VfGH V59/94

VfGHV59/9420.6.1994

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung einer LustbarkeitsV mangels Legitimation; Verwaltungsrechtsweg bei Selbstbemessungsabgaben zumutbar

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
LustbarkeitsabgabeV der Stadtgemeinde Tulln vom 10.12.92 §5
Nö AbgabenO 1977 §153
Nö LustbarkeitsabgabeG §17, §18
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
LustbarkeitsabgabeV der Stadtgemeinde Tulln vom 10.12.92 §5
Nö AbgabenO 1977 §153
Nö LustbarkeitsabgabeG §17, §18

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Die einschreitende Gesellschaft, welche nach ihrem Vorbringen Videofilme und Videospiele vermietet, beantragt unter Berufung auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG die Aufhebung des §5 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Tulln vom 10. Dezember 1992 über die Ausschreibung einer Lustbarkeitsabgabe als gesetzwidrig; die Besteuerung verstoße - wie die Antragstellerin mit näherer Begründung darlegt - gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit.

Die angefochtene Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§5

Für das Vermieten von Programmträgern für Videospiele, von Videofilmen sowie von Schmalfilmen oder auf sonstigen Bildträgern aufgezeichneten Filmen beträgt die Abgabe gemäß §24a NÖ Lustbarkeitsabgabegesetz, LGBl. 3703-1, 10 % des Entgeltes."

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation bringt die Einschreiterin im wesentlichen vor, daß der "Behörde durch die angefochtene Verordnung die Möglichkeit gegeben (werde), die Antragstellerin unmittelbar zu verpflichten" und daß die Provokation eines Strafbescheides bzw. der Schließung des Unternehmens infolge Verweigerung der Abgabenerklärung und Abgabenentrichtung nicht zumutbar sei.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8058/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10885/1986).

2. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist ein solcher Weg hier gegeben.

Die Lustbarkeitsabgabe ist gemäß §17 und §18

NÖ LustbarkeitsabgabeG iVm §153 NÖ AbgabenO aufgrund der Lustbarkeitsabgabeerklärung im Wege der Selbstbemessung zu entrichten. Wie sich schon aus der Begründung der gleichfalls Selbstbemessungsabgaben betreffenden Beschlüsse VfSlg. 9868/1983; VfGH 17.6.1992 G35/92, 23.6.1993 V19/93 ergibt, hätte die Antragstellerin die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückerstattung der von ihr im Wege der Selbstbemessung entrichteten Lustbarkeitsabgabe mit der Begründung zu stellen, die Abgabenentrichtung habe sich im Hinblick auf die Gesetzwidrigkeit der Verordnung als unrichtig erwiesen.

Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die Antragstellerin, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben gemäß der angefochtenen Bestimmung betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, die die Rechtswidrigkeit von Steuerbescheiden rügen wollen. Dieser Weg zur Erwirkung eines Bescheides ist der antragstellenden Gesellschaft somit zumutbar und ermöglicht ihr, ihre Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Rechtsgrundlage der sie treffenden Abgabenpflicht an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

3. Der Antrag ist sohin mangels Legitimation in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

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