VfGH V70/87

VfGHV70/879.3.1988

Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck 18.07.52, mit der ein Flächenwidmungsplan (Verbauungsplan mit der Kurzbezeichnung 753) erlassen wurde; keine Invalidation bestehender Verbauungspläne mit Inkrafttreten des Tir. RaumordnungsG 1971 - Prüfungsmaßstab für die nach §31 Abs3 übergeleiteten Verbauungspläne sind die ihrer Erlassung zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen

Keine hinreichende Darlegung der gesetzlichen Grundlage der angefochtenen Verordnungsstelle durch den Verwaltungsgerichtshof

Normen

Flächenwidmungsplan Innsbruck vom 18.07.52
Tir RaumOG §31 Abs3, §50
VfGG §62 Abs1
Flächenwidmungsplan Innsbruck vom 18.07.52
Tir RaumOG §31 Abs3, §50
VfGG §62 Abs1

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim VwGH ist folgendes Beschwerdeverfahren anhängig:

Mit Antrag vom 20. Oktober 1982 begehrte die Bf. die Bewilligung zur Errichtung von sechs aus Stahlprofilblech gefertigten, auf Betonfundamenten und Betonsäulen ruhenden Containern im Ausmaß von 15 x 5,4 x 2,8 m auf

die Dauer von fünf Jahren auf der Liegenschaft EZ 1114 der KG Innsbruck.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck als Baubehörde erster Instanz vom 16. Jänner 1984 wurde dieses Bauansuchen im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß dieses Bauprojekt der (damals gültigen) Widmung des Bauplatzes als "Bahngrund" widerstreite, zumal diese Container nicht der Abwicklung des Bahnverkehrs dienten.

Der dagegen von der Bf. erhobenen Berufung gab die Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck mit Bescheid vom 16. Februar 1984 (mit im wesentlichen gleicher Begründung) keine Folge.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die beim VwGH anhängige Beschwerde.

2. Der VwGH beantragt aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens gemäß Art139 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG, die V des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. Juli 1952, Zl. VI-3589/52, mit der ein Flächenwidmungsplan (Verbauungsplan mit der Kurzbezeichnung 753) für diese Gemeinde erlassen wurde, hinsichtlich des Grundstückes Nr. 1114, KG Innsbruck, als gesetzwidrig aufzuheben, und zwar mit folgender Begründung:

"Im Zuge der Beratungen über diesen Beschwerdefall entstanden Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende V betreffend die Widmung des in Rede stehenden Grundstückes, da im Tiroler Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 1972/10 idgF, der Begriff 'Bahngrund' nicht enthalten ist. Der VwGH ersuchte daher um Vorlage der entsprechenden V des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. Juli 1952, Zl. VI-3589/52, mit der ein Flächenwidmungsplan (Verbauungsplan mit der Kurzbezeichnung 753) für diese Gemeinde erlassen wurde.

Die bel. Beh. legte den auf Grund der erwähnten V beruhenden Flächenwidmungsplan (im Auszug) vor und führte in ihrem Schreiben vom 21. April 1987 dazu ergänzend aus, daß 'die Widmung 'Bundesbahnen, Privatbahnen' im Bereich des heutigen Hauptbahnhofes seinerzeit über Wunsch der Österreichischen Bundesbahnen festgelegt wurde, um Ausbauwünschen in bezug auf Eisenbahnanlagen auch auf privatem Grund durch die Österreichischen Bundesbahnen Rechnung zu tragen'. Aus der Legende zum Flächenwidmungsplan ergibt sich, daß die rot angelegten Flächen unter 'B' als 'Verkehrsflächen Bundesbahnen, Privatbahnen' ausgewiesen sind. In einer solchen Fläche befindet sich auch das Grundstück Nr. 1114, KG Innsbruck. Der Aktenlage kann nicht entnommen werden, daß die Voraussetzungen für eine Änderung des Entwicklungsprogrammes i.S. des §5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes idgF vorgelegen wären.

Da die Begriffe 'Bahngrund' bzw. 'Verkehrsflächen Bundesbahnen, Privatbahnen' aber weder im Tiroler Raumordnungsgesetz vom 6. Dezember 1971, LGBl. Nr. 1972/10 idF der Novellen LGBl. Nr. 1973/70, LGBl. Nr. 1976/63, LGBl. Nr. 1979/12 und LGBl. Nr. 1983/88, noch in den diesem Gesetz vorangegangenen diesbezüglichen, in §50 dieses Gesetzes unter Z. 1 bis Z. 6 genannten und durch dieses Gesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften enthalten sind bzw. enthalten waren und auch sonst nicht definiert sind bzw. waren, sieht sich der VwGH veranlaßt, den eingangs gestellten Antrag zu stellen, wobei noch festzuhalten ist, daß bezüglich der oben genannten Flächen ausdrücklich eine Festsetzung und nicht bloß eine Ausweisung für ein konkretes Projekt der Österreichischen Bundesbahnen vorgenommen wurde."

II. 1. Der VwGH geht bei seiner Argumentation in erster Linie davon aus, daß die bekämpfte Widmung im Tiroler Raumordnungsgesetz vom 6. Dezember 1971 keine gesetzliche Deckung finde. Hierauf ist folgendes zu erwidern:

Es trifft zwar zu, daß nach der Rechtsprechung des VfGH zur Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer V die Rechtslage im Zeitpunkt der Prüfung maßgeblich ist, dies aber unter der Voraussetzung, daß keine besondere Übergangsbestimmung vorhanden ist (vgl. VfSlg. 8329/1978, S. 409, 8463/1978, S. 496). Der VwGH übersieht im hier gegebenen Zusammenhang aber die Übergangsbestimmung des §31 Abs3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes, wonach die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung gestandenen Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bis zur Erlassung der Flächenwidmungs- bzw. Bebauungspläne, die den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechen, in Kraft bleiben. Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung diese Bestimmung dahin interpretiert, der Gesetzgeber habe damit verhindern wollen, daß mit dem Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes die bestehenden Verbauungspläne, wenn sie im Widerspruch zur neuen Rechtslage stehen, invalidieren; der Gerichtshof hat daraus weiters gefolgert, daß ein (übergeleiteter) Verbauungsplan nach wie vor an den gesetzlichen Bestimmungen, auf die sich seine Erlassung stützte, zu messen ist (s. VfSlg. 8167/1977, 10007/1984 und 10446/1985).

Der VfGH sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes kommen daher hier als gesetzliche Grundlage für die V vom 18. Juli 1952 von vornherein nicht in Betracht.

2. Hinsichtlich jener Vorschriften, an denen die bekämpfte Widmung ansonsten gemessen werden könnte, verweist der VwGH ganz allgemein (lediglich) darauf, daß auch die in der Bestimmung des §50 des Tiroler Raumordnungsgesetzes unter Z1 bis 6 genannten und durch dieses Gesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften keine gesetzliche Deckung der angefochtenen Verordnungsstelle enthielten.

In der vom VwGH herangezogenen Schlußbestimmung des §50 Tiroler Raumordnungsgesetz sind in deren Z1 bis 6 eine Reihe von Vorschriften angeführt, welche mit dem Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes außer Kraft traten. Diese Aufzählung ist jedoch keineswegs eine vollständige ("Insbesondere treten außer Kraft"); nach dem Einleitungssatz des §50 leg.cit. treten vielmehr mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes "alle diesem Gesetz entgegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen außer Kraft". Der Kreis der vom VwGH in seine Argumentation einbezogenen gesetzlichen Vorschriften ist damit keineswegs hinreichend dargelegt (§62 Abs1 VerfGG) und die Bedenken infolgedessen nicht entsprechend substantiiert, sodaß eine (weitere) Prüfung der Bedenken des VwGH unterbleiben mußte.

3. Dem Antrag war daher nicht Folge zu geben.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung erfolgen.

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