ausführungen der belangten Behörde verwiesen.

Zum Widerspruch zwischen planlicher Darstellung und Textteil hinsichtlich der Baufluchtlinie sei zu bemerken, dass es tatsächlich verabsäumt worden sei, die dem Beschluss der Gemeindevertretung entsprechende Änderung durch Streichung der Kote 0,51 im Textteil umzusetzen. Die Festlegung und Kotierung "0,51" habe sich jedoch nicht auf die Bebauungsplanfestlegung für den Neubau, sondern lediglich auf den Abstand zwischen Altbestand und Straßengrundstück bezogen. Beim bewilligten Neubau sei die von der Gemeindevertretung beschlossene Baufluchtlinie von 1 m zur Gänze eingehalten. Die mangelhafte Kundmachung sei daher ohne Folgen geblieben und dem Beschwerdeführer des Anlassfalles sei kein Nachteil erwachsen. Der Mangel dieser Kundmachung sei mittlerweile behoben worden, da am 3. Oktober 2007 "eine korrigierende Kundmachung des Bebauungsplanes" erfolgt sei, die der ursprünglich von der Gemeindevertretung am 27. Oktober 2004 beschlossenen Baufluchtlinie von 1 m, entspreche.

3. Die Salzburger Landesregierung äußerte sich wie folgt:

"... Bauliche Ausnutzbarkeit

Im Textteil des BPL Seerose wird eine Geschossflächenzahl (im Weiteren GFZ) von 1,75 angeführt, während in der Nutzungsschablone des Planteils aber auch im Textteil selbst nur eine Grundflächenzahl (im Weiteren GRZ) von 0,54 aufscheint. Daraus wird seitens des Gerichtshofes abgeleitet, dass der normative Inhalt des Bebauungsplanes nicht eindeutig erkennbar ist.

Nach Rechtsansicht der Landesregierung ist die im Textteil des BPL Seerose angeführte GFZ von 1,75 nur Bestandteil der Erläuterungen des Bebauungsplans. Zwar deutet die Wortwahl wonach 'eine Geschossflächenzahl von maximal 1,75 fixiert' werde, auf eine normative Festlegung hin, jedoch sprechen der unterschiedliche Schriftgrad und der systematische Vergleich mit anderen Festlegungen des BPL Seerose eindeutig für eine Zugehörigkeit dieser Aussage zu den Erläuterungen.

...

... Die Zugehörigkeit zu den Erläuterungen ergibt sich zusätzlich bei Vergleich der mit kursivem Schriftbild getroffenen

Aussagen im BPL Seerose:

So wird etwa hinsichtlich der Bauhöhe ausgeführt:

'Mit der getroffenen Festlegung soll die bestehende Höhenentwicklung aufgenommen bzw weiter fortgeführt werden.'

Hinsichtlich der Bauweise:

'Die Festlegung der offenen Bauweise soll eine strukturkonforme Bebauung gewährleisten ...'

Aus diesen Aussagen ist keine normative Wirkung abzuleiten.

Daraus folgt, dass im systematischen Zusammenhang - trotz der unglücklichen Wortwahl wonach 'eine Geschossflächenzahl von maximal 1,75 fixiert' werde - auch diese Feststellung nur Bestandteil der Erläuterungen ist.

...

... Baufluchtlinie

Die vom Gerichtshof im Rahmen des Prüfbeschlusses geäußerten Bedenken betreffend die Baufluchtlinie sind zutreffend.

Zum einen entspricht die textliche Festlegung der Baufluchtlinie nicht dem Beschluss der Gemeindevertretung, zum anderen ist die Aufnahme der Baufluchtlinie als 'Besondere Festlegung' im Sinne der Darstellungsverordnung nicht geboten, weil hinsichtlich der Baufluchtlinie gemäß §2 Abs1 der Darstellungsverordnung das in der Anlage angeführte Planzeichen zu verwenden ist.

Eine Doppelfestlegung der Baufluchtlinie zum einen als 'Baufluchtlinie' zum anderen als 'Besondere Festlegung' führt allerdings nicht von Haus aus zur Rechtswidrigkeit der Festlegung, sondern stellt nur eine sinnlose Doppelnormierung dar. Eine Rechtswidrigkeit ist allerdings dann gegeben, wenn diese Festlegungen voneinander abweichen und somit die Rechtslage für den Normadressaten nicht eindeutig erkennbar ist.

Gerade dies ist aber beim BPL Seerose der Fall gewesen. Im Rahmen der Sitzung der Gemeindevertretung wurde die Baufluchtlinie und hier wiederum in Form der 'Besonderen Festlegung' mit 1 m fixiert.

Die graphische Darstellung der Baufluchtlinie im Planteil des Bebauungsplanes und die 'Besondere Festlegung' entsprechen zwar dem Beschluss der Gemeindevertretung, jedoch wurde es verabsäumt, im Planteil des BPL die angeführte Kote '0,51' und im Textteil die Festlegung '0,51-' zu korrigieren.

Damit wurde ein für den Normadressaten und Baubehörden unauflösbarer Widerspruch hinsichtlich der Lage der Baufluchtlinie geschaffen, der auch in Anwendung der juristischen Interpretationsmethoden nicht aufgelöst werden kann.

Dieser Umstand wurde zwischenzeitlich auch von der Gemeinde erkannt und durch eine ergänzende Kundmachung des BPL Seerose beseitigt.

Diese Korrekturen umfassen die Streichung der Kote 0,51 im Planteil des Bebauungsplanes und weiters die Streichung der Zeichenfolge '0,51-' im Textteil des Bebauungsplanes betreffend die Festlegung Baufluchtlinien.

Im Anlassfall ist diese Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes allerdings ohne Folgen geblieben, weil durch das verwirklichte Projekt die Baufluchtlinie von 1 m gewahrt wurde und dem Beschwerdeführer aus dieser Rechtswidrigkeit kein wie auch immer gearteter Nachteil erwachsen ist.

...

... Zu den materiellen Bedenken - Ausschließliche Berücksichtigung der Interessen des Bauwerbers

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass für die Aufstellung des BPL Seerose die geplante Neuerrichtung des Hotels kausal war. Allein aus dieser Kausalität ergibt sich jedoch nicht, dass im Rahmen des Bebauungsplanes ausschließlich den Interessen des Bauwerbers Rechnung getragen worden wäre.

...

... Aufstellungsgrund

Gemäß §27 ROG 1998 ist die Gemeinde verpflichtet, für Flächen, die für eine Bebauung in Betracht kommen, einen Bebauungsplan aufzustellen, oder wenn dies zur städtebaulichen Ordnung erforderlich ist. Im gegenständlichen Fall umfasst der Bebauungsplan sowohl die mit dem Hotel Seerose bebaute Fläche einschließlich der unverbauten LN 270/1 als auch die in weiterer Folge als Parkplatz vorgesehene LN 1091/2. In den Motiven zur Aufstellung wird seitens des Planers dargelegt, dass die gegenständlichen Flächen nicht als Baulücke im Sinne der Bestimmung des §14 Abs1 lita des Bebauungsgrundlagengesetzes zu qualifizieren seien. Die Rechtfolge davon wäre, dass die Erteilung einer Bauplatzerklärung aufgrund der oben angeführten Bestimmung nicht zulässig wäre. Unabhängig davon ist anzumerken, dass, aufgrund der unmittelbaren Lage am Seeufer und der Wirkung auf das Ortbild, die Aufstellung eines Bebauungsplanes jedenfalls aus städtebaulichen Gründen geboten war.

...

... Öffentliches Interesse - Vereinbarkeit mit den Planungszielen der Gemeinde

Im Räumlichen Entwicklungskonzept (REK) der Gemeinde Fuschl, welches von der Gemeindevertretung am 11.12.2002 beschlossen wurde, finden sich im gegebenen Zusammenhang folgende Aussagen:

In der Strukturuntersuchung wird ausgeführt:

Fuschl am See ist überwiegend eine Fremdenverkehrsgemeinde mit ca 170.000 - 200.000 Nächtigungen pro Jahr. Die Nächtigungen sind so aufgeteilt, dass ca 80 % in den Sommermonaten und ca 20 % im Winter zu verzeichnen sind.

I. Gesamtentwicklung der Gemeinde

1.1.1 Analyse

- Der Fremdenverkehr stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor für die Gemeinde und den Großteil der örtlichen Wirtschaftsbetriebe dar.

1.1.2 Zielsetzungen

- Da die Gemeinde auch weiterhin Fremdenverkehrsgemeinde sein will, müssen die Rahmenbedingungen für Naherholung und Fremdenverkehr gemeinsam geschaffen werden.

1.1.3 Maßnahmen

- Der Tourismus soll in der Form ausgebaut werden, dass vorwiegend Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung unter Berücksichtigung des vorhandenen Naturraum- und Kulturpotenziales im Vordergrund stehen.

1.3. Wirtschaft

1.3.3. Fremdenverkehr

1.3.3.2. Zielsetzungen

1.3.3.3. Maßnahmen

- Die bestehenden Betriebe sollen die Möglichkeit für die Erweiterung, insbesondere für die Qualitätsverbesserung erhalten.

Aus diesen Festlegungen ist klar ersichtlich, dass die Gemeinde Fuschl sich als Fremdenverkehrsgemeinde ansieht. Gerade die Erweiterung bestehender Betriebe wird als Maßnahme zur Umsetzung der touristischen Zielsetzungen der Gemeinde formuliert. Das damit verfolgte öffentliche Interesse der Gemeinde ist die Aufrechterhaltung der bestehenden touristischen Infrastruktur und deren qualitative Verbesserung. Der BPL Seerose entspricht diesen Planungszielen der Gemeinde, indem durch diese Festlegungen ein zeitgemäßer Neubau eines bestehenden Betriebes ermöglicht werden soll.

...

... Unsachliche Privilegierung

In bereits bebauten Gebieten ist auch bei Neuaufstellungen von Bebauungsplänen ein besonderes Augenmerk auf die bestehenden Strukturverhältnisse zu richten. Eine unsachliche Privilegierung wäre jedenfalls der Fall, wenn die im Bebauungsplan normierten Bebauungsbedingungen ausschließlich zu Gunsten des Bauwerbers ohne Rücksicht auf die bestehende städtebauliche Entwicklung festgelegt worden wären.

Dem Gerichtshof ist beizupflichten, dass eine Erhöhung der baulichen Ausnutzbarkeit um mehr als 50 % bei gleichlautender städtebaulicher Begründung ein Indiz für eine unsachliche Privilegierung darstellt.

Zwar ist die im BPL Seerose angeführte GFZ nur Bestandteil der Erläuterungen ..., jedoch wäre eine derartige Disponibilität auch im Rahmen der Begründung ein Faktum, welches mit dem Gebot einer begründeten und nachvollziehbaren Planung in Konflikt stünde und zur Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes führen würde.

...

... Begründetheit der Festlegung der Dichte

Im BPL Seerose ist die bauliche Ausnutzbarkeit mit einer GRZ von 0,54 fixiert. Diese festgelegte Dichte wurde im Zuge des Verfahrens nicht abgeändert.

Allerdings wurden die Erläuterungen geändert, indem gegenüber dem Vorentwurf in den Erläuterungen nunmehr nicht eine GFZ von 1,2 sondern von 1,75 möglich sein sollte. Die im BPL Seerose erfolgte Festlegung einer GRZ erlaubt im Zusammenhang mit der festgelegten Höhe eine rechnerische Ermittlung der potentiell möglichen Geschossfläche, indem man die zulässige überbaute Fläche (GRZ) mit der Anzahl der möglichen Geschosse multipliziert.

Die Höhenfestlegung ist im BPL Seerose doppelt erfolgt und zwar zum einen durch die Festlegung der zulässigen Anzahl der oberirdischen Vollgeschosse, diese ist mit 3 Vollgeschossen festgelegt, zum anderen durch die Festlegung einer First- und Traufenhöhe mit 680,85 m bzw 675,95 m üA.

...

Multipliziert man die festgelegte GRZ von 0,54 mit den aufgrund der Höhenfestlegung möglichen 4 Geschossebenen ergibt sich daraus eine maximal mögliche GFZ von 2,16. Unter Berücksichtigung der nur beschränkten Anrechenbarkeit der Flächen im Dachgeschoss ist eine GFZ von 1,75 durchaus ein realistischer Wert.

Demgegenüber würde eine GFZ von 1,2 dazu führen, dass bei gleichbleibender GRZ nicht einmal ein zweigeschossiger Baukörper mit Dachgeschoss zur Errichtung gelangen könnte (2 Geschosse ergeben bereits eine GFZ von 1,08 sodass im Dachgeschoss nur mehr eine GFZ von 0,12 zur Verfügung stünde).

Wollte man die Höhenentwicklung des BPL Seerose nutzen, wäre dies nur möglich, wenn ein turmartiger Aufbau zur Errichtung gelangen würde. In Ansehung der bekannten Nutzung des Objektes eine wohl eher nicht sehr überzeugende Annahme.

Daraus kann abgeleitet werden, dass die Festlegung einer GFZ von 1,2 weder mit der festgelegten zulässigen Höhe noch mit dem zulässigen Grad der Überbauung der Fläche in Einklang zu bringen ist.

...

Aus all diesen Faktoren kann daher abgeleitet werden, dass die festgelegten Bebauungsbedingungen nicht miteinander in Einklang stünden, wenn eine GFZ von 1,2 tatsächlich eine städtebaulich erforderliche und geplante Kenngröße gewesen wäre. Eine städtebauliche Begründung warum im Entwurf eine GFZ von 1,2 vorgesehen wurde, ist in Ansehnung der sonstigen Festlegungen daher nicht nachvollziehbar.

...

Eine logische Erklärung dafür wäre, dass bei der Betrachtung der GFZ die LN 1091/2, welche ebenfalls im Planungsgebiet gelegen und als Parkplatz vorgesehen ist, mit einbezogen wurde. In diesem Fall wäre eine GFZ von 1,2 im Bereich des Wahrscheinlichen.

...

... Einfügung in die gegebenen Strukturverhältnisse

...

Zu diesem Zweck wurde eine Fotodokumentation erstellt, anhand derer die Höhenentwicklung der gegebenen Bebauung erkennbar wird, sowie Detailaufnahmen des gegenständlichen Bereichs und der näheren Umgebung. Anhand einer GIS-Auswertung wurde der Grad der Überbauung ermittelt.

Der Bereich 'Seesrose' [gemeint wohl: Seerose] ist in planungsfachlicher Hinsicht dem Ortszentrum von Fuschl zuzuordnen und bildet den Abschluss der seeseitigen Bebauung. Das Ortszentrum ist aufgrund der touristischen Ausbildung der Gemeinde geprägt von einer relativ dichten Bebauung mit touristischen Bauten in Gemengelage mit Wohn- und Infrastrukturbauten. Diesem Funktionskonglomerat entsprechend, weisen die Beherbergungsbauten gegenüber sonstigen Bauten im Ortszentrum eine größere Höhenentwicklung und Überbauung auf.

...

Die Beherbergungsbauten der näheren Umgebung sind der Schützenhof und das Seehotel Schlick die jeweils eine Höhenentwicklung von 3 Geschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss aufweisen. Auch die sonstigen in diesem Bereich befindlichen Bauten weisen zwei Geschosse und ein nutzbares Dachgeschoss auf. Einzig die Diskothek Heuboden das Restaurant Fischerstüberl und das Bootshaus weisen ein[e] deutlich geringer[e] Höhenentwicklung von 1 bzw 2 Geschossen mit ausgebauten Dachgeschoss auf.

Wie anhand der Bilddokumentation nachweisbar, sind die an der Seeseite situierten Bauten von annähernd gleicher Höhenentwicklung. Der Eindruck der Dominanz des Hotels Seerose ergibt sich nur aufgrund der anderen Dachform sowie der Lage des Bauplatzes unmittelbar am Seeufer, während den anderen Bauten im Bereich die alleeartig ausgestaltete Seepromenade vorgelagert ist.

Sowohl die festgelegte Dichte als auch die Höhenentwicklung sind im Gemeindegebiet an vergleichbaren Standorten bei gleicher Nutzung typisch. Die gegebenen Dichteunterschiede der einzelnen Bauten sind nicht durch städtebauliche Vorgaben induziert, sondern sind ein Produkt der historischen Entwicklung und der jeweiligen Funktion der Bauten. Im gegenständlichen Planungsgebiet wurde diese Funktion nicht neu begründet, sondern nur fortgeschrieben und in Ansehung der touristischen Zielsetzungen der Gemeinde in vertretbarer Weise fortentwickelt. Der im Bebauungsplan angeführten Begründung kann daher auch seitens der Landesregierung gefolgt werden. Insofern sind auch aus den festgelegten Bebauungsbedingungen keine Indizien für eine unsachliche Privilegierung ableitbar.

Somit sind aus Sicht der Landesregierung keine Sachverhaltselemente erkennbar, die eine ausschließliche Berücksichtigung der Interessen des Bauwerbers belegen würden. Vielmehr wurde in Entsprechung der gegebenen und angestrebten Strukturverhältnisse eine städtebaulich im Planungsermessen der Gemeinde gelegene vertretbare Lösung durch den BPL Seerose getroffen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B1198/05 protokollierte Beschwerde zulässig ist und dass die in Prüfung gezogene Verordnung bei der Behandlung der Beschwerde präjudiziell ist, haben sich als zutreffend erwiesen.

Da auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Die vorläufigen Bedenken des Gerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung treffen jedoch nicht zu:

2.1. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass der in Prüfung genommene Bebauungsplan ausschließlich entsprechend den Erfordernissen des geplanten Bauvorhabens erlassen worden und dass eine Geschoßflächenzahl von maximal 1,75 - in Abweichung von einer Geschoßflächenzahl von maximal 1,20 in einem "früheren" Bebauungsplanentwurf - ohne nähere Begründung festgelegt worden sei, konnten sowohl durch das Vorbringen der Gemeinde Fuschl am See als auch durch das der Salzburger Landesregierung beseitigt werden. Danach ist die Geschoßflächenzahl von maximal 1,75 lediglich Teil der Erläuterungen des in Rede stehenden Bebauungsplanes, was sich aus der im gesamten Text systematisch für Erläuterungen verwendeten kursiven Schrifttype ergibt. Das Bauprojekt Hotel "Seerose" war zwar für den in Prüfung genommenen Bebauungsplan kausal, eine unsachliche Privilegierung der Interessen der Bauwerber hat jedoch nicht stattgefunden. Wie sich aus den im Normprüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen ergibt, entspricht das Bauprojekt Hotel "Seerose" den von der Gemeinde Fuschl am See am 11. Dezember 2002 beschlossenen (touristischen) Planungszielen des räumlichen Entwicklungskonzepts. Auch die Beherbergungsbauten der näheren Umgebung weisen eine Höhenentwicklung von 2 bis 3 Geschoßen mit ausgebauten Dachgeschoßen auf, sodass die festgelegte Dichte und Höhenentwicklung für vergleichbare Standorte im Gemeindegebiet typisch ist.

2.2. Das von der Gemeinde Fuschl am See zu den Bedenken des Gerichtshofes bezüglich der Festlegung der Baufluchtlinie vorgebrachte Argument, die Kotierung 0,51 m beziehe sich bloß auf den Abstand zwischen Altbestand und Straßengrundstück, erweist sich bei näherer Betrachtung als richtig. Die Baufluchtlinie verläuft nämlich im Bebauungsplan auch an dieser Stelle, entsprechend den beiden ausgewiesenen Kotierungen von 1 m, durchgehend parallel zur Straßenfluchtlinie, sodass davon auszugehen ist, dass die Baufluchtlinie auch an der mit 0,51 m kotierten Stelle in einem Abstand von 1 m zur Grundgrenze verläuft.

3. Da sowohl der Textteil als auch der Planteil des Bebauungsplanes in der Zeit vom 3. Oktober bis 24. Oktober 2007 gemäß §38 Abs4 Sbg. ROG in berichtigter Form neuerlich kundgemacht wurde, liegt eine neue Verordnung vor, die der in Prüfung gezogenen Verordnung derogiert. Es war daher auszusprechen, dass die in Prüfung gezogene Verordnung nicht gesetzwidrig war.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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