Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hofkirchen/Traunkreis vom 17.06.83
Oö RaumOG §15 Abs3
Oö RaumOG §21 Abs4
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hofkirchen/Traunkreis vom 17.06.83
Oö RaumOG §15 Abs3
Oö RaumOG §21 Abs4
Spruch:
Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis vom 17. Juni 1983, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 21. Mai 1984 bis zum 5. Juni 1984, wird, soweit er das südlich der Hofkirchner-Bezirksstraße "BEZ 1397" und zwischen den Gebietsbezeichnungen Muknerfeld (im Westen) und Harmannsdorf (im Osten) gelegene als "D" (Dorfgebiet) gewidmete Gebiet betrifft, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B2596/96 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1. Juli 1996, Z BauR-011716/2-1996 Stö/Vi, anhängig. Mit diesem Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer als Nachbarn gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis vom 25. April 1996 keine Folge gegeben. Mit dem genannten Bescheid des Gemeinderates wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf dem im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis vom 17. Juni 1983, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 21. Mai 1984 bis zum 5. Juni 1984, (im folgenden kurz: Flächenwidmungsplan) als "Bauland-Dorfgebiet" ausgewiesenen Grundstück Nr. 233/3, KG Harmannsdorf, erteilt.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer nach Ansicht der Beschwerdeführer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des Flächenwidmungsplanes, soweit er das Grundstück Nr. 233/3, KG Harmannsdorf, betrifft.
2. Die Oberösterreichische Landesregierung als belangte Behörde hat unter Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Das Gemeindeamt Hofkirchen im Traunkreis hat den Flächenwidmungsplanungsakt übermittelt.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß der zu B2596/96 protokollierten Beschwerde am 27. November 1997 gemäß Art139 Abs1 B-VG beschlossen, den Flächenwidmungsplan, soweit er das südlich der Hofkirchner-Bezirksstraße "BEZ 1397" und zwischen den Gebietsbezeichnungen Muknerfeld (im Westen) und Harmannsdorf (im Osten) gelegene als "D" (Dorfgebiet) gewidmete Gebiet betrifft, von Amts wegen auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig von der Zulässigkeit der Beschwerde und der Notwendigkeit der Prüfung des Flächenwidmungsplanes im Umfang des Prüfungsbeschlusses aus.
2.2. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof gegen die Gesetzmäßigkeit des in Prüfung gezogenen Ausschnittes des Flächenwidmungsplanes das Bedenken, daß er in einem §15 Abs3 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972, (O.ö. ROG 1972) widersprechenden Verfahren zustandegekommen sei, da der Gemeinderat entgegen der genannten Bestimmung erst am 28. September 1983, also Monate nach der am 17. Juni 1983 erfolgten Erlassung des Flächenwidmungsplanes, die Ziele der örtlichen Raumordnung, die dem Flächenwidmungsplan zugrunde liegen müssen, beschlossen habe. Aufgrund gleicher Überlegungen wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits ein anderer als der nunmehr in Prüfung gezogene Teil des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis vom 17. Juni 1983 mit Erkenntnis VfSlg. 12401/1990 aufgehoben.
Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergebe sich keinerlei Hinweis, daß der nunmehr in Prüfung gezogene Teil des Flächenwidmungsplanes nach Beschlußfassung der Ziele der örtlichen Raumordnung am 28. September 1983 unter Einhaltung der für die Erlassung von Flächenwidmungsplänen vorgesehenen Bestimmungen neuerlich beschlossen worden wäre.
3. Der Bürgermeister der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis teilte in einer Äußerung vom 26. Februar 1998 mit, daß "(g)egen die Überprüfung auf Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes ... kein Einwand (besteht)". Mittlerweile liege ein Beschluß des Gemeinderates über einen neuen Flächenwidmungsplan vor, der der Oberösterreichischen Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung übermittelt werde. Die Widmung des Grundstückes Nr. 233/3, KG Harmannsdorf, als Dorfgebiet sei jedoch auch durch den neu beschlossenen Flächenwidmungsplan nicht geändert worden. Mit Schreiben vom 2. Juli 1998 teilte der Bürgermeister mit, daß der Gemeinderat die Äußerung vom 26. Februar 1998 durch Beschluß vom 2. Juli 1998 bestätigt habe. Ergänzend wird ausgeführt, daß der neue Flächenwidmungsplan - wegen der von der Landesregierung vorgebrachten Versagungsgründe - noch nicht kundgemacht worden sei.
4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet.
Zum Prüfungsumfang wird darin festgehalten, daß keine sinnvolle Möglichkeit einer noch näheren Umschreibung des präjudiziellen Teiles des Flächenwidmungsplanes gesehen werde.
Den vom Verfassungsgerichtshof zur Stützung seiner Bedenken ob der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des in Prüfung gezogenen Teiles des Flächenwidmungsplanes herangezogenen Erörterungen im Erkenntnis VfSlg. 12401/1990 werde in keiner Weise entgegengetreten, auf zwei möglicherweise zu beachtende Umstände werde jedoch hingewiesen:
4.1. Die örtlichen Entwicklungsziele, die der Gemeinderat erst am 28. September 1983 beschlossen hat, entsprächen inhaltlich, insbesondere was die Ziele und Festlegungen zu den Punkten 1. Siedlung und 2.2. Landwirtschaft betreffe, fast deckungsgleich den bereits mit Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. März 1976, Z Bau-2129/8-1976 We/Schi, bekanntgegebenen überörtlichen Zielen und Festlegungen, welche von der Gemeinde, sofern man nicht der Vorschrift des §15 Abs2 zweiter Satz O.ö. ROG 1972 Wirkungslosigkeit unterstellen wollte, im Planungsverfahren zu beachten gewesen seien.
4.2. Wie sich aus den von der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis vorgelegten Unterlagen ergebe, seien von den nunmehrigen Beschwerdeführern - im Unterschied zu den Beschwerdeführern im Anlaßverfahren zu VfSlg. 12401/1990 - im Planauflageverfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes keine Einwendungen erhoben worden. Da dem betroffenen Grundeigentümer die Berührung seiner subjektiven Interessen bereits durch die Auflage des Flächenwidmungsplanentwurfes gemäß §21 Abs4 O.ö. ROG 1972 hinreichend erkennbar gewesen sein dürfte, komme dem Umstand, daß das Recht auf Erhebung von Einwendungen hier erst gar nicht in Anspruch genommen worden sei, insofern Bedeutung zu, als die Abwägung zwischen den Interessen der örtlichen Entwicklungsziele und den Interessen des Betroffenen gar nicht möglich gewesen wäre.
Die Oberösterreichische Landesregierung beantragt daher abschließend festzustellen, daß der in Prüfung gezogene Flächenwidmungsplan nicht gesetzwidrig ist.
III. Der Verfassungsgerichtshof
hat erwogen:
Der Gerichtshof hat bei seiner Entscheidung über die zu B2596/96 protokollierte - zulässige - Beschwerde den in Prüfung gezogenen Teil des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis anzuwenden.
Da der Flächenwidmungsplan die Parzellennummer des Grundstückes Nr. 233/3, KG Harmannsdorf, nicht erkennen läßt, kann der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes nicht auf das genannte Grundstück beschränken. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 11592/1987, 12231/1989, 12582/1990, 13911/1994) ist daher die Lage des Grundstücks unter Verwendung der im Plan enthaltenen Ortsbezeichnungen und Abgrenzungen zu umschreiben und der dementsprechende Teil des Flächenwidmungsplanes präjudiziell. Angesichts des dem Bauakt beiliegenden Lageplanes ergibt sich, daß das Grundstück, dessen Bebaubarkeit kraft Flächenwidmungsplanes den Gegenstand des Anlaßbeschwerdeverfahrens bildet, in dem Gebiet liegt, das unmittelbar zwischen den Gebietsbezeichnungen Muknerfeld (im Westen) und Harmannsdorf (im Osten) als "D" (Dorfgebiet) gewidmet ist und das südlich der Hofkirchner-Bezirksstraße "BEZ 1397" begrenzt wird. Insoweit ist die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hofkirchen sohin geboten und zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seinen, bereits im Erkenntnis VfSlg. 12401/1990 dargestellten rechtlichen Überlegungen, die in jenem Erkenntnis bereits zur Aufhebung eines anderen Teiles des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hofkirchen führten:
Gemäß §15 Abs3 O.ö. ROG 1972 mußten dem Flächenwidmungsplan nachvollziehbar konkrete Zielvorstellungen zugrunde liegen, deren Verwirklichung nach Meinung des Gemeinderates die Flächenwidmungen rechtfertigt. Wenn, wie im vorliegenden Fall, der Gemeinderat die Ziele der örtlichen Raumplanung erst Monate nach der Erlassung des Flächenwidmungsplanes beschlossen hat, ist diesem gesetzlichen Gebot nicht Rechnung getragen, zumal dann auch die vom Flächenwidmungsplan Betroffenen ihr Recht zur Erhebung von Einwendungen gemäß §21 Abs4 O.ö. ROG 1972 nicht zureichend ausüben konnten. Für dieses Recht ist es nämlich - wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 12401/1990, S. 676, meinte - "unerläßlich zu wissen, welchen Zielen der Flächenwidmungsplan dienen soll und mit welchen Maßnahmen diese Ziele erreicht werden sollen, damit beurteilt werden kann, ob die in Aussicht genommenen, in die Rechtssphäre der Betroffenen eingreifenden Widmungen notwendig und gerechtfertigt sind".
Wenn dagegen die Oberösterreichische Landesregierung im vorliegenden Verfahren einwendet, daß die vom Gemeinderat rechtswidrigerweise erst nach Erlassung des Flächenwidmungsplanes beschlossenen Planungsziele inhaltlich "fast deckungsgleich (mit) den bereits mit Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung ... bekanntgegebenen überörtlichen Zielen und Festlegungen" sind, so wird damit nicht die Rechtmäßigkeit des Planungsvorganges und damit des in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplanes dargetan. Daß die Gemeinde bei der - rechtswidrigerweise verspäteten - Beschlußfassung über ihre örtlichen Planungsziele dem Gebot der Konkretisierung und Präzisierung der überörtlichen Planungsvorgaben nicht oder möglicherweise nur unzulänglich nachgekommen ist, läßt vielmehr die Frage entstehen, ob die Formulierung der Planungsziele inhaltlich überhaupt dem Gesetz entsprach. Dieser Frage ist jedoch angesichts des an sich bereits rechtswidrigen Planungsablaufes hier nicht näher nachzugehen. Im übrigen können die von der Oberösterreichischen Landesregierung lediglich der Gemeinde mitgeteilten überörtlichen Planungsziele von vornherein keine Grundlage für die Auseinandersetzung der vom zukünftigen Flächenwidmungsplan Betroffenen mit dem Planentwurf bilden.
Daß die Beschwerdeführer des Anlaßbeschwerdeverfahrens bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes gegen die Widmung des Grundstücks Nr. 233/3, KG Harmannsdorf, als Dorfgebiet keine Einwendungen erhoben, wie die Oberösterreichische Landesregierung zur Rechtfertigung der Flächenwidmung vorträgt, vermag an der dargestellten Rechtswidrigkeit des in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplanes nichts zu ändern, zumal die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen, wie bereits dargetan, gerade auch die Kenntnis rechtzeitig beschlossener Ziele der örtlichen Raumplanung zur Voraussetzung hat.
Der Flächenwidmungsplan ist daher, wie bereits in VfSlg. 12401/1990 festgestellt, vom Gemeinderat der Gemeinde Hofkirchen im Traunkreis in einem §15 Abs3 O.ö. ROG 1972 widersprechenden Verfahren beschlossen worden und daher im vorliegenden Verfahren, soweit er für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu B2596/96 präjudiziell ist, als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung gründet sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG auf Grund der Aktenlage beschlossen werden.
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